Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 05.09.2007
Aktenzeichen: 8 Sa 165/07
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, BUrlG, EFZG


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 611 Abs. 1
BUrlG § 11 Abs. 1
EFZG § 2
EFZG § 3
EFZG § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 29.01.2007, AZ: 11 Ca 2101/05, wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.884,27 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB

aus 2.772,66 € seit dem 01.11.2005,

aus 1.651,60 € seit dem 01.01.2004 und

aus 1.460,01 € seit dem 01.01.2005.

2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

3. Die Widerklage wird abgewiesen

II. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

III. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 94 % der Beklagten und zu 6 % dem Kläger auferlegt.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über wechselseitige Zahlungsansprüche aus einem zwischenzeitlich beendeten Arbeitsverhältnis.

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen; insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 29.01.2007 (Bl. 220 bis 229 d. A.).

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.629,60 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 %punkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 01.11.2005,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.326,26 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 %punkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 01.11.2005,

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 852,15 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 %punkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 01.11.2005,

4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.651,60 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 %punkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 01.01.2004,

5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.460,01 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 %punkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 01.01.2005,

6. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihm Provisionsabrechnungen zu erteilen für die Dauer der Beschäftigung vom 05.05.1998 bis 31.10.2005,

7. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, die Provisionsabrechnungen für den Zeitraum vom 05.05.1998 bis 31.10.2005 zu erteilen aufgrund eines Buchauszuges, der folgende Angaben enthält:

- Name und Anschrift des Kunden

- Kundennummer (sofern vorhanden)

- Datum der Auftragserteilung

- Datum der Auftragsbestätigung

- Wert des erteilten Auftrages

- Datum der Lieferung bzw. Teillieferung

- Umfang der Lieferung bzw. Teillieferung

- Datum und Nummer der Rechnung

- Rechnungsbeitrag

- Datum der Zahlung

- Höhe der gezahlten Beiträge

- Nichtauslieferung nach Menge und Wert

- Grund für die Nichtauslieferung

- Gutschriften und deren Gründe.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend hat die Beklagte beantragt,

1. den Kläger zu verurteilen, an sie 6.045,97 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 19.04.2006,

2. den Kläger zu verurteilen, an sie 4.391,20 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 19.04.2006,

3. hilfsweise den Kläger zu verurteilen, für den Zeitraum 05.05.1998 bis 31.10.2005 Leistungsnachweise über die von ihm erbrachten Leistungen zu erstellen.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 29.01.2007 die Beklagte verurteilt, an den Kläger 6.067,47 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.955,86 € seit dem 01.11.2005, aus 1.651,60 € seit dem 01.01.2004 und aus 1.460,01 € seit dem 01.01.2005. Die weitergehende Klage hat das Arbeitsgericht, ebenso wie die Widerklage, abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 11 bis 20 (= Bl. 229 bis 238 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihr am 13.02.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 08.03.2007 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihr mit Beschluss vom 05.04.2007 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 10.05.2007 begründet. Der Kläger, dem die Berufungsbegründung der Beklagten am 15.05.2007 zugestellt worden ist, hat am 05.06.2007 Anschlussberufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Die Beklagte macht zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts umfasse die in § 3 des Arbeitsvertrages vereinbarte Umsatzbeteiligung des Klägers keine Materialkosten. Der Wortlaut des Vertrages sei insoweit eindeutig, indem dort ausdrücklich auf die "eigenen Laborarbeiten gemäß Leistungsnachweis" abgestellt werde. Es könne sich daher nur um den Umsatz aus den vom Kläger selbst erbrachten Leistungen handeln. Für eine ergänzende Vertragsauslegung sei angesichts der eindeutigen Formulierung im Vertrag kein Raum. Der Kläger könne sich auch nicht mit Erfolg auf das Argument des Arbeitsgerichts berufen, man habe über sieben Jahre lang in der von ihm dargelegten Weise abgerechnet. Aus dem Umstand, dass in einer bestimmten Weise falsch verfahren worden sei, sei nicht abzuleiten, dass damit eine vertragliche Regelung abgeändert worden sei. Vielmehr habe der Kläger einen Irrtum bei ihr - der Beklagten - erzeugt und diesen Irrtum über Jahre hinweg ausgenutzt. Es sei Sache des Klägers gewesen, die Leistungsnachweise zu erstellen, auf deren Basis abgerechnet worden sei. Der Kläger habe auf der Rückseite der Laborzettel die einzelnen Leistungsziffern aufgeschrieben, ohne dabei danach zu unterscheiden, inwieweit es sich um eine reine Arbeitsleistung oder aber um eine reine Materiallieferung gehandelt habe. Es sei sodann Aufgabe einer Mitarbeiterin gewesen, die sich aus den vom Kläger angegebenen Ziffern ergebenden Geldbeträge für jede Patientin zusammen zu rechnen. Selbstverständlich habe die betreffende Mitarbeiterin den Arbeitsvertrag des Klägers nicht gekannt und daher auch nicht gewusst, welche Ziffern dem Kläger zu vergüten waren (Leistungsziffern und Materialziffern oder nur Leistungsziffern).Ihr, der Beklagten, habe daher nicht auffallen können, dass der Kläger bei dieser Abrechnungsweise auch Leistungen auf die Materialkosten erhalten habe. Soweit der Kläger Nachzahlung von Vergütung für den Monat Oktober 2005 verlange, so sei seine Berechnung hinsichtlich des in diesem Monat angefallenen Urlaubsentgeltes sowie der Entgeltfortzahlung fehlerhaft, da das Urlaubsentgelt ausschließlich nach dem Arbeitsverdienst der letzten dreizehn Wochen zu bemessen sei und bei der Entgeltfortzahlung nicht kurzerhand auf den Durchschnittsverdienst der letzten elf Monate abgestellt werden könne. Diesbezüglich sei auch zu berücksichtigen, dass Einkünfte aus etwaiger Mehrarbeit bei der Entgeltfortzahlungsberechnung nicht berücksichtigt werden könne. Es sei daher auch Sache des Klägers, darzulegen und zu beweisen, dass er die ihm zuzurechnenden Umsätze innerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit von 38 Stunden pro Woche erzielt habe. Die über das monatliche Fixum hinausgehenden Umsatzbeteiligungsansprüche des Klägers seien bei der Berechnung des Urlaubsentgeltanspruchs ohnehin nicht zu berücksichtigen. Die vom Arbeitsgericht hierzu angeführte Rechtsprechung zum Provisionsanspruch sei diesbezüglich nicht einschlägig. Aus diesen Gründen stehe dem Kläger auch für die Jahre 2003 und 2004 für die Urlaubszeiten keine Umsatzbeteiligung zu. In den Jahren 2001 bis 2005 habe der Kläger zu Unrecht eine Umsatzbeteiligung auch auf die Materialkosten erhalten. Er sei daher - wie bereits erstinstanzlich im einzelnen dargetan - um insgesamt 6.045,97 € ungerechtfertigt bereichert. Entsprechendes gelte hinsichtlich des dem Kläger in den Jahren 1998 bis 2002 gezahlten Urlaubsentgeltes, soweit dieses auch eine Weiterzahlung der durchschnittlichen, das Fixum überschreitenden Umsatzbeteiligung enthalte. Hierauf habe der Kläger - wie bereits ausgeführt - keinen Anspruch. Wie erstinstanzlich dargetan, belaufe sich das an den Kläger zu viel ausgezahlte Urlaubsentgelt auf insgesamt 4.391,20 €. Die Widerklage sei daher begründet.

Die Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und

1. die Klage abzuweisen,

2. den Kläger zu verurteilen, an sie 6.045,97 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 19.04.2006 zu zahlen sowie an sie weitere 4.391,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 19.04.2006 zu zahlen,

hilfsweise,

den Kläger zu verurteilen, für den Zeitraum 05.04.1998 bis 31.10.2005 Leistungsnachweise über die von ihm erbrachten Leistungen zu erstellen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

hilfsweise (wie bereits erstinstanzlich hilfsweise beantragt),

die Beklagte zu verurteilen, für den Zeitraum der Beschäftigung des Klägers vom 05.05.1998 bis zum 31.10.2005 Provisionsabrechnungen zu erteilen aufgrund eines Buchauszuges, der folgende Angaben enthält:

- Name und Anschrift des Kunden

- Kundennummer (sofern vorhanden)

- Datum der Auftragserteilung

- Datum der Auftragsbestätigung

- Wert des erteilten Auftrages

- Datum der Lieferung bzw. Teillieferung

- Umfang der Lieferung bzw. Teillieferung

- Datum und Nummer der Rechnung

- Rechnungsbetrag

- Datum der Zahlung

- Höhe der gezahlten Beträge

- Nichtauslieferung nach Menge und Wert

- Grund für die Nichtauslieferung

- Gutschriften und deren Gründe

Der Kläger verteidigt in Erwiderung der gegnerischen Berufung das erstinstanzliche Urteil und macht ergänzend geltend, zutreffend sei das Arbeitsgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass bei der ihm zustehenden Umsatzbeteiligung auch die Materialkosten zu berücksichtigen seien. Der Umsatz eines Werkes setze sich aus zwei Komponenten zusammen, nämlich aus der händischen Tätigkeit und den dabei verarbeiteten Materialien. Hätten die Parteien bei Abschluss des Vertrages gewollt, dass die Materialkosten eines Werkes nicht zu berücksichtigen seien, so hätten dies die Parteien entsprechend regeln können. Bei einer entsprechenden Verringerung der Berechnungsgrundlage hätte er - der Kläger - sodann die Möglichkeit gehabt, einen höheren Prozentsatz zu verlangen, um auf das von ihm angestrebte Einkommen zu gelangen. Richtigerweise habe das Arbeitsgericht auch auf die über einen Zeitraum von sieben Jahren geübte Abrechnungspraxis abgestellt, deren angebliche Fehlerhaftigkeit die Beklagte erst geltend gemacht habe, nachdem er - der Kläger - eine Eigenkündigung erklärt habe. Es sei in diesem Zusammenhang nochmals darauf hinzuweisen, dass die jeweiligen Leistungsnachweise von der Beklagten persönlich überprüft worden seien. Die Behauptung der Beklagten, die sieben Jahre lang getätigte Abrechnungsweise sei ihr nicht aufgefallen und habe ihr auch nicht auffallen können, sei sowohl falsch als auch unglaubwürdig. Der Einwand der Beklagten, die Berechnung der Entgeltfortzahlung für den Monat Oktober 2005 enthalte möglicherweise auch eine Überstundenvergütung, sei unsubstantiiert. Im Übrigen habe er zu keinem Zeitpunkt eine Mehrarbeitsvergütung erhalten. Ohne Rechtsfehler und konsequent habe das Arbeitsgericht ihm auch für die Jahre 2003 und 2004 eine Umsatzbeteiligung für die Zeit seines Urlaubes zugesprochen. Nach alledem bestünden auch die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche nicht.

Zur Begründung seiner Anschlussberufung macht der Kläger im Wesentlichen geltend, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht seine Klage auf Zahlung einer anteiligen Weihnachtsgratifikation nach § 4 des Arbeitsvertrages abgewiesen. Die in § 4 des Arbeitsvertrages enthaltene Rückzahlungsklausel sei unwirksam.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu verurteilen, an ihn weitere 852,15 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2005.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil soweit die Klage auf Zahlung der Weihnachtsgratifikation zurückgewiesen worden ist und macht ergänzend geltend, der betreffende Anspruch bestehe bereits deshalb nicht, weil im Arbeitsvertrag unmissverständlich deutlich gemacht sei, dass diesbezügliche Zahlungen "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" erfolgten.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sowie auf die von den Parteien im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätzen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte Berufung der Beklagten und die statthafte Anschlussberufung des Klägers sind sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Von den beiden hiernach insgesamt zulässigen Rechtsmitteln hat jedoch nur dasjenige der Beklagten - allerdings nur zu einem sehr geringen Teil - Erfolg.

II.

Die Zahlungsklage des Klägers ist in Höhe von insgesamt 5.884,27 € brutto begründet. Die von der Beklagten erhobene Widerklage ist insgesamt unbegründet.

1.

Der Kläger hat gegen die Beklagte für die Monate Juni bis September 2005 Anspruch auf Nachzahlung von Umsatzbeteiligung in Höhe von insgesamt 1.629,60 € brutto gemäß § 611 Abs. 1 BGB.

Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus § 3 Ziff. 1, 2 des Arbeitsvertrages vom 27.04.1998, wobei sich der in Ziffer 2 vereinbarte Prozentsatz von 25 unstreitig vereinbarungsgemäß auf 28 erhöht hat. Bei der Berechnung des Umsatzes, an welchem der Kläger vertragsgemäß zu beteiligen ist, sind - entgegen der Ansicht der Beklagten - auch die Kosten zu berücksichtigen, die auf das vom Kläger als Zahntechniker im Labor der Beklagten verwendete bzw. bearbeitete Material entfallen. Zwar enthält der Arbeitsvertrag der Parteien diesbezüglich keine ausdrückliche Regelung. Die nach den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB durchzuführende Auslegung der Vereinbarung führt jedoch zu dem Ergebnis, dass nicht nur die den Patienten bzw. den Krankenkassen in Rechnung gestellten Arbeitskosten, sondern vielmehr auch die Materialkosten für die Berechnung des Umsatzes im Sinne von § 3 des Arbeitsvertrages heranzuziehen sind. Mit der Verwendung des Begriffes "Umsatz" haben die Parteien erkennbar auf die Berechnungsgröße abgestellt, die zugleich die Grundlage für den Besteuerungstatbestand der Umsatzsteuer darstellt. Diese erfasst - wie bei jeder Handwerkerleistung - nicht nur die Einnahmen aus der erbrachten händischen Leistung, sondern gerade auch die Einnahmen bzw. die Kosten, die bei der Verwendung bzw. Bearbeitung von Material entstehen und die dem Patienten oder der Krankenkasse in Rechnung gestellt werden. Für die Ansicht der Beklagten, wonach die Materialkosten bei der Berechnung der Umsatzbeteiligung des Klägers nicht zu berücksichtigen seien, spricht auch nicht die in § 3 Ziffer 1 des Arbeitsvertrages enthaltene Formulierung: "... aus eigenen Laborarbeiten gemäß Leistungsnachweis." Diesbezüglich hat die Beklagte bereits erstinstanzlich (vgl. Schriftsatz vom 29.05.2006, dort Seite 1 = Bl. 157 d. A.) eingeräumt, dass das Wort "eigene" wohl deshalb in den Vertrag aufgenommen worden ist, um - wie vom Kläger vorgetragen - zu verdeutlichen, dass der Kläger keinen Anspruch auf Vergütung aus solchen Laborleistungen hat, welche die Beklagte an Dritte vergibt. Im Übrigen umfassen die Laborarbeiten zweifellos gerade auch die Verarbeitung von Material, sodass die diesbezüglichen Kosten begrifflich dem Umsatz im Sinne der vertraglichen Regelung zugeordnet werden können. Aus der betreffenden Formulierung ("eigene Laborarbeiten") kann daher keineswegs hergeleitet werden, dass lediglich die Lohnkosten die Grundlage für die Umsatzbeteiligung des Klägers bilden sollen. Auch aus der Vereinbarung, dass ein vom Kläger zu erstellender Leistungsnachweis Grundlage für die Feststellung bzw. Berechnung des Umsatzes sein soll, lässt sich nichts zu Gunsten der Rechtsansicht der Beklagten ableiten. Der Wortlaut des Vertrages spricht daher dafür, dass sich der Umsatz, der die Grundlage für die Vergütung des Klägers bildet, sowohl aus Lohn- als auch aus Materialkosten zusammensetzt. Mündliche Abreden oder sonstige Äußerungen der Parteien im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss, die diesem Auslegungsergebnis entgegenstehen könnten, sind weder vorgetragen, noch ersichtlich. Auch die Interessenlage der Parteien gebietet keine andere Auslegung. Es kann nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass eine Einbeziehung von Materialkosten in den Umsatz, an welchem der Arbeitnehmer zu beteiligen ist, erkennbar den Interessen des Arbeitgebers zuwiderläuft. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass eine vertragliche Abrede - auch der vorliegenden Art - regelmäßig ein Ergebnis von Verhandlungen ist. Der Kläger weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass er bei einer Herausnahme der Materialkosten aus dem zu berücksichtigenden Umsatz, d. h. bei einer Verringerung der Berechnungsgrundlage seinerseits die Möglichkeit gehabt hätte, bei den Verhandlungen auf einen höheren Prozentsatz hinzuwirken, um auf das von ihm angestrebte Einkommen zu gelangen. Es ist im Übrigen keineswegs völlig unüblich, dass ein Arbeitgeber den Arbeitnehmer am Umsatz auch insoweit beteiligt, als dieser nicht unmittelbar auf die Arbeit bzw. Leistung des Arbeitnehmers zurückzuführen ist. Letztlich ergibt sich im Streitfall auch nichts aus der tatsächlichen Durchführung des Vertrages, was gegen eine Einbeziehung der Materialkosten in den Umsatz sprechen könnte. Die Beklagte behauptet diesbezüglich pauschal, es sei Sache des Klägers gewesen, bei der Erstellung der sog. Leistungsnachweise, d. h. bei der Angabe der Leistungsziffern auf der Rückseite der Laborzettel danach zu unterscheiden, ob die Ziffern eine reine Arbeitsleistung oder aber eine Materiallieferung beträfen. Woraus sich eine solche Verpflichtung des Klägers ergeben könnte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere hat die Beklagte nicht vorgetragen, eine diesbezügliche Anweisung erteilt zu haben. Unstreitig war es Aufgabe des Klägers, sämtliche Leistungsziffern auf der Rückseite der Laborzettel zu vermerken, da diese Aufstellung Grundlage für den den Patienten bzw. der Krankenkasse in Rechnung zustellenden Gesamtbetrag ist. Die Notwendigkeit einer Differenzierung zwischen Arbeitskosten einerseits und Materialkosten andererseits war aus Sicht des Klägers in Ermangelung einer entsprechenden Anweisung nicht erkennbar. Der von der Beklagten gegenüber dem Kläger erhobene Vorwurf einer Täuschung bzw. eines unredlichen Verhaltens geht somit völlig ins Leere. Insgesamt ergibt sich somit unter Berücksichtigung aller für die Vertragsauslegung maßgeblichen Kriterien, dass der Kläger auch insoweit am Umsatz zu beteiligen ist, als dieser auf den Materialkosten beruht. Offen bleiben kann daher letztlich, ob die Beklagte tatsächlich - wie von ihr behauptet - keinerlei Kenntnis von der über einen Zeitraum von sieben Jahren geübten, die Materialkosten einbeziehenden Abrechnungspraxis hatte.

Die dem Kläger für die Monate Juni bis September 2005 (unter Einbeziehung der Materialkosten) zustehende Umsatzbeteiligung beläuft sich nach Maßgabe der zutreffenden Berechnung des Klägers in seiner Klageschrift vom 29.11.2005 (dort Seite 5 = Bl. 5 d. A.) sowie unter Berücksichtigung der Umsatzaufstellungen für die betreffenden Monate (Bl. 48-54 d. A.) und nach Abzug des in § 3 Ziffer 1 des Arbeitsvertrages festgelegten Umsatzfixums auf insgesamt 5.719,92 €. Nach Abzug des an den Kläger monatlich gezahlten Provisionsvorschusses von jeweils 1.022,58 € verbleibt somit ein von der Beklagten nachzuzahlender Betrag von 1.629,60 € brutto.

2.

Der Kläger hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Nachzahlung von Urlaubsentgelt für das Jahr 2004 in Höhe von 1.651,60 € brutto sowie für das Jahr 2005 in Höhe von 1.460,01 € brutto.

Dieser Anspruch resultiert daraus, dass die Beklagte bei der Berechnung des dem Kläger nach § 11 Abs. 1 BUrlG zustehenden Urlaubsentgeltes in den Jahren 2003 und 2004 - anders als in den Vorjahren - bezüglich der dem Kläger zustehenden Umsatzbeteiligung lediglich das vertraglich vereinbarte Fixum von 1.022,58 € in Ansatz gebracht, jedoch die vom Kläger tatsächlich erzielte Umsatzbeteiligung nicht berücksichtigt hat. Entgegen der Ansicht der Beklagten umfasst der Urlaubsentgeltanspruch des Klägers nach § 11 Abs. 1 BUrlG auch die Fortzahlung der durchschnittlich verdienten Umsatzbeteiligung (vgl. Dörner, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitrecht, 8. Auflage, § 11 BUrlG Randziff. 10). Ebenso wie Provisionen, die bei der Berechnung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigen sind (vgl. hierzu BAG v. 11.04.2000 - 9 AZR 266/99 - AP-Nr. 48 zu § 11 BUrlG), handelt es sich bei einer an die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers anknüpfenden Umsatzbeteiligung um Arbeitsverdienst i. S. v. § 11 Abs. 1 BUrlG (vgl. Dörner a. a. O.). Demgegenüber kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf die Entscheidung des BAG vom 14.03.1966 (5 AZR 468/65) berufen. Diese Entscheidung betrifft Umsatzprovisionen, die einem Arbeitnehmer trotz des Wegfalls der Arbeitsleistung während des Urlaubs und sonstiger Fehlzeiten (ohnehin) weiter gewährt werden und ist daher insoweit vorliegend nicht einschlägig.

Hinsichtlich der Berechnung der dem Kläger für die Jahre 2003 und 2004 zustehenden Urlaubsentgelt-Nachzahlungsansprüche folgt das Berufungsgericht den Ausführungen des Arbeitsgerichts unter IV. und V. der Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (dort Seite 15 f. = Bl. 233 f. d. A.) und stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest.

3.

Hinsichtlich der für den Monat Oktober 2005 geltend gemachten Vergütungsansprüchen i. H. v. 1.326,26 € brutto (erstinstanzlicher Klageantrag zu 2.) erweist sich die Klage nur in Höhe von 1.143,06 € brutto als begründet. Insoweit hat die Berufung der Beklagten Erfolg.

Der Kläger hat im Oktober 2005 keine Arbeitsleistung erbracht. Der 03.10.2005 war ein Feiertag, vom 04.10. bis einschließlich 21.10.2005 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt und danach (24.10.-31.10.2005) in Urlaub. Seine Ansprüche für den betreffenden Monat ergeben sich somit aus den maßgeblichen Vorschriften des Bundesurlaubs- und des Entgeltfortzahlungsgesetzes.

Der Kläger hatte in dem für die Berechnung des Urlaubsentgelts nach § 11 Abs. 1 maßgeblichen Referenzzeitraum (Juli, August und September 2005 - die Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit vom 04.10.-21.10.2005 bleibt außer Betracht - , § 11 Abs. 1 Satz 3 BUrlG) eine Umsatzbeteiligung von insgesamt 3.728,45 € erzielt (Juli: 1.451,21 €, August: 772,49 €, September: 1.549,75 €). Zuzüglich des monatlichen Fixums von jeweils 1.022,58 € ergibt sich somit ein Gesamtverdienst von 6.796,19 € während des Referenzzeitraumes. Hieraus errechnet sich für die sechs Arbeitstage, welche in die Urlaubszeit vom 24.10.-31.10.2005 fielen, ein Urlaubsentgelt von 627,36 € (6.796,19 € : 13 Wochen : 5 Arbeitstage x 6).

Für die Berechnung des Anspruchs des Klägers auf Entgeltfortzahlung nach § 2 EFZG (für den Feiertag am 03.10.2005) sowie nach §§ 3, 4 EFZG (für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit vom 04.10.-21.10.2005) kann indessen nicht auf einen Vergleichszeitraum von lediglich drei Monaten abgestellt werden. Vielmehr ist diesbezüglich im Hinblick auf die Schwankungsbreite der Umsatzbeteiligung des Klägers geboten, einen Zeitraum von einem Jahr heranzuziehen (vgl. Dörner, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 8. Auflage, § 4 EFZG Randziff. 16 m. w. N.). Aus dem vom Kläger vorgetragenen und durch Abrechnungen der Beklagten (Bl. 36 u. 37 d. A.) belegten Zahlenmaterial ergibt sich, dass der Kläger in der Zeit von Oktober 2004 bis September 2005 eine Umsatzbeteiligung von insgesamt 14.392,75 € erzielt hat. Hinzu kommt das monatliche Fixum von jeweils 1.022,58 €, womit sich der Gesamtverdienst des Klägers für die Zeit von Oktober 2004 bis September 2005 auf 26.663,71 € beläuft. Hieraus resultiert für die drei Wochen vom 03.10.-21-10.2005 ein Anspruch von 1.538,28 € (26.663,71 € : 52 Wochen x 3).

Auf den sich somit insgesamt für den Monat Oktober ergebenden Vergütungsanspruch des Klägers von 2.165,64 € hat die Beklagte unstreitig bereits 1.022,58 € geleistet mit der Folge, dass zu Gunsten des Klägers ein Differenzbetrag von 1.143,06 € verbleibt.

Der Einwand der Beklagten, der Durchschnittsverdienst des Klägers beinhalte möglicherweise auch Beträge, welche auf die Ableistung von Überstunden bzw. Mehrarbeit zurückzuführen seien, steht der Forderung des Klägers nicht entgegen. Das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten erweist sich als völlig substanzlos.

4.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer (anteiligen) Weihnachtsgratifikation nach § 4 des Arbeitsvertrages. Insoweit erweist sich die im Wege der Anschlussberufung weiterverfolgte Klage als unbegründet.

Ein Anspruch auf eine Jahressonderzahlung besteht nicht, wenn sich der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag die Gewährung der Sonderzuwendung als freiwillige Leistung vorbehalten oder im Arbeitsvertrag ausdrücklich hervorgehoben hat, dass ein Recht bzw. ein Anspruch auf eine Sonderzuwendung überhaupt nicht besteht. Zwar muss ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt eindeutig vereinbart sein. Es genügt jedoch, wenn der Arbeitgeber unmissverständlich deutlich macht, dass er eine vertragliche Bindung verhindern will, etwa indem er die Leistung lediglich "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" in Aussicht stellt (vgl. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 8. Auflage, § 611 BGB Randziff. 530 m. N. a. d. R.).

Dem Anspruch des Klägers auf Zahlung der in § 4 des Arbeitsvertrages als "Weihnachtsgratifikation" bezeichneten Sonderzuwendung steht demgemäß bereits der vertraglich niedergelegte Freiwilligkeitsvorbehalt, der in der Formulierung "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" deutlich zum Ausdruck kommt, entgegen.

5.

Die Widerklage ist unbegründet.

Die Beklagte hat gegen den Kläger keine Ansprüche auf Rückerstattung gezahlter Umsatzbeteiligungen aus den Jahren 2001-2005 sowie auf Rückzahlung von Urlaubsentgelt aus den Jahren 1988-2002. Der Kläger ist entgegen der Ansicht der Beklagten durch keine der betreffenden Zahlungen ungerechtfertigt bereichert. Wie bereits ausgeführt, umfasste sein Umsatzbeteiligungsanspruch auch jeweils die Materialkosten. Darüber hinaus war ihm die durchschnittlich erzielte Umsatzbeteiligung auch während der Zeiten seines Urlaubs nach § 11 Abs. 1 BUrlG fortzuzahlen. Diesbezüglich wird - zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen - auf die obigen Ausführungen unter II., 1. und II., 2. verwiesen.

Auch der Hilfsantrag, den Kläger zur Erstellung von Leistungsnachweisen für den Zeitraum 05.04.1988 bis 31.10.2005 zu verurteilen, ist unbegründet. Der Kläger hat die betreffenden Leistungsnachweise unstreitig und auch korrekterweise unter Einbeziehung der Materialkosten erstellt. Eine Anspruchsgrundlage, auf welche die Beklagte das mit ihrem Hilfsantrag weiterverfolgte Begehren mit Erfolg stützen könnte, ist somit nicht ersichtlich.

6.

Die ausgeurteilten Zinsansprüche folgen aus den §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

III.

Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit die Nichtzulassung der Revision selbstständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

Zurück