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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 25.09.2008
Aktenzeichen: 7 Ta 160/08
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 4
ZPO § 124 Nr. 2
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO §§ 567 ff.
ArbGG § 78 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 30.07.2008, Az.: 11 Ca 83/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Gründe:

I. Die Parteien haben vor dem Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - einen Kündigungsrechtsstreit geführt, in dessen Verlauf die Klägerin, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt D., einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes gestellt hat. Diesem Antrag war eine von der Klägerin unterzeichnete Erklärung über deren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 11.01.2007 beigefügt. Die in der Formularerklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unter Buchstabe C enthaltene Frage: "Beziehen Sie Unterhaltsleistungen?" beantwortete die Klägerin nicht, obwohl hierfür ein Kästchen mit der Bezeichnung "Nein" sowie eines mit der Bezeichnung "Ja, vom geschiedenen Ehegatten" vorgesehen waren. Aufgrund der Angaben der Klägerin bewilligte das Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - mit Beschluss vom 27.02.2007 für den Kündigungsrechtsstreit Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt D.. Aus der Begründung dieser Entscheidung folgt, dass das Arbeitsgericht von einem monatlichen Nettoeinkommen der Klägerin in Höhe von insgesamt 908,00 EUR und monatlichen Ausgaben sowie Freibeträgen in Höhe von insgesamt 1.772,00 EUR ausgegangen ist. Mit Schreiben vom 25.04.2008 und 19.06.2008 forderte das Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - die Klägerin auf, mitzuteilen, ob eine Änderung der für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten sei. Daraufhin reichte die Klägerin eine von ihr unterzeichnete Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 11.07.2008 ein, wobei wiederum der formularmäßig vorgesehene Fragekomplex Buchstabe C nicht beantwortet wurde. Das Arbeitsgericht wies den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 16.07.2008 darauf hin, dass die Klägerin nach ihren letzten Angaben einen Nettolohn von 700,00 EUR monatlich beziehe, während Miete in Höhe von 748,00 EUR bezahlt werde. Es werde angefragt, ob zusätzliche, noch nicht angegebene Einkünfte bezogen würden, da das von der Klägerin bezogene Kindergeld in Höhe von 308,00 EUR monatlich nicht ausreichen könne, um den Lebensunterhalt von drei Personen zu bestreiten. Am 25.07.2008 erschien daraufhin die Klägerin bei der Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts und erklärte unter anderem, beim Ausfüllen des Formulars ZP 7 habe sie vergessen anzugeben, dass sie von ihrem geschiedenen Ehemann bis zum Ende des Jahres 2008 monatliche Unterhaltszahlungen in Höhe von 1.000,00 EUR erhalten habe. Die Zahlungen hätten am 01.07.2005 begonnen. In diesem Zusammenhang reichte die Klägerin die Fotokopie eines Sitzungsprotokolls des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 28.06.2005 bei der Rechtsantragsstelle ein, wobei sich aus diesem Sitzungsprotokoll ein Vergleich ergibt, in welchem sich der Ehemann der Klägerin verpflichtet hatte, beginnend mit dem 01.07.2005 bis zum 31.12.2008 Ehegattenunterhalt in Höhe von 1.000,00 EUR monatlich zu leisten. Mit Beschluss vom 30.07.2008 hat das Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - den Beschluss vom 27.02.2007 über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die rechtlichen Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung nach § 124 Nr. 2 ZPO seien erfüllt, da die Klägerin absichtlich oder zumindest grob nachlässig unrichtige, weil unvollständige Angaben über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse vor der Bewilligungsentscheidung gemacht habe. Die Klägerin sei Studentin an der Z.-Universität, wo sie - nach eigenen Angaben - kurz vor dem Abschluss stehe, so dass sie auch intellektuell gut in der Lage gewesen sei, den Sachverhalt der Prozesskostenhilfebewilligung und die hierbei zu erfüllenden Voraussetzungen zu begreifen. Sie habe auch nicht davon ausgehen dürfen, dass Vorgänge bei Gericht, wie zum Beispiel die Verpflichtung eines Ehegatten zur Unterhaltsleistung bei allen anderen Gerichten bekannt seien. Ein solches Maß an Naivität könne der Klägerin nicht zugestanden werden, auch wenn sie in einem Land (Y.) geboren worden sei, in dem lange Zeit ein totalitäres Regime geherrscht habe. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, dem die Aufhebungsentscheidung am 01.08.2008 zugestellt worden war, hat am 11.08.2008 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 30.07.2008 "Rechtsmittel" eingelegt. Die Klägerin macht geltend,

sie habe zwar in der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 11.01.2007 unrichtige Angaben gemacht, dies sei jedoch nicht aus grober Nachlässigkeit, sondern lediglich aus reinem Unwissen geschehen. Sie sei nämlich davon ausgegangen, dass dem Arbeitsgericht alle Umstände bekannt gewesen seien, zumal der Unterhaltsvergleich vor dem hiesigen Familiengericht abgeschlossen worden sei. Wenn sie hätte betrügen wollen, hätte sie auch in dem Gespräch, das sie bei der zuständigen Rechtspflegerin geführt habe, nicht auf die 1.000,00 EUR hinweisen müssen. Der entsprechende Hinweis sei freiwillig erfolgt. Darüber hinaus, komme sie aus Y. und habe zur damaligen Zeit nicht richtig die deutsche Sprache beherrscht und auch die Rechtsgepflogenheiten nicht gekannt. Im Übrigen hätte sie auch dann Prozesskostenhilfe erhalten, wenn sie zur damaligen Zeit die 1.000,00 EUR Unterhalt angegeben hätte. Die Klägerin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 30.07.2008 aufzuheben. Das Arbeitsgericht hat dem Rechtsmittel, das es als sofortige Beschwerde aufgefasst hat, nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und insbesondere auf alle von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. II. Das in dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 08.08.2008 erwähnte Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde aufzufassen, da mit dem Schreiben eine Abänderung des Aufhebungsbeschlusses des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 30.07.2008 erreicht werden soll und dies nur durch eine sofortige Beschwerde (vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO) möglich ist. Die demnach gegebene sofortige Beschwerde der Klägerin ist gemäß §§ 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2 Satz 2, 567 ff. ZPO zulässig. Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet, da das Arbeitsgericht unter Berücksichtigung von § 124 Nr. 2 ZPO den Beschluss des Arbeitsgerichts über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 27.02.2007 zu Recht aufgehoben hat. Nach § 124 Nr. 2 ZPO kann das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin in der formularmäßigen Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 11.01.2007, welche dem Prozesskostenhilfeantrag vom 24.01.2007 beigefügt war zumindest aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben gemacht. Sie hat in dieser Erklärung nämlich nicht angegeben, dass sie von ihrem geschiedenen Ehemann monatliche Unterhaltsleistung in Höhe von 1.000,00 EUR während des Zeitraumes vom 01.07.2005 bis 31.12.2008 erhält. Das Unterlassen dieser Angaben erfolgte zumindest grob fahrlässig, zumal für die Klägerin es ohne weiteres erkennbar gewesen war, dass sie eine fehlerhafte Bewilligung bewirkt. Entgegen der von ihr vertretenen Auffassung hätte sie bei zutreffenden Angaben vor der Bewilligungsentscheidung keine Prozesskostenhilfe ohne Anordnung einer Ratenzahlung erhalten. Denn ihr wahres monatliches Einkommen hätte sich, ausgehend von der Berechnung des Arbeitsgerichts in dem Bewilligungsbeschluss vom 27.02.2007, bei Einbeziehung der monatlichen Unterhaltsleistungen auf 1.908,00 EUR belaufen. Da dem monatliche Ausgaben in Höhe von 1.772,00 EUR (vgl. die Begründung des Bewilligungsbeschlusses) gegenübergestanden hätten, hätte die Klägerin über ein monatliches Einkommen im Sinne von § 115 Abs. 4 ZPO in Höhe von 136,00 EUR verfügt, so dass monatliche Raten in Höhe von 45,00 EUR anzuordnen gewesen wären. Aufgrund der unrichtigen Angaben der Klägerin sind der Staatskasse diese monatlichen Ratenzahlungen entgangen, so dass nicht davon die Rede sein kann, dass im Falle von zutreffenden Angaben der Klägerin sich nichts an der Bewilligungsentscheidung geändert hätte. Darüber hinaus ist die Rechtfertigung der Klägerin für ihre fehlerhaften Angaben nicht nachvollziehbar. Soweit sie geltend macht, sie sei davon ausgegangen, dass dem Arbeitsgericht bei der Bewilligungsentscheidung der Inhalt des gerichtlichen Vergleiches vor dem Familiengericht bekannt gewesen sei, bestand keinerlei Anlass zu einer solchen Annahme. Vielmehr enthielt die von der Klägerin ausgefüllte, formularmäßige Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unter Buchstabe C die Frage: "Beziehen Sie Unterhaltsleistungen?" und des Weiteren unter anderem zwei Kästchen, wovon eines unter "Nein" und ein anderes unter "Ja, vom geschiedenen Ehegatten" angekreuzt werden konnte. Die Klägerin hat diese Frage nicht beantwortet und auch in keinem Kästchen ein Kreuz gemacht. Dass dies auf einem Versehen beruht ist unwahrscheinlich, da die Klägerin genau auf dieselbe Weise vorgegangen ist, als sie die spätere Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 11.07.2008 eingereicht hat; auch hier ist die Frage unter Buchstabe C weder positiv noch negativ beantwortet worden. Da sie desweiteren in der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 11.01.2007 versichert hat, dass ihre Angaben vollständig und wahr seien, bestand keinerlei Anlass, die ausdrückliche Frage nach dem Ehegattenunterhalt nicht zu beantworten und monatliche Einkünfte in Höhe von 1.000,00 EUR in diesem Zusammenhang zu verschweigen. Falls die Klägerin tatsächlich der Überzeugung war, dass ein Arbeitsgericht in Deutschland über alle Entscheidungen und Vergleiche, die in anderen Gerichten geschlossen werden informiert ist, hätte sie sich über diese unwahrscheinliche Auffassung bei ihrem Prozessbevollmächtigten informieren müssen, bevor sie die ihr vorliegende Formularerklärung unvollständig ausfüllt. Die Bekanntgabe der monatlichen Gehaltszahlungen in Höhe von 1.000,00 EUR erfolgte durch die Klägerin gegenüber dem Arbeitsgericht nicht "freiwillig" wie sie aber in ihrer Beschwerdebegründung darlegt. Erst nachdem das Arbeitsgericht die Klägerin in dem Schreiben vom 16.07.2008 ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass die angegebenen Einkünfte nicht für den Lebensunterhalt einer dreiköpfigen Familie ausreichen könnten, sah sich die Klägerin veranlasst, die monatlichen Unterhaltszahlungen anzugeben. Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht auf fehlende Sprachkenntnisse bei der Ausfüllung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse berufen. Vielmehr hatte die Klägerin die Möglichkeit, soweit ihre Sprachkenntnisse nicht ausreichen, ihren Prozessbevollmächtigten, der den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe beim Arbeitsgericht anschließend einreichte, zu befragen. Unabhängig hiervon ist es aber auch nicht recht nachvollziehbar, dass die Klägerin, die zwar aus Y. stammt, trotz der Beschäftigung bei einem deutschen Arbeitgeber zumindest seit 2002 und der Absolvierung eines Hochschulstudiums nicht über die notwendigen Sprachkenntnisse verfügen soll, um die einfachen Fragen aus der Formularerklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu beantworten. Letztlich kann dies aber dahinstehen, zumal die Klägerin keine Angaben, ohne Hinzuziehung ihres Rechtsanwaltes, hätte machen dürfen, falls sie bestimmte Fragen aus der Formularerklärung nicht verstanden hätte. Ein anderes Vorgehen hätte jedenfalls auf grober Fahrlässigkeit beruht. Nach alledem war die sofortige Beschwerde der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlte es unter Beachtung von §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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