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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 15.07.2009
Aktenzeichen: 7 Sa 104/09
Rechtsgebiete: BGB, KSchG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 134
BGB § 140
BGB § 626 Abs. 2
BGB § 626 Abs. 2 Satz 1
BGB § 626 Abs. 2 Satz 2
KSchG § 6 Satz 1
ArbGG §§ 64 ff.
ZPO §§ 512 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.01.2009, Az.: 4 Ca 1795/08 abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 26.09.2008 nicht beendet worden ist. 2. Der Beklagte trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens. 3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 18.500,00 € festgesetzt. II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer fristlosen Kündigung. Der am 05.04.1951 geborene Kläger, der zum zweiten Mal verheiratet ist und vier Kinder hat, ist bei dem Beklagten seit dem 01.01.1991 als Akademieleiter gegen Zahlung eines monatlichen Arbeitsentgeltes in Höhe von zuletzt 6.188,00 EUR brutto beschäftigt. Der Beklagte ist ein privatrechtlicher Verein, zu dessen Mitgliedern unter anderen der Z Rheinland-Pfalz sowie hauptamtlich verwaltete kommunale Gebietskörperschaften gehören; er hat laut § 2 seiner Satzung (vgl. Bl. 115 ff. d.A.) die Aufgabe, unter anderem die Mitglieder der Organe der kommunalen Gebietskörperschaften mit der kommunalen Selbstverwaltung vertraut zu machen und Schulungsveranstaltungen durchzuführen. Als Leiter des Beklagten oblag dem Kläger die Organisation des Schulungsbetriebes. Der zwischen den Parteien am 01.12.1990 geschlossene Dienstvertrag (vgl. Bl. 6 ff. d.A.) enthält unter anderen folgende Regelungen: "§ 1

Herr A. wird ab 01. Januar 1991 als Leiter der Z Rheinland-Pfalz auf Lebenszeit angestellt. § 2

Auf das Dienstverhältnis einschließlich der Versorgung finden, soweit sich aus diesem Dienstvertrag nichts anderes ergibt, die für Beamte der Gemeinden des Landes Rheinland-Pfalz geltenden Vorschriften Anwendung." Am 20.12.1996 trafen die Parteien eine schriftliche Vereinbarung (vgl. Bl. 241 d.A.), wonach sich der Kläger verpflichtete, wöchentlich regelmäßig mindestens 2,5 Stunden Mehrarbeit zu leisten; zum Ausgleich hierfür gewährte die Beklagte 15 Ausgleichstage. Der Kläger war in der Zeit von 1998 bis 2008 als Dozent der Z und als Gutachter bei Stellenbewertungen tätig. Im Zusammenhang mit diesen Aktivitäten entstand bei dem Beklagten spätestens am 28.08.2009 der Verdacht, dass sich der Kläger folgender Pflichtverletzung schuldig gemacht haben könnte: - Nichtinanspruchnahme von Urlaubs- und Ausgleichstagen für Nebentätigkeiten und bei entsprechender Verrechnung ein Negativsaldo zu Lasten des Klägers von 138,5 Arbeitstagen,

- Verletzung der aus § 8 Abs. 1 Nebentätigkeitsverordnung resultierenden Ablieferungspflicht, wobei von 1998 bis 2008 ein Gesamtbetrag von 136.542,15 EUR nicht abgeführt worden sein soll,

- unterlassene Abführung von Einkommenssteuer für Nebentätigkeitshonorare. Während eines am 28.08.2008 geführten Gespräches hat der Beklagte den Kläger mit den Verdachtsmomenten konfrontiert und ihn mit sofortiger Wirkung von der Arbeit freigestellt. Des Weiteren hat er ihn mit Schreiben vom 29.08.2008 aufgefordert, bis zum 30.09.2008 die ausgeübten ehrenamtlichen, nebenberuflichen, freiberuflichen und sonstigen Tätigkeiten mit Datum und Uhrzeit für die zurückliegenden 5 Kalenderjahre, soweit hierdurch Einkünfte erzielt wurden, offen zu legen. Mit Schreiben vom 01.09.2008 (vgl. Bl. 51 d.A.) teilte der spätere Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Beklagten mit, der Kläger sei - wie fachärztlich festgestellt - derzeit nicht in der Lage "diensttechnische Anforderungen" zu erfüllen. Es sei ihm daher aus gesundheitlichen Gründen voraussichtlich nicht möglich, die gesetzte Frist zu wahren. Dem Schreiben waren die ärztliche Bescheinigungen vom 28. und 29.08.2008, ausgestellt von Frau Dr. med. K (vgl. Bl. 53 d.A.) beigefügt, in denen unter anderem festgestellt wurde, der Kläger sei bis zum 25.09.2008 nicht in der Lage, "diensttechnische" Anforderungen zu erfüllen. Der spätere Prozessbevollmächtigte des Beklagten führte daraufhin in seinem an den späteren Prozessbevollmächtigten des Klägers gerichteten Schreiben vom 18.09.2008 (vgl. Bl. 54 ff. d.A.) aus, für den Kläger stünden zwei Leitz-Ordner mit Honorarabrechnungsunterlagen in der Geschäftsstelle des Beklagten zur Einsichtnahme bereit. Der Beklagte erwarte, dass der Kläger bis spätestens 25.09.2008 zu den Tatsachen, die den dringenden Verdacht begründeten, dass der Kläger gegen Vorschriften des Nebentätigkeitsrechts verstoßen und über den Erbringer von Leistungen getäuscht habe, Stellung nehmen werde. Die Einsichtnahme und Anhörung solle entweder am 19.09.2008 oder 22.08.2008 stattfinden. In seinem Schreiben vom 19.09.2008 (vgl. Bl. 57 d.A.) erwiderte der spätere Prozessbevollmächtigte des Klägers hierauf, die behandelnde Ärztin habe dem Kläger dringend davon abgeraten, die Aktenordner bei dem Beklagten einzusehen. Unter dem Datum vom 25.09.2008 (vgl. Bl. 203 d.A.) erteilte Frau Dr. med. K eine weitere ärztliche Bescheinigung, wonach der Kläger bis auf Weiteres nicht in der Lage sei, diensttechnische Maßnahmen auszuführen; von dieser Bescheinigung erfuhr der Beklagte erst später im Verlauf des arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahrens. Die weitere ärztliche Bescheinigung vom 25.09.2008 (vgl. Bl. 242 d.A.) wonach der Kläger weiterhin arbeitsunfähig krank bis voraussichtlich 30.10.2008 sein werde, leitete der Kläger sogleich an die Beklagte weiter. Am Freitag den 26.09.2008 vor 10.52 Uhr ging dem Kläger das Schreiben des Beklagten vom gleichen Tag (vgl. Bl. 5 d.A.) zu, in welchem dieser die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses aussprach. Mit seiner am 29.09.2008 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangenen Klage hat der Kläger die Rechtsunwirksamkeit der fristlosen Kündigung geltend gemacht und seine Weiterbeschäftigung als Akademieleiter für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits verlangt. Der Kläger hat unter anderem geltend gemacht

die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht gewahrt. Es sei nämlich nicht ersichtlich, welche neuen Erkenntnisse der Beklagte in den letzten zwei Wochen gewonnen habe, die nunmehr eine Kündigung rechtfertigen würden. Der Beklagte habe eine Stellungnahme des Klägers zu dem geäußerten Verdacht nicht abwarten wollen, zumal er angesichts des Kündigungszugangs vom 26.09.2008 vor 10.52 Uhr den Kündigungsentschluss bereits während der bis zum 25.09.2008 laufenden Stellungnahmefrist gefasst haben müsse. Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 26.09.2008 beendet wurde bzw. durch diese Kündigung beendet wird. 2. Im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. den Beklagten zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Akademieleiter weiterzubeschäftigen. Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Der Beklagte hat unter anderem ausgeführt,

die Kündigungserklärungsfrist aus § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt. Soweit dem Kläger in den ärztlichen Bescheinigungen vom 28. und 29.08.2009 attestiert worden sei, er sei nicht in der Lage, diensttechnische Anforderungen zu erfüllen, habe der Beklagte davon ausgehen müssen, dass dem Kläger die Aufklärung noch offener Fragen nicht möglich sei; die für den Beklagten handelnden Personen hätten keine weitere Möglichkeit der Überprüfung gehabt. Der Kläger sei dann mit Schreiben des späteren Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 18.09.2008 darüber informiert worden, dass der gesundheitlich bedingte Aufschub nicht bedeute, dass er von seiner Verpflichtung Rechenschaft abzulegen endgültig entbunden werde. Nach dem damals aktuellen Kenntnisstand des Beklagten habe die den Kläger behandelnde Ärztin unter dem Datum vom 25.09.2008 nur noch eine weiter bestehende Arbeitsunfähigkeit attestiert. Der Ablauf der zweiwöchigen Kündigungserklärungsfrist sei jedoch nur durch die qualifiziert attestierte Arbeitsunfähigkeit gehemmt worden, nicht aber durch die einfach attestierte. Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Urteil vom 19.01.2009 (Bl. 141 ff d.A.) die Klage abgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt, die Kündigungserklärungsfrist sei gewahrt, zumal es nicht darauf ankomme, ob der Beklagte während der dem Kläger eingeräumten Frist zur Stellungnahme tatsächlich neue, kündigungsbegründende Erkenntnisse gewonnen habe. Vielmehr sei die Zweiwochenfrist gehemmt, wenn ein Kündigungsberechtigter nach den ersten Anhaltspunkten für das Vorliegen eines wichtigen Grundes zwar zügig, aber nicht hektisch Ermittlungen anstelle, die ihm eine umfassende zuverlässige Kenntnis des Kündigungssachverhaltes verschaffen würden. Hierzu würde auch die Anhörung des Arbeitnehmers gehören. Der Beklagte habe entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht dessen Genesung abwarten müssen, um ihm Gelegenheit zur näheren Stellungnahme zu geben. Zum einen sei es nämlich für den Beklagten nicht ausgeschlossen gewesen, dass der Kläger sich über seinen Rechtsanwalt äußern werde. Zum anderen habe, aufgrund der vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen, aus der Sicht eines medizinischen Laien nach allgemeiner Lebenserfahrung damit gerechnet werden können, dass der Kläger vor Ablauf des 25.09. wieder ansprechbar sei. Es sei insoweit davon auszugehen, dass eine ansonsten physisch und psychisch normal veranlagte Person einen Schock mit der Zeit überwinde und hierfür nicht exakt vier Wochen benötige. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 5 ff. des Urteils vom 19.01.2009 (vgl. Bl. 145 ff. d. A.) verwiesen. Der Kläger, dem die Entscheidung des Arbeitsgerichts Mainz am 30.01.2009 zugestellt worden ist, hat am 25.02.2009 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 30.03.2009 sein Rechtsmittel begründet. Der Kläger trägt unter anderem vor,

die Frist des § 626 Abs. 2 BGB habe zum Zeitpunkt der Kündigung vom 26.09.2008 noch gar nicht begonnen zu laufen. Er sei nämlich vom 28.08.2008 bis nach Zugang der Kündigung gesundheitlich nicht in der Lage gewesen, dem Beklagten Auskunft zu geben. Zum Kündigungszeitpunkt habe sich sein Gesundheitszustand, ausweislich der ärztlichen Bescheinigung vom 25.09.2008, gegenüber dem 28.08.2008 nicht verändert gehabt; er sei nach wie vor nicht in der Lage gewesen, diensttechnische Maßnahmen auszuführen. Falls der Beklagte behaupte, der Sachverhalt sei am 28.08.2008 bereits hinreichend bekannt gewesen, hätte er die Kündigung innerhalb von 14 Tagen aussprechen müssen. Das Angebot an den Kläger, Unterlagen einzusehen, wäre dann untauglich zur weiteren Aufklärung gewesen. Die Annahme des Arbeitsgerichts, der Gesundheitszustand des Klägers habe sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung bis zum 25.09.2008 gebessert, überzeuge nicht. Dem stehe vielmehr der Inhalt der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen entgegen. Diesen Bescheinigungen komme auch im vorliegenden Verfahren der volle Beweiswert zu, zumal der Beklagte den Nachweis für das Vorliegen des Gegenteiles nicht geführt habe. Eine allgemeine Lebenserfahrung, wonach trotz einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Arbeitsleistungen erbracht werden könnten, bestehe nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 30.03.2009 (Bl. 175 ff. d. A.) und 20.06.2009 (Bl. 261 ff. d. A.) Bezug genommen. Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.01.2009 - 4 Ca 1795/08 - abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 26.09.2008 beendet worden ist. Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Der Beklagte macht geltend,

die streitgegenständliche Kündigung sei auch unter Berücksichtigung von § 626 Abs. 2 BGB rechtzeitig erfolgt. Der Sachvortrag des Klägers im zweitinstanzlichen Verfahren, er sei auch über den 25.09.2008 hinaus nicht in der Lage gewesen, diensttechnische Anforderungen zu erfüllen, widerspreche seinem erstinstanzlichen Vortrag, wonach der pathologische Zustand, aufgrund dessen er nicht mehr in der Lage gewesen sei, "diensttechnische Anforderungen zu erfüllen" bis zum 25.09.2008 angehalten habe. Nach Einschätzung der Vertreter des Beklagten könne auch angesichts der von der behandelnden Ärztin attestierten "Dekompensationsgefährdung" nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger nicht bereits vor dem 25.09.2008 unter Ausschöpfung der ihm angebotenen Möglichkeit der Einsichtnahme der relevanten Unterlagen durch ihn oder in Begleitung seines Prozessbevollmächtigten in der Lage gewesen sei, zu den offenen Fragen Stellung zu nehmen. Der Beklagte bestreite mit Nichtwissen, dass der Kläger exakt bis zum 25.09.2008 oder gar über diesen Tag hinaus gesundheitlich nicht in der Lage gewesen sei, an der weiteren Aufklärung des Sachverhaltes allein oder im Beistand seines Bevollmächtigten oder durch den Bevollmächtigten mitzuwirken. Eine bestehende Arbeitsunfähigkeit genüge für sich allein betrachtet nicht, um den Beginn oder Ablauf der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB zu hemmen. Der Beklagte habe hinreichenden Anlass anzunehmen, dass es sich bei den ärztlichen Bescheinigungen um "Gefälligkeitsatteste" handele, zumal der Begriff der "diensttechnischen Anforderungen" keinerlei Bezug zu einer vor Ausspruch einer Verdachtskündigung notwendigen Anhörung des Arbeitnehmers erkennen lasse. Aufgrund der nicht ganz auszuschließenden Möglichkeit, dass der Kläger gesundheitlich zwar in der Lage gewesen sei, an der Aufklärung der Sachverhalte mitzuwirken, es dazu jedoch an seiner Bereitschaft gefehlt habe, könne er sich nach Treu und Glauben nicht darauf berufen, dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten sei. Der erstmals in der Berufungsbegründung erhobene Einwand, die Kündigung sei zu früh erfolgt, sei nach § 6 Satz 1 KSchG unbeachtlich. Zumindest stehe ihm aber der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 20.05.2009 (Bl. 222 ff. d. A.) verwiesen. Auch im Übrigen wird auf den gesamten Inhalt, insbesondere auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zulässig und darüber hinaus auch in der Sache begründet. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wurde durch die Kündigung vom 26.09.2008 weder fristlos noch unter Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet. A. Die fristlose Kündigung vom 26.09.2008 ist nach § 134 BGB nichtig, da der Beklagte die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB nicht gewahrt hat. Demnach kann die Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Erforderlich ist eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.05.2004 - 11 Sa 1049/03 = LAG Report 2005, 40). Dazu gehören sowohl die für als auch gegen die Kündigung sprechenden Umstände sowie die Beschaffung und Sicherung möglicher Beweismittel für die ermittelte Pflichtverletzung (vgl. BAG, Urteil vom 17.03.2005 - 2 AZR 245/04 = EzA § 626 BGB 2002 Nr. 9). Zur Erlangung dieser Kenntnis kann der Kündigungsberechtigte zunächst Ermittlungen anstellen, insbesondere den Betroffenen anhören. Um den Schutz des Kündigungsgegners durch die Ausschlusswirkungen nicht mittels eines Hinauszögerns der Anhörung umgehen zu können, muss sie innerhalb einer kurzen Frist erfolgen, die regelmäßig nicht länger als eine Woche sein darf (vgl. BAG, Urteil vom 06.07.1972 - 2 AZR 386/91 = EzA § 626 BGB N.F. Nr. 15). Solange der Arbeitgeber die zur Sachverhaltsaufklärung nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erscheinenden Maßnahmen durchführt, ist die Ausschlussfrist gehemmt (vgl. LAG Köln, Urteil vom 18.01.2002 - 11 Sa 522/01 = EzA - SD 13/2002). Die Hemmung des Fristablaufs setzt aber voraus, dass die vom Arbeitgeber ergriffenen Maßnahmen vom Standpunkt eines verständigen Vertragspartners her zur genaueren Sachverhaltsermittlung erforderlich waren; die Ermittlungen sind zudem unverzüglich und zeitnah anzustellen, andernfalls ist die außerordentlich Kündigung ausgeschlossen (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.05.2004 a.a.O.). Entschließt sich der Arbeitgeber dazu, den Aus- oder Fortgang eines Strafermittlungs- bzw. Strafverfahrens abzuwarten, so kann er dann aber nicht zu einem beliebigen, willkürlich gewählten Zeitpunkt außerordentliche kündigen. Will er vor Abschluss des Strafverfahrens kündigen, muss ein sachlicher Grund - z. B. die Kenntnis von neuen Tatsachen oder Beweismitteln - vorliegen. Die Ausschlussfrist ist nämlich nur so lange gehemmt, wie der Kündigungsberechtigte aus verständlichen Gründen mit der gebotenen Eile noch Ermittlungen anstellt, die ihm eine weitere, umfassende und zuverlässige Kenntnis des Kündigungssachverhaltes und der notwendigen Beweismittel verschaffen sollen (vgl. BAG, Urteil vom 17.03.2005 - 2 AZR 245/04 = AP Nr. 46 zu § 626 BGB Ausschlussfrist m.w.N.). Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze war im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass der Beklagte die Kündigungserklärungsfrist nicht gewahrt hat. Er hat den Kläger mit Schreiben vom 29.08.2008 - ausgehend von den damals bekannten Umständen zu Recht - aufgefordert, bis zum 03.09.2008 seine nebenberuflichen Tätigkeiten aus den letzten fünf Kalenderjahren, aufgeschlüsselt nach Datum, Uhrzeit und Einkünften offen zu legen. Der Beklagte hat hierbei, aufgrund der ihm spätestens am 28.08.2008 bekannt gewordenen Verdachtsmomente, versucht den Sachverhalt, der Pflichtverletzungen des Klägers ergeben könnte, zu ermitteln und hierbei die Anhörungsfrist von in der Regel einer Woche gewahrt. Des Weiteren hat er, nachdem der Kläger die ärztlichen Bescheinigungen von Frau Dr. med. K vom 28.08. und 29.08.2008 vorgelegt hatte, zu Recht angenommen, dass der Kläger nicht in der Lage sei, zu den Verdachtsmomenten Stellung zu nehmen. Die den Kläger behandelnde Ärztin hatte nämlich unter anderem bestätigt, dass der Kläger "nicht belastbar und dekompensationsgefährdet" sei und darüber hinaus "bis 25.09.2008 nicht in der Lage (sei) diensttechnische Anforderungen zu erfüllen." Angesichts dieser ärztlichen Bescheinigungen war es auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte eine Verlängerung der ursprünglich gesetzten Stellungnahmefrist beschloss. Aus der Sicht eines verständigen Vertragspartners verbot es sich aber, diese Frist genau an jenem Tag enden zu lassen, bis zu dem der Kläger, laut den vorliegenden ärztlichen Bescheinigungen, nicht in der Lage war, "diensttechnische" Anforderungen zu erfüllen. Denn wenn die eingereichten ärztlichen Bescheinigungen aus Sicht des Beklagten Anlass boten, dem Kläger eine weitergehende Stellungnahmefrist einzuräumen, so musste diese sinnvoller Weise über den letzten Tag der medizinisch bescheinigten Unfähigkeit, Stellung zu nehmen, hinausreichen, zumal nur dann der Kläger gesundheitlich in der Lage sein würde, Einsicht in die zwei Leitzordner mit Honorarabrechnungsunterlagen zu nehmen und sodann eine Stellungnahme abzugeben. Die von dem Beklagten eingeräumte Fristverlängerung war, aufgrund des gesetzten Fristendes, mithin ungeeignet, zur weiteren Sachverhaltsaufklärung beizutragen. Es gab auch keinerlei erkennbaren sachlichen Grund für diese von dem Beklagten vorgenommene Fristsetzung. Insbesondere hat er nicht - entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zum Abwarten von Strafermittlungs- und Strafverfahren - neue Tatsachen erfahren oder neue Beweismittel erlangt, die am 26.09.2008 - dem Zeitpunkt des Zugangs der streitgegenständlichen Kündigung - einen neuen ausreichenden Erkenntnisstand für eine Tatkündigung ergeben hätten. Da der Beklagte die ursprünglich bis 03.09.2008 eingeräumte Stellungnahmefrist, ohne sachliche Berechtigung, (nur) bis zum 25.09.2008 verlängerte ergibt sich ein Zeitraum vom 04.09.2008 bis 25.09.2008, während dessen er keine ordnungsgemäßen Maßnahmen zur weiteren Sachverhaltsermittlung anstellte. Während dieses Zeitraumes, der über zwei Wochen hinaus andauerte, war somit die Frist aus § 626 Abs. 2 BGB nicht gehemmt, so dass die am 26.09.2008 zugegangene fristlose Kündigung keine fristwahrende Wirkung entfalten konnte. Entgegen der Auffassung, die das Arbeitsgericht und der Beklagte vertreten, ist im vorliegenden Fall nicht feststellbar, dass der Kläger bereits vor Ablauf des 25.09.2008 in der Lage gewesen wäre, die von dem Beklagten gewünschte Stellungnahme abzugeben. Insbesondere gibt es keine allgemeine Lebenserfahrung dahingehend, dass im Falle einer "Dekompensationsgefährdung" der Schock mit der Zeit überwunden werde und nicht exakt für vier Wochen prognostiziert werden könne. Unabhängig davon, dass diese Diagnose von der behandelnden Ärztin für die Zeit nach dem 25.09.2008 auch weiterhin gestellt worden ist, muss vom Inhalt einer ärztlichen Bescheinigung jedenfalls dann konsequent ausgegangen werden, wenn man sie zum Anlass für eine Fristverlängerung nimmt. Denn zu welchem Zeitpunkt eine "Dekompensationsgefährdung", die zu einem Schock geführt hat, überwunden ist, kann nur von einem behandelnden Arzt festgestellt werden; für die Dauer der hiermit verbundenen Erkrankung ist dementsprechend allein die ärztliche Bescheinigung maßgebend. Angesichts dessen, dass psychische Erkrankungen von der individuellen Konstitution des Betroffenen abhängen, kann zur Feststellung der Beendigung der Erkrankung die Lebenserfahrung nichts beitragen. Es führt im Übrigen auch nicht weiter, dass der Beklagte im Berufungsverfahren dargelegt hat, er gehe davon aus, dass der Kläger ein "Gefälligkeitsattest" erhalten habe und bestreite mit Nichtwissen, dass der Kläger exakt bis zum 25.09.2008 außer Stande gewesen sei, an der weiteren Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken. Der Beklagte selbst war es nämlich, der - wie oben bereits ausgeführt - aufgrund der damals vorliegenden Umstände zu Recht davon ausgegangen ist, dass eine Verlängerung der zunächst bis zum 03.09.2008 gesetzten Frist, aufgrund des gesundheitlichen Zustandes des Klägers, erforderlich ist; dementsprechend hat sich der Beklagte auch in der erstinstanzlichen Klageerwiderung eingelassen. Im Falle einer nicht bestehenden Arbeitsunfähigkeit oder der Einreichung eines "Gefälligkeitsattestes" hätte der Beklagte keinen Anlass gehabt, die bis zum 03.09.2008 erstmals gesetzte Stellungnahmefrist zu verlängern; vielmehr hätte er nach Ablauf dieser Frist, unterstellt sein zweitinstanzlicher Sachvortrag träfe zu, nach Ablauf von zwei Wochen die Kündigung erklären müssen. Es war im vorliegenden Fall auch ausgeschlossen, dass der Kläger innerhalb der bis zum 25.09.2008 verlängerten Stellungnahmefrist sich über seinen Anwalt hätte äußern können. Eine dahingehende Äußerung wäre nur nach Einsichtnahme in die Honorarabrechnungsunterlagen, welche in praktikabler Weise nur der Kläger persönlich hätte vornehmen können, möglich gewesen. Denn die Einsichtnahme in die Honorarabrechnungsunterlagen sowie deren Bewertung konnte nur auf der Grundlage eines Sachverhaltswissens erfolgen, das ausschließlich dem Kläger, aufgrund der betroffenen Vorgänge aus den letzten fünf Kalenderjahren, zur Verfügung stand. Der Versäumung der Kündigungserklärungsfrist durch den Beklagten steht nicht entgegen, dass der Kläger erstmals während des Berufungsverfahrens den Einwand erhoben hat, die Kündigung sei zu früh erfolgt. Soweit in diesem Zusammenhang der Beklagte die Auffassung vertritt, dieser Einwand sei nach § 6 Satz 1 KSchG unbeachtlich, ist dies schon deshalb unerheblich, weil die festgestellte Versäumung der Kündigungserklärungsfrist nicht auf diesem Einwand des Klägers beruht, sondern auf jenem Sachverhalt, der bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens Entscheidungsgrundlage war. Schließlich ist der Kläger auch nicht wegen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) daran gehindert, sich auf die Versäumung der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB zu berufen. Denn es ist nicht - wie dies aber der Beklagte annimmt - feststellbar, dass der Kläger nicht dazu bereit gewesen wäre, an der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken, obwohl er hierzu gesundheitlich in der Lage gewesen wäre. Vielmehr ist, aufgrund der ärztlichen Bescheinigung von Dr. med. K vom 29.08.2008 davon auszugehen, dass der Kläger nicht in der Lage war, die von ihm geforderte Stellungnahme abzugeben. Davon ging auch der Beklagte zum Zeitpunkt des Zugangs dieser ärztlichen Bescheinigung - wie oben bereits ausgeführt - zu Recht aus. Anhaltspunkte dafür, dass diese Bescheinigung inhaltlich unzutreffend war, waren weder damals für den Beklagten ersichtlich, noch haben sie sich während des vorliegenden Rechtsstreites aus Sicht der Berufungskammer ergeben. Alle weiteren Gründe, welche der Kläger zur Darlegung der Rechtsunwirksamkeit der fristlosen Kündigung angeführt hat, bedurften nach alledem nicht mehr der rechtlichen Überprüfung. B. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wurde auch nicht durch eine ordentliche Kündigung beendet. Die rechtsunwirksame fristlose Kündigung kann nämlich unter Beachtung von § 140 BGB nicht in eine fristgerechte Kündigung umgedeutet werden. Gemäß § 140 BGB gilt, wenn ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernisses eines anderen Rechtsgeschäfts entspricht, das letztere, falls anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde. Die Kündigung vom 26.09.2008 entspricht nicht den Erfordernissen einer ordentlichen Kündigung, da diese Art der Kündigung durch § 2 des Dienstvertrages vom 01.12.1990 ausgeschlossen wurde. Demnach finden, da insoweit vertraglich nichts anderes vereinbart wurde, die für Beamten der Gemeinden des Landes Rheinland-Pfalz geltenden Vorschriften Anwendung. Diese Vorschriften eröffnen nicht die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung eines Dienstverhältnisses. Das angefochtene erstinstanzliche Urteil war somit abzuändern. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

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