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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 12.12.2007
Aktenzeichen: 7 Sa 570/07
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, BetrVG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG §§ 64 ff.
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 233 Abs. 1
BGB §§ 305 ff.
BGB § 305 Abs. 1 S. 1
BGB § 305 c Abs. 2
BGB §§ 307 ff.
BGB § 307 Abs. 1 S. 2
BGB § 310 Abs. 4 S. 2
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
ZPO § 85 Abs. 2
ZPO §§ 233 ff.
ZPO § 234
ZPO §§ 512 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 05.07.2007, Az.: 10 Ca 237/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Zahlung von restlicher Leistungszulage.

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Tatbestand des Urteiles des Arbeitsgerichts Koblenz vom 05.07.2007 (dort Seite 2 - 5 = Bl. 52 - 55 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 630,00 EUR brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 05.07.2007 (Bl. 51 ff. d. A.) die Klage abgewiesen und zur Begründung dieser Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei berechtigt gewesen, eine zum 01.01.2006 erfolgte Tariflohnerhöhung auf die Leistungszulage anzurechnen. Der unter § 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages vereinbarte Anrechnungsvorbehalt sei auch nach einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB nicht rechtsunwirksam.

In der Klausel "Die Leistungszulage ist eine freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistung, auf die tarifliche Lohnanhebungen in Anrechnung gebracht werden können." seien zwei Sachverhalte geregelt - einmal die Widerruflichkeit und zum anderen die Anrechenbarkeit der Zulage. Die Klausel sei teilbar, zumal der Widerrufs- wie auch der Anrechnungsvorbehalt unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen habe. Der im vorliegenden Fall arbeitsvertraglich vereinbarte Anrechnungsvorbehalt sei wirksam selbst wenn die Leistungszulage - wie vom Kläger dargelegt - eine Pauschale zur Abgeltung der ihm zustehenden Spesen sowie Nachtzuschläge enthalte. Die Anrechnungsklausel sei nämlich hinreichend klar und verständlich, so dass kein Verstoß gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB gegeben sei. Anrechnungsvorbehalte seien in arbeitsvertraglichen Vergütungsabreden seit Jahrzehnten gang und gäbe; sie würden eine Besonderheit des Arbeitsrechts darstellen, die gemäß § 310 Abs. 4 S. 2 BGB angemessen zu berücksichtigen sei.

Falls, wie vom Kläger vorgetragen, mit der Leistungszulage auch die pauschale Abgeltung von Spesen und Nachtzuschlägen verbunden sei, stehe dies der Anrechnungsbefugnis im bisherigen Umfang von 35,00 EUR brutto monatlich nicht entgegen, da durch diese Anrechung Ansprüche des Klägers auf Spesen (maximal 90,00 EUR monatlich) und Nachtzuschläge (maximal 40,00 EUR monatlich) nicht tangiert würden.

Die von der Beklagten durchgeführte Anrechnung der Tariflohnerhöhung sei auch nicht unter Verstoß gegen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates erfolgt, so dass auch hieraus kein Unwirksamkeitsgrund folge. Die Anrechnung sei mitbestimmungsfrei gewesen, da nach dem Vortrag der Beklagten die Tariferhöhung bei allen Arbeitnehmern vollständig auf die Leistungszulage angerechnet worden sei. Dies habe der Kläger auch selbst in der Klageschrift zunächst so vorgetragen. Soweit der Kläger nunmehr bestreiten wolle, dass die Beklagte eine gleichmäßige Anrechnung auf Entgeltbestandteile aller Arbeitnehmer durchgeführt habe, habe er nicht erläutern können, weshalb die zunächst abgegebene Erklärung fehlerhaft gewesen sein solle, so dass dieses Bestreiten nicht wirksam geworden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf Seite 5 ff. des Urteils vom 05.07.2007 (Bl. 55 ff. d. A.) verwiesen.

Der Kläger, hat gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts, welche ihm am 03.08.2007 zugestellt worden ist, am 23.08.2007 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 29.10.2007 sein Rechtsmittel begründet.

Der Kläger macht geltend,

hinsichtlich der versäumten Berufungsbegründungsfrist sei ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Sein Prozessbevollmächtigter habe am 01.10.2007 einen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist diktiert und verfügt, dass der Verlängerungsantrag gleichlautend in allen Berufungsverfahren gegen die Beklagte gefertigt werden solle, in denen der Ablauf der Berufungsbegründungsfrist auf den 04.10.2007 notiert worden sei. Den Schreibauftrag habe am 01.10.2007 die Mitarbeiterin S. ausgeführt. Hierbei habe es sich um eine langjährig im Rechtsschutz beschäftigte Mitarbeiterin mit entsprechenden Kenntnissen und entsprechender Erfahrung gehandelt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe diese Angestellte regelmäßig stichprobenartig überprüft, ohne dass es zu nennenswerten Beanstandungen gekommen sei; darüber hinaus habe er sie auch über die Bedeutung der Fristenkontrolle im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren regelmäßig belehrt.

Die Verlängerungsanträge seien zwar nicht im vorliegenden, aber in allen weiteren Berufungsverfahren gegen die Beklagte geschrieben und der Rechtssekretärin Frau R. zur Unterschrift vorgelegt worden. Des Weiteren habe Frau S. in dem elektronisch geführten Fristenkalender nach Ablage der unterschriebenen Schriftsätze in den Postausgang die dort aufgeführten Berufungsbegründungsfristen als bearbeitet markiert, allerdings mit Ausnahme des vorliegenden Verfahrens. Nach allgemeiner Weisung nehme die Mitarbeiterin die Streichung bzw. Löschung von Fristen erst dann vor, wenn sie den jeweiligen Schriftsatz unterzeichnet in den dafür vorgesehenen Postkorb gelegt habe. Die Führung des Fristenkalenders sei nach dem Qualitätshandbuch der B., das bei der Büroorganisation zwingend zu beachten sei, Aufgabe der Mitarbeiterin.

Die Fristenkontrolle am Ende des 04.10.2007 habe der Mitarbeiterin Q. oblegen, die als Mitarbeiterin am Empfang nach allgemeiner Weisung für diese Kontrolle zuständig gewesen sei. Auch sie sei langjährig im Rechtsschutz beschäftigt und verfüge über entsprechende Kenntnisse und Erfahrungen. Darüber hinaus sei auch sie vom Prozessbevollmächtigten des Klägers regelmäßig stichprobenartig kontrolliert worden, ohne dass es Beanstandungen gegeben habe. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen habe Frau Q. am 04.10.2007 nicht bemerkt, dass die Berufungsbegründungsfrist für das vorliegende Verfahren noch nicht gestrichen gewesen sei.

Das Arbeitsgericht habe die gesetzliche Regelung aus §§ 305 ff. BGB fehlerhaft angewendet. Die arbeitsvertraglich vereinbarte Anrechnungsklausel verstoße gegen das Transparenzgebot, zumal mit der Leistungszulage auch tarifliche Leistungen mitabgegolten werden würden, ohne dass dies jedoch in der Klausel benannt worden sei. So habe der Kläger tarifliche Leistungen wie etwa Spesen, Nachtzuschläge und die Einmann-Fahrerzulage nie als gesonderte Zahlungen erhalten. Der Geschäftsführer der Beklagten, Herr X. habe im Jahr 1996 gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden erklärt, durch die Leistung der Zulage in Höhe von 813,93 DM monatlich seien die tariflichen Ansprüche abgegolten. Angesichts dieses Sachverhaltes bleibe völlig unklar, ab wann bzw. ab der wievielten tariflichen Entgelterhöhung die Anrechnung gegebenenfalls nicht mehr zulässig sein solle bzw. ob sie selbst dann noch zulässig sein solle, wenn die tariflichen Leistungen, die mit der Zulage abgegolten sein sollten, nicht mehr in voller Höhe von ihr umfasst würden. Diese Unklarheit gehe gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders der allgemeinen Geschäftsbedingung, mithin zu Lasten der Beklagten.

Die Beklagte habe bei der Anrechnung darüber hinaus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht beachtet, da die Reduzierung der Leistungszulage nicht bei allen Arbeitnehmern gleichmäßig erfolgt sei. So hätten die in Teilzeit beschäftigten Omnibusfahrer/innen W., V., U. und T. sowohl vor als auch nach der Tariflohnerhöhung vom 01.01.2006 eine monatliche Leistungszulage in Höhe von 170,00 EUR brutto erhalten. Mithin hätten sich die Verteilungsgrundsätze geändert, so dass das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu beachten gewesen sei. Da die Beklagte eine entsprechende Zustimmung nicht eingeholt habe, sei die Anrechnung auch aus diesem Grund rechtsunwirksam.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 29.10.2007 (Bl. 112 ff. d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

1. ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren sowie

2. das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 05.07.2007 - 10 Ca 237/07 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 630,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

1. den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers zurückzuweisen und die Berufung des Klägers als unzulässig zu verwerfen,

2. hilfsweise für den Fall der Wiedereinsetzung die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte führt aus,

es sei von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers durch Anweisung nicht sichergestellt worden, dass die Mitarbeiterin Q. den Fristenkalender auf die dort notierten Fristen kontrolliere. Dass eine solche selbstständige und abschließende Prüfung der Fristen durchgeführt worden sei, habe der Kläger nicht vorgetragen und auch nicht glaubhaft gemacht.

Ein Verstoß gegen § 305 ff. BGB liege nicht vor, da der vertraglich vereinbarte Anrechnungsvorbehalt klar und unmissverständlich geregelt sei. Die Parteien seien sich zwar in der Vergangenheit darüber einig gewesen, dass der Kläger neben der Zahlung der Leistungszulage keine tariflichen Spesen und Nachtzuschläge sowie die Einmann-Fahrerzulage, die ohnehin seit dem 01.10.1996 im Tarifwerk entfallen sei, nicht verlange. Diese Vereinbarung sei erst nach Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrages getroffen worden, bei dessen Zustandekommen das Transparenzgebot aus § 307 BGB noch nicht gegolten habe. Die hieraus folgende Vertragslücke sei dadurch zu schließen, dass nach dem mutmaßlichen Parteiwillen eine Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auch dann vereinbart worden wäre, wenn die gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit der Klausel bekannt gewesen wäre.

Ein Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG liege nicht vor, obwohl die von dem Kläger genannten teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor und nach der Tariflohnerhöhung die monatliche Zulage von 170,00 EUR brutto monatlich erhalten hätten. Diese Arbeitnehmer hätten nämlich vor dem Stichtag 01.01.2006 bei einer Monatsarbeitszeit von 80 Stunden eine Leistungszulage in Höhe von 188,00 EUR brutto erhalten müssen, was aufgrund eines Rechenfehlers nicht geschehen sei. Die Reduzierung der Zulage ab dem 01.01.2006 von 188,00 EUR auf 170,00 EUR brutto bei den Teilzeitbeschäftigten entspreche der Reduzierung um 35,00 EUR brutto bei den Vollzeitbeschäftigten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 05.12.2007 (Bl. 131 ff. d. A.) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere auf die von beiden Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist gemäß §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zulässig. Der Kläger hat zwar die Berufungsbegründungsfrist, die gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG beginnend mit Zustellung des erstinstanzlichen Urteils, zwei Monate beträgt, versäumt. Seine am 29.10.2007 eingegangene Berufungsbegründungsschrift vermochte die demnach bereits am 04.10.2007 abgelaufene Frist (§ 193 BGB) nicht mehr zu wahren.

Hinsichtlich dieses Fristversäumnisses war ihm allerdings gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 233 ff. ZPO antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Kläger hat nämlich innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO seinen Wiedereinsetzungsantrag gestellt und die Berufungsbegründung nachgeholt. Des Weiteren hat er dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er ohne eigenes Verschulden verhindert war, die Frist zur Begründung der Berufung zu wahren.

1. Die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist aus § 234 ZPO wurde vom Kläger eingehalten, da er, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, erstmals am 15.10.2007 durch einen Telefonanruf des Vorsitzenden der Berufungskammer Kenntnis von der Fristversäumnis erhielt und am 29.10.2007 die Berufungsbegründung nebst Wiedereinsetzungsantrag bei Gericht eingegangen sind. Den Zeitpunkt des erstmaligen Kenntniserlangens von der Fristversäumnis hat der Kläger durch eine eidesstattliche Versicherung seines Prozessbevollmächtigten (vgl. 139 d. A.) nachgewiesen.

2. Der Wiedereinsetzungsantrag ist unter Beachtung von § 233 Abs. 1 BGB auch begründet, da der Kläger ohne eigenes Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Er muss sich zwar ein etwaiges Verschulden seines Prozessbevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen, ein solches Verschulden ist aber vorliegend nicht gegeben.

a) Der Kläger trägt persönlich keine Schuld an der Fristversäumnis, zumal er seinen Prozessbevollmächtigten mit der Prozessführung, einschließlich der Berufungsbegründung beauftragt hatte.

b) Aber auch seinen Prozessbevollmächtigten trifft keine Schuld. Zu den Aufgaben eines Prozessbevollmächtigten gehört es zwar, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Prozessbevollmächtigte sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, nämlich der Schriftsatz gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird. Die Ausgangskontrolle setzt, wie bereits dem Begriff Kontrolle zu entnehmen ist, eine nochmalige, selbstständige Prüfung voraus (vgl. BGH, Beschluss vom 13.09.2007 - III ZB 26/07 = BB 2007, 2316 m. w. N.).

Im vorliegenden Fall hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Aufgabe der fristgerechten Vorlage von Akten sowie jene der Fristenkontrolle auf die beiden Büroangestellten S. und Q. übertragen. Beide Mitarbeiterinnen waren darüber unterrichtet, wie der Fristenkalender zu führen ist, zumal dies dem Qualitätshandbuch der B. zu entnehmen ist, das von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei der Büroorganisation zwingend zu beachten ist. Die Fristenkontrolle am Ende des Arbeitstages oblag, kraft allgemeiner Weisung derjenigen Mitarbeiterin, welche am Empfang eingesetzt war.

Aufgrund des Verschuldens beider Mitarbeiterinnen kam es zu der Fristversäumnis, ohne dass ein Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegeben wäre. Die beiden Mitarbeiterinnen S. und Q. sind seit mehreren Jahren bei der B. beschäftigt; beide wurden regelmäßig stichprobenartig überprüft, ohne dass es zu nennenswerten Beanstandungen gekommen wäre. Des Weiteren wurden sie über die Bedeutung der Fristenkontrolle im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren regelmäßig belehrt. Zunächst hat Frau S. irrtümlich in dem vorliegenden Berufungsverfahren weisungswidrig keinen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 01.10.2007 erstellt und der Rechtssekretärin R. zur Unterschrift vorgelegt. Sodann hat Frau Q. am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist, nämlich dem 04.10.2007 bei der Kontrolle des Fristenkalenders nicht bemerkt, dass die Frist für das streitgegenständliche Verfahren noch nicht gestrichen war. Diese Arbeitsfehler entstammen ausschließlich dem Verantwortungsbereich der beiden Angestellten; ein Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten des Klägers liegt hierin nicht.

Soweit die Beklagte rügt, der Kläger habe nicht vorgetragen, aufgrund welcher Anweisung sichergestellt worden sei, dass Frau Q. den Fristenkalender auf die dort notierten Fristen kontrolliere, übersieht sie, dass aufgrund allgemeiner Weisung generell die Mitarbeiterin im Empfang für diese Fristenkontrolle eingeteilt war. Am 04.10.2007 arbeitete Frau Q. im Empfang, so dass es ihre Aufgabe war, den Fristenkalender auf die Einhaltung der am 04.10.2007 ablaufenden Fristen zu kontrollieren. Bei Frau Q. handelte es sich mithin auch um jene Angestellte, die für die selbstständige und abschließende Prüfung der Fristen im Büro des Prozessbevollmächtigten des Klägers am 04.10.2007 verantwortlich war. Infolge dessen gab es hier eine Bürokraft, die mit der Überprüfung des Fristenkalenders beauftragt war.

Nach alledem war dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Die Berufung ist allerdings nicht begründet.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Rechtsanspruch auf Zahlung von restlicher Leistungszulage für die Zeit vom Januar 2006 bis Juni 2007 in Höhe von insgesamt 630,00 EUR brutto zuzüglich Zinsen. Die Beklagte hat nämlich die unter § 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages geregelte Leistungszulage, die ursprünglich in Höhe von monatlich 813,93 DM (= 400,00 EUR) brutto vereinbart war, für die streitgegenständliche Zeit zu Recht um monatlich 35,00 EUR brutto reduziert. Nach § 3 S. 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages können tarifliche Lohnanhebungen auf die Leistungszulage in Anrechnung gebracht werden. Hiervon hat die Beklagte Gebrauch gemacht, als zum 01.01.2006 eine Tariflohnerhöhung erfolgte, die sich unstreitig auf mindestens 35,00 EUR brutto monatlich belief. Soweit der Kläger mit seiner Berufung geltend macht, eine Anrechnung der Tariferhöhung sei ausgeschlossen, da die vertragliche Anrechnungsklausel als allgemeine Geschäftsbedingung wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB rechtsunwirksam und darüber hinaus bei der Anrechnung ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht beachtet worden sei, folgt dem die Berufungskammer nicht. Vielmehr hat bereits das Arbeitsgericht in seinem Urteil vom 05.07.2007 (Seite 5 - 9) eingehend und zutreffend dargelegt, weshalb diese Unwirksamkeitsgründe nicht greifen. Diese Ausführungen macht sich das Berufungsgericht zu Eigen und sieht von einer wiederholenden Darstellung gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ab. Die Berufungseinwendungen des Klägers bleiben ohne Erfolg.

1. Selbst unterstellt, es handele sich bei § 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages um eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 S. 1 BGB, ist in diesem Zusammenhang kein gesetzlicher Grund für eine Unwirksamkeit des Anrechnungsvorbehaltes gegeben. Insbesondere fehlt es an einem Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Demnach hängt die Rechtswirksamkeit einer vertraglichen Regelung, welche eine allgemeine Geschäftsbedingung bildet, davon ab, ob sie klar und verständlich ist.

Der Anrechnungsvorbehalt in § 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages ist eine von den restlichen Vereinbarungen unter § 3 abgrenzbare, eigenständige Regelung. Diese ist - wie vom Arbeitsgericht bereits dargelegt - klar und unmissverständlich.

Daran ändert sich nichts durch etwaige mündliche Vereinbarungen, welche die Vertragsparteien zusätzlich zu der schriftlichen Regelung getroffen haben. Es kommt dabei nicht auf den Inhalt der mündlichen Zusatzvereinbarungen an; es kann - wie vom Kläger behauptet - die Abgeltung tariflicher Spesen und Nachtzuschlagsforderungen oder - wie von der Beklagten ausgeführt - ein Unterbleiben der Geltendmachung von tariflichen Ansprüchen im Bewusstsein der Leistung der vertraglichen Zulage vereinbart gewesen sein. In jedem Fall berührt dies die schriftliche Regelung in § 3 des Arbeitsvertrages nicht. Der Inhalt der mündlichen Zusatzvereinbarung ist im Streitfall notfalls durch Beweisaufnahme zu klären. Die Notwendigkeit einer solchen Klärung führt aber nicht zu einem Verstoß gegen das Transparenzgebot durch § 3. Eine solche läge nur vor, wenn eine objektive Auslegung der schriftlich fixierten Regelung zu einem mehrdeutigen Ergebnis führen würde; nur dann bestünde auch Anlass für eine Inhaltskontrolle (vgl. Erfurter Kommentar, 7. Auflage, 230 BGB Randziffer 34 f.).

Bei objektiver Auslegung gilt aber der Anrechnungsvorbehalt in § 3 des Arbeitsvertrages - ausgehend vom Wortlaut - uneingeschränkt. Ein anderslautender Parteiwille hat keinerlei Anklang im Vertragstext gefunden und ist daher aus objektiver Sicht nicht zu berücksichtigen. Die nach §§ 305 ff. BGB allein zu prüfende schriftliche Regelung des Anrechnungsvorbehaltes enthält mithin keinerlei Unklarheit und verstößt nicht gegen das Transparenzgebot.

2. Die Anrechnung der Tariferhöhung ab dem 01.01.2006 ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unwirksam. Ausgehend von den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichtes konnte die Anrechnung mitbestimmungsfrei erfolgen, da die Beklagte die Leistungszulage bei allen Arbeitnehmern gleichmäßig kürzen wollte.

Bei den Vollzeitarbeitnehmern (170 Monatsstunden) führte die Beklagte eine Reduzierung der Leistungszulage von monatlich 400,00 EUR brutto auf 365,00 EUR brutto durch. Den mit 80 Monatsstunden teilzeitbeschäftigten Omnibusfahrer/innen, die im Betrieb der Beklagten arbeiten, hätte ursprünglich eine Leistungszulage von 188,23 EUR brutto monatlich zugestanden ((400,00 EUR : 170 Stunden) x 80 Stunden). Nach der Tariferhöhung vom 01.01.2006 und der anschließenden Anrechnung hätte den Teilzeitarbeitnehmern - bei entsprechender Anrechnung wie bei den Vollzeitarbeitnehmern - noch eine Leistungszulage von 171,76 EUR brutto ((365,00 EUR : 170 Stunden) x 80 Stunden) zugestanden. Die Beklagte zahlt demnach an beide Arbeitnehmergruppen keine höhere Leistungszulage als nach der rechnerisch zutreffenden gleichmäßigen Kürzung geschuldet. Der Umstand, dass vier Teilzeitarbeitnehmer eine um 1,76 EUR zu geringe Leistungszulage erhalten, eröffnet keine neuen Verteilungsspielräume, deren Ausfüllung mitbestimmungspflichtig wäre.

Angesichts der schriftlichen Mitteilung der Beklagten vom 08.02.2006 an ihren Betriebsrat (Bl. 41 d. A.) war eine bei den Teilzeitbeschäftigten - bezogen auf Vollzeitbeschäftigte - anteilige Anrechnung beabsichtigt. Dass die Teilzeitbeschäftigten stattdessen vor und nach dem 01.01.2006 als Leistungszulage fehlerhaft lediglich 170,00 EUR brutto monatlich erhalten haben, lässt diese Absicht nicht entfallen. Vielmehr hätte die Beklagte nach dem 01.01.2006 an die Teilzeitbeschäftigen eine um 1,76 EUR brutto höhere Leistungszulage zahlen müssen; die Höhe der Differenz und die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer - es waren insgesamt vier - spricht für einen Rechenfehler der Beklagten.

Unabhängig davon folgt aber bereits aus dem Fehlen von Verteilungsspielräumen, das ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nicht bestand.

Gleiches gilt für die unstreitige Tatsache, dass die Beklagte ihren Teilzeitbeschäftigten nicht mitgeteilt hatte, dass sie vor dem 01.01.2006 eine um 18,00 EUR zu geringe monatliche Leistungszulage gezahlt hatte und des Weiteren auch nicht mitgeteilt hatte, weshalb vor und nach der Tariferhöhung sich die Höhe von deren Leistungszulage nicht änderte. Aus dem Unterlassen dieser Mitteilungen ergibt sich - entgegen der mündlich während der Berufungsverhandlung geäußerten Auffassung des Klägers - unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Mitbestimmungsrecht für die Durchführung der Anrechnung.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gegen die vorliegende Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben. Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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