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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 27.02.2008
Aktenzeichen: 8 Sa 558/07
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB
Vorschriften:
ArbGG § 69 Abs. 2 | |
BGB § 823 | |
BGB § 823 Abs. 1 |
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 26.6.2007 Az.: 9 Ca 1206/06, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt vom Beklagten, seinem ehemaligen Vorgesetzten, die Zahlung von Schmerzensgeld.
Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteilvorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 26.06.2007 (dort Seite 2 - 4 = Bl. 110 - 112 d.A.).
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 10.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2006 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 26.06.2007 abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5 - 8 dieses Urteils (= Bl. 113 - 116 d.A.) verwiesen.
Gegen das ihm am 24.07.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.08.2007 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihm mit Beschluss vom 20.09.2007 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 10.10.2007 begründet.
Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts habe er bereits erstinstanzlich konkret dargelegt, wie er vertragsgemäß zu beschäftigen gewesen wäre. So habe er vorgetragen, dass ein Aufgabenbereich die Bedarfsermittlung aus sämtlichen Ausführungsplänen, Bestellungen über Z, Prüfung der Qualität und Menge, Abrechnungen auf Bundesbahnbedingungen und Bereitstellung von Material umfasst habe. Darüber hinaus habe er die Arbeitsbeschreibung vom 01.04.1999 zur Akte gereicht. Hieraus sei ersichtlich, was er - der Kläger - laut Arbeitsvertrag zu tun gehabt hätte. Es sei auch vorgetragen worden, dass eine solche Beschäftigung zumindest in Teilen möglich gewesen sei. Diesbezüglich sei zu berücksichtigen, dass unstreitig die Stelle des Vertriebsingenieurs frei gewesen sei. Dessen Aufgaben hätten zumindest teilweise an ihn delegiert werden können. Seine Aufgabe sei nämlich auch die Disposition von Auslandsprojekten gewesen und keine Montagedisposition. Darüber hinaus sei vorgetragen und unter Beweis gestellt worden, dass er für die Zeit von 2001 bis 06/2002 trotz ständiger Nachfrage ohne jedes Aufgabengebiet geblieben sei.
Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf dessen Berufungsbegründungsschrift vom 10.10.2007 (Bl. 141 - 143 d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das erstinstanzliche Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,00 Euro zu zahlen.
Der Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil, wobei er allerdings geltend macht, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er - der Beklagte - unstreitig den Kläger als "Ossi" tituliert habe. Dies sei vielmehr nach wie vor zwischen den Parteien streitig.
Zur Darstellung des Vorbringens des Beklagten im Berufungsverfahren im Einzelnen wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 28.11.2007 (Bl. 166 - 172 d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das somit insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage vielmehr zu Recht abgewiesen.
II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld.
Zwischen dem Kläger und dem Beklagten, seinem ehemaligen Vorgesetzen, bestanden keinerlei vertragliche Beziehungen. Ansprüche des Klägers aus Vertrag bzw. aus der Verletzung vertraglicher Pflichten kommen daher von vorneherein nicht in Betracht. Ein etwaiger Anspruch des Klägers auf Zahlung von Schmerzensgeld kann sich daher - soweit der Kläger die Verletzung seiner Gesundheit (Depressionsleiden) geltend macht - nur aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 223, 229 StGB, § 253 Abs. 2 BGB) ergeben. Soweit der Kläger Entschädigung wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung begehrt, kommt als Anspruchsgrundlage § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG in Frage.
Diese Anspruchsgrundlagen erfordern ein schuldhaftes haftungsbegründendes Verhalten des Beklagten. Ein solches ist im Streitfall jedoch nicht gegeben.
Das Berufungsgericht folgt insoweit den Ausführungen des Arbeitsgerichts unter II. des erstinstanzlichen Urteils (dort Seite 5 - 8 = Bl. 113 - 116 d.A.) und stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von der Darstellung eigener vollständiger Entscheidungsgründe wird daher abgesehen. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers erscheinen lediglich folgende Ergänzungen aufgezeigt:
1. Soweit der Kläger den geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch damit begründet, der Beklagte habe ihm - jedenfalls über einen bestimmten Zeitraum hinweg - keinerlei Arbeit zugewiesen, so steht dem bereits sein eigenes Vorbringen entgegen. Zwar hat der Kläger bereits erstinstanzlich mit dem Schriftsatz vom 13.03.2007 (dort Seite 2 letzter Absatz = 26 d.A.) geltend gemacht, er sei "von 2001 - 06/2002 ohne jedes Aufgabengebiet" geblieben. Zugleich hat der Kläger jedoch an gleicher Stelle sowie im darauf folgenden Absatz vorgetragen, er sei "nach Anordnung" mit der Beschriftung von Ordnern beschäftigt gewesen, habe Liefertermine über Z überprüft und Auftragsbestätigungen eingegeben. Dieses Vorbringen des Klägers bezieht sich erkennbar gerade auf den Zeitraum ab seiner Versetzung nach Ludwigshafen im November 2001 bis zur (unstreitigen) Übertragung des "Sjukai-Mendelejewo"-Projektes im Juli 2002. Auch ansonsten lässt sich dem Sachvortrag des Klägers nicht entnehmen, dass ihm seitens des Beklagten zumindest über bestimmte Zeiträume hinweg überhaupt keine Arbeit zugewiesen wurde. So war der Kläger nicht nur unstreitig in der Zeit von Juli 2002 bis Ende 2002 mit der Abwicklung des betreffenden Projektes beschäftigt, sondern war in anderen Zeiträumen nach eigener Behauptung mit der Eingabe von Auftragsbestätigungen, der Ablage, der Überprüfung von Lieferterminen und der Lieferscheinkontrolle betraut. Unstreitig wurde dem Kläger auch die Stücklistenüberprüfung und -bearbeitung übertragen. Darüber hinaus ist der Kläger dem Vorbringen des Beklagten, wonach er ab Jahresbeginn 2003 auch Tätigkeiten im Bereich Qualitätswesen, d.h. die Vorbereitung und Durchführung von Prüfungen von Bauteilen ausgeführt habe, nicht entgegen getreten. Insgesamt kann daher keinesfalls davon ausgegangen werden, dem Kläger sei von seinem Vorgesetzten, dem Beklagten, jedenfalls in bestimmten Zeiträumen keinerlei Arbeit zugewiesen worden. Letztlich war der Kläger unstreitig zunächst dem Kaufmann des Lagers in Ludwigshafen und ab 2003 dem für die Leitung des Bereichs Qualitätswesen zuständigen Mitarbeiter unterstellt, so dass bereits von daher eine unmittelbare Verantwortlichkeit des Beklagten für eine etwaige Untätigkeit des Klägers nicht erkennbar ist.
2. Der Kläger kann einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld auch nicht mit Erfolg auf die Behauptung stützen, der Beklagte habe ihn lediglich mit minderwertigen, d.h. mit nicht seiner Qualifikation entsprechenden Tätigkeiten betraut. Diesbezüglich ist zunächst von Bedeutung, dass der Kläger, wie sich aus dem Schreiben des Y Service Center Personnel vom 04.12.2001 (Bl. 35 d.A.) ergibt, von einer auch dem Beklagten vorgesetzten Stelle nach Ludwigshafen versetzt wurde mit der Maßgabe, dort als Montage-Disponent tätig zu werden. Der Beklagte war daher überhaupt nicht dazu befugt, dem Kläger höherwertigere Arbeiten als diejenigen eines Montage-Disponenten zu übertragen. Bereits aus diesem Grunde kann sich der Kläger nicht darauf berufen, er hätte die Aufgaben des nach China versetzten Vertriebsingenieurs übernehmen können.
Bezüglich der vom Kläger unstreitig ausgeführten Arbeiten ist nicht ersichtlich, dass diese nicht auch zum Tätigkeitsbereich eines Montage-Disponenten gehören. Dies lässt sich dem Vorbringen des insoweit darlegungsbelasteten Klägers nicht entnehmen. Aber selbst dann, wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass einzelne der ihm übertragenen Tätigkeiten nicht dem Aufgabenbereich eines Montage-Disponenten entsprachen, so vermag dies der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Es kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass den Beklagten an einer etwaigen unzureichenden Beschäftigung des Klägers ein Verschulden trifft. Der Beklagte hat diesbezüglich von vorneherein geltend gemacht, dass der Kläger von vorgesetzter Stelle zu ihm nach Ludwigshafen versetzt worden sei ohne Rücksicht darauf, dass dort überhaupt keine entsprechende bzw. adäquate Stelle vorhanden gewesen sei und dass er - der Beklagte - insoweit schlicht und ergreifend Weisungen aus Erlangen zu befolgen hatte. Es wäre daher Sache des Klägers gewesen, seinerseits substantiiert vorzutragen, welche für ihn geeigneten Tätigkeiten in Ludwigshafen vorhanden waren und ihm daher vom Beklagten hätten übertragen werden können. Diese Anforderungen erfüllt das Vorbringen des Klägers indessen nicht. Auf die Möglichkeit, ihn als Vertriebsingenieur zu beschäftigten, kann sich der Kläger - wie bereits ausgeführt - bereits deshalb nicht berufen, weil ihm von einer auch dem Beklagten vorgesetzten Stelle der Tätigkeitsbereich eines Montage-Disponenten zugewiesen worden war.
Bezüglich der vom Kläger behaupteten Gesundheitsbeeinträchtigung (Depressionen) infolge nicht vertragsgemäßer Beschäftigung fehlt es darüber hinaus auch aus einem anderen Grund an einem Verschulden des Beklagten. Es ist nämlich weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Beklagte die Möglichkeit des Eintritts einer gesundheitlichen Beeinträchtigung des Klägers infolge einer etwaigen nicht vertragsgemäßen Beschäftigung vorhersehen konnte. Eine solche Vorhersehbarkeit ist jedoch Voraussetzung für die Bejahung eines Verschuldens - und zwar auch im Sinne eines Fahrlässigkeitsvorwurfes - (vgl. LAG Rheinland-Pfalz vom 04.10.2005 - 5 Sa 140/05 -).
3. Auch der Umstand, dass der Beklagte den Kläger - nach dessen Behauptung - im Zusammenhang mit einer Auseinandersetzung über das "Sjukai-Mendelejewo"-Projekt als "Ossi" betitelt hat, begründet keinen Schmerzensgeldanspruch des Klägers.
Ein Entschädigungsanspruch wegen eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht hat u.a. zur Voraussetzung, dass eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, was von Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund sowie Grad des Verschuldens abhängt (BAG vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - AP Nr. zu § 611 BGB Mobbing). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass nicht jede Auseinandersetzung oder jede Meinungsverschiedenheit zwischen Kollegen, Mitarbeitern, Untergebenen und/oder Vorgesetzten bereits eine schmerzensgeldrelevante unerlaubte Handlung im Sinne des § 823 BGB darstellt. Vielmehr ist es dem Zusammenarbeiten mit anderen Menschen immanent, dass sich Reibungen und Konflikte ergeben, ohne dass diese, selbst wenn es dabei zu Kraftausdrücken, verbalen Entgleisungen und ähnlichen zu missbilligenden Verhaltensweisen kommt, als Ausdruck des Ziels anzusehen sind, den anderen systematisch in seiner Wertigkeit gegenüber Dritten oder sich selbst zu verletzen (LAG Rheinland-Pfalz vom 04.10.2005 - 5 Sa 140/05).
Die Betitelung des Klägers als "Ossi" im Rahmen einer Auseinandersetzung überschreitet noch keineswegs die Grenzen eines sozial adäquaten schmerzensgeldirrelevanten Verhaltens. Es handelt sich vielmehr um eine bloße, noch nicht besonders schwerwiegende verbale Entgleisung, welche nicht geeignet ist, einen Schmerzensgeldanspruch auszulösen. Auch ansonsten sind keine ausreichenden Tatsachen bzw. Umstände vorgetragen oder ersichtlich, aus denen sich ergeben könnte, dass das Verhalten des Beklagten als systematisches Anfeinden, schikanieren oder diskriminieren des Klägers zu bewerten ist.
III. Die Berufung des Klägers war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.
Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.
Ende der Entscheidung
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