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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 10.03.2006
Aktenzeichen: 8 Sa 884/05
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, ZPO, SGB V
Vorschriften:
BGB § 247 | |
ArbGG § 64 Abs. 2 lit. (b) | |
ArbGG § 64 Abs. 6 | |
ArbGG § 66 Abs. 1 | |
ArbGG § 67 Abs. 3 | |
ArbGG § 69 Abs. 2 | |
ZPO § 519 | |
ZPO § 520 | |
ZPO § 540 | |
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1 | |
SGB V § 48 |
Aktenzeichen: 8 Sa 884/05
Entscheidung vom 10.03.2006
Tenor:
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 20.09.2005 - 8 Ca 1055/05 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 778,72 € brutto abzüglich 409,92 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 29.06.2005 zu zahlen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von Urlaubsabgeltung.
Das mit dem Kläger am 01.02.1977 begründete Arbeitsverhältnis, welches sich nach dem gemeinsamen Manteltarifvertrag für die Arbeiter und Angestellten in der Metall- und Elektroindustrie richtete, wurde zum 31.03.2004 beendet. Bis zu diesem Zeitpunkt dauerte nach dem Vortrag des Klägers dessen, seit 09.03.2004 gegebene, Arbeitsunfähigkeit an.
Unter dem 06.10.2004 erfolgte die Geltendmachung des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung für die drei Monate im Jahre 2004 in Höhe von acht Urlaubstagen.
Auf die weiteren tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserlautern vom 20.09.2005 - 8 Ca 1055/05 - sowie den Streitstand und die Anträge wird gemäß §§ 69 Abs. 2 ArbGG, 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat dem Anspruch des Klägers auf Zahlung von Urlaubsabgeltung entsprochen, da der Beklagte seine Behauptung zur fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit des Klägers ins Blaue hinein ausgestellt habe und die Gewährung von Arbeitslosengeld ein wichtiges Indiz für die Arbeitsfähigkeit des Klägers sei. Der Anspruch sei auch nicht verfallen, da der Urlaubsabgeltungsanspruch für das laufende Urlaubsjahr keiner tariflichen Verfallklausel nach der Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte Nürnberg und Köln unterläge.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Seite 4 bis 6 (= Bl. 30 bis 32 d. A.) des Urteils Bezug genommen.
Gegen das dem Beklagten am 10.10.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 04.11.2005 eingelegte und am 13.12.2005 begründete Berufung des Beklagten.
Zu dessen Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht von einer wiederhergestellten Arbeitsfähigkeit des Klägers zum Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses ausgegangen. Insoweit sei es dessen Sache, die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit nachzuweisen. Die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 01.04.2004 sage nicht zwingend aus, dass der Kläger arbeitsfähig gewesen sei. Im Übrigen müsse von einem Verfall des Anspruchs ausgegangen werden. Eine andere Auffassung würde das vom Gesetzgeber gewollte Vorrangprinzip für Tarifverträge - folgte man der Auffassung des Arbeitsgerichts - unterlaufen. Im Übrigen sei der Vortrag zu angeblichen Arbeitsfähigkeit verspätet.
Der Beklagte hat zweitinstanzlich beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe des Inhalts des Schriftsatzes vom 08.03.2006 und führt aus,
der Beklagte habe keinerlei nachvollziehbare Zweifel an seiner - des Klägers - bestehenden Arbeitsfähigkeit ab 01.04.2004 genannt. Arbeitslosengeld würde nur arbeitsfähigen Arbeitnehmern gewährt. Außerdem sei der Vortrag zur Arbeitsfähigkeit durch das Zeugnis des Dr. V. unter Beweis gestellt.
Wenn der im laufenden Urlaubsjahr erworbene Urlaubsanspruch selbst keiner Verfallfrist unterworfen sei, gelte dies auch für den Abgeltungsanspruch. Im Übrigen sei die Geltendmachung im Oktober noch rechtzeitig erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründungsbegründung wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 12.12.2005 (Bl. 57 bis 59 d. A.) und vom 08.03.2006 (Bl. 71 bis 73 d. A.) sowie hinsichtlich der Berufungsbeantwortung auf die Schriftsätze des Klägers vom 16.01.2006 (Bl. 64 bis 66 d. A.) sowie vom 08.03.2006 (Bl. 75 bis 76 d. A.) nebst sämtlichen vorgelegten Unterlagen und die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 10.03.2006 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung des Beklagten ist gemäß § 64 Abs. 2 lit. (b) ArbGG statthaft. Sie ist gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden. Sie ist insgesamt zulässig.
II.
In der Sache selbst bleibt die Berufung jedoch ohne Erfolg.
Das Arbeitsgericht ist im angefochtenen Urteil mit im Wesentlichen zutreffender Begründung zu Recht zur Auffassung gelangt, dass der Beklagte zur Zahlung von Urlaubsabgeltung für im Jahr 2004 erworbene Urlaubsansprüche verpflicht ist. Der Anspruch war der Höhe nach zu reduzieren, da sich der Kläger in der Berufungsinstanz den Bezug von Arbeitslosengeld in Höhe von 409,92 € anrechnen ließ.
Die Kammer nimmt gemäß §§ 69 Abs. 2 ArbGG, 540 ZPO Bezug auf den begründenden Teil im angefochtenen Urteil, stellt dies fest und sieht hier, unter Übernahme der Entscheidungsgründe, von einer weiteren Darstellung ab.
Wegen der Angriffe der Berufung besteht Veranlassung zu folgenden ergänzenden Ausführungen:
1.
Soweit die Berufung die Feststellungen des Arbeitsgerichts zur Annahme einer Arbeitsfähigkeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.03.2004 mit der Begründung beanstandet, es sei Sache des Klägers, die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit nachzuweisen, ist das lediglich im Ansatz zutreffend.
Die Prozesslage gebietet eine Beweisaufnahme jedoch nur dann, wenn der Beklagte beim ab 01.04.2004 Arbeitslosengeld beziehenden Kläger vorgetragen hätte, dass bis zum Ablauf des Übertragungszeitraums für die 2004 erworbenen Urlaubsansprüche eine permanente Arbeitsunfähigkeit beim Kläger vorgelegen hätte. Der Urlaubsabgeltungsanspruch entsteht als Surrogat des Urlaubsanspruchs mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unabhängig von einer etwaigen Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Er ist lediglich bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit nicht erfüllbar (vgl. BAG, Urteil vom 14.05.1986 - 8 AZR 604/84 - = NZA 1986, 834).
Im vorliegenden Fall können dem Sachvortrag des Beklagten keine nachvollziehbaren Zweifel an der Arbeitsfähigkeit des Klägers ab 01.04.2004 entnommen werden. Der Berufungskammer reicht auch der vorgelegte Bewilligungsbescheid des Arbeitsamtes U.-Stadt vom 13.04.2004 aus, in welchem sich als Leistungsart "Arbeitslosengeld" mit einer Anspruchsdauer von 960 Kalendertagen und einem wöchentlichen Leistungsbetrag von 239,12 € ab 01.04.2004 ergibt. Auch wenn aus der Höhe des Leistungsbetrages bei - hier unterstellter - Arbeitsunfähigkeit nicht zwingend geschlossen werden kann, dass der Kläger arbeitsfähig gewesen ist (vgl. § 126 SGB III i.V.m. § 47 b SGB V), so lässt jedenfalls die im Bescheid enthaltene Anspruchsdauer den Schluss auf eine bestehende von Arbeitsfähig zu, denn nach § 48 SGB V würde bei einem Krankengeldbezug für Bezieher von Arbeitslosengeld keine zeitliche Begrenzung enthalten sein.
2.
Entgegen der Ansicht der Berufung kann auch nicht von einem Verfall des Anspruchs nach den Bestimmungen des gemeinsamen Manteltarifvertrages für die Arbeiter und Angestellten in der Metall- und Elektroindustrie ausgegangen werden, da eine solche tarifliche Ausschlussfrist auf Urlaubsabgeltungsansprüche mit der für zutreffend gehaltenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 24.11.1992 - 9 AZR 549/91 -) nicht anzuwenden ist. Das folgt aus der Ausgestaltung der Urlaubsvorschrift im Tarifvertrag und im Gesetz, die den Arbeitnehmer lediglich zwingen, seine Ansprüche rechtzeitig vor Ablauf des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraums zu verlangen. Eine Auseinandersetzung mit den Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 13.02.2004 - 9 (6) Sa 651/94 - und Köln vom 06.07.2004 - 1 Sa 187/04 - bedarf es daher nicht.
3.
Der Vortrag des Beklagten zur Verspätung erschöpft sich in dieser bloßen Behauptung. Die Voraussetzungen des § 67 Abs. 3 ArbGG sind nicht feststellbar.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.
Von der Zulassung der Revision wurde mangels grundsätzlicher Bedeutung abgesehen (§ 72 Abs. 2 ArbGG).
Ende der Entscheidung
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