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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 04.11.2004
Aktenzeichen: 6 Sa 708/04
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Sa 708/04

Verkündet am: 04.11.2004

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - AZ: 4 Ca 509/04 - vom 16.06.2004 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger, welcher nach Abschluss seiner Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Beklagten als solcher beschäftigt ist, hat sich mit der Klage vom 18.02.2004 gegen eine Kündigung der Beklagten vom 22.01.2004, die ihm am 03.04.2004 zugegangen ist, gewendet.

Seine Kündigungsschutzklage hat er im Wesentlichen damit begründet, dass die erhobenen Vorwürfe zum Teil deshalb nicht zutreffen, weil er mögliche Fehler nicht zu verantworten habe. Seit 01.01.2004 sei er in die Abteilung BS 660 versetzt worden, so dass Versäumnisse in der früheren Abteilung ab diesem Zeitpunkt von ihm nicht zu verantworten seien.

Darüber hinaus habe er einem Arbeitskollegen, welcher durch einen Herzinfarkt und drei Schlaganfälle alle Kenntnisse eines Bankkaufmanns verloren hätte, alles erklären müssen, was für ihn eine große Belastung bei der Erfüllung seiner eigentlichen Arbeitsaufgaben gewesen sei.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22.01.2004 nicht beendet wird.

2. Im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Bankkaufmann weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat diesen Antrag im Wesentlichen damit begründet, dass dem Kläger Ermahnungen und Abmahnungen seit September 2002 ausgehändigt worden seien, wobei man insbesondere auf die Abmahnung vom 14.08.2003 verweise.

Die Innenrevision habe schwere Fehler des Klägers festgestellt, wobei der Kläger nicht besonders durch Krankheitsvertretung belastet gewesen sei. Bis Jahresende 2003 habe er seine Mehrarbeitsstunden abgebaut.

Dem Kläger könne man auch deshalb nicht anderweitig einsetzen, weil er nur einfache Aufgaben erledigen könne, so dass er nicht dort einsetzbar sei, wo Entscheidungen oder Verantwortung für Kunden oder für die Beklagte übernommen werden müsste.

Der Kläger sei nicht teamfähig und könne deshalb auch nicht im Filialbereich eingesetzt werden, was sich bereits daraus ergebe, dass es zu Schwierigkeiten für die Kollegen und Führungskräfte außerhalb des Publikumsverkehres komme.

Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und es damit begründet, dass verhaltensbedingte Gründe zur Kündigung nicht ausgemacht werden können, weil nicht erkennbar sei, inwieweit die Arbeitsleistung des Klägers von der des durchschnittlichen Arbeitnehmers abweiche. Außerdem sei keine prozentuale Aufteilung der Tätigkeit auf die Arbeitszeit des Klägers mitgeteilt worden, so dass nicht habe erkannt werden können, welche behaupteten Fehlleistungen welchem Tätigkeitsbereich zuzuordnen seien und wie sich dies prozentual auswirke. Auch sei nicht dargestellt worden, wie der Bearbeitungsstand bei den klägerischen Aufgaben nach Erhalt der Abmahnung sich dargestellt hat und insbesondere, ob danach noch Überstunden angefallen sind, ob eine Vertretung durch den Kläger habe vorgenommen werden müssen, wie lange dies angedauert habe und welche zusätzlichen Aufgaben ihm übertragen worden seien.

Auch ansonsten seien die Vorwürfe des Klägers recht pauschal gehalten, bis auf die Unterlassung im Zusammenhang mit der Kreditkarte der Frau Z., was jedoch eine Kündigung eines langjährig beschäftigten Mitarbeiters alleine nicht rechtfertigen könne.

Auch aus der Umsetzung des Klägers zum 01.01.2004 könne nichts für die Beklagtenseite abgeleitet werden, weil zum Einen nicht erkennbar sei, dass es dort Beanstandungen gegeben habe und dass die Versetzung lediglich zur Überbrückung der ordentlichen Kündigungsfrist beabsichtigt gewesen sei.

Nach Zustellung des Urteils am 22.07.2004 hat die Beklagte am 23.08.2004 Berufung eingelegt und diese am 21.09.2004 im Wesentlichen damit begründet, dass die Beklagte hinreichende Vertragspflichtverstöße des Klägers dargelegt habe, weil der Kläger mangelhaft gearbeitet hätte. Bei Safeänderungen habe er mehr als zwanzig Geburtsorte und Staatsangehörigkeiten nicht erfasst und habe ein Safekonto mit der Kundenbezeichnung "Name unbekannt" laufen lassen, woraufhin das Safekonto aufgelöst worden sei. Dies sei mit Schreiben vom 14.08.2003 abgemahnt worden.

Der Kläger sollte ab 18.09.2003 eine Liste dadurch abarbeiten, dass er 24 Kundennamen bis zur nächsten Monatsauslosung am 10.10.2003 nachtrage. Dies habe der Kläger nicht getan und auch nicht bis zum 01.03.2004, wobei in zwei Fällen die Konten anderweitig aufgelöst worden seien. Ein Kollege des Klägers habe nach Prüfung der Innenrevision diese Arbeit in etwas mehr als einer halben Stunde erledigt.

Ein gelernter Bankkaufmann hätte erkennen müssen, dass die Namen in die Kontodaten zwingend einzugeben sind, weil dies das Geldwäschegesetz so fordere.

Der Arbeitgeber habe auch in der Kreditkartenantragsbearbeitung fehlerhaft gearbeitet, weil er keine Warnvermerke eingetragen habe, was zu erheblichem Schäden bei der Beklagten führen könne. Der Kläger sei wegen der körperlichen Beeinträchtigung nicht überfordert gewesen, jedoch seit Sommer 2003 unzufrieden und an seinem Aufgabengebiet desinteressiert, worauf Leistungsminderung - und Zurückhaltung zurückzuführen seien. Der Kläger habe seine Ausbildung mit "gut" abgeschlossen und sich für andere fachlich höherwertige Aufgaben interessiert und ihm seien auch diese Aufgaben in Aussicht gestellt worden, wenn er die derzeitigen Aufgaben ohne Beanstandung erledigen würde.

Der Kläger sei mehrfach ermahnt und einschlägig abgemahnt worden, was die Schreiben vom 23.09.2002 und 04.03.2003 belegten.

Der Kläger sei auch anderweitig nicht mehr einsetzbar und auf der derzeitigen Arbeitsstelle bei den Tresoren sei kein dauerhafter Bedarf für die Beschäftigung des Klägers gegeben, zu dem es aufgrund der mangelnden Teamfähigkeit auch dort bereits zu neuen Schwierigkeiten mit den Kollegen gekommen sei. Der Kläger habe auch andere Beschäftigungsmöglichkeiten nicht genannt.

Der Kläger habe sich auch wegen seiner Schwerbehinderung zu keiner Zeit gegenüber der Personalabteilung der Beklagten zu seinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen erklärt und habe auch die Betriebsärztin der Beklagten nicht eingebunden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 16.06.2004, AZ: 4 Ca 509/04, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil im Wesentlichen damit, dass der Vorwurf bezüglicher Namenserfassung bei den 20 Safeänderungen nicht die Arbeitsaufgabe des Klägers gewesen sei, dieser habe vielmehr die entsprechenden Unterlagen zu kontrollieren und den betreffenden zuständigen Sachbearbeiter auf die fehlenden Daten aufmerksam zu machen, was er auch getan habe. Da er keinen Kundenkontakt gehabt habe, habe er die fehlenden Daten selbst gar nicht nachtragen können. Gleiches gelte für den Vorwurf, der Kläger habe die Liste "Nachweis potentiell problematischer Daten" nicht bearbeitet. Bei der Anlage vom PS - Losen im Rahmen des EDV - Programms würden durch Eingabe der Kontonummer die Datensätze begründet, wobei Name, Anschrift usw. regelmäßig offen bleibe, weil diese im Rahmen der Stapelverarbeitung am Ende einer Ausspielungsperiode im Zusammenwirken mit der Fa. SIG und des Dienstleisters Imago ausgefüllt würden. Die angesprochene Liste enthalte Datensätze, bei denen die angesprochenen Datenfelder nicht gefüllt bzw. keinen definierten Wert hätten, weswegen es sich um einen Fehler bei dem Datenabgleich zwischen Imago und SIG handele, auf die der Kläger keinen Einfluss habe.

Bei den PS - Losen gehe es nicht um die Anlage eines Kontos, sondern darum, dass ein Datensatz angelegt werde, der darauf hinweise, dass der Inhaber des vermerkten Kontos an dem Glückspiel teilnehme. Der Sparbetrag werde sodann vom Girokonto des Inhabers abgebucht und einem Verrechnungskonto bei der L R - P gutgeschrieben, so dass es kein Fall des Geldwäschegesetzes anlange.

Auch was die Bearbeitung von Kreditkartenanträge anlange, so habe er nicht versäumt, die erforderlichen Warnvermerke einzutragen, weil er nicht mit dem Stempel "BS 650" eingesetzt gewesen sei, sondern mit einem Stempel "BS 610" gestempelt habe.

Der Kläger habe sehr wohl die Betriebsärztin und seine Kollegen über seine Schwerbehinderung informiert, weil er ihnen mitgeteilt habe, dass dann, wenn er umkippen sollte, nicht die Betriebsärztin geholt, sondern ehe in die Universitätsklinik eingewiesen werden würde. Bereits bei der Bewerbung des Klägers vom 11.07.1995 habe er auf seine gesundheitliche Beeinträchtigung und die bestehende Schwerbehinderung hingewiesen.

Die Möglichkeit, den Kläger in der Tresorabteilung weiterzubeschäftigen, sei von der Beklagten nicht widerlegt worden. Die Beklagte bringe auch in der Berufung keinen erheblichen Sachvortrag, aus dem entnommen werden könne, dass der Kläger ab 01.01.2004 nur zur Überbrückung der Kündigungsfrist dort eingesetzt werden solle. Die Vorwürfe im Zusammenhang mit den Kreditkartenanträgen könne die Beklagte im Prozess nicht verwerten, da es nicht Gegenstand der Personalratsanhörung gewesen sei.

Die von der Beklagten erwähnten Ermahnungen vom 23.09.2002 und 06.03.2003 hätten keine Bedeutung, da sie keine Abmahnung im eigentlichen Sinne seien. Die Beklagte trage zu dem selbst vor, dass der Kläger bis zum Sommer 2003 nicht auffällig gewesen sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der im Berufungsverfahren zur Akte gereichten Schriftsätze nebst deren Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen. Ebenso wie auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (der 23.08.2004 ist ein Montag) eingelegte Berufung der Beklagten ist deshalb unbegründet, weil das Arbeitsgericht der Klage zu Recht entsprochen hat. Die mit Schreiben vom 22.01.2004 erklärte Kündigung ist unwirksam, da kein Grund im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG, der unstreitig auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet, gegeben ist.

Die Berufungskammer kann nach dem Vorbringen der Berufungsinstanz nicht erkennen, dass der Kläger Vertragsverletzungen begangen hat, die eine ordentliche Kündigung rechtfertigen, nachdem die Beklagte auf die detaillierte Gegendarstellung des Klägers nicht weiter eingegangen ist. Die Beklagte hätte den Einwänden des Klägers, dass er bezüglich der Eintragung der Warnvermerke bei der Kreditkartenbearbeitung, so sie denn überhaupt im Kündigungsschutzprozess von der Beklagten eingebracht werden kann, weil sie nach nicht bestrittener Behauptung des Klägers dem Personalrat im Anhörungsverfahren nicht zur Kenntnis gebracht worden ist, dass er diese Arbeiten nicht habe verrichten können, da er zur fraglichen Zeit in der "BS 610" eingesetzt gewesen sei, während ein Stempel mit "BS 650" verwendet wurde und der Kläger über einen derartigen Stempel nicht verfügte, sondern mit einem Stempel der "BS 610" stempelte.

Auch bezüglich der Safekonten, wobei bei 20 Safeänderungen nach Behauptung der Beklagten Geburtsort und Staatsangehörigkeit nicht erfasst gewesen seien, ist sie weder auf die eingehende Erwiderung des Klägers, die dahin ging, dass er für die Beschaffung dieser Unterlagen nicht zuständig gewesen sei und noch ist sie auf den Tatsachenvortrag so detailliert eingegangen, wo die Verfehlungen des Klägers vorwerfbar gesehen werden.

Gleiches gilt für den Vorwurf im Rahmen der PS - Losbearbeitung, wo der Kläger darauf hingewiesen hat, dass die offenen Datenfelder im Zusammenwirken der Firmen Imago und SIG am Ende einer Ausspielperiode erstellt würden und wenn dem nicht so sei, dass es sich dann um einen Fehler bei dem Datenabgleich zwischen den beiden Firmen handele und ihm daraus kein Vorwurf gemacht werden könne. Außerdem würde kein Konto angelegt, sondern lediglich das Girokonto desjenigen vermerkt, der an dem Glücksspiel teilnimmt und von dessen Girokonto der PS - Sparbetrag gebucht wird.

Auch wenn der Frage der Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz im Rahmen einer verhaltensbedingten Kündigung nur eine geringe Bedeutung beikommt, so ist doch aus der Einlassung der Beklagten zu entnehmen, dass der Kläger mit einfachen Tätigkeiten durchaus eingesetzt werden kann, wie sie offensichtlich auch in der Tresorabteilung anfallen. Wenn dort Arbeiten anfallen, die der Kläger in der Art und Weise erfüllen kann, wie dies die Beklagte auch zu Recht erwarten darf, muss, von Seiten der Beklagten, wenn sie eine weitere Verwendungsmöglichkeit des Klägers an diesem Platz als nicht gegeben ansieht, erwartet werden, dass sie die Unstimmigkeiten und mangelnde Teamfähigkeit des Klägers unter entsprechendem Tatsachenvortrag darbietet. Daran fehlt es, weswegen davon auszugehen ist, dass der Kläger an der zuletzt inne gehabten Position auch weiterhin beschäftigt werden kann, zumal aus der Klageerwiderungsschrift hervor geht, dass die Beklagtenseite trotz der Schilderung des Klägers und des Bewerbungsschreibens vom 11.06.1996 (Bl. 85 d. A.) von der gesundheitlichen Beeinträchtigung und der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers Kenntnis hatte, sich immer noch auf den Standpunkt stellt, dass der Kläger nicht in entsprechender Weise die entsprechenden Mitarbeiter und Betriebsärztin hierüber informiert habe. Wenn dies die Sicht der Beklagten ist, so liegt es auf der Hand, dass sie die behaupteten Fehlleistung nicht auch unter dem Gesichtspunkt der Schwerbehinderung des Klägers gewichtet hat, worauf es jedoch entscheidungserheblich ankommt.

Nach alledem ist die Kündigung unwirksam, die Beklagte verpflichtet, den Kläger weiterzubeschäftigen, was dazu führt, dass die Berufung mit der Folge zurückzuweisen ist, dass der Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen sind, §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 97 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt, weswegen die Revision an das Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen ist.

Ende der Entscheidung

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