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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 18.02.2009
Aktenzeichen: 8 Sa 533/08
Rechtsgebiete: ArbGG, TzBfG, BGB
Vorschriften:
ArbGG § 69 Abs. 2 | |
TzBfG § 8 | |
TzBfG § 8 Abs. 2 | |
TzBfG § 8 Abs. 5 Satz 4 | |
TzBfG § 14 Abs. 1 | |
BGB § 13 | |
BGB § 307 | |
BGB § 307 Abs. 1 | |
BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 | |
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1 | |
BGB § 310 Abs. 2 Nr. 2 |
Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 3.7.2008, Az. 4 Ca 528/08, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:
Die Parteien streiten über Umfang und Lage der Arbeitszeit der Klägerin. Die am 09.01.1967 geborene Klägerin ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit dem 01.08.1982, zuletzt als Chefarzt-Sekretärin am Institut für physikalische und rehabilitative Medizin beschäftigt. Sie ist schwerbehindert mit einem GdB von 60. Mit Schreiben vom 14.02.2007 bat die Klägerin die Beklagte um Zustimmung zu einer Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit ab dem 01.03.2007 von bislang 38,5 Stunden auf sechs Stunden pro Arbeitstag, d. h. auf 30 Stunden wöchentlich. Die Beklagte beantwortete dieses Schreiben ihrerseits mit Schreiben vom 19.02.2007 wie folgt: "... Ihr Arbeitsverhältnis
Arbeitszeitänderung Sehr geehrte Frau C., Sie sind als Sekretärin mit 38,5 Wochenstunden im Klinikum der Stadt E gemeinnützige GmbH beschäftigt. Sie bitten mit Schreiben vom 14.02.2007 um Veränderung Ihrer Arbeitszeit auf 30 Stunden wöchentlich. Damit sind wir einverstanden. Vom 01.03.2007 befristet bis 28.02.2008 beträgt Ihre wöchentliche Arbeitszeit 30 Stunden. Hierzu erhalten Sie in der Anlage eine Nebenabrede zum Arbeitsvertrag. Geben Sie bitte die für das Klinikum bestimmte Ausfertigung der Nebenabrede innerhalb einer Woche von Ihnen unterschrieben zurück. Dies ist Voraussetzung für das wirksame Zustandekommen der Arbeitszeitänderung. ..." Die Parteien trafen daraufhin am 19.02.2007 eine als Nebenabrede bezeichnete Vereinbarung, die folgende Regelung enthält:
"... Mit Wirkung vom 01.03.2007 befristet bis 28.02.2008 wird die Beschäftigte als Teilzeitkraft mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 30 Stunden wöchentlich beschäftigt. ..." Ab dem 01.03.2007 wurde die Klägerin mit 30 Stunden wöchentlich beschäftigt. Ihre Arbeitszeit wurde einvernehmlich auf die Zeit von 7.30 Uhr bis 14.00 Uhr einschließlich einer halbstündigen Mittagspause festgelegt. Der Bitte der Klägerin, sie über den 28.02.2008 auf der Basis der reduzierten Arbeitszeit weiterzubeschäftigen, entsprach die Beklagte nicht. Von einer weitergehenden (wiederholenden) Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 03.07.2008 (Bl. 68-70 d. A.). Die Klägerin hat beantragt:
1. Es wird festgestellt, dass die Befristung der Reduzierung der Wochenarbeitszeit der Klägerin gemäß "Nebenabrede" vom 19.02.2007 unwirksam ist. 2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin mit einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 30 Stunden, verteilt auf 6 Stunden pro Arbeitstag, über den 28.02.2008 hinaus weiterzubeschäftigen. Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen. Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 03.07.2008 insgesamt stattgegeben. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 4 bis 7 dieses Urteils (= Bl. 70-73 d. A.) verwiesen. Gegen das ihr am 23.08.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18.09.2008 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihr mit Beschluss vom 20.10.2008 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 20.11.2008 begründet. Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts handele es sich bei der von der Klägerin mit Schreiben vom 14.02.2007 geäußerten Bitte um Reduzierung ihrer Arbeitszeit nicht um einen Antrag nach § 8 TzBfG. Dies ergebe sich daraus, dass die Klägerin seinerzeit die Dreimonatsfrist des § 8 Abs. 2 TzBfG nicht eingehalten sondern vielmehr eine fast sofortige Änderung ihrer Arbeitszeit verlangt habe. Das Teilzeitbegehren der Klägerin könne auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass es sich hilfsweise auf den Zeitpunkt gerichtet habe, zu dem die Arbeitszeitverringerung frühstmöglich hätte verlangt werden können. Sie - die Beklagte - sei sich seinerzeit mit der Klägerin auch einig gewesen, dass zunächst versucht werden solle, im Laufe eines Jahres zu ermitteln, ob die Klägerin bei der gewünschten wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden in der Lage sei, die anfallenden Tätigkeiten in vollem Umfang zu erbringen. Ebenso habe im Laufe dieses Jahres erprobt werden sollen, ob aufgrund der Nichtbesetzung des Sekretariats ab 14.00 Uhr sich betriebliche Einschränkungen ergäben, die zu einer anderen Organisation führen müssten. Somit sei für die befristete Reduzierung der Arbeitszeit ein sachlicher Grund vorhanden gewesen. Die mit der Klägerin getroffene Vereinbarung stelle eine ausgehandelte einzelvertragliche Vereinbarung dar, die keiner Inhaltskontrolle unterliege. Darüber hinaus beinhalte die Vereinbarung keine unangemessene Benachteiligung der Klägerin. Da die Klägerin keinen expliziten Antrag nach § 8 TzBfG gestellt habe, seien auch die Ausführungen des Arbeitsgerichts hinsichtlich der Änderung der Lage der Arbeitszeit nicht zutreffend. Sie - die Beklagte - könne diesbezüglich nicht auf die Möglichkeit einer Teilkündigung nach § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG verwiesen werden. Letztlich sei die Befristung der Arbeitszeitabrede auch durch betriebliche Gründe bedingt. Aufgrund der Erprobung der neuen Arbeitszeitgestaltung und der noch offenen Frage, ob es mit der Reduzierung der Arbeitszeit organisatorisch möglich sei, die Arbeit zu leisten, sowie auch im Hinblick auf die Frage, wie die Zeit zwischen 14.00 Uhr und 16.00 Uhr zu überbrücken sei, sei die Befristung notwendig gewesen. Das Fehlen der Arbeitskraft der Klägerin ab 14.00 Uhr habe sich u. a. dadurch bemerkbar gemacht, dass die Chefärztin einen wesentlichen Teil der Sekretariatsaufgaben der Klägerin habe selbst übernehmen müssen. Zur Darstellung aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf deren Berufungsbegründungsschrift vom 20.11.2008 (Bl. 93-99 d. A.) Bezug genommen. Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen. Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Zur Darstellung ihres Vorbringens im Berufungsverfahrens im Einzelnen wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 23.01.2009 (Bl. 139-146 d. A.) Bezug genommen. Entscheidungsgründe:
I. Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das somit insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage vielmehr sowohl im Ergebnis zu Recht als auch mit zutreffender Begründung stattgegeben.
II. Die insgesamt zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.
Die zwischen den Parteien hinsichtlich der Reduzierung der Wochenarbeitszeit der Klägerin getroffene Befristungsabrede vom 19.02.2007 ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Die Klägerin hat daher gegen die Beklagte über den 28.02.2008 hinaus einen Anspruch auf Beschäftigung mit einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden, verteilt auf sechs Stunden pro Arbeitstag.
Zwar findet § 14 Abs. 1 TzBfG auf die Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen keine Anwendung (BAG v. 14.01.2004 - 7 AZR 213/03 - AP Nr. 10 zu § 14 TzBfG). Weil der Arbeitnehmer aber auch Verbraucher i. S. v. § 13 BGB ist, unterliegt eine vom Arbeitgeber im Vertrag vorformulierte Befristung gemäß § 310 Abs. 2 Nr. 2 BGB auch dann einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, wenn die vorformulierten Vertragsbedingungen nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Arbeitnehmer aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte (vgl. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 9. Aufl., §§ 305 - 310 BGB Rz. 23 m.w.N.).
Die als Nebenabrede bezeichnete Vereinbarung der Parteien vom 19.02.2007 wurde von Seiten der Beklagten vorformuliert. Auf die darin enthaltene Befristung konnte die Klägerin keinen Einfluss nehmen. Dies ergibt sich bereits aus dem Schreiben der Beklagten vom 19.02.2007, in welchem die Beklagte gegenüber der Klägerin erklärte, dass die Unterzeichnung der Nebenabrede Voraussetzung für das wirksame Zustandekommen der Arbeitszeitänderung sei. Die Klägerin hatte ihrerseits keineswegs eine lediglich befristete Arbeitszeitreduzierung gewünscht. Vielmehr ergibt sich aus dem von ihr seinerzeit der Beklagten vorgelegten ärztlichen Attest vom 04.12.2006, dass im Hinblick auf ihren gesundheitlichen Zustand eine dauerhafte Reduzierung der Arbeitszeit als notwendig angesehen wurde. Soweit die Beklagte vorgetragen hat, man sei sich mit der Klägerin einig gewesen, dass die neue Arbeitszeitregelung zunächst lediglich probeweise gelten solle, so erweist sich dieses pauschale Vorbringen als unsubstantiiert. Es steht überdies in Widerspruch zur Behauptung der Beklagten, der Klägerin sei von vorneherein mitgeteilt worden, dass zunächst nur eine befristete Reduzierung der Arbeitszeit in Betracht komme. Von einem übereinstimmenden Willen beider Parteien, die geänderte Arbeitszeitregelung zu befristen, kann somit nicht ausgegangen werden. Vielmehr hatte die Klägerin, da die Beklagte das Zustandekommen der Arbeitszeitänderung von der Unterzeichnung der Nebenabrede abhängig machte, keine Möglichkeit, auf die vorformulierte Befristungsvereinbarung Einfluss zu nehmen.
Die vorformulierte Befristungsabrede vom 19.02.2007 ist gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, weil sie die Klägerin entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Eine unangemessene Benachteiligung ist vorliegend gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB bereits deshalb anzunehmen, weil die Befristung von einem wesentlichen Grundgedanken der vorliegend maßgeblichen gesetzlichen Regelung in § 8 TzBfG abweicht und mit dieser nicht zu vereinbaren ist.
Entgegen der Ansicht der Beklagten steht der Anwendbarkeit der in § 8 TzBfG normierten Bestimmungen nicht bereits der Umstand entgegen, dass die Klägerin bei ihrem Verlangen auf Arbeitszeitreduzierung die Dreimonatsfrist des § 8 Abs. 2 TzBfG nicht eingehalten hat. Die Beklagte hat sich auf das Verlangen der Klägerin ohne Vorbehalt mit Schreiben vom 19.02.2007 eingelassen, sodass sie auf die Einhaltung der Frist verzichtet hat (vgl. BAG v. 20.07.2004 - 9 AZR 626/03 - AP Nr. 11 zu § 8 TzBfG m. w. N.). Unabhängig davon hat ein Arbeitszeitverlangen, das ein Datum nennt, welches die Geltendmachungsfrist nicht einhält, nicht die Unwirksamkeit des Änderungsverlangens zur Folge. Wird von einem Arbeitnehmer ein zu früher Beginn der Änderung der Arbeitszeit gewünscht, so ist regelmäßig davon auszugehen, dass es dem Arbeitnehmer vor allem um das Ob der Verringerung und erst in zweiter Linie um dem Zeitpunkt der Verringerung geht. Das Verringerungsverlangen der Klägerin war daher jedenfalls hilfsweise auf einen Zeitpunkt gerichtet, zu dem die Verringerung nach den gesetzlichen Regeln verlangt werden konnte (BAG v. 20.07.2004, a. a. O.). Die Klägerin hat somit mit Schreiben vom 14.02.2007 ihren gesetzlichen Anspruch aus § 8 TzBfG auf Verringerung ihrer Arbeitszeit geltend gemacht.
Der gesetzliche Anspruch aus § 8 TzBfG ist auf eine unbefristete Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit gerichtet. Dieser Anspruch des Arbeitnehmers ist zwingend und bindet selbst die Tarifvertragsparteien (§ 22 Abs. 1 TzBfG). Daher sind auch tarifliche Regelungen und erst recht Betriebsvereinbarungen, die diesen Anspruch einschränken, indem sie dem Arbeitnehmer lediglich eine befristete Arbeitszeitreduzierung zugestehen, unzulässig und unwirksam (BAG v. 24.06.2008 - 9 AZR 313/07 - NZA 2008, 1309). Die von der Beklagten vorformulierte Befristungsabrede steht somit in unvereinbarem Widerspruch zu einem wesentlichen Grundgedanken, nämlich der in § 8 TzBfG enthaltenen gesetzlichen Regelung, die dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf unbefristete Verringerung der Arbeitszeit gewährt.
Die Klägerin hat auch Anspruch darauf, dass die reduzierte Arbeitszeit über den 28.02.2008 auf sechs Stunden pro Arbeitstag verteilt wird. Auf diese, von der Klägerin im Zusammenhang mit der Arbeitszeitreduzierung gewünschte Verteilung der Arbeitszeit haben sich die Parteien unstreitig geeinigt. Eine Befristung dieser Arbeitszeitverteilung ist aus den selben Gründen wie die Befristung der Arbeitszeitreduzierung unwirksam. Änderungen der Lage der Arbeitszeit können daher vorliegend nur noch unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG erfolgen. Diese Vorschrift beinhaltet ein Teilkündigungsrecht des Arbeitgebers (vgl. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 9. Auflage, § 8 TzBfG, Randziff. 44 m. w. N.). Von diesem Recht hat die Beklagte bislang erkennbar keinen Gebrauch gemacht. Die Beklagte hat bislang nicht zu erkennen gegeben, wie sie die Wochenarbeitszeit der Klägerin von 30 Stunden anders als bisher zu verteilen gedenkt. Das Ansinnen der Beklagten ist vielmehr ausschließlich darauf gerichtet, den Umfang der Arbeitszeit der Klägerin unter Berufung auf die getroffene Befristungsabrede wieder zu verändern.
III. Die Berufung der Beklagten war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.
Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§72 a ArbGG), wird hingewiesen.
Ende der Entscheidung
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