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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 04.12.2006
Aktenzeichen: 8 Ta 226/06
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 51 Abs. 1
ArbGG § 51 Abs. 1 S. 2
ArbGG § 78 Abs. 1
ZPO § 141
ZPO § 141 Abs. 2 S. 3
ZPO § 380 Abs. 3
ZPO §§ 567 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 8 Ta 226/06

Entscheidung vom 04.12.2006

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 11.10.2006 - 9 Ca 1787/06 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 300,- € festgesetzt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

In dem Ordnungsgeld zugrunde liegenden Verfahren erstrebt die Klägerin die Berichtigung eines ihr unter dem 28.02.2006 erteilten qualifizierten Arbeitszeugnisses u. a. mit der Begründung, der Aufgabenbereich sei unzureichend wiedergegeben. Sie - die Klägerin - sei mit dem Aufbau und der Leitung der neu eröffneten Niederlassung der Beklagten in C-Stadt betraut gewesen. Ihr habe die Auswahl des externen Personals, dessen Führung und Motivation, sowie Akquisitionstätigkeiten und Kunden- und Interessentenpflege oblegen.

Zu den weiteren Einzelheiten der Klagebegründung wird auf die Klageschrift vom 30.08.2006 (Bl. 1 - 3 d. A.) nebst den vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

In der am 10.11.2006 anberaumten Gütesitzung, zu der die Geschäftsführerin der Beklagten unter dem 12.09.2006 persönlich geladen war, erschien in Untervollmacht für den Prozessbevollmächtigten der Beklagten - für den Unternehmensverband Südwest Bezirksgruppe Y. - Herr Assessor X.

Im Sitzungsprotokoll (Bl. 42 d. A.) des Arbeitsgerichts Mainz ist u. a. folgendes festgestellt:

Die Klägerin macht geltend, dass das Zeugnis insofern unvollständig sei, als sie selber die Niederlassung C-Stadt aufgebaut habe.

Der Unterbevollmächtigte der Beklagten erklärt auf Nachfrage, dass er hierzu keine Aussage machen könne.

Das Arbeitsgericht verhängte gegen die Beklagte ein Ordnungsgeld in Höhe von 300,- €.

Nach diesem Beschluss ist im Protokoll die Feststellung enthalten:

Eine gütliche Einigung lässt sich nicht erzielen.

Gegen den - berichtigten - Ordnungsgeldbeschluss, der am 26.10.2006 der Beklagten zugestellt wurde, legte diese am 27.10.2006 sofortige Beschwerde ein. Diese wurde unter Bezugnahme auf eine bereits am 23.10.2006 eingelegte Beschwerde im Wesentlichen wie folgt begründet:

Nach dem Protokoll des Arbeitsgerichts sei der Ordnungsgeldbeschluss bereits verhängt worden, bevor der Versuch einer gütlichen Einigung unternommen worden sei. Insofern sei nicht einmal der Versuch einer gütlichen Einigung gemacht worden. Die Frage, die der Unterbevollmächtigte vor Ort nicht habe beantworten können, sei für eine gütliche Einigung nicht erheblich gewesen.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 06.11.2006 (Bl. 68 - 70 d. A.) nicht abgeholfen.

Zu den Einzelheiten der Nichtabhilfegründe wird auf den Beschluss (Bl. 68 - 70 d. A.) verwiesen.

In ihrer Stellungnahme während des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte u. a. im Schriftsatz vom 21.11.2006 die Auffassung vertreten, dass das verhängte Ordnungsgeld lediglich der abstrakten Durchsetzbarkeit der Autorität des Gerichts und seiner Anordnung gedient habe und nicht damit begründet worden sei, dass wegen des Fernbleibens der Geschäftsführerin der Beklagten der Rechtsstreit bzw. dessen sachgerechte Erledigung verzögert worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist gemäß §§ 78 Abs. 1, 51 Abs. 1 S. 2 ArbGG, 141 Abs. 2 S. 3, 380 Abs. 3, 567 ff. ZPO zulässig.

Die Beschwerde der Beklagten ist jedoch unbegründet.

Das vom Arbeitsgericht durch - berichtigten - Beschluss vom 11.10.2006 festgesetzte Ordnungsgeld ist zu Recht verhängt worden, da die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 141 ZPO vorliegen.

In Übereinstimmung mit der Auffassung der 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 30.01.2006 - 4 Ta 27/06 -) vertritt auch die erkennende Kammer die Auffassung, dass ein Ordnungsgeld gegen eine Partei, die der Anordnung zum persönlichen Erscheinen nicht nachgekommen ist, nur verhängt werden kann, wenn die ordnungsgemäße Ladung zum persönlichen Erscheinen in der Gerichtsakte dokumentiert ist, die persönlich geladene Partei sich nicht entschuldigt hat und keinen Vertreter entsandt hat, der zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen fähig ist. Erscheint anstelle der zum persönlichen Erscheinen geladenen Partei ein Prozessbevollmächtigter, so darf gegen sie ein Ordnungsgeld nur dann verhängt werden, wenn in Folge des Ausbleibens der Partei bestimmte Tatsachen nicht geklärt werden können. Entsprechende Feststellungen des Arbeitsgerichts müssen sich entweder aus der Sitzungsniederschrift oder wenigstens aus der Begründung des Beschlusses ergeben (LAG München, Beschluss vom 09.01.1979 - 5 Ta 134/78).

Nach den Feststellungen in der Sitzungsniederschrift des Arbeitsgerichts vom 10.11.2006 (Bl. 42 d. A.) konnte von dem Unterbevollmächtigten der Beklagten keine Stellungnahme dazu erreicht werden, ob die Behauptung der Klägerin, sie habe selber die Niederlassung C-Stadt aufgebaut, zutrifft oder nicht. Dies reicht für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes aus. Die Beschwerde übersieht zunächst, dass die Klägerin mit Ihrer Klage den Inhalt eines ihrer Auffassung nach fehlerhaften Zeugnisses berichtigt haben will. Da das Zeugnis ein einheitliches Ganzes ist und seine Teile nicht ohne die Gefahr der Sinnentstellung auseinander gerissen werden können, sind die Gerichte befugt, dass gesamte Zeugnis zu überprüfen und u. U. selbst neu zu formulieren (vgl. DLW-Dörner Handbuch Arbeitsrecht 4. Auflage, F 72 m. w. N. auf BAG Urteil vom 23.06.1960 = AP Nr. 1 zu § 73 HGB, sowie Schäfer, die Abwicklung des beendeten Arbeitsverhältnisses, Rz 86). Aus diesem Grund ist es nicht zu beanstanden, wenn das Arbeitsgericht der von der Klägerin aufgestellten Behauptung zum Inhalt ihrer Tätigkeit nachgegangen ist. Die zeugnisrelevante selbständige Tätigkeit berührt die Fähigkeit eines Arbeitnehmers und stellt neben der Bewertung seiner Leistungen einen Schwerpunkt notwendiger Feststellungen innerhalb eines Zeugnisberichtigungsprozesses dar. Insoweit sind die Bemühungen des Arbeitsgerichtes, hierzu Feststellungen zu treffen, nur legitim. Es ist deutlich erkennbar, dass wegen der Unmöglichkeit des Termin-Vertreters der Beklagten zu einer entsprechenden klärenden Aussage hierzu, bestimmte in der Sphäre der Beklagten liegende Umstände nicht geklärt werden konnten. Die Beklagte hatte damit gerade keinen Vertreter zur Verhandlung entsandt, der zur Aufklärung des Tatbestandes in diesem Punkt in der Lage gewesen ist (vgl. § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO). Angesichts des aufgezeigten Rechtsmaßstabs kommt es für die Frage des Verhängens eines Ordnungsgeldes nicht darauf an, ob der Versuch einer gütlichen Einigung gemacht wurde oder nicht, sondern allein darauf, ob infolge des Ausbleibens der Partei bestimmte Tatsachen nicht geklärt werden konnten. Deshalb ist der Einwand der Beschwerde zur Reihenfolge der Feststellungen in der Sitzungsniederschrift des Arbeitsgerichts vom 10.11.2006 irrelevant. Dies gilt unabhängig von den Ausführungen des Arbeitsgerichts in der Nichtabhilfeentscheidung, wonach die maßgeblichen tatsächlichen Umstände für die Protokollierung hinsichtlich des Ordnungsgeldbeschlusses und der nicht möglichen Einigung bereits festgestanden haben, bevor der Ordnungsgeldbeschluss verkündet wurde.

Die Höhe des Ordnungsgeldes bewegt sich im Rahmen des § 141 Abs. 3 i. V. m. Art. 6 I EGStGB.

Die Beschwerde ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Eine Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da keine über den Einzelfall hinaus gehende Bedeutung der Streitsache erkennbar ist.

Ende der Entscheidung

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