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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 16.01.2008
Aktenzeichen: 7 TaBV 60/07
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG


Vorschriften:

ArbGG § 9 Abs. 5 S. 4
ArbGG § 98 Abs. 1 S. 1
ArbGG § 98 Abs. 2 S. 2
ArbGG § 98 Abs. 2 S. 4
BetrVG § 84
BetrVG § 84 Abs. 1
BetrVG § 84 Abs. 2
BetrVG § 85
BetrVG § 85 Abs. 1
BetrVG § 85 Abs. 1 S. 2
BetrVG § 85 Abs. 2 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2. und 3. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 23.08.2007, Az. 6 BV 13/07 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Bestellung des Vorsitzenden und der Beisitzer für eine Einigungsstelle.

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Sachverhaltes sowie des erstinstanzlichen Beteiligtenvorbringens wird abgesehen und auf die Zusammenfassung im Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 23.08.2007 (dort Seite 2 - 5 = Bl. 83 - 86 d. A.) Bezug genommen. Unstreitig ist des Weiteren, dass die Betriebsparteien am 25.01.2007 eine schriftliche Betriebsvereinbarung (vgl. Bl. 139 ff. d. A.) beschlossen haben, in welcher die betriebsverfassungsrechtliche Zuständigkeit für die verschiedenen Unternehmen, die im Bereich des Klinikums A-Stadt angesiedelt sind, geregelt ist.

Der Betriebsrat, der Beteiligter zu 1. ist, hat beantragt,

1. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand Beschwerde der Psychologischen Psychotherapeutin Z. wegen Mobbings wird Herr Vorsitzender Richter am Arbeitsgericht i. R. Y. bestellt,

2. die Zahl der von den Beteiligten jeweils zu benennenden Beisitzer wird auf drei festgesetzt.

Die Beteiligten zu 2. und 3., also die A. sowie die C., haben beantragt,

die Anträge zurückzunehmen.

Das Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - hat mit Beschluss vom 23.08.2007 (Bl. 82 ff. d. A.) beiden Anträgen vollumfänglich stattgegeben. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, beide Unternehmen auf Arbeitgeberseite seien passiv legitimiert, da sie, wie sich aus der Betriebsvereinbarung vom 25.01.2007 ergebe, einen gemeinsamen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes bilden würden. Infolgedessen sei die Einigungsstelle für diesen Gesamtbetrieb einzurichten.

Darüber hinaus sei unter Beachtung von § 98 Abs. 1 S. 1 ArbGG festzustellen, dass die Einigungsstelle im vorliegenden Fall nicht offensichtlich unzuständig sei. Frau Z. habe sich nämlich am 30.05.2007 beim Betriebsrat wegen eines Mobbingsverhaltens seitens des Herrn Dr. Dr. X. beschwert, woraufhin der Betriebsrat diese Beschwerde gemäß §§ 84 Abs. 1, 85 Abs. 1 BetrVG entgegengenommen und den Arbeitgeber mit Schreiben vom 06.06.2007 um Abhilfe gebeten habe. In diesem Schreiben seien die tatsächlichen Umstände der von Frau Z. geltend gemachten Beeinträchtigung im einzelnen dargestellt, sodass für die Arbeitgeberseite erkennbar gewesen sei, womit sich der Arbeitnehmer beschwert sehe.

Soweit im Rahmen der Beschwerde gegenüber der Arbeitgeberseite die Versetzung der Arbeitnehmerin verlangt werde, ändere dies nichts an der Zulässigkeit der Beschwerde. Denn der Arbeitgeber sei nach § 84 Abs. 2 BetrVG in seiner Entscheidung, auf welche Weise er der Beschwerde abhelfe, frei.

Gegenstand der Beschwerde von Frau Z. sei nicht ein Rechtsanspruch im Sinne von § 85 Abs. 1 S. 2 BetrVG. Die dem Arbeitnehmer eingeräumte grundsätzliche Möglichkeit, im Falle eines Mobbingverhaltens auf dem Gerichtswege Unterlassen zu verlangen, schließe das Einigungsstellenverfahren nicht aus. Der Gesetzgeber habe nämlich mit §§ 84, 85 BetrVG das Ziel verfolgt, allgemeine Probleme im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung zunächst unterhalb der Ebene von gerichtlichen Verfahren zu klären. Die Anrufung der Einigungsstelle sei auf solche Fälle beschränkt, in denen es tatsächlich um klare Rechtsansprüche gehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 5 ff. des Beschlusses vom 23.08.2007 (Bl. 86 ff. d. A.) verwiesen.

Der Beschluss des Arbeitsgerichtes enthält eine Rechtsmittelbelehrung, wonach von dem Beteiligten zu 1. Beschwerde eingelegt werden kann und für die weiteren Beteiligten kein Rechtsmittel gegeben ist. Als Beschwerdefrist ist ein Monat und als Beschwerdebegründungsfrist sind zwei Monate angegeben worden. Mit Beschluss vom 18.10.2007 hat das Arbeitsgericht die Rechtsmittelbelehrung dahingehend berichtigt, dass die Beschwerde binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen ist; als beschwerdeberechtigt wurden nunmehr die Beteiligten zu 2. und 3. bezeichnet.

Der Berichtigungsbeschluss ist den Beteiligten zu 2. und 3. am 25.10.2007 zugegangen.

Am 25.10.2007 haben die Beteiligten zu 2. und 3. Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 23.08.2007, der ihnen am 27.09.2007 zugestellt worden ist, eingelegt und am 08.11.2007 ihr Rechtsmittel begründet.

Die Beteiligten zu 2. und 3. machen geltend,

die Beteiligte zu 2. sei nicht passiv legitimiert, da die Beschwerdeführerin, Frau Z. ausschließlich bei der Beteiligten zu 3. beschäftigt sei.

Eine Einigungsstelle könne nicht errichtet werden, da Gegenstand der Beschwerde ein Rechtsanspruch sei (§ 85 Abs. 2 BetrVG). Frau Z. habe, soweit sie sich in irgendeiner Weise gemobbt fühle, einen Rechtsanspruch auf Unterlassung. Auch wenn es ihr um eine Versetzung gehe, könne sie einen vermeintlichen Anspruch gerichtlich geltend machen.

Außerdem liege eine schriftlich fixierte Beschwerde von Frau Z. den Beteiligten zu 2. und 3. nicht vor. Dem Geschäftsführer der beiden Beteiligten sei von Frau Z. lediglich mitgeteilt worden, sie wolle von der Beteiligten zu 2. zur Beteiligten zu 1. versetzt werden.

Im Übrigen gebe es auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Frau Z. gemobbt werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz der Beteiligten zu 2. und 3. vom 08.11.2007 (Bl. 135 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Beteiligten zu 2. und 3. beantragen,

unter Aufhebung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Mainz den Antrag des Antragstellers und Beteiligten zu 1. zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 1. beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 1. führt aus,

für die Beteiligten zu 2. und 3. sei aus dem Schreiben des Betriebsrates vom 06.06.2007 klar ersichtlich, welchen Inhalt die Beschwerde von Frau Z. habe. Diesem Schreiben sei auch zu entnehmen, dass es eben nicht lediglich um eine Versetzung gehe. Im Übrigen sei auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichtes zu verweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Beschwerdeerwiderung wird auf den Schriftsatz des Beteiligten zu 1. vom 07.01.2008 (Bl. 150 ff. d. A.) Bezug genommen.

Im Übrigen wird auf den gesamten Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2. und 3. ist zulässig, insbesondere wurde sie innerhalb der Beschwerdefrist erhoben. Nach § 98 Abs. 2 S. 2 ArbGG ist die Beschwerde innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen.

Der Beschluss des Arbeitsgerichtes vom 23.08.2007 ist den Beteiligten zu 2. und 3. am 27.09.2007 zugestellt worden; mit der Zustellung begann jedoch nicht die Beschwerdefrist aus § 98 Abs. 2 S. 2 ArbGG zu laufen, sondern jene aus § 9 Abs. 5 S. 4 ArbGG. Hiernach ist die Einlegung des Rechtsmittels innerhalb eines Jahres seit Zustellung der Entscheidung zulässig, wenn die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt worden ist.

Im vorliegenden Fall ist die Rechtmittelbelehrung, welche in dem Beschluss vom 23.08.2007 enthalten war, unrichtig erteilt worden. Denn an dieser Stelle wurde entgegen § 98 Abs. 2 S. 2 ArbGG auf eine Beschwerdefrist von einem Monat und eine Beschwerdebegründungsfrist von zwei Monaten hingewiesen. Infolgedessen wurde zunächst die einjährige Beschwerdefrist am 27.09.2007 in Gang gesetzt.

Mit Zugang des Berichtigungsbeschlusses des Arbeitsgerichtes ist den Beteiligten zu 2. und 3. die zutreffende Rechtsmittelbelehrung bekannt gegeben worden. Da der Zugang dieser Berichtigung am 25.10.2007 erfolgte, begann an diesem Tag die Rechtsmittelfrist aus § 98 Abs. 2 S. 2 ArbGG zu laufen. Die Beteiligten zu 2. und 3. haben aber die am 25.10.2007 beginnende zweiwöchige Beschwerdefrist gewahrt, zumal die Beschwerde am 25.10.2007 eingegangen und am 08.11.2007 das Rechtsmittel begründet worden ist.

Die sofortige Beschwerde ist allerdings nicht begründet, da das Arbeitsgericht den Anträgen des Beteiligten zu 1. zu Recht und mit zutreffender Begründung stattgegeben hat.

Zur Vermeidung von wiederholenden Ausführungen nimmt die Beschwerdekammer auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts (Seite 5 ff. des Beschlusses vom 23.08.2007) Bezug und beschränkt sich nachfolgend auf eine kurze Auseinandersetzung mit den in der Beschwerdeschrift vorgebrachten Einwendungen.

1.

Neben der Beteiligen zu 3., die unstreitig Arbeitgeberin von Frau Z., welche die Beschwerde erhoben hat, ist, fehlt es auch der Beteiligten zu 2. nicht an der Passivlegitimation für das vorliegende Verfahren. In der schriftlichen Betriebsvereinbarung vom 25.01.2007 hat der Betriebsrat mit der A. nämlich vereinbart, dass das Klinikum sowie die unter § 2 Abs. 2 genannten Unternehmen ein Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sind und die betriebsverfassungsrechtliche Zuständigkeit für diese Unternehmen beim Betriebsrat der A. verbleibt. Zu den unter § 2 Abs. 2 der Betriebsvereinbarung aufgeführten Unternehmen zählen auch die A. sowie die C. Dieser Betriebsvereinbarung ist mithin zu entnehmen, dass unter anderen die Beteiligten zu 2. und 3. einen Gemeinschaftsbetrieb bilden, dem in der Betriebsvereinbarung allerdings kein Name zugewiesen worden ist. Indem der Beteiligte zu 1. seinen Antrag gegen beide Beteiligte gerichtet hat, hat er deutlich gemacht, dass er betriebsverfassungsrechtliche Maßnahmen von diesem Gemeinschaftsbetrieb verlangt. Hätte er diese Rechte lediglich gegenüber dem Beschäftigungsunternehmen von Frau Z. in den Rechtsstreit eingeführt, wäre nicht deutlich geworden, dass ein Tätigwerden des Gemeinschaftsbetriebes verlangt wird. Um dies klarzustellen war es mithin - eine spezielle Bezeichnung für den Gemeinschaftsbetrieb fehlt - notwendig, zumindest zwei Unternehmen aus dem Gemeinschaftsbetrieb als Antragsgegner zu benennen.

2.

Eine Einigungsstelle ist im vorliegenden Fall nicht wegen der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs. 2 S. 3 BetrVG offensichtlich unzuständig. Demnach ersetzt der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nicht, wenn Gegenstand der Beschwerde (eines Arbeitnehmers) ein Rechtsanspruch ist.

Im vorliegenden Fall ist aber zweifelhaft und zumindest nicht ganz sicher, ob Frau Z. einen Anspruch auf Unterlassung von sogenanntem Mobbing durch Dr. Dr. X. hat. Denn Mobbing ist an sich kein rechtliches Phänomen, sondern eine tatsächliche Erscheinung, die rechtlich zu würdigen ist. Nicht alles, was als Mobbing bezeichnet wird ist von rechtlicher, das heißt insbesondere arbeitsrechtlicher Relevanz (vgl. BAG, Urteil vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 = NZA 2007, 1154). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes versteht man unter Mobbing das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte (vgl. BAG, Beschluss vom 15.01.1997 - 7 ABR 14/96 = AP Nr. 118 zu § 37 BetrVG 1972). In Gerichtsverfahren ist es für den darlegungspflichtigen Arbeitnehmer oft sehr schwierig, insbesondere das systematische Element konkret darzulegen und notfalls zu beweisen. Mithin kann im vorliegenden Fall nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass Frau Z. einen Unterlassungsanspruch gerichtlich gegen Herrn Dr. Dr. X. bzw. die Arbeitgeberin durchsetzen kann. In einem Fall, in welchem es mithin zweifelhaft und nicht ganz sicher ist, ob ein rechtlicher Unterlassungsanspruch gegeben ist, kann aber einem Einigungsstellenverfahren nichts im Wege stehen (vgl. Fitting u. a., BetrVG, 21. Auflage, § 85 Rz. 8). Im Übrigen sind die Betriebsparteien, einschließlich einer etwaigen Einigungsstelle, aufgrund der größeren Sachnähe besser in der Lage Probleme, die im Zusammenhang mit einer Arbeitnehmerbeschwerde entstehen, auszuräumen als staatliche Gerichte, bei denen Abhilfemöglichkeiten immer gesetzlich formalisiert und standardisiert sind.

3.

Soweit die Beteiligten zu 2. und 3. weitere Einwendungen erheben, hat sich das Arbeitsgericht bereits hinreichend mit diesen Argumenten auseinandergesetzt und deren Berechtigung zutreffend verneint.

Nach alledem war die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2. und 3. zurückzuweisen.

Gegen die vorliegende Entscheidung ist gemäß § 98 Abs. 2 S. 4 ArbGG kein Rechtsmittel gegeben.

Ende der Entscheidung

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