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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 13.10.2003
Aktenzeichen: 7 Sa 704/03
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BGB, GewO, HGB


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 518
ZPO § 519
BGB § 140
BGB § 626
BGB § 626 Abs. 1
GewO § 123
GewO § 124
HGB § 71
HGB § 72
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 7 Sa 704/03

Verkündet am: 13.10.2003

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Schluss-Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 20.03.2003 - 7 Ca 1731/01 - teilweise aufgehoben und neu gefasst:

a) Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche, noch die darin im Wege der Umdeutung ermittelte ordentliche Kündigung der Beklagten vom 31.05.2001 am 30.06.2001 sein Ende gefunden hat.

b) Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten (im Berufungsverfahren nur noch) darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer außerordentlichen bzw. im Wege der Umdeutung ermittelten ordentlichen Kündigung sein Ende gefunden hat.

Die Klägerin ist mit Arbeitsvertrag vom 01.08.1999 (Bl. 5, 6 d. A.) als Büroangestellte im Rahmen einer 24-Stunden-Woche bei einer Vergütung von 2.200,00 DM brutto monatlich angestellt. Am 31.05.2001 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt (Bl. 7 d. A.).

Die Klägerin hat vorgetragen,

soweit sie für die Kundin X. Nebenkostenabrechnungen für deren Mietobjekt vorgenommen habe und hierfür Vergütung eingestrichen habe, sei dies mit Wissen des Geschäftsführers der Beklagten erfolgt. Im Übrigen habe sie nicht während ihrer Arbeitszeit und auch sonst nicht auf dem PC der Beklagten Nebenkostenabrechnungen für Frau X. erstellt. Sie habe lediglich den Drucker benutzt, weil dieser an ihrem eigenen PC zeitweilig kaputt gewesen sei. Auch weitere Schreiben im eigenen Interesse habe sie nicht während der Arbeitszeit gefertigt. Schließlich habe sie auch das Hausverwaltungsprogramm nicht illegal auf ihrem Computer kopiert.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 31.05.2001, zugegangen am gleichen Tag, nicht aufgelöst worden ist.

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 31.05.2001 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

die Klägerin habe den PC der Beklagten für eigene Zwecke gebraucht. So habe sie am 08.07.1998 und im Februar 1999 jeweils Wareneinkauf über den Computer der Beklagten vorgenommen. Diese Leistungen habe sie während der regulären Arbeitszeit für die Beklagte erbracht. Was den Fall X. angehe, sei lediglich bekannt gewesen, dass diese ihre Nebenkostenabrechnungen selbst tätige, die Beklagte habe diese lediglich prüfen sollen. Das habe die Klägerin letztlich dann auf eigene Rechnung getan. Bekannt geworden sei dies durch einen Zufall am Tag vor der Kündigung. Im Übrigen habe es keinerlei Nutzungserlaubnis für private Zwecke betreffend den Computer der Beklagten gegeben.

Das Arbeitsgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 01.07.2002 Beweis über die Behauptungen der Parteien zur unerlaubten Konkurrenztätigkeit (Fertigung von Abrechnungen für die Zeugin X.) durch die Zeugin X. und W. erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 01.07.2002 (Bl. 87 ff. d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - hat daraufhin durch (Schluss-)Urteil vom 20.03.2003 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 31.05.2001 nicht vor Ablauf des 30.06.2001 aufgelöst worden ist und die weitergehende Klage abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Blatt 138 bis 144 der Akte Bezug genommen.

Gegen das ihm am 09.05.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch am 20.05.2003 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 03.07.2003 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Klägerin wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, das Ergebnis der Entscheidung des Arbeitsgerichts sei mit der vor dem Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme nicht vereinbar. Aus den Aussagen der Zeugen ergebe sich, dass der Geschäftsführer der Beklagten die Erstellung der Nebenkostenabrechnungen der Klägerin als Nachfolgerin von Frau W. vermittelt und auch Kenntnis von einer Entlohnung gehabt habe. Von daher sei kein vertragswidriges Verhalten der Klägerin gegeben. Schließlich liege auch keine Beweisvereitelung der Klägerin vor. Selbst wenn man unterstelle, die Klägerin habe das Betriebssystem auf ihren PC übertragen, um die Betriebskostenabrechnungen für die Zeugin X. zu erstellen, so habe sie im Hinblick auf die Gestattung der Erstellung der Betriebskostenabrechnung für die Zeugin X. davon ausgehen können, dass auch dies zulässig sei. In einem solchen Fall hätte es, sofern die Beklagte der Klägerin die Nutzung des Betriebsprogrammes untersagt haben wollen, einer schriftlichen Mitteilung, ggf. einer schriftlichen Abmahnung bedurft.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des am 30.03.2003 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - Az: 7 Ca 1731/01, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 31.05.2001 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, dass Arbeitsgericht habe die Zeugenaussagen zutreffend gewürdigt. Auch sei davon auszugehen, dass die Klägerin das Computerprogramm der Beklagten illegal auf ihren Computer kopiert habe, um mit Hilfe dieses gestohlenen Programms auch Nebenkostenabrechnungen für anderen Personen gegen Lohn vorzunehmen und somit der Beklagten Konkurrenz zu machen. Insofern liege eine Beweisvereitelung vor, weil die Löschung des gesamten Betriebssystems im PC der Klägerin am 17.10.2002, d. h. fünf Wochen vor der Besichtigung durch die vom Gericht eingesetzte Sachverständige erfolgt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen. Schließlich wird Bezug genommen auf die Feststellungen im Sitzungsprotokoll vom 13.10.2003.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Das Rechtsmittel der Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Denn entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche Kündigung vom 31.05.2001, noch durch eine daraus im Wege der Umdeutung gemäß § 140 BGB ermittelte ordentliche Kündigung beendet worden.

Die außerordentliche Kündigung ist rechtsunwirksam, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 626 BGB nicht gegeben sind.

Ein wichtiger Grund im Sinne der Generalklausel der § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung liegt dann vor, wenn Tatsachen gegeben sind, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und in der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung nicht zugemutet werden kann. Damit wird der wichtige Grund zunächst durch die objektiv vorliegenden Tatsachen bestimmt, die an sich geeignet sind, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar zu machen. Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB ist deshalb jeder Sachverhalt, der objektiv das Arbeitsverhältnis mit dem Gewicht eines wichtigen Grundes belastet (vgl. BAG AP-Nr. 4, 42, 63 zu § 626 BGB). Entscheidend ist nicht der subjektive Kenntnisstand des Kündigenden, sondern der objektiv vorliegende Sachverhalt, der objektive Anlass. Berücksichtigt werden können nur die bis zum Ausspruch der Kündigung eingetretenen Umstände bei der Überprüfung der Frage, ob sie als Kündigungsgrund an sich geeignet sind Ascheid/Preis/Schmidt Großkommentar Kündigungsrecht 1. Auflage 2000 (APS-Dörner), § 626 BGB Rz. 42 ff.; Dörner/Luczak/Wildschütz, Handbuch Arbeitsrecht (DLW-Dörner), 3. Auflage 2002, D Rz. 656 ff.).

Die danach zu berücksichtigenden Umstände müssen nach verständigem Ermessen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar erscheinen lassen (BAG AP-Nr. 4 zu § 626 BGB). Bei der Bewertung des Kündigungsgrundes und bei der nachfolgenden Interessenabwägung ist ein objektiver Maßstab anzulegen, so dass subjektive Umstände, die sich aus den Verhältnissen der Beteiligten ergeben, nur aufgrund einer objektiven Betrachtung zu berücksichtigen sind. Die danach maßgeblichen Umstände müssen sich konkret nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken; da der Kündigungsgrund zukunftsbezogen ist und die Kündigung keine Sanktion für das Verhalten in der Vergangenheit darstellt, kommt es auf seine Auswirkungen auf die Zukunft an. Da es um den zukünftigen Bestand des Arbeitsverhältnisses geht, muss dessen Fortsetzung durch objektive Umstände oder die Einstellung oder das Verhalten des Gekündigten im Leistungsbereich, im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter, im persönlichen Vertrauensbereich (der Vertragspartner) oder im Unternehmensbereich konkret beeinträchtigt sein (BAG EzA § 626 BGB Nr. 11, EzA § 626 BGB n.F. Nr. 7).

Die erforderliche Überprüfung gem. § 626 Abs. 1 BGB vollzieht sich folglich zweistufig:

Zum einen muss ein Grund vorliegen, der unter Berücksichtigung der oben skizzierten Kriterien überhaupt an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Insoweit handelt es sich um einen Negativfilter, d. h., dass bestimmte Kündigungsgründe eine außerordentliche Kündigung von vornherein nicht rechtfertigen können.

Zum anderen muss dieser Grund im Rahmen einer Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere auch des Verhältnismäßigkeitsprinzips zum Überwiegen der berechtigten Interessen des Kündigenden an der - in der Regel - vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen (vgl. ausführlich APS-Dörner, § 626 BGB a.a.O.; DLW-Dörner a.a.O.).

Entscheidender Zeitpunkt ist der des Ausspruchs der Kündigung.

Die in den aufgehobenen gesetzlichen Vorschriften der §§ 123, 124 Gewerbeordnung, 71, 72 HGB nach altem Recht genannten Beispiele für wechselseitige wichtige Gründe (z. B. Arbeitsvertragsbruch, beharrliche Arbeitsverweigerung) sind als wichtige Hinweise für typische Sachverhalte anzuerkennen, die an sich geeignet sind, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung zu bilden und die Kündigung in der Regel auch zu rechtfertigen, wenn keine besonderen Umstände zugunsten des Gekündigten sprechen (vgl. BAG AP-Nr. 99 zu § 626 BGB). "Absolute Kündigungsgründe", die ohne eine besondere Interessenabwägung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, bestehen andererseits jedoch nicht (BAG SAE 1986, S. 5).

Systematisch kann nach Störungen im Leistungsbereich, im betrieblichen Bereich der Verbundenheit aller Mitarbeiter, im persönlichen Vertrauensbereich der Vertragspartner und im Unternehmensbereich unterschieden werden (APS-Dörner, a.a.O.; DLW-Dörner a.a.O.)

Anhand dieses Prüfungsmaßstabes ist die außerordentliche Kündigung vorliegend rechtsunwirksam.

Das Arbeitsgericht hat angenommen, dass zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen sei, dass die Beklagte die längste Dauer des Prozesses keinerlei Leistungsmängel eingeführt habe, so dass die Kammer davon ausgegangen sei, dass die Klägerin ihre Tätigkeit im Großen und Ganzen ordnungsgemäß erfüllt habe. Insoweit geht das Landesarbeitsgericht davon, dass die Beklagte im erstinstanzlichen Rechtszug keinerlei nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachen vorgetragen hat, die eine leistungsbedingte außerordentliche Kündigung, d. h. eine außerordentliche Kündigung wegen Schlechtleistung nach einschlägiger Abmahnung rechtfertigen könnte. Im Berufungsverfahren fehlt dazu ebenfalls jeglicher Tatsachenvortrag.

Desweiteren hat die Beklagte die außerordentliche Kündigung darauf gestützt, dass die Klägerin illegale Konkurrenztätigkeit ausgeübt habe (Tätigwerden für die Zeugin X. gegen Entgelt) und das für die Erstellung von Nebenkostenabrechnungen notwendige Programm illegal kopiert habe.

Auch wenn man mit dem Arbeitsgericht davon ausgehen kann, dass das Programm einen Vermögenswert der Beklagten darstellt, für das diese Geld bezahlt hat und das sie in die Lage versetzt, entsprechende Dienstleistungsangebote am Markt zu unterbreiten und damit Geld zu verdienen, ferner, dass ohne ausdrückliche Zustimmung - ungeachtet der urheberrechtlichen Zulässigkeit - die erfolgte Benutzung eines solchen fremden Vermögenswertes, zumal noch zur Ermöglichung von konkurrierender Tätigkeit, also potentiell zur Schädigung des Arbeitgebers einen Grund darstellt, der auch einen ruhig und verständig urteilenden Arbeitgeber zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung bewegen kann, ist doch entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts vorliegend davon auszugehen, dass darin kein an sich zur außerordentlichen Kündigung geeigneter Umstand gesehen werden kann, weil aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles zuvor eine einschlägige Abmahnung erforderlich gewesen wäre. Gleiches gilt für die von der Beklagten hinsichtlich der Zeugin X. gegen Entgelt behauptete Konkurrenztätigkeit; auch insoweit ist die Kammer davon ausgegangen, dass aufgrund der vor dem Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme dann, wenn es sich überhaupt um ein schuldhaftes Fehlverhalten der Klägerin gehandelt haben könnte, eine einschlägige Abmahnung erforderlich gewesen wäre; das Gebot der Verhältnismäßigkeit steht deshalb bei beiden Kündigungsbegründungen der Rechtswirksamkeit der außerordentlichen Kündigung entgegen.

Nach dem Ergebnis der vor dem Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme steht nicht zur vollen Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin eine verbotene Konkurrenztätigkeit hinsichtlich der Zeugin V. ausgeübt hat. Die Zeugin V. hat vor dem Arbeitsgericht ausgesagt, dass vorher Frau W. für sie die Nebenkostenabrechnung gemacht hatte, mit Wissen des Geschäftsführers der Beklagten. Für sie war es klar, dass das mit Wissen des Geschäftsführers erfolgte, auch wenn kein ausdrückliches Gespräch mit diesem insoweit stattfand. Die Zeugin hat auch erklärt, dass sie die entsprechenden Aufgaben für sich selbst an sich erledigte, aber lediglich das Computerprogramm nicht hatte, wo man die Nebenkostenabrechnungen macht. Von daher ist nach der Aussage dieser Zeugin völlig klar, dass das streitgegenständliche Computerprogramm für die Durchführung dieser Arbeiten erforderlich war und alles dafür spricht, dass der Geschäftsführer der Beklagten davon wusste, dass dieses Programm insoweit benutzt wird. Die Zeugin hat auch ausgesagt, dass es einmal ein Telefongespräch mit dem Geschäftsführer gegeben hat, wo ihr von ihm bedeutet wurde, dass Frau W. nicht mehr da sei und er sich an die Klägerin wenden solle. Die Zeugin hat weiter ausgesagt, dass sie angenommen hat, dass dem Geschäftsführer klar war, dass die finanziellen Dinge untereinander abgewickelt wurden, weil es sich um Kleinigkeiten handele. Die Zeugin W. hat ausgesagt, dass der Geschäftsführer ihr gesagt hatte, sie könne das für das Haus der Zeugin V. machen. Sie habe dafür 100,00 DM bekommen und das auch dem Geschäftsführer gesagt. Sie habe dieses Geld aber eher dafür bekommen, dass sie dreimal nach B. und zweimal nach N. gefahren sei, also gewissermaßen als Aufwandsentschädigung.

Nach Maßgabe dieser Zeugenaussagen bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Geschäftsführer der Beklagten gewusst hat, dass die Vorgängerin der Klägerin die Nebenkostenabrechnungen für die Zeugin X. im Rahmen einer - wohl stillschweigend genehmigten - Nebentätigkeit, deren Einzelheiten unklar sind, durchgeführt und abgewickelt hat, ohne dies als unerlaubte Konkurrenztätigkeit anzusehen. Weiterhin bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass es der Geschäftsführer der Beklagten selbst war, der die Zeugin X. an die Klägerin verwies, um auch weiterhin die Nebenkostenabrechnung durchführen zu lassen. Von daher besteht keine volle Überzeugung der Kammer von einem schuldhaften Fehlverhalten der Klägerin im Hinblick auf eine unerlaubte Konkurrenztätigkeit bezüglich der Zeugin X.

Selbst wenn man insoweit anderer Auffassung wäre, wäre im Hinblick auf das nach den Zeugenaussagen unklare Verhalten des Geschäftsführers der Beklagten zuvor eine einschlägige Abmahnung erforderlich gewesen, um die Klägerin auf die ordnungsgemäße Durchführung ihrer vertraglichen Verpflichtungen hinzuweisen und ihr einen angemessenen Zeitraum einzuräumen, ihr Leistungsverhalten den vertraglichen Verpflichtungen entsprechend zu gestalten.

Nichts anderes gilt letztlich für das von der Beklagten behauptete illegale Kopieren des maßgeblichen PC-Programms. Selbst wenn man unterstellt, was die Beklagte vorgetragen hat, nämlich dass die Klägerin eine illegale Kopie dieses Programms für ihren persönlichen PC gefertigt habe, ist dies aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles kein an sich zur außerordentlichen Kündigung geeigneter Umstand. Aufgrund des Verhaltens des Geschäftsführers der Beklagten war die Pflichtenlage der Klägerin nicht klar. Von daher wäre es auch im Hinblick auf das PC-Programm erforderlich gewesen, klarzustellen, wo im Hinblick auf die Zeugin X. welche Arbeiten wie hätten erledigt werden müssen (in den Büroräumen der Beklagten, oder außerhalb, während der Arbeitszeit bei der Beklagten, oder außerhalb, unter Benutzung des PC-Programms, von dem die Zeugin gerade ausgesagt hat, dass dieses Programm der eigentliche Anhaltspunkt dafür war, dass sie diese Arbeiten nicht selbst ausführen konnte, oder aber ohne dieses Programm). Aufgrund dieser zahlreichen Unklarheiten geht die Kammer davon aus, dass von der Beklagten anhand des Maßstabes eines ruhig und verständig urteilenden Arbeitgebers eine Klarstellung der Pflichtenlage erforderlich gewesen wäre, die nicht erfolgt ist. Von daher liegt auch insoweit kein an sich zur außerordentlichen Kündigung geeigneter Umstand vor, so dass die außerordentliche Kündigung rechtsunwirksam ist.

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ergibt sich nichts anderes für eine im Wege der Umdeutung gemäß § 140 BGB ermittelte ordentliche Kündigung. Denn der Wirksamkeit auch dieser Kündigung steht der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entgegen. Aufgrund der Besonderheiten des vorliegend zu entscheidenden Einzelfalles musste die Klägerin nicht mit dem sofortigen Ausspruch einer Kündigung rechnen, sondern durfte auf eine Klarstellung der wechselseitigen Pflichtenlage vertrauen.

Nach alledem war die angefochtene Entscheidung aufzuheben, teilweise abzuändern und neu zu fassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Ende der Entscheidung

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