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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 29.10.2008
Aktenzeichen: 8 Sa 265/08
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 174
BGB § 174 Satz 1
BGB § 174 Satz 2
BGB § 615
ArbGG § 69 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.3.2008 - 10 Ca 1273/07 - wie folgt abgeändert: 1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 19.6.2007 aufgelöst worden ist. 2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch die hilfsweise ausgesprochene außerordentliche Kündigung der Beklagten mit sozialer Auslauffrist vom 19.6.2007 aufgelöst worden ist. 3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin in ihrem Markt in Eschborn zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Teamleiterin Kasse weiterzubeschäftigen. 4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin a) 512,81 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.6.2007, b) 1052,19 € brutto abzüglich 460,24 € (Arbeitslosengeldzahlungen einschließlich hierfür abgeführter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.7.2007, c) 2.789,08 € brutto abzüglich 1255,20 (Arbeitslosengeldzahlungen einschließlich hierfür abgeführter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.8.2007, d) 2.789,08 € brutto abzüglich 1255,20 € (Arbeitslosengeldzahlungen einschließlich hierfür abgeführter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.9.2007, e) 2.789,08 € brutto abzüglich 1255,20 € (Arbeitslosengeldzahlungen einschließlich hierfür abgeführter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.10.2007 zu zahlen. II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. III. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen sowie einer hilfsweise unter Einhaltung einer Auslauffrist ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung. Darüber hinaus begehrt die Klägerin die Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens sowie (im vorliegenden Berufungsverfahren) Zahlung von Arbeitsvergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges. Die am 25.09.1943 geborene, verheiratete Klägerin war seit dem 09.02.1981 bei der Beklagten in deren Einkaufsmarkt in Eschborn, zuletzt als "Teamleiterin Kasse" beschäftigt. Mit Schreiben vom 19.06.2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos sowie hilfsweise außerordentlich unter Einhaltung einer Auslauffrist zum 31.07.2007. Das Kündigungsschreiben (Bl. 15 d.A.) ist wie folgt unterzeichnet: " Z,-SB-Warenhaus GmbH

i.V. Y

- Geschäftsleiter -" Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 22.06.2007 hat die Klägerin die Kündigungen wegen fehlender Vorlage einer Originalvollmacht zurückgewiesen. Mit ihrer am 29.06.2007 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die fristlose noch durch die hilfsweise unter Einhaltung einer Auslauffrist ausgesprochene außerordentliche Kündigung aufgelöst worden ist. Zugleich hat die Klägerin Klage auf tatsächliche Weiterbeschäftigung sowie auf Zahlung rückständiger Arbeitsvergütung für den Monat Mai in Höhe von 512,81 Euro netto erhoben. Im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Klägerin darüber hinaus Arbeitsentgeltansprüche aus Annahmeverzug für den Zeitraum vom 20.06. bis einschließlich 30.09.2007 geltend gemacht. Die Klägerin hat erstinstanzlich u.a. vorgetragen, die streitbefangenen Kündigungen seien bereits nach § 174 BGB unwirksam. Die Beklagte hat demgegenüber diesbezüglich geltend gemacht, die Klägerin könne sich nicht auf § 174 BGB berufen, denn ihr sei die Bevollmächtigung des Geschäftsleiters Y durch einen Aushang am Schwarzen Brett, welches sich am Personaleingang befinde, ausreichend zur Kenntnis gebracht worden. Außerdem sei davon auszugehen, dass Geschäftsleiter in Betrieben der vorliegenden Art grundsätzlich zum Ausspruch von Kündigungen befugt seien. Von einer weitergehenden (wiederholenden) Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den ausführlichen Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.03.2008 (Bl. 288 - 296 d.A.). Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung mehrerer Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 21.11.2007 (Bl. 220 ff d.A.) und vom 19.03.2008 (Bl. 283 ff d.A.) verwiesen. Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 19.03.2008 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat Mai 2007 rückständiges Gehalt in Höhe von 512,81 Euro netto nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Zahlungsklage, die Kündigungsschutzklage sowie den Weiterbeschäftigungsantrag hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 10 - 27 (= Bl. 296 - 313 d.A.) verwiesen. Gegen das ihr am 21.04.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.05.2008 Berufung eingelegt und diese am 18.06.2008 begründet. Die Klägerin macht u.a. geltend, die Annahme des Arbeitsgerichts, der Wirksamkeit der Kündigung stehe nicht die fehlende Vorlage einer Vollmacht durch den Marktleiter entgegen, sei unzutreffend. Der von der Beklagten behauptete Aushang eines Schriftstückes, welches sie nie gesehen habe, am Schwarzen Brett, aus dem sich die Vertretungsbefugnis des Marktleiters ergebe, reiche für ein In-Kenntnis-Setzen i.S.v. § 174 S. 2 BGB nicht aus. Es sei nicht allgemein üblich, an Schwarzen Brettern Vollmachtsurkunden und Ähnliches auszuhängen und die Arbeitnehmer auf diesem Weg über Veränderungen bei den Vertretungsvollmachten des Arbeitgebers zu informieren. Zudem setze § 174 S. 2 BGB voraus, dass der Vollmachtgeber den Erklärungsempfänger tatsächlich von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt habe. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts seien die Mitarbeiter auch nicht gehalten gewesen, sich über den Inhalt der Aushänge am Schwarzen Brett zu informieren. Dieser Auffassung könnte, wenn überhaupt, nur dann gefolgt werden, wenn die Beklagte die Arbeitnehmer tatsächlich dazu angehalten hätte, die Mitteilungen am Schwarzen Brett zur Kenntnis zu nehmen. Zur Darstellung aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 17.06.2008 (Bl. 242 - 355 d.A.) sowie auf den Schriftsatz vom 26.09.2008 (Bl. 456 - 461 d.A.) Bezug genommen. Die Klägerin beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und 1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 19.06.07 aufgelöst worden ist, 2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die hilfsweise außerordentliche Kündigung der Beklagten mit sozialer Auslauffrist vom 19.06.07 aufgelöst worden ist, 3. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin in ihrem Markt in Eschborn zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Teamleiterin Kasse weiterzubeschäftigen, 4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin rückständiges Gehalt für den Monat Mai 2007 in Höhe von EUR 512,81 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01. Juni 2007 zu zahlen, 5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 1.052,19 brutto abzüglich EUR 460,24 (Arbeitslosengeldzahlungen einschließlich hierfür abgeführter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Juli 2007 zu zahlen, 6. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 2.789,08 brutto abzüglich EUR 1.255,20 (Arbeitslosengeldzahlungen einschließlich hierfür abgeführter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. August 2007 zu zahlen. 7. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 2.789,08 brutto abzüglich EUR 1.255,20 (Arbeitslosengeldzahlungen einschließlich hierfür abgeführter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. September 2007 zu zahlen, 8. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 2.789,08 brutto abzüglich EUR 1.255,20 (Arbeitslosengeldzahlungen einschließlich hierfür abgeführter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Oktober 2007 zu zahlen. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht u.a. geltend, die Wirksamkeit der Kündigung scheitere nicht an einer fehlenden Vollmachtsvorlage. Insoweit habe das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung zutreffend festgestellt, dass der Aushang am Schwarzen Brett des Personaleingangs ausreiche, um die Voraussetzungen des § 174 S. 2 BGB zu erfüllen. Darüber hinaus sei der Geschäftsleiter im SB-Warenhaus Eschborn bis zu seinem Ausscheiden für alle Personalangelegenheiten der 273 dort beschäftigten Mitarbeiter zuständig und verantwortlich gewesen. Er sei der gesetzliche Vertreter des Arbeitgebers in dem betreffenden Warenhaus und für die dort beschäftigten Mitarbeiter regelmäßig der höchste Ansprechpartner in allen Fragen ihres Arbeitsverhältnisses gewesen. So sei er bevollmächtigt und allein berechtigt gewesen, Mitarbeiter einzustellen, Arbeitsverträge abzuschließen, Abmahnungen zu erteilen, Kündigungen auszusprechend und Aufhebungsverträge abzuschließen. Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf deren Berufungserwiderungsschrift vom 14.07.2008 (Bl. 400-411 d.A.) Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

I. Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das somit insgesamt zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. II. Die Klage ist insgesamt begründet. 1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist weder durch die fristlose noch durch die unter Einhaltung einer Auslauffrist zum 31.07.2007 ausgesprochene Kündigung vom 19.06.2007 aufgelöst worden. Beide Kündigungen sind nach § 174 Satz 1 BGB unwirksam. Dem Kündigungsschreiben vom 19.06.2007 - unterzeichnet vom Geschäftsleiter Y -, einem einseitigen Rechtsgeschäft, war keine Vollmachtsurkunde beigefügt und die Klägerin hat durch Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 22.06.2007 und somit unverzüglich i.S.v. § 174 S. 1 BGB die Kündigungen wegen des Fehlens der Vollmachtsurkunde zurückgewiesen. Die Zurückweisung war nicht gemäß § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen. Eine solche Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hat. Der Kündigungsempfänger soll nach § 174 BGB nur dann zur Zurückweisung der Kündigungserklärung berechtigt sein, wenn er keine Gewissheit hat, ob der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und der Vertretene die Erklärung gegen sich gelten lassen muss. Eine solche Ungewissheit kann dann nicht bestehen, wenn der Arbeitgeber die Arbeitnehmer allgemein darüber in Kenntnis gesetzt hat, dass ein bestimmter Mitarbeiter zu derartigen Erklärungen wie einer Kündigung bevollmächtigt ist. Dies kann etwa dadurch geschehen, dass der betreffende Mitarbeiter in eine Stellung berufen wird, mit der das Kündigungsrecht regelmäßig verbunden ist. Insoweit bedeutet die Berufung eines Mitarbeiters in die Stellung als Leiter der Personalabteilung, als Prokurist oder als Generalbevollmächtigter in der Regel, dass die Arbeitnehmer des Betriebes auch im Sinne des § 174 S. 2 BGB davon in Kenntnis gesetzt sind, dass der Betreffende zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen berechtigt ist. Unabhängig von der jeweiligen Bezeichnung ist dabei allerdings stets auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalles festzustellen, wie sich die Position des Erklärenden für einen objektiven Betrachter darstellt, ob also mit einer derartigen Stellung die Kündigungsbefugnis verbunden zu sein pflegt (BAG vom 20.08.1997 - 2 AZR 518/96 - NZA 1997, 1343, m.w.N.). Bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze war die Klägerin vor Ausspruch der Kündigungen nicht von der Bevollmächtigung des Herrn Y in Kenntnis gesetzt worden. Die Beklagte hat Herrn Y nicht in eine Stellung berufen, mit der das Kündigungsrecht regelmäßig verbunden ist. Die Position des Herrn Y ist unstreitig als diejenige eines Geschäftsleiters bzw. Marktleiters zu bezeichnen. Eine solche Stellung beinhaltet in einem Untenehmen wie demjenigen der Beklagten, die mehrere hundert Einkaufsmärkte bzw. Warenhäuser betreibt, keineswegs regelmäßig die Befugnis, Kündigungen auszusprechen. Dies hängt vielmehr ab von der unternehmenseigenen Organisationsstruktur, insbesondere im Bereich der Personalleitung. Diesbezüglich ist im Streitfall zu berücksichtigen, dass bei der Beklagten - wie sich aus den von ihr vorgelegten Aushängen vom 01.11. und 04.12.2006 (Bl. 43 f d.A.) ergibt, Positionen bzw. Organisationseinheiten mit der Bezeichnung "Geschäftsführung Personal", "Bereichsleitung Personal und Soziales" sowie "Regionaler Personalleiter" existieren. Die Beklagte verfügt daher im Personalbereich über Organisationseinheiten, die jeweils eine Vielzahl bzw. zumindest mehrere Warenhäuser umfassen. Bei einer solchen Organisationsstruktur kann keinesfalls angenommen werden, dass der Leiter eines einzelnen Einkaufsmarktes zweifelsfrei kündigungsbefugt ist. Soweit die Beklagte geltend macht, Herr Y sei der gesetzliche Vertreter der Arbeitgeberin "im Haus" und für die dort beschäftigten Mitarbeiter regelmäßig der höchste Ansprechpartner in allen Fragen ihres Arbeitsverhältnisses sowie bevollmächtigt gewesen, Mitarbeiter einzustellen, Arbeitsverträge abzuschließen, Abmahnungen zu erteilen, Kündigungen auszusprechen und Aufhebungsverträge abzuschließen, so erweist sich dieses Vorbringen im Hinblick auf ein In-Kenntnis-Setzen i.S.v. § 174 S. 2 BGB als unerheblich. Es geht nämlich vorliegend nicht um die Frage, ob der Geschäftsleiter - wovon auszugehen ist - zur Durchführung solcher Personalmaßnahmen bevollmächtigt war, sondern darum, ob die Klägerin von einer solchen Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden war. Dies kann jedoch, wie bereits ausgeführt, nicht bereits im Hinblick auf die Position des Herrn Y als Geschäfts- bzw. Marktleiter angenommen werden. Darüber hinaus muss das In-Kenntnis-Setzen durch den Arbeitgeber selbst erfolgen und nicht durch den Vertreter (Palandt/Heinrich, BGB, 65. Aufl., § 174 Rz. 7). Die Beklagte hat die Klägerin auch nicht durch die Aushänge am Schwarzen Brett vom November/Dezember 2006 (Bl. 43 f d.A.) von der Bevollmächtigung des Geschäftsleiters zum Ausspruch von Kündigungen nach § 174 S. 2 BGB in Kenntnis gesetzt. Wie sich aus dem Wortlaut des § 174 S. 2 BGB und dem Umstand ergibt, dass das In-Kenntnis-Setzen ein gleichwertiger Ersatz für die Vorlage der Vollmachtsurkunde sein soll, muss die Mitteilung von der Bevollmächtigung unmittelbar an den Erklärungsempfänger herangetragen werden und von ihm vernommen werden können. Ein Aushang an einem Schwarzen Brett allein reicht hierfür nicht aus (BAG v. 03.07.2003 - 2 AZR 235/02 - NZA 2004, 1547; LAG Köln v. 03.05.2002 - 4 Sa 1285/01 - NZA-RR 2003, 194 ff; LAG Berlin v. 28.06.2006 - 15 Sa 632/06 - NZA-RR 2007, 15 ff). Sog. "Schwarzen Bretter" werden typischerweise zu ganz unterschiedlichen Mitteilungen verwendet. So werden dort auch Aushänge des Betriebsrats oder der Gewerkschaften vorgenommen sowie Anzeigen von Arbeitnehmern, die Gegenstände erwerben oder verkaufen wollen. Diesbezüglich hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2008 auch eingeräumt, dass am Schwarzen Brett in ihrem Markt in Eschborn sowohl Mitteilungen des Arbeitgebers als auch Mitteilungen des Betriebsrats und einzelner Arbeitnehmer aushängen. Es kann daher keineswegs als allgemein üblich angesehen werden, an Schwarzen Brettern Vollmachtsurkunden oder ähnliches auszuhängen bzw. die Arbeitnehmer auf diesem Wege über Tatsachen zu informieren, die unmittelbar für Einwirkungen auf deren Vertragsverhältnis bedeutsam sind (vgl. LAG Köln v. 03.05.2002 a.a.O.). Im Übrigen verlangt § 174 S.2 BGB gerade keine Nachforschungen vom Erklärungsempfänger über die Bevollmächtigung des Erklärenden, sondern ein In-Kenntnis-Setzen und damit ein Handeln des Vertretenen zur Information des Erklärungsempfängers. Ein Aushang am Schwarzen Brett wäre diesbezüglich nur dann ausreichend, wenn die Klägerin von Seiten der Beklagten in irgendeiner Weise aufgefordert worden war, sich anhand der dortigen Aushänge über Vertretungsbefugnisse oder zumindest allgemein über Tatsachen zu informieren, die für das Vertragsverhältnis von Bedeutung sein könnten (vgl. hierzu auch BAG v. 20.09.2006 - 6 AZR 82/06 - AP Nr. 19 zu § 174 BGB). Dies ist jedoch im Streitfall weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Umstand, dass das Schwarze Brett vorliegend am Personaleingang angebracht und nach Behauptung der Beklagten in mehrere Felder untergliedert ist, wovon eines für Mitteilungen des Arbeitgebers vorgesehen ist, erweist sich insoweit als unzureichend. Hieraus lässt sich nämlich nicht herleiten, dass der Klägerin bekannt war, dass wesentliche Mitteilungen in Bezug auf die Ausgestaltung ihres Arbeitsverhältnisses dort aushängen können. 2. Der Weiterbeschäftigungsantrag der Klägerin ist ebenfalls begründet. Da die Unwirksamkeit der streitbefangenen Kündigungen festzustellen ist, hat die Klägerin einen Anspruch auf tatsächliche Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens. 3. Das Rechtsmittel der Klägerin ist letztlich auch insoweit begründet, als die Klägerin über den erstinstanzlich ausgeurteilten Betrag hinaus die Zahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit vom 20.06. bis 30.09.2007 begehrt. Infolge der Unwirksamkeit der Kündigungen befand sich die Beklagte während des betreffenden Zeitraumes in Verzug mit der Annahme der Arbeitsleistung der Klägerin. Diese hat daher nach § 615 BGB Anspruch auf Zahlung der eingeklagten Beträge. III. Nach alledem war der Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils insgesamt stattzugeben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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