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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 02.11.2006
Aktenzeichen: 6 Ta 185/06
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, GmbHG, KSchG, GVG
Vorschriften:
BGB § 623 | |
ArbGG §§ 2 ff | |
ArbGG § 5 Abs. 1 Satz 3 | |
ArbGG § 5 Abs. 3 Satz 3 | |
GmbHG § 44 | |
KSchG § 1 | |
GVG § 17 Abs. 2 |
Aktenzeichen: 6 Ta 185/06
Entscheidung vom 02.11.2006
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 11.09.2006 - AZ: 8 Ca 1300/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
Der Kläger, welcher auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 01.08.2001 bei der Beklagten als kaufmännischer Leiter eingestellt wurde, ist zum 01.07.2004 zum stellvertretenden Geschäftsführer der Beklagten ernannt worden.
Mit seiner Klage vom 16.06.2006 wendet er sich gegen eine fristlose Kündigung der Beklagten vom 06.06.2006 (Bl. 29 d. A.).
Die Beklagte hat die sachliche Zuständigkeit des angerufenen Arbeitsgerichts gerügt.
Die Klägerseite hat sodann hierzu ausgeführt, dass der Kläger mit der Ernennung zum stellvertretenden Geschäftsführer keinerlei leitende Funktion eingenommen habe, er kein Einstellungs- oder Kündigungsrecht gehabt habe und er dem Weisungsrecht der anderen Geschäftsführer unterstellt sei. Der Kläger sei insgesamt den Weisungen des Geschäftsführers der Beklagten, Herrn Z., unterstellt gewesen. Durch die Bestellung zum stellvertretenden Geschäftsführer sei zudem das vorherige Arbeitsverhältnis nicht beendet worden, weil zumindest die Schriftform des § 623 BGB nicht beachtet worden sei. Der Arbeitsvertrag sei weiterhin Grundlage der Beschäftigung gewesen, wofür auch der Wortlaut der Kündigung spreche, wonach das Arbeitsverhältnis gekündigt werden solle.
Das Arbeitsgericht hat im Beschluss vom 11.09.2006 festgestellt, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen deshalb unzulässig sei, weil der Kläger nicht Arbeitnehmer sei, da er nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG zur Vertretung der juristischen Person, der Beklagten GmbH, bestellt worden ist.
Diese gesetzliche Funktion sei allein maßgeblich und überlagere die tatsächliche Handhabung des Vertragsverhältnisses, so dass es nicht darauf ankomme, wie die Beziehung der Parteien materiell/rechtlich einzuordnen sei, so dass es auch auf eine etwa vorhandene Weisungsabhängigkeit des Klägers nicht ankommen könne. Für stellvertretende GmbH/Geschäftsführer würden die für die Geschäftsführung geltenden Vorschriften entsprechend eingreifen, so dass auch für den stellvertretenden Geschäftsführer der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht gegeben sei, § 44 GmbH-Gesetz.
Dieser Beschluss ist dem Kläger am 14.09.2006 zugestellt worden, woraufhin mit Gerichtseingang 27.09.2006 sofortige Beschwerde eingelegt wurde.
Die Klägerseite ist der Auffassung, dass das Arbeitsgericht die Zuständigkeit nicht richtig gesehen habe, da sich bei Ernennung zum stellvertretenden Geschäftsführer die Arbeitsbedingungen des Klägers nicht geändert hätten und er weiterhin disziplinarisch dem Geschäftsführer unterstellt geblieben sei. Der Kläger habe sich im Rahmen seiner Kündigungsschutzklage auf § 1 KSchG berufen, so dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen allein deshalb eröffnet sei, da der gestellte Feststellungsantrag voraussetze, dass ein Arbeitsverhältnis bestanden hätte.
Es handele sich dabei um ein doppelrelevantes Prüfkriterium, das allein schon den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffne und die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht von vorneherein ausschließe, dass neben dem Geschäftsführerverhältnis ein ruhendes Arbeitsverhältnis bestehe, zumal der Vertrag vom 01.08.2001 nicht aufgehoben worden sei.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 27.09.2006 Bezug genommen.
Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig, da form- und fristgerecht eingelegt.
Die sofortige Beschwerde ist jedoch deshalb nicht begründet, weil für den vorliegenden Rechtsstreit der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht gegeben ist. Dies folgt unmittelbar aus § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG.
Nach dieser Vorschrift gelten Organe einer juristischen Person, zu denen auch der stellvertretene Geschäftsführer einer GmbH gehört, zwingend nicht als Arbeitnehmer i. S. d. Gesetzes, insbesondere auch im Sinne der in § 2 ff ArbGG enthaltenen Zuständigkeitsnormen. Im Zeitpunkt des Zugangs der zu beurteilenden Kündigung vom 06.06.2006 war der Kläger noch stellvertretender Geschäftsführer der kündigenden GmbH und damit deren Organ i. S. v. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG. Mangels anderer Behauptung geht die Beschwerdekammer davon aus, dass die Tatsache der Geschäftsführertätigkeit des Klägers zum Handelsregister eingetragen und eine Abberufung im Zeitpunkt der Kündigung vom 06.06.2006 nicht erfolgt ist.
In einem derartigen Falle kann nicht darauf abgestellt werden, ob das Beschäftigungsverhältnis des GmbH-Geschäftsführers, seiner Qualität nach eventuell ausnahmsweise als Arbeitsvertrag zu qualifizieren ist. Das Bundesarbeitsgericht hat in der Entscheidung vom 06.05.1999 (= NZA 99, 839 ff.) ausgeführt, dass zur Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten aus der Rechtsbeziehung wegen § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, 13 GVG die ordentlichen Gerichte berufen sind, auch wenn das Anstellungsverhältnis zwischen juristischer Person und seinem Vertretungsorgan, hier dem Kläger, wegen starker interner Weisungsabhängigkeit als Arbeitsverhältnis anzusehen sein sollte und deshalb eigentlich auch dem materiellen Arbeitsrecht unterliegt. Nach § 17 Abs. 2 GVG haben die ordentlichen Gerichte gegebenenfalls Arbeitsrecht anzuwenden (so auch BAG vom 20.08.2003, NZA 03, 1108 ff.).
§ 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG greift sogar dann ein, wenn objektiv feststehen sollte, dass das Anstellungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist. Nachdem in früheren Beschlüssen (10. und 18.12.1996 = AP Nr. 3 und 4 zu § 2 ArbGG 1979 Zuständigkeitsprüfung) das Bundesarbeitsgericht noch die Frage hat dahinstehen lassen, ob die Grundsätze für die Rechtswegbestimmung in so genannten sic-non-Fällen auch auf Organvertreter anwendbar sind, ist die Frage in dem Beschluss vom 06.05.1999 verneint worden.
Wenn der Anstellungsvertrag eines Organvertreters gekündigt wird, so gilt für den Kündigungsschutzprozess die Fiktion des § 5 Abs. 3 Satz 3 ArbGG, was nach dem BAG auch dann gilt, wenn der Anstellungsvertrag zeitgleich mit der Abberufung gekündigt werden sollte. Wenn also der Anstellungsvertrag, ohne dass der Organvertreter abberufen wird, gekündigt wird, gilt die Fiktion ohnehin. Deshalb spielt es auch keine Rolle, dass der Geschäftsführertätigkeit der nicht veränderte oder gar aufgehobene Arbeitsvertrag vom 01.08.2001 zugrunde lag. Dem Kläger ist zuzugestehen, dass durch die Bestellung zum stellvertretenden Geschäftsführer und dem mündlich erfolgten Abschluss eines Geschäftsführervertrages der Einstellungsvertrag nicht, auch nicht konkludent, aufgehoben werden konnte, weil § 623 BGB dem entgegensteht. Dies ändert an der zu beantwortenden Frage im vorliegenden Falle aber wegen der Fiktion in § 5 Abs. 3 Satz 3 ArbGG nichts.
Da nach dem Vorstehenden die Grundsätze für die Rechtswegbestimmung in so genannten sic-non-Fällen auf Organvertreter nicht anwendbar sind, der Kläger im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 06.06.2006 noch stellvertretender GmbH-Geschäftsführer gewesen ist, ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht gegeben, weil die Fiktion gerade auf tatsächliche Verhältnisse keine Rücksicht nimmt und die tatsächliche Handhabung überlagert.
Nach alledem ist die Entscheidung des Arbeitsgerichtes zutreffend, weswegen die sofortige Beschwerde zurückzuweisen ist.
Ein gesetzlicher Grund, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, liegt nicht vor, so dass ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben ist.
Ende der Entscheidung
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