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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 25.05.2007
Aktenzeichen: 6 TaBVGa 6/07
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 85 Abs. 2
ArbGG § 91
BetrVG § 87 Abs. 1
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 567
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 TaBVGa 6/07

Entscheidung vom 25.05.2007

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 03. April 2007 - 8 BVGA 7/07 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Auf den mittels einer einstweiligen Verfügung eingereichten Antrag des Betriebsrats vom 27. März 2007, dem Antragsgegner (Arbeitgeber) zu untersagen, die Mitarbeiterinnen im Arbeitsbereich der Weiterverarbeitung Z., Y., X. und W. außerhalb der Nachtschicht zu beschäftigen, ohne dass der Beteiligte zu 1) (Betriebsrat) hierzu seine Zustimmung erteilt habe oder diese Zustimmung durch das Arbeitsgericht ersetzt worden sei, verbunden mit einem entsprechenden Ordnungsgeldantrag, hat das Arbeitsgericht Koblenz auf Zurückweisung des Antrags erkannt.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es fehle an einem Verfügungsanspruch, da der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht mit Abschluss der Vereinbarung vom 22. Juli 1997 (Blatt 8 d. A.) ausgeübt habe. Ein kollektiver Tatbestand im Sinne von § 87 Abs. 1 BetrVG sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 24. Mai 1989 - 2 AZR 5371/88 - nicht gegeben, wonach die Festlegung der individuellen kapazitätsorientierten Arbeitszeit innerhalb des vertraglich vereinbarten Rahmens nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nicht mitbestimmungspflichtig sei. Die Auslegung der Vereinbarung ergäbe, dass auch ein Einsatz der Mitarbeiter in Tagschicht in Betracht käme.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den vorerwähnten Beschluss vom 03. April 2007 - 8 BVGa 7/07 (Blatt 80 - 86 d. A. ) verwiesen.

Gegen den am 10. April 2007 zugestellten Beschluss richtet sich die am 24. April 2007 eingelegte sofortige Beschwerde des Betriebsrates.

Diese wurde im Wesentlichen damit begründet,

die im Antrag erwähnten Mitarbeiterinnen seien seit mehr als 10 Jahren zu regelmäßigen Arbeitzeiten eingesetzt worden und zwar sonntags bis freitags von 22:15 Uhr bis Druckende. Eine langjährige Nachtschichttätigkeit dürfe nicht ohne Ausspruch einer Änderungskündigung widerrufen werden. Da der Arbeitumfang jeder der betroffenen Arbeitnehmerinnen vom Arbeitsumfang der anderen Teilzeitkraft abhinge, läge entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ein kollektiver Tatbestand vor. Durch die regelmäßige Tätigkeit der vier Mitarbeiter habe die Betriebsvereinbarung vom 22. Juli 1997 nicht mehr die Funktion einer Rahmenbetriebsvereinbarung. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts handele es sich bei den Mitarbeiterinnen auch nicht um Leiharbeitnehmerinnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz des Betriebsrats vom 24. April 2007 (Blatt 80 - 86 d. A.) verwiesen.

Der Betriebsrat beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Koblenz vom 03. April 2007 - 8 BVGa 7/07 -, eingegangen am 10. April 2007,

1. der Antragsgegnerin zu untersagen, die Mitarbeiterinnen im Arbeitsbereich der Weiterverarbeitung Z., Y., X. und W. außerhalb der Nachtschicht zu beschäftigen, ohne dass der Beteiligte zu 1) hierzu seine Zustimmung erteilt oder diese Zustimmung durch das Arbeitsgericht ersetzt worden ist;

2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Nr. 1 der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld anzudrohen, dessen Höhe ins Ermessen des Gerichts gestellt wird.

Die Arbeitgeberin hat

Zurückweisung der sofortigen Beschwerde

beantragt und erwidert,

mangels Eilbedürftigkeit bestünde kein Verfügungsgrund, da der Wechsel der Einsatzzeit bereits mit Schreiben vom 15. November 2006 gegenüber ihr - der Arbeitgeberin - gerügt worden sei, ein Einigungsstellenverfahren betrieben würde und erst am 23. März 2007 der vorliegende Antrag gestellt worden sei. Die Rechte könnten im normalen Beschlussverfahren geltend gemacht werden. Im übrigen bestünde auch kein Verfügungsanspruch. Alle Kräfte seien als Abrufkräfte eingestellt, die jeweils andere Arbeitszeiten hätten. Auf die Entscheidung des BAG vom 24. Mai 1989, 2 AZR 537/88, wonach kein Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung kapazitätsorientierter Arbeitszeit bestünde, sei zu verweisen. Die Mitarbeiterinnen unterlägen der Betriebsvereinbarung vom 22. Juli 1997. Nach deren Inhalt sei ein Einsatz in Tagschicht klar gewollt. Diese Betriebsvereinbarung bestünde bis heute ungekündigt fort. Sie - die Arbeitgeberin - habe die Abrufkräfte bereits vor dem Jahr 2007 auch individuell am Tag eingesetzt. Eine Konkretisierung der Arbeitszeit sei entsprechend der Rechtsprechung des BAG abzulehnen. Die Mitarbeiterinnen seien auch nie als Schicht eingesetzt worden. Unzutreffend sei die Behauptung, dass der Arbeitsumfang der betroffenen Arbeitnehmerinnen vom Arbeitsumfang der anderen Teilzeitkraft abhinge; Arbeits- und Pausenzeiten der jeweiligen Mitarbeiterinnen hingen vielmehr von der zu bedienenden Maschine ab. Im übrigen habe der Betriebsrat durch den Abschluss der Betriebsvereinbarung über kapazitätsorientierte Arbeitszeit bereits ein etwaiges Mitbestimmungsrecht verbraucht.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebeantwortung wird auf den Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 18. Mai 2007 (Blatt 124 - 129 d. A.) Bezug genommen, zugleich wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die nach § 85 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 567 ZPO statthafte sofortige Beschwerde des Betriebsrats, die form- und fristgerecht eingelegt worden ist, ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats auf Untersagung der Beschäftigung der bestimmt bezeichneten Arbeitnehmerinnen außerhalb der Nachtschicht im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

Es fehlt an einem Verfügungsgrund. Dieser besteht in der objektiv begründeten Besorgnis, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verbindlichkeit des Rechts des Betriebsrats vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hat der Antragsteller selbst einen größeren Zeitablauf in Kauf genommen, ohne einstweiligen Rechtsschutz zu beantragen, ist wegen so genannter Selbstwiderlegung ein Verfügungsgrund zu verneinen (zutreffend Schwab/Weth, Kommentar zum Arbeitsgerichtsgesetz, § 85 Rz. 65 m. w. N. auf LAG Köln, Beschluss vom 13. August 1996 - 11 TaBV 173/96 = AP Nr. 6, § 62 ArbGG, 1979, sowie § 62 Rz. 97).

Im vorliegenden Fall ist nach dem Sachstand des Beschwerdeverfahrens bereits mit Schreiben vom 15. November 2006 gegenüber dem Arbeitgeber der Wechsel der Einsatzzeit der vom Antrag umfassten Arbeitsnehmerinnen beanstandet worden und erst am 23. März 2007 ein entsprechender Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingereicht worden. Durch das mehrmonatige Zuwarten des Betriebsrats ist weder zum Zeitpunkt der Entscheidung des Arbeitsgerichts am 03. April 2007 noch zu dem Zeitpunkt der Entscheidung über die sofortige Beschwerde eine Eilbedürftigkeit für das geltend gemachte Begehren gegeben. Hinzu kommt, dass nach den Feststellungen in der mündlichen Verhandlung über die sofortige Beschwerde unstreitig kein Hauptsacheverfahren eingeleitet worden ist und darüber hinaus eine Anrufung der Einigungsstelle vorliegt. Schließlich kann für das vorliegende Verfahren nicht unbeachtet bleiben, dass die vom Antrag des Betriebsrats umfassten Arbeitnehmerinnen vier Individualverfahren eingeleitet haben, mit welchem diese die Beibehaltung ihrer Beschäftigung in der Nachtschicht erstreben.

Fehlt es an einem Verfügungsgrund, kommt es auf das Vorliegen eines Verfügungsanspruches nicht mehr entscheidungserheblich an. Die von der Beschwerde des Betriebsrats thematisierte Frage, ob die vom Antrag umfassten Arbeitnehmer ohne Ausspruch einer Änderungskündigung aus ihrer Nachtschichttätigkeit genommen werde dürfen, bedarf daher keiner Befassung; die gilt umso mehr, als die Arbeitgeberin im Laufe des Beschwerdeverfahrens vorgetragen hat, dass vor 2007 auch individuelle Einsätze der genannten Mitarbeiterinnen am Tag vorgekommen seien.

Dem vom Arbeitsgericht verneinten Gegebensein eines kollektiven Tatbestandes ist die Beschwerde zwar mit der abstrakt gehaltenen Behauptung entgegengetreten, dass die betroffenen Arbeitnehmerinnen vom Arbeitsumfang der anderen Teilzeitkraft abhingen; dies jedoch wurde von der Arbeitgeberseite nicht nur mit der Begründung widerlegt, dass die genannten Arbeitnehmerinnen nie als Schicht eingesetzt worden seien und eine Abhängigkeit des Einsatzes allenfalls von der Laufzeit der Maschine, nicht jedoch von anderen Mitarbeiterinnen vorgelegen habe. Schließlich ist auch darauf zu verweisen, dass die Vereinbarung über die Mindestarbeitszeit der Beschäftigten mit an der benötigten kapazitätsorientierten variablen Arbeitszeit in der Abteilung Weiterverarbeitung unter Ziffer 1 folgendes vorsieht:

" 1. Die Leitung Druck/Weiterverarbeitung stellt sicher, dass bei der Arbeitseinteilung alle Mitarbeiterinnen der Weiterverarbeitung in Teilzeit durchschnittlich 18 Stunden in der Woche abgerufen werden.

Dies gilt für Tag- und Nachtschicht."

...

Es spricht viel dafür, dass diese Betriebsvereinbarung einen Einsatz in Tagschichten zulässt - wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat -. Von daher kann auch ein Verbrauch des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nicht ausgeschlossen werden.

Gegen diese Entscheidung findet keine Rechtsbeschwerde statt (§ 92 Abs. 1 Satz 3 ArbGG)

Ende der Entscheidung

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