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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 08.06.2009
Aktenzeichen: 8 Ta 126/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 121 Abs. 3
ZPO § 121 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der die Prozesskostenhilfe bewilligende Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 17.03.2009, Az.: 6 Ca 106/09 - dahingehend abgeändert, dass der Prozessbevollmächtigten des Klägers Reisekosten aus der Landeskasse bis zu dem Betrag zu erstatten sind, der bei zusätzlicher Beiordnung eines Verkehrsanwalts angefallen wäre. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Gebühren für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erheben. 3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Gründe:

I. Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 01.02.2004 als Verpackerin beschäftigt. Mit Schreiben vom 19.01.2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos. Gegen diese Kündigung richtete sich die von der Klägerin am 05.02.2009 eingereichte und durch mehrere Anträge erweiterte Kündigungsschutzklage. Die Klägerin wohnt in A-Stadt und hat ihre Klage über die dort ansässigen Rechtsanwälte bei dem zuständigen Arbeitsgericht Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - erhoben. Im Gütetermin haben die Parteien den Rechtsstreit durch Abschluss eines Vergleichs beigelegt. Mit Beschluss vom 17.03.2009 hat das Arbeitsgericht der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin Y bewilligt. In dem Beschluss heißt es, die Beiordnung erfolge zu den Bedingungen eines im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts. Der gegen diese Einschränkung gerichteten Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 31.03.2009 hat das Arbeitsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitgericht zur Entscheidung vorgelegt. II. Hinsichtlich der Zulässigkeit der form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde bestehen keine Bedenken. Ist ein Prozesskostenhilfebeschluss - wie hier - mit Einschränkungen versehen, so steht dem beigeordneten Rechtsanwalt das Recht der Beschwerde zu. Dies ergibt sich daraus, dass der Umfang der Beiordnung für den dem Rechtsanwalt zustehenden Vergütungsanspruch maßgeblich ist (BAG vom 18.07.2005 - 3 AZB 65/03 - AP Nr. 3 zu § 121 ZPO, m.w.N.). Die Beschwerde ist zum ganz überwiegenden Teil begründet. Zwar ist es im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Verfahrens zulässig, einen Rechtsanwalt nur zu den Bedingungen eines im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Anwalts beizuordnen. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat jedoch Anspruch auf Erstattung von Reisekosten, soweit die Kosten der Beiordnung eines Verkehrsanwalts erspart wurden. Nach § 121 Abs. 3 ZPO kann ein nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Das ist etwa der Fall, wenn der Rechtsanwalt gegenüber dem Gericht erklärt, zu den Bedingungen eines im Bezirk des Gerichts zugelassenen Rechtsanwalts tätig zu werden. Stellt der beizuordnende Rechtsanwalt - wie vorliegend - den Antrag auf eine eigene Beiordnung im Rahmen eines Prozesskostenhilfeverfahrens, so bedarf es keiner Nachfrage durch das Gericht oder der Herbeiführung eines ausdrücklichen Einverständnisses zu einer solchermaßen eingeschränkten Beiordnung (LAG Rheinland-Pfalz vom 11.11.2005 - 2 Ta 259/05 - NZA-RR 2006, 213). Der Rechtsanwalt gibt bereits mit seinem vorbehaltlos gestellten Beiordnungsantrag zu erkennen, dass er mit einer Beiordnung nur zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen einverstanden ist. Will er das nicht, dann muss er ausdrücklich darauf hinweisen, dass er im Falle der Einschränkung nicht bereit sei, für die vertretene Partei weiter tätig zu werden. Dann ist der Beiordnungsantrag abzulehnen. Eine diesbezügliche Erklärung hatte die Prozessbevollmächtigte des Klägers in ihrer Antragstellung nicht vorgenommen. Im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe ist bei der Beiordnung eines nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Anwalts jedoch stets zu prüfen, ob besondere Umstände für die Beiordnung eines zusätzlichen Verkehrsanwalts im Sinne des § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen. Nur wenn dies nicht der Fall ist, darf der auswärtige Rechtsanwalt "zu den Bedingungen eines im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts" beigeordnet werden (BAG v. 18.07.2005 - 3 AZB 65/03 - AP Nr. 3 zu § 121 ZPO; LAG Rheinland-Pfalz vom 11.11.2005 - 2 Ta 259/05 - NZA-RR 2006, 213; LAG Rheinland-Pfalz v. 13.10.2008 - 11 Ta 175/08 -). Erfolgt - wie vorliegend - keine Beiordnung eines Verkehrsanwalts, dann sind die Reisekosten des Prozessbevollmächtigten insoweit aus der Staatskasse erstattbar, als die Kosten eines Verkehrsanwalts erspart wurden. Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "besondere Umstände" im Sinne des § 121 Abs. Abs. 4 ZPO ist zu berücksichtigen, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen eine weitgehende Angleichung der Situation der mittellosen und der nicht bedürftigen Partei bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes geboten ist. Die Hinzuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Parteien ansässigen Verkehrsanwalts ist in der Regel zweckdienlich und jedenfalls dann erforderlich, wenn die Kosten des Verkehrsanwalts die Reisekosten des nicht am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts nicht wesentlich übersteigen (LAG Rheinland-Pfalz v. 11.11.2005 - 2 Ta 259/05 - a.a.O.). Im vorliegenden Fall lagen die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Verkehrsanwalts vor. Sowohl die Klägerin als auch ihre Prozessbevollmächtigten mussten ca. 300 km (einfache Fahrt) zum Terminsort anreisen. Diese Entfernung spricht für die Annahme besonderer Umstände und somit dafür, dass der Klägerin ein Verkehrsanwalt nach § 121 Abs. 4 ZPO hätte beigeordnet werden müssen. Darüber hinaus ist es einem Rechtssuchenden grundsätzlich auch nicht zumutbar, einen auswärtigen Anwalt schriftlich oder telefonisch zu beauftragen oder zu unterrichten. Dies gilt insbesondere, wenn es - wie hier - um einen Kündigungsschutzprozess geht (BAG v. 18.07.2005 - 3 AZB 65/03 - 3 AZB 65/03 - a.a.O.). III. Der angefochtene Beschluss war daher teilweise abzuändern. Da die Beschwerde im wesentlichen erfolgreich war hat das Beschwerdegericht bestimmt, dass Gebühren für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben werden (Nr. 8614 KV GKG). Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand keine Veranlassung. Diese Entscheidung ist daher unanfechtbar.

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