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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 05.01.2006
Aktenzeichen: 6 TaBV 60/05
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG


Vorschriften:

ArbGG § 91
ArbGG § 98
ArbGG § 98 Abs. 2 Satz 4
BetrVG § 74 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 TaBV 60/05

Entscheidung vom 05.01.2006

Tenor:

1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 18.10.2005 - Az.: 9 BV 100/05 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

1.

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Einigungsstelle gebildet werden soll, die sich mit Arbeitszeitregelung für Arbeitnehmer bestimmter Abteilung bei der Beteiligten zu 2, einem Unternehmen, das Papier und andere Zellstoffprodukte herstellt, befasst.

Wegen des Weiteren Tatsächlichen, wird auf den Inhalt der Gründe unter I (Bl. 61 bis 63 d. A.) zur Vermeidung der Wiederholung Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat den Haupt- und Hilfsantrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle auszumachen sei, weil im Hinblick auf die zwingende Mitbestimmungsrechte Betriebsvereinbarungen abgeschlossen worden seien, da die BV 9/2004 eine abschließende Regelung über die Arbeits- und Pausenzeiten für alle Produktionsmitarbeiter beinhalte, also auch für die Mitarbeiter im 2 plus 3 Schichtbetrieb, die in der BV 10/2004 aufgeführt würden.

Die BV 10/2004 regele die Brückentage für das Kalenderjahr 2005, also auch für die Arbeitnehmer im 2 plus 3 Schichtbetrieb.

Die Regelung in BV 10/2004 nehme die Mitarbeiter des 2 plus 3 Schichtbetriebes nicht von den vorstehenden Regelungen über die Brückentage aus, weil für diese noch eine neue Arbeitszeitregelung verhandelt werden solle.

Für die Einsetzung einer Einigungsstelle, weil zwingend der Mitbestimmung unterworfene Sachverhalt zu regeln seien, könne es nicht kommen, weil insoweit bereits Regelungen vorliegen würden und die neue Regelung, die so genannte Freischichttage die Arbeitnehmer im 2 plus 3 Schichtbetrieb betreffend, sei eine Frage des Umfanges der Arbeitszeit, welche der zwingenden Mitbestimmung nicht unterliege und zudem vom geltenden Manteltarifvertrag geregelt sei.

Die Einsetzung der Einigungsstelle auf der Grundlage eines freiwilligen Einigungsstellenverfahrens sei nicht erfolgreich, weil die Beklagtenseite zumindest sich einer Einigungsstelleneinrichtung auf dieser Grundlage verweigere.

Auch soweit alle Arbeitszeitregelungen gekündigt worden seien, rechtfertige dies keine Einsetzung der Einigungsstelle, weil hier nicht erkennbar sei, dass die Betriebspartner schon ergebnislos verhandelt hätten.

Aus diesen Gründen sei auch der Hilfsantrag nicht begründet.

Nach Zustellung des Beschlusses am 27.10.2005 ist die Beschwerde am 10.11.2005 eingegangen und zugleich damit begründet worden, dass in der am 10.12.2004 abgeschlossenen Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit im Hinblick auf die Pausenregelung ein Ausgleich für die betroffenen Arbeitnehmer in Form einer Zeitgutschrift von täglich 30 Minuten geregelt sei, jedoch keine Kompensation für die Bereitschaften bei Schichtwechsel, Anlegen von Sicherheitskleidung unter fehlender Zahlung von Überstundenzuschlägen trotz Überschreitung der tariflichen Arbeitszeit geschaffen sei. Aus diesem Grunde habe man in Ziffer 4 BV 10/2004 vereinbart:

Zu diesem Punkt wird eine neue Regelung zwischen Betriebsrat und Werkleitung verhandelt.

Dabei sei der Betriebsrat davon ausgegangen, dass diese Vereinbarung keine freiwillige Leistung der Beschwerdegegnerin zum Inhalt habe, was der Beschwerdegegnerin auch bekannt sei.

Auch sei man davon ausgegangen, dass die vorstehend zitierte Vereinbarung zur weiteren Verhandlung von der Beschwerdegegnerin als der Mitbestimmung unterlegene Verpflichtung akzeptiert werde.

Auch die Annahme, dass die weitere Verhandlungen nicht gescheitert seien, treffe nicht zu, weil die Beschwerdegegnerin es kategorisch abgelehnt habe, die noch fehlende Teilregelung zu verhandeln.

Der Beteiligte zu 1. beantragt:

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 18.10.2005 - Az.: 9 BV 100/05 - wird abgeändert,

2. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle, die eine Regelung hinsichtlich der Arbeitszeiten, Pausenzeiten, Freischichttage und den Durchfahrausgleich bezüglich Hochzentrallager Feucht-/Körperpflege und Papierverarbeitung trifft, wird Herr Dr. K. Dörner, Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz - im Falle seiner Verhinderung Herr B, Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz - bestellt.

Hilfsweise:

Zum Vorsitzenden der Einigungsstelle, die eine Regelung hinsichtlich der Arbeitszeiten, Pausenzeiten, Freischichttage und Durchfahrausgleich bezüglich Feucht-/Körperpflege und Papierverarbeitung trifft, wird Herr Dr. K. D, Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz - im Falle seiner Verhinderung Herr B, Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz - bestellt.

3. Die Zahl der Beisitzer je Seite beträgt drei.

Die Beteiligte zu 2. beantragt,

die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die arbeitsgerichtliche Entscheidung wird im Wesentlichen damit verteidigt, dass es sich um einen Globalantrag handele, der unzulässig sei.

Aus der Beschwerdebegründung ergebe sich, dass es dem Antragsteller nur um die Gewährung von mitbestimmungsfreien Freischichttagen gehe, während alle anderen Regelungsgegenstände abschließend in der Betriebsvereinbarung Nr. 10/2004, Brückentage 2005 vom 10.12.2004 sowie die BV 9/2004 geregelt seien.

Mit Schreiben vom 21.09.2005 habe man dem Antragsteller einen Vorschlag zur Lösung des Streites unterbreitet, woraufhin keine weiteren Gespräche hierüber geführt worden seien, sondern der Beschluss gefasst wurde, die Angelegenheit im Beschlussverfahren weiter zu verfolgen.

Auch die Kündigung aller anderen Betriebsvereinbarungen durch den Antragsteller ändere hieran nichts, worauf das Arbeitsgericht zu Recht hingewiesen habe.

Bezüglich der zusätzlich geforderten vier bis fünf Brückentage sei darauf hinzuweisen, dass der Umfang der wöchentlichen Arbeitszeiten Regelung des einschlägigen Manteltarifvertrages sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Beschwerdeverfahren wird auf den Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

2.

Die zulässige Beschwerde ist deshalb nicht begründet, weil das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass eine Einigungsstelle nicht einzusetzen ist. Die Beschwerdekammer schließt sich den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichtes an, soweit es um die Frage der Offensichtlichkeitsprüfung im Hinblick auf die Zuständigkeit der Einigungsstelle geht (II 1 b aa bis c).

Es ist zwar richtig, dass dem Antragsteller aus Nr. 4 BV 10/2004 ein Anspruch darauf zusteht, dass eine neue Regelung für die Arbeitszeit der Mitarbeiter im 2 plus 3 Schichtbetrieb (BV, F, K) verhandelt und auch getroffen wird. Eine andere Interpretation dieser Vereinbarung schließt sich aus, zumal am gleichen Tag die Betriebsvereinbarung 9/2004 für den Bereich Papierverarbeitung getroffen wurde. Die Aufnahme des Punktes 4 in die BV 10/04 belegt, dass für diesen Arbeitnehmerbereich noch nachverhandelt werden sollte. Jedoch fällt dieser Verhandlungsbereich, worauf das Arbeitsgericht zu Recht hinweist, nicht in den Bereich des zwingenden Mitbestimmungsverfahrens, sondern in den Bereich der freiwilligen Leistung und den Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit und nicht deren Verteilung. Der Umfang der Arbeitszeit ist aber, was unter den Verfahrensbeteiligten unstreitig ist, im geltenden Manteltarifvertrag geregelt, worauf auch die Betriebsvereinbarung 9/2004 und 10/2004 hinweisen.

Das Arbeitsgericht hat auch die Einsetzung der Einigungsstelle auf der Grundlage eines freiwilligen Einigungsstellenverfahrens zu Recht verneint, weil zumindest die Arbeitgeberin im vorliegenden Verfahren ihre Mitwirkung verweigert.

Wenn es auch richtig ist, dass eine Einigungsstelle erst dann angerufen werden kann, wenn die nach § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG 2001 bestehende Verhandlungsverpflichtung, die beinhaltet, bei strittigen Fragen mit dem ernsthaften Willen zur Einigung zu verhandeln, erfüllt ist. und ein Mangel in der Einigung nicht erst dann gegeben ist, wenn die Betriebspartner vergeblich über eine Lösung des Problems verhandelt haben, sondern bereits dann, wenn einer nach subjektiver Einschätzung von einer der beiden Seiten eine Regelung nicht ohne fremde Hilfe möglich sein wird. Dann dient das Bestellungsverfahren nach § 98 ArbGG dazu, die stockende vertrauensvolle Zusammenarbeit wieder in Gang zu bringen, weil insoweit § 98 ArbGG den Verhandlungsanspruch aus § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG überlagert.

Dennoch muss dieser Grundsatz auf Fragen beschränkt bleiben, die dem zwingenden Mitbestimmungsrecht unterworfen sind, weil hier der Satz gelten muss, dass eine Seite die Lösung der anstehenden Fragen durch die Blockierung der Einigungsstelle nicht verhindern kann.

Auf der anderen Seite kann nicht allein der Umstand, dass eine Betriebspartei die Verhandlung für aussichtslos hält, dazu führen, eine Einigungsstelle einzurichten, weil dabei nicht erkennbar ist, dass überhaupt Anstrengungen gemacht wurden, eine Einigung zu erzielen.

Die Beschwerdekammer misst dabei der Behauptung der Beteiligten zu 2. Bedeutung bei, dass nämlich mit Schreiben vom 21.09.2005 an den Betriebsratsvorsitzenden, ein Angebot für die Regelung des offenen Punktes 4 BV 10/2004 unterbreitet worden ist, der von Seiten des Antrag stellenden Betriebsrates lediglich mit Beschlüssen vom 22.09.2005 dahin beantwortet wurde, dass der Betriebsrat eine Einigungsstelle bezüglich der 4 - 3 Schichttage errichten will.

Da kein entsprechender Vortrag seitens des Antrag stellenden Betriebsrats kam, welcher vorherigen Aktionen - Gespräche - Vorschläge erwähnt waren, geht die Beschwerdekammer davon aus, dass der Verhandlungsspielraum noch nicht erschöpft ist, so dass es noch nicht zu einer Einrichtung einer Einigungsstelle kommen kann.

Gegen diesen Beschluss findet kein Rechtsmittel statt, § 98 Abs. 2 Satz 4 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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