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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 29.08.2007
Aktenzeichen: 7 Sa 325/07
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG §§ 64 ff.
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO §§ 512 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 30.01.2007, Az. 7 Ca 1063/06 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Entfernung verschiedener Abmahnungen aus der Personalakte der Arbeitnehmerin.

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Teilurteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 30.01.2007 (dort Seite 2 - 9 = Bl. 197 - 204 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat entsprechend seinen Beweisbeschlüssen vom 14.11.2006 (Bl. 123 d. A.) und 30.01.2007 (Bl. 155 d. A.) Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin X. sowie der Zeugen Prof. Dr. W. und Dr. V.; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 30.01.2007 (Bl. 156 ff. d. A.) verwiesen.

Sodann hat das Arbeitsgericht mit Teilurteil vom 30.01.2007 (Bl. 196 ff. d. A.) die Beklagte verurteilt, die Abmahnungen vom 18.02.2005 sowie vom 20.02.2006 (Überschreiben von EEG-Befunden) aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen. Des Weiteren hat es die Klage auf Entfernung der Abmahnung vom 17.05.2006 (Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen ärztlichem Dienst und Pflegedienst) abgewiesen. Zur Begründung des klageabweisenden Teiles seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, nach Durchführung der Beweisaufnahme stehe fest, dass der streitige Vorwurf, welcher in der schriftlichen Abmahnung vom 17.05.2006 enthalten sei, berechtigt sei. Der hierzu vernommene Zeuge Prof. Dr. W. habe ausdrücklich bekundet, die Klägerin habe im Rahmen eines mit ihm geführten Gespräches bestritten, dass sie die Anordnung vom 18.04.2006, im Rahmen der Behandlung des fieberkranken Kindes U. das Fenster zu öffnen und das Kind nicht zuzudecken, erteilt habe. Sie habe vielmehr erklärt, diese Anordnung habe Frau T. erteilt. Diese Angaben habe der vernommene Zeuge klar und ohne Widersprüche gemacht; seine Aussage sei glaubwürdig. Die Erklärung der Klägerin habe der Zeuge Prof. Dr. W. nur so verstehen können, dass diese nicht nur bestritten habe, die Anordnung gegenüber der Stationsschwester X. getroffen zu haben, sondern darüber hinaus auch Urheberin dieser Anordnung gewesen zu sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf Seite 9 ff. des Teilurteiles vom 30.01.2007 (Bl. 204 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin, der die Entscheidung des Arbeitsgerichtes am 23.04.2007 zugestellt worden ist, hat am 18.05.2007 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 23.07.2007 ihr Rechtsmittel begründet nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 23.07.2007 verlängert worden war.

Die Klägerin macht geltend,

die in der Abmahnung enthaltene Rüge sei schon deshalb ungerechtfertigt, weil sie nicht "Schwester X. der Lüge bezichtigt" habe. Diese Feststellung werde auch nicht durch das Ergebnis der Beweisaufnahme gestützt.

Darüber hinaus ergebe sich aus den Bekundungen des Zeugen Prof. Dr. W., dass die Klägerin in dem Gespräch vom 19.04.2006, in dem es nur um den konkreten Ablauf der erteilten Anordnungen gegangen sei, lediglich klargestellt habe, dass sie nicht das Pflegepersonal direkt angewiesen habe, sondern dies durch die Ärztin T. geschehen sei.

Da auch nach Auffassung des Arbeitsgerichts die Klägerin im Rahmen des geführten Gespräches keineswegs eindeutig die Urheberschaft der Anordnung habe bestreiten wollen, hätte dies für die Beklagte Veranlassung sein müssen, konkret wegen dieser Unklarheit nachzuforschen, bevor sie der Klägerin eine Pflichtverletzung vorwerfe und ihr unterstelle, sie habe eine Arbeitskollegin der Lüge bezichtigt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 20.07.2007 (Bl. 257 ff. d. A.) verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

das Teilurteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 30.01.2007, soweit es die Entfernungsklage zurückweist, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 17.05.2006 (Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen ärztlichem Dienst und Pflegedienst) aus der Personalakte zu entfernen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte führt aus,

die Mutter des Kindes U. habe am 19.04.2006 sich bei Prof. Dr. W. beschwert, woraufhin dieser den Vorgang sich zunächst von der Schwester X. habe schildern lassen und sodann die Klägerin zu einem Gespräch gebeten habe. Im Rahmen der darauffolgenden Unterredung habe die Klägerin die Darstellung der Schwester X. gegenüber ihrem Vorgesetzten in Abrede gestellt und erklärt, die Anordnung sei durch die Ärztin T. erfolgt. Dabei habe sie nicht darauf hingewiesen, dass sie die geistige Urheberin dieser Anordnung gewesen sei und die Ärztin T. gleichsam als Botin aufgetreten sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 27.08.2007 (Bl. 279 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gem. §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Entfernung der schriftlichen Abmahnung vom 17.05.2006 aus ihrer Personalakte.

Enthält eine Abmahnung inhaltlich unrichtige Tatsachenbehauptungen, die den Arbeitnehmer in seiner Rechtsstellung und seinem beruflichen Fortkommen beeinträchtigen können, ist er nicht auf sein Recht zur Gegendarstellung beschränkt. Er kann vielmehr, aufgrund der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen (vgl. BAG, Urteil vom 27.11.1985 - 5 AZR 101/84 = AP Nr. 93 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht).

Im vorliegenden Fall enthält die streitgegenständliche Abmahnung - entgegen der Auffassung der Klägerin - keine unrichtige Tatsachenbehauptung. Dies hat bereits das Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - nach Durchführung einer Beweisaufnahme zutreffend festgestellt, so dass sich die Berufungskammer die entsprechenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Teilurteiles vom 30.01.2007 (Seite 12 ff. = Bl. 207 ff. d. A.) zu Eigen macht und gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf eine nochmalige Darstellung verzichtet. Die mit der Berufung von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen gegen das erstinstanzliche Teilurteil sind nicht gerechtfertigt.

1.

Die Klägerin macht in ihrer Berufungsbegründung zunächst geltend, die streitgegenständliche Abmahnung enthalte den unrichtigen Vorwurf, sie habe "Schwester X. der Lüge bezichtigt". Die Abmahnung enthält aber nicht die Tatsachenbehauptung, die Klägerin habe die Krankenschwester der Lüge bezichtigt, vielmehr handelt es sich hierbei um eine Schlussfolgerung, welche die Beklagte aus den Gesprächen des Chefarztes Prof. Dr. W. mit der Klägerin sowie der Schwester X. gezogen hat. So heißt es in der schriftlichen Abmahnung denn ausdrücklich: "Sie haben in einem späteren Gespräch mit Herr Chefarzt Dr. W. bestritten, die Anordnung "öffnen des Fensters" und "Nichtzudecken des Kindes" erteilt zu haben und damit Schwester X. der Lüge bezichtigt. Deren Darstellung wird aber durch die Kindesmutter ausdrücklich bestätigt." Diese Schlussfolgerung der Beklagten ist inhaltlich zutreffend, da die Klägerin in dem Gespräch mit dem Chefarzt eine abweichende Darstellung des Sachverhaltes vom 18.04.2006, verglichen mit der Darstellung von Schwester X., gegeben hat. Nach der glaubhaften Aussage des hierzu vernommen Zeugen Prof. Dr. W. hat die Klägerin nämlich bestritten, diese Anordnung erteilt zu haben und darüber hinaus gesagt, dies habe Frau T. gemacht. Da unstreitig feststeht, dass die Darstellung der Schwester X. objektiv zutreffend ist und mithin die Sachverhaltsversion, welche die Klägerin dem Chefarzt mitgeteilt hat, unrichtig, ist die Schlussfolgerung, die Klägerin habe die Schwester X. der Lüge bezichtigt, nicht zu beanstanden.

2.

Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung betont, sie habe nicht in Abrede gestellt, die Urheberin der Anordnung gewesen zu sein, sondern nur klargestellt, dass sie nicht das Pflegepersonal direkt angewiesen habe, sondern dies durch die Assistenzärztin T. geschehen sei, ergibt sich dies aus dem Gesprächsinhalt, den der Zeuge Prof. Dr. W. glaubhaft bekundet hat, nicht. Anlässlich dieses Gespräches musste die Klägerin davon ausgehen, dass es nicht lediglich um abstrakte Kommunikationsabläufe während des 18.04.2006 ging, sondern um die Frage, wer für die Anordnung, das fieberkranke Kind aufzudecken und das Fenster zu öffnen, verantwortlich war. Hierüber hatte sich nämlich die Mutter des Kindes bei dem Chefarzt beschwert und dieser hatte diese Beschwerde der Klägerin zu Beginn des Gespräches auch dargestellt. Folglich hätte die Klägerin klar zum Ausdruck bringen müssen, dass sie zwischen Urheberschaft und Botinneneigenschaft im Zusammenhang mit der Anordnung vom 18.04.2006 unterscheiden möchte. Da sie dies nach der Aussage des vernommenen Zeugen nicht getan hat, sondern sogar bestritten hat, die Anordnung gegeben zu haben und in diesem Zusammenhang auf Frau T. verwies, entstand bei ihrem Vorgesetzten zu Recht der Eindruck, dass Urheberin der Anordnung - nach Darstellung der Klägerin - Frau T. gewesen sei.

Soweit der Zeuge Prof. Dr. W. bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung ausführte, er habe im Rahmen des Gespräches von der Klägerin wissen wollen, ob die Aussage von Frau S. stimme und die Klägerin habe dies bestätigt, folgt hieraus nicht, dass die Klägerin in dem Gespräch bestätigt hat, sie habe die Anordnung an die Ärztin T. gegeben, welche diese dann weitergeleitet habe. Denn die vollständige Aussage des Zeugen Prof. Dr. W. in diesem Zusammenhang lautet: "Sie hat das bestätigt, hat jedoch angefügt, dass sie nicht im Zimmer gewesen sei und dass die Anordnung von Frau T. erfolgt sei." Mithin erfasst die bekundete Bestätigung gerade nicht den im vorliegenden Zusammenhang entscheidenden Punkt.

3.

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Arbeitsgericht auch nicht festgestellt, dass die Klägerin keineswegs eindeutig die Urheberschaft der Anordnung habe bestreiten und die Mitarbeiterin X. der Lüge habe bezichtigen wollen oder dies auch nur beabsichtigt habe. Vielmehr hat das Arbeitsgericht zutreffend auf die maßgeblich Sicht, also den Empfängerhorizont der Beklagten abgestellt und ausgeführt, dass der Vorgesetzte der Klägerin, aufgrund des Gespräches vom 19.04.2006, den Eindruck gewinnen musste, das nach Darstellung der Klägerin die streitige Anweisung von der Assistenzärztin T. stammt. Es wäre daher Aufgabe der Klägerin gewesen, den von ihr unrichtig übermittelten Sachverhalt gegenüber ihrem Vorgesetzten, inhaltlich vollständig und zutreffend darzustellen.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gegen die vorliegende Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben. Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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