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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 27.04.2006
Aktenzeichen: 6 Sa 827/05
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 123 Abs. 1
BGB § 305
BGB § 305 Abs. 1
BGB § 305 c Abs. 1
BGB § 305 c Abs. 2
BGB § 307
BGB § 307 Abs. 1
BGB § 307 Abs. 2
BGB § 310 Abs. 4
BGB § 368 Satz 1
ArbGG § 72 Abs. 2 Ziff. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Sa 827/05

Entscheidung vom 27.04.2006 Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 21. Juli 2005 - AZ: 3 Ca 419/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird für den Kläger zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob durch das vom Kläger am 14.02.2005 unterschriebene Dokument (Bl. 41 d. A.) die Ansprüche erledigt sind, die der Kläger mit seiner Klage vom 17.02.2005, Gerichtseingang 21.02.2005, und der Klageerweiterung vom 27.05.2005 geltend gemacht hat. Der Kläger war auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages für Leiharbeitnehmer ab 18.10.2004 bis einschließlich 18.12.2004 bei der Beklagten beschäftigt, wobei das Arbeitsverhältnis durch eine ordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.12.2004 innerhalb der Probezeit aufgekündigt worden ist. Der Kläger hat seine Klage im Wesentlichen damit begründet, dass für Oktober und November 2004 ein Guthaben aus dem geführten Arbeitszeitkonto von 6,25 und 10,13 Stunden offen stünde, welches mit 6,70 € brutto zu vergüten sei. Außerdem habe er einen Anspruch auf Zahlung von Überstunden aus Oktober und November 2004 (18. bis 29.10. - 18,75 und aus November 29,5 Stunden x 6,70 € x 25 %) von insgesamt 80,82 € brutto. Außerdem seien für November 2004 noch acht Arbeitstage á 6 Stunden bei einem Bruttostundenlohn von 6,30 € deshalb zu vergüten, weil an diesen Tagen für den Kläger es keine Einsatzmöglichkeit gegeben habe. Der Betrag mache weitere 302,40 € brutto aus. Darüber hinaus habe die Beklagte Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle vom 07. bis 17.12.2004 zu zahlen und habe den Kläger an den anderen Arbeitstagen nicht eingesetzt. Der Zeitraum 01. bis 18.12.2004 umfasse 13 Arbeitstage, wovon die Beklagte neun nicht vergütet habe, so dass noch eine Restforderung von 226,80 € brutto offen stünde, wobei die Beklagte von der Abrechnung Dezember 2004 unberechtigter Weise einen Betrag von 30,56 € netto einbehalten habe, welcher ebenfalls gefordert werde. Die Beklagte habe den sich aus der Abrechnung Dezember 2004 ergebenden Nettobetrag von 89,99 € nicht ausbezahlt, wozu sie jedoch verpflichtet sei. Die von der Beklagten herangezogene Ausgleichsquittung vom 14.02.2005 sei unwirksam, weil sie nicht klarstelle, was der Inhalt sei, da drei Begriffe gleichwertig nebeneinander in der Überschrift stünden. Auch, dass die Unterschriftenzeile erst nach einer allgemeinen Ausgleichsklausel vorhanden sei, habe dem Kläger nicht ermöglicht, separat den Empfang, der in der Erklärung genannten Dokumente zu bestätigen. Vielmehr habe er sich mit dem gesamten Inhalt einverstanden erklären müssen, auch wenn er nur die Papiere habe in Empfang nehmen wollen. Das Transparenzgebot der §§ 305, 307 BGB sei durch das Wort "damit" verletzt, weil nicht klar sei, womit oder wodurch alle Ansprüche erloschen sein sollten. Eine missverständliche Formulierung gehe zulasten des Verwenders, wobei es sich bei dem Schreiben um eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB handele. Der Kläger habe zudem bis 11:00 Uhr im Büro ab 9:00 Uhr warten müssen, bis ihm die entsprechenden Dokumente vorgelegt worden seien. Er habe spätestens um 13:00 Uhr abfahren müssen, um zur Spätschicht auf seiner neuen Arbeitsstelle einzutreffen, weswegen er unter Zeitnot gestanden habe. Auf seine Forderung, ihm von den unterschriebenen Dokumenten Kopien zu machen, damit er sie von seiner Rechtsanwältin prüfen lassen könne, sei er wieder aus dem Büro geschickt worden und ihm sei danach ein verschlossener Umschlag übergeben worden und das Schreiben, welches mit Abwicklungsvereinbarung/Bestätigung/Ausgleichsquittung überschrieben sei, zur Unterschrift vorgelegt worden, wobei klar gemacht wurde, dass er ohne Unterzeichnung seine Unterlagen nicht erhalten werde. Kopien habe er nicht erhalten, sich aber schließlich gezwungen gesehen, die vorbelegten Dokumente zu unterzeichnen. Mit Schreiben vom 18.03.2005, die der Beklagten spätestens am 24.03.2005 zugegangen sei, habe er die Ausgleichsquittung angefochten. Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn den sich aus 493,21 € brutto ergebenden Nettobetrag zuzüglich Zinsen von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2004 auszuzahlen und abzurechnen. 2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn den sich auf 226,80 € brutto ergebenden Nettobetrag und 30,56 € netto jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.01.2005 auszuzahlen und abzurechnen. 3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 89,99 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.01.2005 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Sie hat sich gegen die Klage im Wesentlichen damit verteidigt, dass der Kläger ordnungsgemäß abgerechnet worden sei und der Kläger eine Abwicklungsvereinbarung am 14.02.2005 ohne eine Täuschungshandlung der Beklagten unterschrieben habe. Dabei übersehe der Kläger die Regelungen, die im anwendbaren Tarifvertrag, Art. 3 des Arbeitsvertrages, geregelt seien. Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 21.07.2005 die Klage insgesamt abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die vom Kläger am 14.02.2005 unterschriebene Erklärung alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zum Erlöschen gebracht hätte. Der Kläger habe keinen Anfechtungsgrund, zumindest habe er keinen Beweis angetreten, der die Möglichkeit der Durchführung einer Beweisaufnahme über die Tatsachenbehauptungen des Klägers ermöglicht hätte. Auch die über § 310 Abs. 4 BGB anwendbaren Vorschriften zur Überraschungsklausel, Unklarheitenregelung und der Grundsätze der Inhaltskontrolle, § 305 c Abs. 1 und 2, 307 BGB führten zu keiner Unwirksamkeit der Erklärung. Das unterschriebene Formular sei eine Abwicklungsvereinbarung, Bestätigung als auch Ausgleichsquittung, weil der Kläger mit seiner Unterschrift den Erhalt der im Schriftstück angekreuzten Unterlagen bestätigt habe, ebenso wie die Korrekturabrechnung für November und Dezember und außerdem sei die Lohnrestnachzahlung November und Dezember 2004 bar an den Kläger zur Auszahlung gekommen, so dass keine Unklarheit erkannt werden könne. Wenn der Kläger, wie unter e) in dem Formular ausdrücklich aufgeführt, die Lohnrestezahlung erhalten habe, so gebe es keine Bedenken, dass sich die Beklagte die Zahlung, sowie das Nichtbestehen weiterer Vergütungsansprüche durch den Kläger bestätigen lässt. Das Schreiben sei übersichtlich aufgebaut und ohne Schwierigkeit nachvollziehbar verständlich. Der Kläger, der um seine restlichen Vergütungsansprüche gegenüber der Beklagten wusste, habe eindeutig auf die Abgeltung weiterer Ansprüche durch Abwicklung entsprechender Buchstabenaufzählung im Schreiben verzichtet, wobei der Inhalt seiner Willenserklärung klar verständlich gewesen sei. Nach Zustellung des Urteils am 26.09.2005 ist Berufung am 11.10.2005 eingelegt und innerhalb verlängerter Frist am 27.12.2005 im Wesentlichen damit begründet worden, dass das Arbeitsgericht zu Unrecht von der Wirksamkeit der vom Kläger unterzeichneten Erklärung vom 14.02.2005 ausgegangen sei, weil es nicht erkannt habe, dass es sich bei dem Schreiben vom 14.02.2005 um vorformulierte Vertragsbedingungen handele, die den Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB eröffne. Die Ausgleichsquittung, die in der Erklärung neben drei weiteren Regelungsgegenständen stecke, sei bereits nach § 305 c Abs. 1 BGB unwirksam, weil der Kläger lediglich bei der Beklagten vorgesprochen hatte, um seine Arbeitspapiere am 14.02.2005 in Empfang zu nehmen. Das negative Schuldanerkenntnis, das darin zu sehen sei, dass damit alle Ansprüche der Unterzeichner/in an die Firma C. GmbH abgegolten sein sollen, stehe, ohne optisch abgesetzt oder sonst wie anders gestaltet zu sein, zwischen den Klauseln zum Klageverzicht, mit dem der Kläger die Beendigung zum 18.12.2004 anerkenne. Der Kläger, der als Beweismittel seine Einvernahme im Verfahren beantragt habe, sei unter zeitlichen Druck gesetzt worden und habe, als ihm angedeutet wurde, ohne Unterzeichnung der Quittung werde er seine Arbeitspapiere nicht erhalten, in der Annahme, er quittiere nur den Erhalt der Papiere, das Dokument unterzeichnet. Da der Bestand oder das Ende des Arbeitsverhältnisses unter den Parteien nie streitig gewesen sei, habe der Kläger auch nicht damit rechnen müssen, mit seiner Erklärung noch Dinge zu regeln, die entweder nicht geltend gemacht worden seien oder aber im Streit stünden. Insbesondere habe er nicht damit rechnen müssen, im Hinblick auf die von ihm mehrfach schriftlich und mündlich angeforderten finanziellen Ansprüche nunmehr einen Verzicht zu erklären. Es liege auch in der Vermischung der Empfangsbestätigung der Arbeitspapiere mit einem Globalverzicht auf sonstige Ansprüche ein Überraschungseffekt, der zur Unwirksamkeit der Erklärung führe. Das Schreiben sei zudem mehrdeutig im Sinne des § 305 c Abs. 2 BGB weil nicht erkannt werden könne, was mit dem Wort "damit", welches zur Abgeltung aller Ansprüche führen solle, tatsächlich gemeint sei. Auch § 307 Abs. 1 und 2 BGB stünden entgegen, weil der Kläger entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt werde, da er neben dem negativen Schulderkenntnis auch noch einen Klageverzicht erkläre. Darüber hinaus habe der Kläger auch seine Erklärung wirksam angefochten. Da der Kläger das Dokument lediglich für eine Art Quittung bzw. Empfangsbekenntnis gehalten habe, liege schon keine Willenserklärung des Klägers vor. Wenn man dennoch eine solche annehmen wolle, weiche der innere Wille von dem tatsächlich erklärten ab, so dass eine Anfechtung wegen Irrtums möglich sei. Der Kläger habe erst am 15.03.2005 in der Güteverhandlung erfahren, dass er eine Ausgleichsquittung unterschrieben habe, die er auch wegen arglistiger Täuschung und Drohung angefochten habe. Auch nach der Auffassung des Arbeitsgerichtes hätte dem Kläger der aus der Abrechnung Dezember 2004 sich ergebende Nettobetrag von 89,99 € ausgezahlt werden müssen, was nicht der Fall sei, da die Beklagte lediglich eine Quittung über einen Betrag von 44,47 € netto, den Nettobetrag für November 2005, vorlege. Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 21. Juli 2005, Az.: 3 Ca 419/05, zugestellt am 26. September 2005, wird abgeändert. Es wird nach den Schlussanträgen erster Instanz erkannt. Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen. Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil im Wesentlichen damit,

dass dem Kläger, ungeachtet der Ausgleichsquittung, keine Ansprüche mehr zustünden, weil die Beklagte das Arbeitsverhältnis bis zur Beendigung vollständig und korrekt abgerechnet habe und der sich aus den Abrechnungen ergebende Nettolohn vollständig an den Kläger ausbezahlt worden sei, weil dem Kläger über den Monatslohn auch die für Dezember errechneten 89,99 € netto gezahlt worden seien, was sich aus der Quittung vom 14.02.2005 (Bl. 339 d. A.) ergebe. Weitere Ansprüche seien im Übrigen aufgrund der Abwicklungsvereinbarung erloschen, weil diese wirksam sei, weil Anfechtungsgründe für den Kläger nicht bestünden und auch eine Unwirksamkeit nach §§ 305 ff. BGB ausscheide. Wegen des weiteren Vorbringens wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die im Berufungsverfahren zur Akte gereichten Schreiben nebst deren Anlagen ebenso Bezug genommen, wie auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils. Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist deshalb unbegründet, weil das Arbeitsgericht zu Recht die Klage insgesamt abgewiesen hat. Dem Kläger stehen keine weitergehenden Ansprüche gegen die Beklagte mehr zu, weil die Erklärung, die der Kläger am 14.02.2005 abgegeben hat, einem derartigen Begehren entgegenstehen, so dass auf die Behauptung der Beklagten, alle geltend gemachten Ansprüche seien erfüllt, nicht einzugehen ist. Das Arbeitsgericht geht zu Recht davon aus, dass das Schreiben, das eine Erklärung des Klägers darstellt, sowohl eine Abwicklungsvereinbarung ist, weil die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 18.12.2004 festgestellt wird, eine Bestätigung im Sinne einer Quittung enthält, weil der Kläger den Erhalt verschiedener Arbeitspapiere bestätigt und eine Ausgleichsquittung, weil der Kläger zugleich erklärt, dass weitere Ansprüche gegen die Beklagte nicht mehr bestehen. Die Berufungskammer geht davon aus, dass die §§ 305 ff. BGB anwendbar sind, weil es sich vorliegend um eine allgemeine Geschäftsbedingung gemäß § 305 Abs. 1 BGB handelt, weil die Beklagte der Behauptung des Klägers nicht dezidiert entgegengetreten ist, dass derartige Formulare von der Beklagten in einer Reihe von Fällen verwendet werden, wofür auch spricht, dass es nicht anlässlich des Vorsprechens des Klägers am 14.02.2005 eigens erstellt wurde, sondern als Leerformular der Beklagten vorgehalten wird, da sowohl der Name des Klägers als auch die Daten und die einzelnen Markierungen von Hand in das Formular eingesetzt worden sind. Die Erklärung des Klägers ist auch unter Berücksichtigung der §§ 305 ff. BGB als wirksam zu erachten, wobei sich das Hauptaugenmerk auf die in dem Schreiben enthaltene Ausgleichsquittung im vorletzten Satz konzentriert. Vorab ist festzuhalten, dass, worauf das Arbeitsgericht zu Recht hinweist, die Erklärung des Klägers eine Abwicklungsvereinbarung im Hinblick auf das bereits zum 18.12.2004 beendete Arbeitsverhältnis der Parteien enthält und festgestellt wird, was auch dem insoweit übereinstimmenden Willen der Parteien entsprochen hat, dass der Kläger mit dem Austritt zum 18.12.2004 einverstanden ist. Ein möglicher darin steckender Verzicht des Klägers auf Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist rechtlich deshalb irrrelevant und führt nicht zur Unwirksamkeit der Erklärung, weil der Kläger hätte sich innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung gegen die Kündigung im Klagewege wenden müssen, so dass er durch diese Erklärung auf etwas verzichtet, das er nicht mehr wirksam hätte geltend machen können. Auch der Umstand, dass eine Bestätigung enthalten ist, führt nicht zur Unwirksamkeit der Gesamterklärung, weil der Kläger tatsächlich neben den angekreuzten Papieren und Unterlagen auch noch Bargeld erhalten hat und zwar auch die vom Kläger noch reklamierte Dezember-Abrechnung, weil die Beklagte diesbezüglich eine Quittung vorgelegt hat, die den Erhalt der Restsumme für Dezember 2004 in Höhe von 89,99 € belegt. Der Kläger ist insoweit lediglich seiner gesetzlichen Verpflichtung aus § 368 Satz 1 BGB nachgekommen und hat ein schriftliches Empfangsbekenntnis, landläufig Quittung genannt, erteilt. Die Berufungskammer sieht keinen Grund, warum derartige Erklärungen, wenn sie insgesamt zutreffend sind, nicht in einer Erklärung zusammengefasst abgegeben werden können, so dass allein dem Umstand, dass drei Tatbestände umschrieben sind, die Wirksamkeit nicht tangieren kann. Die weiter enthaltene Ausgleichsquittung ist nach den gegebenen Umständen, worunter auch das äußere Erscheinungsbild des Schreibens zählt, nicht derart ungewöhnlich, dass der Kläger hätte nicht damit rechnen müssen, dass also gerade kein Überraschungseffekt gegeben ist, wenn die Bestätigung des Empfangs von Arbeitspapieren, der Erhalt von Bargeld, die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis tatsächlich zum 18.12.2004 bereits beendet ist, mit der Erklärung des Klägers verbunden werden, dass damit alle Ansprüche abgegolten sind. Angesichts des Wortlautes, der sehr übersichtlich und ohne schwierige Begriffe zu verwenden formuliert ist, kann die Kammer nicht annehmen, dass die Ausgleichsquittung versteckt in der Erklärung aufgenommen worden ist, zumal die Überschrift bereits von einer Ausgleichsquittung spricht. Auch wenn der Satz, der mit dem Wort "damit sind" beginnt, nicht drucktechnisch hervorgehoben ist, so ist doch der Gesamttext übersichtlich und nicht komplex. Auch wenn nicht verkannt werden kann, dass grundsätzlich durch die Platzierung der Unterschriftzeile der Arbeitnehmer genötigt wird, entweder die Ausgleichsquittung und damit alles zurückzuweisen oder den Verzichtsteil in der Quittung durchstreichen zu müssen, womit die Initiativlast auf den Arbeitnehmer verlagert wird, obwohl es eigentlich Sache des Arbeitgebers ist, den Arbeitnehmer darauf anzusprechen, ob er auf mögliche Ansprüche verzichten will und dies möglicherweise auszuhandeln. Dennoch sieht die Kammer diese formularmäßige Vertragsbestimmung deshalb nicht als unangemessen an, weil die Belange des Klägers durch die Überlassung der korrigierten Lohnabrechnung für November/Dezember 2004 unter Ausbezahlung der jeweils sich daraus ergebenden Nettobeträge ausreichend berücksichtigt worden sind. Eine Überrumpelung kann die Kammer ebenfalls nicht feststellen, sieht man die Schreiben der Klägerseite an, die unter dem 30.12.2004 und 11.02.2005 von der Klägervertretung an die Beklagte geschickt worden sind. Im Schreiben vom 30.12.2004 (Bl. 248 - 249 d. A.) stehen ausdrücklich offene Gehaltsansprüche und ein Zeugnis im Vordergrund und nicht die Herausgabe von Arbeitspapieren, wie im Berufungsverfahren behauptet wird. Im Schreiben vom 11.02.2005, in dem der Termin für den Kläger für den 14.02.2005 angemeldet wird, sind auch die Gehaltsabrechnungen für Dezember 2004, der Gehaltsscheck und das Zeugnis angesprochen, woraus sich ergibt, dass der Kläger gerade nicht nur erschienen ist, um die Arbeitspapiere abzuholen, sondern was sich aus den beiden Schreiben eindeutig ergibt, um sein ausstehendes Geld und die Abrechnung und das Zeugnis zu erhalten. Deshalb konnte der Kläger auch nicht überrascht werden, dass ihm zusätzlich zu den Abrechnungen und dem Bargeld noch weitere Arbeitspapiere ausgehändigt worden sind, zumindest in der Form, dass er nicht auf den Erhalt von Geld eingestellt gewesen ist. Mit dem Vorgehen der Beklagten ist zugleich auch der Vorwurf, es habe keine Kompensation auf Seiten des Arbeitgebers für den Verzicht des Klägers auf sonstige Ansprüche gegeben, erledigt. Die Wirksamkeit der Verzichtserklärung scheitert auch nicht an der Wortwahl, weil mit dem Wort "damit sind alle Ansprüche abgegolten" nicht unklar ist, weil sich dieses "damit" auf alle vorstehenden Erklärungen bezieht, nämlich die Empfangsbestätigung und Abwicklungsvereinbarung und zwar nach entsprechender tatsächlicher Erledigung bzw. Erfüllung. Die Ausführung der Klägerseite im Schreiben vom 27.12.2005 unter 5) mögen grammatikalisch insgesamt vertretbar sein, werden aber dem Wortlaut des Satzes nicht gerecht, weil sich dieses "damit" auf alles davor stehende bezieht, was dem normalen Sprachgebrauch auch insoweit entspricht, den der Kläger und die Beklagte pflegen dürften. Dem Kläger steht auch kein Anfechtungsrecht zu, weil er die Unterschrift ohne das Schriftstück zu lesen, gesetzt hat. Wer sich keine Vorstellungen macht, wie der Kläger bei seiner Unterschrift und seinem eigenen Einlassen, kann sich auch nicht irren, so dass eine Anfechtung wegen Irrtums schon nach eigenem Bekunden ausscheidet. Eine Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB scheitert auch im Berufungsverfahren daran, dass der Kläger keine tauglichen Beweismittel angeboten hat, sondern nur sich als Partei hierzu vernehmen lassen will, was jedoch deshalb nicht zulässig ist, weil dies bei einem 4-Augen-Gespräch wie im vorliegenden Fall die Parteieinvernahme auch gegen den Willen der Gegenseite oder als Zeuge zulässig ist, wenn der einzige Zeuge der Gegenseite gehört wurde, um wieder eine offene Beweislage herzustellen. Es ist nicht ausreichend, dass der Kläger allein sich als Partei zur Einvernahme anbietet. Die Gesprächspartnerin des Klägers, Frau X, ist Angestellte der Beklagten, also Zeugin, und hätte vom Kläger vorrangig als Beweismittel für seine Behauptungen angeboten werden müssen. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass es an einem Tatsachenvortrag des Klägers fehlt, was er getan hätte, wenn er aus seiner Sicht nicht genötigt worden wäre und ob dann, wenn die Erklärung vom 14.02.2005 unwirksam sein sollte, sich die fehlende Stellungnahme des Klägers auf die eingehende Darlegung der Beklagten, dass nämlich der Kläger mit den überreichten Abrechnungen tatsächlich alle Leistungen aus dem beendeten Arbeitsverhältnis erhalten hat, als Nichtbestreiten auswirkt. Die Kosten hat der Kläger als die unterlegene Partei zu tragen, für den die Berufungskammer die Revision an das Bundesarbeitsgericht deshalb zugelassen hat, weil es die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG als erfüllt ansieht.

Ende der Entscheidung

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