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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 29.04.2009
Aktenzeichen: 7 Ta 54/09
Rechtsgebiete: MTV, ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

MTV § 24 Ziff. 1
MTV § 27 Abs. 3
MTV § 27 Ziff. 3
ArbGG § 11 a
ArbGG § 11 a Abs. 2
ArbGG § 78 Satz 1
ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 254
ZPO §§ 567 ff.
BGB § 273 Abs. 1
BGB §§ 293 ff.
BGB § 297
BGB § 615
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 27.01.2009, Az: 8 Ca 2341/08, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Gründe:

I. Der Kläger begehrt in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchsetzung von Zahlungsansprüchen. Er war seit dem 05.10.2006 bei der Beklagten als Kraftfahrer gegen Zahlung eines monatlichen Arbeitsentgeltes in Höhe von 2.150,00 EUR brutto beschäftigt. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 08.10.2006 unterlag das Arbeitsverhältnis den Tarifverträgen für das private Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz in ihrer jeweils gültigen oder nachwirkenden Fassung, soweit arbeitsvertraglich nicht etwas Zusätzliches vereinbart war. Mit Schreiben vom 13.08.2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30.08.2008 und bewilligte dem Kläger für die Zeit vom 13.08. bis 19.08.2008 Erholungsurlaub; für die Zeit ab dem 20.08.2008 forderte sie ihn auf, zur Arbeit zu erscheinen. Daraufhin erklärte der Kläger in seinem an die Beklagte gerichteten Telefaxschreiben vom 20.08.2008, er habe die Kündigung zur Kenntnis genommen und "sehe das Arbeitsverhältnis für direkt beendet". Am 01.10.2008 hat der Kläger beim Arbeitsgericht Kaiserslautern eine Klage eingereicht, die der Beklagten am 14.10.2008 zugestellt worden ist, in welcher er die Abrechnung des Arbeitsentgelts für die Monate August und September 2008 sowie die Auszahlung der sich ergebenden Beträge verlangt hat. Des Weiteren hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herr Rechtsanwalt L, K, beantragt. Während der Güteverhandlung vom 28.10.2008 hat die Beklagte die Lohnabrechnung für den Monat August 2008 dem Klägervertreter ausgehändigt. In seinem Schriftsatz vom 20.11.2008 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers ausgeführt, unter Klarstellung der bereits angekündigten Anträge werde nunmehr beantragt:

1. Die Beklagte für den Monat August auf Zahlung von 2.150,00 EUR brutto zu verurteilen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins daraus seit dem 31.08.2008,

2. darüber hinausgehend die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 879,54 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz daraus für September 2008 zu zahlen. Hilfsweise würden, bei abweichender Auffassung des Gerichts, die ursprünglichen Klageanträge aufrechterhalten. Zur Begründung der Zahlungsklage werde hilfsweise geltend gemacht, dass dem Kläger Urlaubsabgeltung für insgesamt drei Tage in Höhe von 271,71 EUR zustehe. Mit Schriftsatz vom 04.04.2008 hat der Kläger sodann ergänzend ausgeführt, der Klageantrag zu 1. verstehe sich unter Berücksichtigung eines auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Anspruchs in Höhe von 32,41 EUR und der Klageantrag zu 2. unter Berücksichtigung einer übergegangenen Forderung in Höhe von 324,10 EUR. Mit Beschluss vom 27.01.2009 hat das Arbeitsgericht Koblenz den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klageanträge des Klägers hätten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Arbeitsvergütung für den Monat August 2008 sei nämlich gemäß § 27 Abs. 3 des geltenden Manteltarifvertrages für das private Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz (im Folgenden: MTV) verfallen, da der Kläger diesen Anspruch nicht innerhalb der anwendbaren Verfallfrist von einem Monat nach Arbeitsvertragsende schriftlich oder mündlich unter Zeugen geltend gemacht habe. Nachdem das Beschäftigungsverhältnis durch ordentliche Kündigung der Beklagten zum 30.08.2005 beendet worden sei, hätte der Kläger seinen Arbeitsentgeltanspruch für den Monat August 2008 spätestens am 30.09.2008 geltend machen müssen; erstmals habe er aber mit der am 14.10.2008 zugestellten Leistungsklage die Begleichung dieses Anspruches vom Gericht verlangt. Auch soweit der Kläger einen Anspruch auf Zahlung von restlicher Arbeitsvergütung für den Monat September 2008 in Höhe von 879,54 EUR geltend mache, bestehe keine hinreichende Erfolgsaussicht. Denn der Kläger habe durch sein Telefaxschreiben vom 20.08.2008 eine fristlose Eigenkündigung erklärt, so dass hierdurch das Arbeitsverhältnis unmittelbar beendet worden sei. Folglich könne er keine Arbeitsvergütung für den nachfolgenden Monat mehr verlangen. Wenn des Weiteren der Zahlungsanspruch auf die Leistung von Urlaubsabgeltung gestützt werde, so sei auch diese Forderung nicht rechtzeitig geltend gemacht worden und gemäß § 27 Abs. 3 MTV ausgeschlossen. Diese Entscheidung des Arbeitsgerichts ist dem Klägervertreter am 03.02.2009 zugestellt worden. Am 03.03.2009 hat er hiergegen Beschwerde eingelegt. Der Kläger macht geltend, der Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt für den Monat August 2008 sei nicht nach § 27 Ziffer 3 MTV verfallen, zumal Sinn und Zweck der Ausschlussfrist allein sei, dass der Vertragspartner erkennen könne, ob und in welchem Umfang noch Ansprüche an ihn herangetragen würden; dies sei vorliegend zu jedem Zeitpunkt der Fall gewesen. Außerdem habe die Beklagte erst während des Gütetermins vom 18.10.2008 eine Abrechnung erteilt. Es sei nicht erkennbar, weshalb die Ansprüche zu spät geltend gemacht worden seien. Das Arbeitsverhältnis sei auch nicht durch eine fristlose Eigenkündigung des Klägers beendet worden. Denn er habe vor Ausspruch seiner Kündigung der Beklagten keine Abmahnung erteilt und die Kündigung sei im Übrigen auch nicht formwirksam erfolgt. Des Weiteren lägen keine Gründe für eine fristlose Eigenkündigung vor. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 03.03.2009 (Bl. 22 ff. des PKH-Beiheftes) verwiesen. Der Kläger beantragt im Rahmen des Beschwerdeverfahrens,

unter Aufhebung des Beschlusses die Prozesskostenhilfe im beantragten Umfange, hilfsweise jedenfalls aber im Umfange der Teilklage über den Betrag von 1.371,74 EUR brutto, entsprechend der erst im Gütetermin vorgelegten und übergebenen Abrechnung, die zugleich im Gütetermin geltend gemacht wurde, Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 04.03.2009 nicht abgeholfen; wegen der Nichtabhilfegründe wird auf Seite 2 f. des Beschlusses (= Bl. 29 f. des PKH-Beiheftes) Bezug genommen. Sodann hat das Arbeitsgericht die Sache dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und insbesondere auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. II. Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2 Satz 2, 567 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht Koblenz hat im Ergebnis zu Recht den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes zurückgewiesen. Nach § 114 ZPO erhält eine Partei auf ihren Antrag hin unter anderem nur dann Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Hieran fehlt es bei sämtlichen vom Kläger verfolgten Klageanträgen. 1. Wenn der Kläger die Zahlung von Arbeitsentgelt in Höhe von 2.150,00 EUR abzüglich eines übergangenen Anspruchs in Höhe von 32,41 EUR zuzüglich Zinsen für den Monat August 2008 geltend macht, fehlt es an einer hinreichenden Erfolgsaussicht, da diese Forderung gemäß § 27 Ziffer 3 des kraft arbeitsvertraglicher Verweisung anwendbaren MTV verfallen ist. Nach dieser Tarifregelung sind alle übrigen Ansprüche aus dem Tarifvertrag oder dem Arbeitsvertrag im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses spätestens einen Monat nach Arbeitsvertragsende schriftlich oder mündlich unter Zeugen geltend zu machen. Der Kläger hat die Arbeitsentgeltforderung für den Monat August 2008 erstmals durch die am 14.10.2008 der Beklagten zugestellte Leistungsklage formgerecht geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war sein Entgeltanspruch für den Monat August 2008 aber verfallen, da das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 13.08.2008, welche dem Kläger am 18.08.2008 zugegangen ist, unter Beachtung der maßgeblichen Kündigungsfrist aus § 24 Ziffer 1 MTV (zwei Wochen zum Wochenschluss; Wochenschluss im Sinne der tariflichen Bestimmung ist der jeweilige Samstag) zum 06.09.2008 beendet worden ist und dementsprechend die Verfallfrist am 06.10.2008 geendet hat. Soweit der Kläger auf den Sinn und Zweck der Ausschlussfrist verweist, verkennt er, dass Ausschlussfristen insbesondere einer kurzfristigen Klarstellung der gegenseitig bestehenden Forderungen dienen. Aufgrund des mithin gegebenen Zieles, Rechtssicherheit zu erreichen, verfallen Ansprüche nur dann nicht, wenn sie form- und fristgerecht im Sinne des Tarifvertrages geltend gemacht werden. 2. Wenn der Kläger des Weiteren auch für den Monat September 2008 eine anteilige Arbeitsvergütung in Höhe von 879,54 EUR brutto abzüglich einer übergegangenen Forderung in Höhe von 324,10 EUR zuzüglich Zinsen geltend macht, fehlt es auch insoweit an einer hinreichenden Erfolgsaussicht. Der Kläger hat nämlich während des Monats September 2008 weder gearbeitet, noch befand sich die Beklagte in einem Annahmeverzug im Sinne von §§ 615, 293 ff. BGB. Ein Annahmeverzug der Beklagten für die Zeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, also bis zum 06.09.2008, ist bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger ab dem 20.08.2008 nicht mehr bereit war, seine Arbeitsleistung zu erbringen; mithin kam die Beklagte gemäß § 297 BGB ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in Annahmeverzug. Die fehlende Leistungsbereitschaft des Klägers ergibt sich aus dessen Telefaxschreiben vom 20.08.2008, zumal er dort gegenüber der Beklagten ausdrücklich erklärt hat, er sehe das Arbeitsverhältnis für direkt beendet an und könne es nicht mehr verantworten, zu fahren. Ein Annahmeverzug der Beklagten ist auch nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil dem Kläger ein Zurückbehaltungsrecht im Sinne von § 273 Abs. 1 BGB zugestanden hätte. In dem Telefaxschreiben vom 20.08.2008 führt er zwar aus, dass es Unregelmäßigkeiten mit Tachoscheiben und einzuhaltenden Pausenzeiten gegeben habe. Aufgrund des vorliegenden Sach- und Streitstandes ist aber nicht erkennbar, dass es in der Vergangenheit tatsächlich zu einer Überschreitung von Lenkzeiten gekommen wäre und hiermit auch während der Zeit ab dem 20.08.2008 zu rechnen gewesen wäre. Gleiches gilt für etwaige Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit Tachoscheiben. Auch insoweit ist nicht nachvollziehbar, was der Kläger mit den angesprochenen "andauernd versauten Tachoscheiben" meint. Folglich steht dem Kläger nach dem vorliegenden Sach- und Streitstand kein Arbeitsentgeltanspruch für den Monat September 2008 zu. 3. Die geltend gemachten Zahlungsansprüche können auch nicht auf eine etwaige Verpflichtung der Beklagten auf Zahlung von Urlaubsabgeltung für drei Tage in Höhe von 271,71 EUR gestützt werden. Auch dieser Leistungsanspruch ist vom Kläger jedenfalls nicht innerhalb der einmonatigen Frist nach Ende des Arbeitsverhältnisses formgerecht geltend gemacht worden. 4. Wenn der Kläger im Übrigen hilfsweise die in der Klageschrift angekündigte Stufenklage weiter verfolgen will, hat auch dies keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Im vorliegenden Fall ist die Stufenklage nämlich unzulässig. Nach § 254 ZPO kann mit der Klage auf Abrechnungserteilung ein unbezifferter Zahlungsantrag verbunden werden, wenn die Abrechnung der Bezifferung des Zahlungsantrags dient. Die begehrte Abrechnung muss zur Erhebung eines bestimmten Anspruchs erforderlich sein (vgl. BAG, Urteil vom 12.07.2006 - 5 AZR 646/05 - = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Lohnabrechnung). Im gegebenen Fall bedurfte der Kläger nicht der Lohnabrechnungen, um seine Zahlungsansprüche beziffern zu können. Denn der ihm zustehende monatliche Arbeitsvergütungsanspruch ergab sich bereits aus Ziffer 6. des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 08.10.2006; demnach stand dem Kläger ein Monatspauschallohn in Höhe von 2.150,00 EUR brutto zu. Abgesehen davon ist auch die Geltendmachung des Abrechnungsanspruches nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 27 Ziffer 3 MTV erfolgt. Der vom Kläger gestellte Bewilligungsantrag war auch nicht in einen Beiordnungsantrag im Sinne von § 11 a ArbGG umzudeuten, da auch die gesetzlichen Anforderungen für eine Anwaltsbeiordnung nach dieser Regelung nicht erfüllt sind. Gemäß § 11 a Abs. 2 ArbGG kann nämlich die Beiordnung unterbleiben, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich mutwillig ist. Hiervon ist im vorliegenden Fall auszugehen, zumal der Kläger tarifvertraglich bereits verfallene Zahlungsansprüche weiter verfolgen möchte und darüber hinaus Arbeitsentgeltansprüche für eine Zeit, während der er weder gearbeitet hat noch arbeitsbereit war. Soweit die Beschwerdekammer vor der vorliegenden Entscheidung den Kläger aufgefordert hat, eine vollständige Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einzureichen, beruht dies auf dem Umstand, dass die ursprünglich vorliegende Erklärung bereits eine Zurückweisung der sofortigen Beschwerde gerechtfertigt hätte. Eine Befassung des Beschwerdegerichts mit der materiellen Rechtslage war erst dann veranlasst, als die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe feststanden. Nach alledem war die sofortige Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlte es unter Beachtung von §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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