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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 26.06.2006
Aktenzeichen: 8 TaBV 4/06
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BetrVG § 2
BetrVG § 40 Abs. 2
BetrVG § 78
ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1
ZPO § 540
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 8 TaBV 4/06

Entscheidung vom 23.06.2006 Tenor:

1.Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 12.01.2006 - 10 BV 101/05 - wird zurückgewiesen. 2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Gründe:

I.

Mit dem am 27.09.2005 eingeleiteten Beschlussverfahren begehrt der Betriebsrat die Verpflichtung der Arbeitgeberin, einen vorhandenen PC des Betriebsrates an das Internet anzuschließen und etwaige laufende Kosten zu übernehmen. Der antragstellende Betriebsrat für das von der Arbeitgeberin betriebene SB-Warenhaus in V.-Stadt mit ca. 300 Arbeitnehmern besteht aus neun Mitgliedern. Für die insgesamt bundesweit 289 SB-Wärenhäuser sind Betriebsräte gewählt. Der Gesamtbetriebsrat besteht aus 54 Mitgliedern. Dieser verfügt über einen Zugang zum Internet. Die Arbeitnehmer des Marktes in V.-Stadt haben keinen Internetzugang. Der im Betriebsratsbüro vorhandene Personalcomputer ist an das unternehmensinterne Intranet der Arbeitgeberin angeschlossen. Der Betriebsrat verfügt über das E-Mail-System "Outlook", über das er mit dem Gesamtbetriebsrat und der Gewerkschaft korrespondieren kann. Zwischen dem Vorstand der U.-AG und dem Konzernbetriebsrat wurde am 02.11.2004 eine Konzernbetriebsvereinbarung über den Einsatz des so genannten Web-Portals im Rahmen des U.-Group-Networking geschlossen. Der Betriebsrat hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, er könne seine Arbeit ohne einen Internetzugang nicht mehr ordnungsgemäß nachkommen, weil er keine Möglichkeit habe, sich über externe Kommunikationsquellen Informationen zu beschaffen. Über das Internet könne er sich einfach und unkompliziert Informationen über aktuelle Gesetzestexte und Gesetzgebungsverfahren sowie Verwaltungsvorschriften, aktuelle Buch- und Broschürenangebote, Informationen der Berufsgenossenschaften, Krankenkassen und anderer Einrichtungen, Informationen über aktuelle Produkte, Arbeitsmaterialien, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, unternehmensbezogene Informationen, aktuelle Wirtschaftsinformationen, aktuelle politische und gewerkschaftspolitische Informationen, Auskünfte über Verspätungen im Bahnverkehr, Informationen über den aktuellen Anmeldestand von Fortbildungen etc. beschaffen. In sämtlichen Zeitschriften oder Informationen, die er über das Intranet erhielte, befänden sich Links auf das Internet, die er nicht nutzen könne. Er benötige den Zugang auch, um sich mit anderen Betriebsräten oder der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft auszutauschen. Er könne sich über Suchmaschinen zu einzelnen Problemstellungen umfassend informieren, ohne auch Zufallsfunde in Zeitschriften angewiesen zu sein. Die Arbeitgeberin habe keinen wirtschaftlichen Nachteil, da sie über eine Flatrate verfüge. Der Sicherheitsgedanke könne nicht im Vordergrund stehen, weil einige Mitarbeiter einen USB-Stick erhalten hätten. Sicherheitsrisiken ließen sich über gute Programme minimieren. Einem Missbrauch könne durch Anweisungen an die Nutzer oder der Freigabe nur bestimmter Internetseiten vorgebeugt werden. Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,

die Arbeitgeberin zu verpflichten, den vorhandenen PC des Betriebsrates im Betriebsratsbüro an das Internet anzuschließen und etwaige laufende Kosten zu übernehmen. Die Arbeitgeberin hat erstinstanzlich beantragt,

Zurückweisung des den Antrags

und erwidert,

ein Internet-Anschluss sei für die sachgerechte Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats nicht erforderlich. Der Internetanschluss würde aus Sicherheits- und Kostengründen versagt. Der Forderung des Gesamtbetriebsrats, seinen 54 Mitgliedern einen Internetzugang zu gewähren, habe sie entsprochen, weil es sich um einen überschaubaren Nutzerkreis handele. Außerdem sei dem Gesamtbetriebsrat der Internetanschluss auch aus Gründen der "Waffengleichheit" gewährt worden, weil Frau Assessorin T. als Verhandlungspartnerin des Gesamtbetriebsrats und als einzige Juristin über einen entsprechenden Zugang verfüge.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gründe I. des Beschlusses des Arbeitsgerichts Mainz vom 12.01.2006 - 10 BV 101/05 - (Bl. 105 bis 108 d. A.) Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat im vorerwähnten Beschluss den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen, weil dieser den Anschluss seines PCs an das Internet nicht für erforderlich halten durfte. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gäbe es keine Pflicht des Arbeitgebers, dem Betriebsrat dieselben Sachmittel zur Verfügung zu stellen, wie sie von ihm benutzt würden. Im SB-Warenhaus V.-Stadt sei kein Arbeitnehmer mit einem PC ausgestattet, der über einen Internetzugang verfüge. Die allgemein übliche Nutzung des Internets besage nichts über die Notwendigkeit, dieses auch zur Bewältigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrates einzusetzen. Dem Interesse des Betriebsrates an der Nutzung des Internets stünden berechtigte betriebliche Interessen, nämlich die Datensicherheit und durch die erforderliche Erweiterung der Firewall und der Leitungskapazität, zusätzliche Kosten entgegen. Das Vorbringen des Betriebsrats erschöpfe sich in der Beschreibung der Nützlichkeit und der Zweckmäßigkeit des Internets als Mittel zur Informationsbeschaffung. Die vom Betriebsrat vorgelegte Mail-Korrespondenz untermaure die Erforderlichkeit des Internetanschlusses für die Erledigung der Betriebsratsaufgaben nicht. Allein der Umstand, dass die Gewerkschaft R. eine Newsletter per Mail verteile, lasse keinen Schluss darauf zu, ob der Betriebsrat die Information für seine laufende Geschäftsführung benötige. Zu den Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf den Beschluss Bl. 6 bis 13 (Bl. 109 bis 116 d. A.) verwiesen. Gegen den, dem Betriebsrat am 15.02.2006 zugestellten Beschluss richtet sich dessen am 15.02.2006 eingelegte und am 12.04.2006 begründete Beschwerde, nach entsprechender Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist. Der Betriebsrat bringt zweitinstanzlich im Wesentlichen vor, das Arbeitsgericht nähme fehlerhaft an, dass die etwaige Ausstattung der Geschäftsleitung mit dem Internetanschluss ohne Bedeutung sei. Es müssten die Grundsätze der "Waffengleichheit" greifen. Insoweit hätte Beweis erhoben werden müssen. Den Ausführungen des Arbeitsgerichts zu berechtigten betrieblichen Interessen des Arbeitgebers in Bezug auf Datensicherheit und zusätzlichen Kosten für die Erweitung der Firewall und der Leitungskapazität sei bereits erstinstanzlich entgegnet worden, dass der Gefahr von Viren sehr gut mit entsprechenden Programmen begegnet werden könne. Eine potentielle Gefährdung sei nur pauschal behauptet; ebenso höhere Kosten, die zudem auch bestritten würden. Es bestünde eine Flatrate. Das Internet sei unstreitig eine geeignete Quelle zur Informationsbeschaffung. Insoweit könne der Arbeitgeber aufgrund mangelnder Verfügbarkeit nicht alle Sachmittel zur Verfügung stellen wie z.B. aktuelle Gesetzestexte, Tarifverträge usw. Im Übrigen bestünde der Anspruch auch aus der Konzernbetriebsbetriebsvereinbarung vom 02.11.2004. Der Betriebsrat hat zweitinstanzlich beantragt,

1. den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 12.01.2006 - 10 BV 101/05 - abzuändern, 2. die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den vorhandenen PC des Betriebsrates im Betriebsratsbüro an das Internet anzuschließen und etwaige laufende Kosten zu übernehmen. Die Arbeitgeberin hat

Zurückweisung der Beschwerde

beantragt und erwidert, zutreffend sei lediglich, dass der Geschäftsleiter zur Datenübertragung auf seinen PC einen USB-Stick besitze. Ansonsten bestünde keine Möglichkeit das Internet zu nutzen. Maßgeblich sei, ob das Internet für die Erledigung der Betriebsratsaufgaben erforderlich sei; dies verlange mehr als bloße Nützlichkeit und Zweckmäßigkeit. Im Übrigen würden aushangpflichtige Gesetze im Intranet der Antragsgegnerin veröffentlicht; dort gäbe es auch einen Link zur Homepage der Berufsgenossenschaft. Der Gesamtbetriebsrat unterhielte eine eigene Seite. Im Übrigen verfüge der Betriebsrat über das E-Mail-System "Outlook", über welches er mit dem Gesamtbetriebsrat und der Gewerkschaft korrespondieren könne. Über die U. bestünde zwar eine Flatrate, die jedoch an Schwellenwerte gebunden sei und die sich erhöhen würden, wenn alle Märkte Internetanschluss hätten. Der Anschluss könne auch nicht aus der Konzernbetriebsvereinbarung vom 02.11.2004 hergeleitet werden, da deren Umsetzung nicht erfolgt sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Schriftsatz des Betriebsrates vom 11.04.2006 (Bl. 156 bis 169 d. A.) sowie auf den Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 15.05.2006 (Bl. 174 bis 193 d. A.) nebst sämtlichen vorgelegten Unterlagen Bezug genommen. II.

Die statthafte Beschwerde des Betriebsrates ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist insgesamt zulässig. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass für den Betriebsrat kein aus § 40 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ableitbares Recht besteht, einen Internetanschluss für den vorhandenen PC auf Kosten der Arbeitgeberin zu erhalten. Das Arbeitsgericht hat die von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 03.09.2003 - 7 ABR 8/03 -) und von der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz geteilten Grundsätze (Beschluss LAG Rheinland-Pfalz vom 30.06.2004 - 10 TaBV 880/03 -) zutreffend dargestellt und bei seiner Prüfung eine beanstandungsfreie Abwägung zwischen den Interessen der Belegschaft an der sachgerechten Ausübung der Betriebsratsamtes und den Folgen für die Arbeitgeberin vorgenommen. Um Wiederholungen zu vermeiden, nimmt die Kammer zunächst gemäß §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 540 ZPO auf den diesbezüglich begründenden Teil des angefochtenen Beschlusses Bezug, stellt dies ausdrücklich fest und sieht hier - unter Übernahme der Gründe - von einer weiteren Darstellung ab. Im Hinblick auf den Sachstand im Beschwerdeverfahren und die Angriffe der Beschwerde besteht Veranlassung zu folgenden ergänzenden Ausführungen: 1.

Soweit sich die Beschwerde auf Grundsätze der "Waffengleichheit" beruft, wird zunächst übersehen, dass sich der erforderliche Umfang eines Sachmittels nicht ausschließlich nach dem Ausstattungsniveau des Arbeitsgebers bestimmt. Weder § 40 Abs. 2 BetrVG, noch das Benachteiligungsverbot des § 78 BetrVG oder aus den Grundsätzen der vertrauensvollen Zusammenarbeit des § 2 BetrVG folgt eine Pflicht des Arbeitgebers, dem Betriebsrat dieselben Sachmittel zur Verfügung zu stellen wie sie von ihm benutzt werden (vgl. BAG, Beschluss vom 17.02.1993 - 7 ABR 19/92 - = EzA BetrVG 1972, § 40 Nr. 69). Insofern kommt es - mit dem Arbeitsgericht - nicht darauf an, ob der Geschäftsleiter einen Internetzugang hat oder nicht. Der Geschäftsleiter hat dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgerichts im Übrigen auch auf Befragen negiert. Die Tatsache, dass der Geschäftsleiter einen USB-Stick besitzt, gibt keine Begründung für den Anspruch des Betriebsrates ab. Hierbei handelt es sich um feuerzeuggroßes Speichermedium, mit welchem gespeicherte Daten leichter transportiert werden können. Mit einem Internetanschluss hat dies nichts zu tun. 2.

Soweit die Beschwerde zu Möglichkeiten der Datensicherheit und zu den Kosten für die Arbeitgeberin Stellung nimmt, ist dies zweitrangig, denn im Rahmen der von der Rechtsprechung geforderten Abwägung ist mit maßgebend, ob das Internet für die Erledigung der Betriebsratsaufgaben erforderlich ist. Dies ist nach dem Sachstand im Beschwerdeverfahren zu verneinen. Die Arbeitgeberin hat nämlich ohne qualifizierten Widerspruch des Betriebsrates vorgetragen, dass etwa aushangpflichtige Gesetze im Intranet der Beklagten veröffentlicht seien, dort ein Link zur Homepage der Berufsgenossenschaft und des Gesamtbetriebsrates unterhalten würde und schließlich, dass der Betriebsrat über das E-Mail-System Outlook verfüge, über das er mit dem Gesamtbetriebsrat und der Gewerkschaft korrespondieren könne. Damit bestehen nach Auffassung der Beschwerdekammer und insoweit in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht ausreichende Möglichkeiten, um qualifizierte Betriebsratsarbeit zu leisten. 3.

Soweit der Betriebsrat für seinen Anspruch auf die Konzernbetriebsvereinbarung vom 02.11.2004 zurückgreifen möchte, ergibt sich nach dem Stand des Beschwerdeverfahrens kein fälliger Anspruch auf den begehrten Internetzugang. Zutreffend ist zwar, dass in dieser Vereinbarung die Einführung eines Web-Portals mit Internetzugang auch für örtliche Betriebsräte vereinbart worden ist. Ein Rechtsanspruch auf Nutzung besteht aber ausdrücklich erst "nach Einführung". Nach dem Stand des Beschwerdeverfahrens ist - insoweit hat der Betriebsrat nicht widersprochen - festzustellen, dass eine Umsetzung der Konzernbetriebsvereinbarung bisher nicht erfolgt ist. III.

Das Beschwerdeverfahren ist nach § 12 Abs. 5 ArbGG gerichtskostenfrei. IV.

Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand angesichts der zwischenzeitlich vorliegenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Veranlassung. V.

Gegen diesen Beschluss findet mangels Zulassung die Rechtsbeschwerde nicht statt (§ 91 Abs. 1 ArbGG). Auf den Rechtsbehelf der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 92 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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