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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 11.01.2002
Aktenzeichen: 9 Sa 1367/00
Rechtsgebiete: DÜG, ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

DÜG § 1
ArbGG §§ 64 ff.
ArbGG § 72 Abs. 2
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO §§ 511 ff.
BGB § 288 Abs. 1 S. 1
BGB § 291 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 11.10.2000, Az.: 4 Ca 1299/00 wird zurückgewiesen.

II. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 11.10.2000, Az.: 4 Ca 1299/00 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 10.08.2000 nicht aufgelöst wird.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 1.940,38 DM netto nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskont-Überleitungs-Gesetzes vom 09.06.1998 seit dem 22.12.2000 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

4. Der Kläger hat 27/100 und die Beklagte hat 73/100 der Kosten des erstinstanzlichen Rechtsstreits zu tragen.

5. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 16.360,38 DM festgesetzt.

III. Im Übrigen wird die Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen.

IV. Der Kläger hat die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens zu tragen.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche.

Der Kläger war seit dem 19.04.1984 bei der Beklagten, die eine Lohndreherei betreibt, als Galvanik-Facharbeiter beschäftigt. Die Parteien vereinbarten in dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 06.02.1987 (Bl. 4 ff. d.A.) die einzelnen Arbeitsbedingungen; zuletzt bezog der Kläger eine monatliche Vergütung in Höhe von 3.990,00 DM brutto.

Während der Jahre 1984 bis 1998 zahlte die Beklagte entsprechend der Lohnabrechnung für den Monat November des jeweiligen Jahres, welche am 03. oder 04.12. des jeweiligen Jahres erstellt wurde, ein Weihnachtsgeld an den Kläger in unterschiedlicher Höhe (vgl. zu den Einzelheiten die vom Kläger hierzu vorgelegten Lohnabrechnungen; Bl. 66 ff. d.A.).

Zumindest in der Zeit von Mai bis September 1999 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Während der Monate Oktober und November 1999 - den genauen Zeitraum konnten beide Parteien während der letzten mündlichen Verhandlung nicht angeben - nahm der Kläger an einer Wiedereingliederungsmaßnahme teil. Während dieser Zeit bezog er keine Arbeitsvergütung von der Beklagten. Die Beklagte zahlte während des Jahres 1999 auch kein Weihnachtsgeld an den Kläger. Mit Schreiben vom 10.08.2000 kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.01.2001.

Der Kläger hat daraufhin mit seiner am 16.08.2000 beim Arbeitsgericht Trier eingegangenen Klage die Unwirksamkeit dieser Kündigung geltend gemacht und darüber hinaus die Leistung von Weihnachtsgeld für das Jahr 1999 in Höhe von 2.450,00 DM brutto nebst Zinsen verlangt.

Der Kläger hat vorgetragen,

die Kündigung vom 10.08.2000 sei sozial nicht gerechtfertigt. Er habe einen Anspruch auf Leistung von Weihnachtsgeld für das Jahr 1999 in Höhe von 2.450,00 DM brutto, da er in den drei vorhergehenden Jahren entsprechende Leistungen in Höhe zwischen 2.300,00 DM brutto und 2.600,00 DM brutto jährlich erhalten habe. Auch die übrigen Mitarbeiter des Betriebes hätten in den vorausgegangenen Jahren die Sonderzahlung immer erhalten.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 10.08.2000 - zugegangen am 12.08.2000 - nicht aufgelöst worden ist,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.450,00 DM brutto nebst 4% Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 01.12.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten,

die ausgesprochene Kündigung sei wegen Betriebsschließung gerechtfertigt und beruhe auf einer ordnungsgemäßen Sozialauswahl.

Das Arbeitsgericht Trier hat mit Urteil vom 11.10.2000 (Bl. 41 ff. d.A.) festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 10.08.2000 nicht aufgelöst worden ist; im Übrigen hat das Gericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung des klageabweisenden Teiles der Entscheidung hat die Kammer ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Zahlung von Weihnachtsgeld für das Jahr 1999. Eine betriebliche Übung habe durch die Weihnachtsgeldleistungen aus den Vorjahren nicht entstehen können, da zwischen den Parteien unter § 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages die Freiwilligkeit von Weihnachtsgeldleistungen vereinbart und darüber hinaus klargestellt worden sei, dass auch bei mehrmaliger Zahlung kein Rechtsanspruch entstehe. Ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht erkennbar, zumal der Kläger die Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht hinreichend dargelegt habe. Seinem Vortrag sei nicht zu entnehmen gewesen, nach welchem System die Beklagte welche Arbeitnehmer mit Weihnachtsgeld in der Vergangenheit bedacht habe und wann in welcher Höhe Zahlungen geflossen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf S. 6 ff. des Urteiles vom 11.10.2000 (Bl. 46 ff. d.A.) verwiesen.

Die Beklagte rechnete nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils in einer Lohnabrechnung für den Monat Oktober 2000, ein Weihnachtsgeld in Höhe von 2.450,00 DM brutto ab; der sich ergebende Nettobetrag in Höhe von 1.940,38 DM ging am 07.11.2000 auf dem Konto des Klägers ein. Der Kläger hat gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Trier vom 11.10.2000, welches ihm am 26.10.2000 zugestellt worden ist, am 03.11.2000 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und gleichzeitig sein Rechtsmittel begründet. Die Beklagte hat ihrerseits mit Schriftsatz vom 18.12.2000, der am 21.12.2000 beim Landesarbeitsgericht einging, eine als Anschlussberufung aufzufassende Widerklage auf Rückzahlung des im Oktober 2000 überwiesenen Weihnachtsgeldes erhoben. Die vom Arbeitsgericht Trier in dem Urteil vom 11.10.2000 festgestellte Rechtsunwirksamkeit der Kündigung vom 10.08.2000 ist rechtskräftig geworden.

Der Kläger macht geltend,

die Beklagte schulde noch die Zahlung von Weihnachtsgeld für das Jahr 1999 in Höhe von 2.450,00 DM brutto zuzüglich Zinsen. Der entsprechende Zahlungsanspruch beruhe auf betrieblicher Übung, zumal der Kläger von 1984 bis 1998 durchgehend Weihnachtsgeldleistungen erhalten habe. Unter § 3 Abs. 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages sei zwar festgehalten, dass die Leistung von Weihnachtsgeld unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs erfolge, ein solcher Widerruf sei jedoch von der Beklagten nicht erklärt worden. Darüber hinaus stehe dem Kläger das Weihnachtsgeld auch aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zu, da die Beklagte in der Vergangenheit an sämtliche Mitarbeiter Weihnachtsgeld gezahlt habe.

Die von der Beklagten mit der Anschlussberufung geltend gemachte Rückzahlung des im Oktober 2000 gezahlten Weihnachtsgeldes sei ausgeschlossen, da insoweit der Weihnachtsgeldanspruch des Klägers für das 2000 erfüllt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung und der Erwiderung auf die Anschlussberufung wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 02.11.2000 (Bl. 63 ff. d.A.), 13.11.2000 (Bl. 85 d.A.) und 27.12.2000 (Bl. 108 ff. d.A.) nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

1. unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichtes Trier vom 11.10.2000 - 4 Ca 1299/00 - die Beklagte kostenpflichtig zu verurteilen, an den Kläger 2.450,00 DM brutto nebst 4% Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 01.12.1999 zu zahlen,

2. die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

1. die Berufung des Klägers zurückzuweisen,

2. widerklagend den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 1.940,38 DM netto nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskont-Überleitungs-Gesetzes vom 09.06.1998, BGBl I. S. 1242 seit dem 10.11.2000 zu zahlen.

Die Beklagte führt aus,

ein Anspruch des Klägers auf Leistung von Weihnachtsgeld für das Jahr 1999 sei bei Anwendung der Grundsätze für eine betriebliche Übung ausgeschlossen, da unter § 3 Abs. 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages nicht nur ein Widerrufsvorbehalt vereinbart worden sei, sondern darüber hinaus auch, dass ein Rechtsanspruch auf Weihnachtsgeldleistungen für die Zukunft nicht begründet werde; dies gelte auch bei wiederholter Zahlung. Die Beklagte habe außerdem den Kläger nicht unter Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vom Weihnachtsgeldbezug ausgeschlossen. Denn Weihnachtsgeld würde an alle Arbeitnehmer im Betrieb gezahlt mit Ausnahme der Mutterschaftsurlauberinnen und Langzeiterkrankten. Dementsprechend hätten die Mutterschaftsurlauberinnen C G und P K im Jahr 1999 kein Weihnachtsgeld erhalten und darüber hinaus auch der langzeiterkrankte R M nicht. Im Jahr 1996 habe Herr F M wegen einer Langzeiterkrankung ebenfalls kein Weihnachtsgeld bezogen.

Die Weihnachtsgeldzahlung vom Oktober 2000 sei für das Jahr 2000 erfolgt; dies habe die Beklagte schriftsätzlich selbst behauptet. Hilfsweise berufe er sich auf den Wegfall der Bereicherung. Das Weihnachtsgeld sei ausgegeben, er verfüge über kein Vermögen und sein Konto sei vor und nach der Gutschrift überzogen gewesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 27.11.2000 (Bl. 93 ff. d.A.), 18.12.2000 (Bl. 99 f. d.A.) und 18.12.2000 (Bl. 101 ff. d.A.) nebst Anlagen verwiesen.

Das Landesarbeitsgericht hat entsprechend seinem Beweisbeschluss vom 11.01.2001 (Bl. 113 d.A.) Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Stielow; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 11.01.2001 (Bl. 114 f. d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers wie auch die Anschlussberufung der Beklagten sind nach §§ 64 ff. ArbGG, 511 ff. ZPO zulässig. Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet, während die Anschlussberufung der Beklagten zum überwiegenden Teil begründet ist.

A.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet, da ihm für das Jahr 1999 ein Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld in Höhe von 2.450,00 DM brutto gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zusteht.

1.

Ein Anspruch aus betrieblicher Übung setzt voraus, dass in der Vergangenheit zumindest dreimal die Leistung von Weihnachtsgeld vorbehaltlos erfolgt ist (vgl. BAG v. 23.04.1963 AP Nr. 3 zu § 611 BGB Gratifikation; BAG v. 26.06.1975 EzA § 611 BGB Gratifikation, Prämie Nr. 139). Im vorliegenden Fall sind in der Vergangenheit zwar insgesamt 16 Weihnachtsgeldzahlungen aufeinanderfolgend während der Jahre 1984 bis 1998 an den Kläger erfolgt; unter Berücksichtigung von § 3 Ziffer II des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 06.02.1987 fehlt es jedoch an der Vorbehaltlosigkeit dieser Leistungen. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung lautet:

"Die Zahlung von Sondervergütungen (Gratifikationen, Tantiemen, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Prämien, u.s.w.) erfolgt freiwillig unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs und ohne Begründung eines Rechtsanspruches für die Zukunft. Dies gilt auch bei wiederholter Zahlung."

Dieser Abrede ist aufgrund ihres eindeutigen Wortlautes zu entnehmen, dass die Beklagte ab dem Jahr 1987 rechtlich nicht verpflichtet sein sollte, Weihnachtsgeld zu zahlen. Der Hinweis des Klägers auf die Vereinbarung einer freiwilligen Zahlung unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufes führt nicht weiter; zumindest ist dem nicht zu entnehmen, dass immer dann wenn kein Widerruf erfolgt ist, eine Zahlungspflicht besteht. Vielmehr haben die Beklagten durch die Formulierungen "ohne Begründung eines Rechtsanspruches für die Zukunft", "dies gilt auch bei wiederholter Zahlung" klargestellt, dass der Kläger in jedem Fall keinen rechtlichdurchsetzbaren Weihnachtsgeldanspruch haben soll.

2.

Dem Kläger steht die Weihnachtsgeldleistung für das Jahr 1999 auch nicht nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz zu. Hiernach ist der Arbeitgeber verpflichtet, Arbeitnehmer, ohne sachlichen Grund, nicht ungleich zu behandeln (vgl. DLW/Dörner 2. Aufl. A/Rz. 336). Dies bedeutet im konkreten Fall, dass eine freiwillige Weihnachtsgeldleistung an den Kläger hätte erfolgen müssen, wenn - wie er dies in beiden Instanzen behauptet hat - alle anderen Arbeitnehmer diese Weihnachtsgeldleistung auch erhalten haben und in seiner Person kein sachlicher Grund für eine Verweigerung der Leistung vorlag.

Die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes lässt sich nur überprüfen, wenn die Darlegungs- und Beweislast zur Abgrenzung des begünstigten Personenkreises sachgerecht verteilt wird. Gewährt der Arbeitgeber einer bestimmten Anzahl von Arbeitnehmern eine Leistung und erhebt ein nicht berücksichtigter Arbeitnehmer aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung ebenfalls einen Anspruch, so muss der Arbeitgeber zunächst einmal darlegen, wie er den begünstigten Personenkreis abgegrenzt hat und warum der klagende Arbeitnehmer nicht dazu gehört. Sodann hat sich der Arbeitnehmer zu den vom Arbeitgeber behaupteten Kriterien über die Abgrenzung der Gruppen zu äußern. Dabei kann er geltend machen, dass die Gruppen nicht sachgerecht abgegrenzt worden seien oder auch darlegen, dass er zu dem begünstigten Personenkreis gehört (vgl. BAG, Urt. v. 12.11.1991 - 3 AZR 489/90 = AP Nr. 17 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung). Dieser Verteilung der Darlegungslast entspricht die Verteilung der Beweislast.

Nachdem feststand, dass im Jahr 1999 der weit überwiegende Teil der Arbeitnehmer der Beklagten ein Weihnachtsgeld erhalten hat und der Kläger die Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes gerügt hatte, genügte die Beklagte ihrer Darlegungslast dadurch, dass sie vorgetragen hat, sie habe im Jahr 1999 Langzeiterkrankte und Mutterschaftsurlauberinnen von dem Bezug des Weihnachtsgeldes ausgeschlossen, da diese Arbeitnehmergruppen über längere Zeit hinweg keine Arbeitsleistung während des Jahres erbracht hätten. Die hier vorgetragene Abgrenzung war sachgerecht, zumal es dem Arbeitgeber freisteht zu bestimmen, nach welchen Kriterien und zu welchem Zweck eine freiwillige Leistung erfolgen soll. Die Orientierung daran, ob ein Arbeitnehmer während des überwiegenden Teiles des Jahres Arbeitsleistungen erbracht oder nicht erbracht hat, ist als solche nicht sachwidrig (vgl. BAG, Urt. v. 25.01.1984 - 5 AZN 89/82 = AP Nr. 67 zu § 242 BGB Gleichbehandlung).

Da der Kläger mit Nichtwissen bestritten hatte, dass außer ihm weitere Arbeitnehmer von der Weihnachtsgeldleistung im Jahr 1999 ausgeschlossen waren, hat die Berufungskammer entsprechend dem Antrag der Beklagten Beweis erhoben durch Vernehmung des Prokuristen S . Dessen Vernehmung ergab, dass alle Arbeitnehmer, welche vor dem Auszahlungszeitpunkt während mindestens 6 Monaten keine Arbeitsvergütung von der Beklagten bezogen hatten, vom Weihnachtsgeldgesuch im Jahr 1999 und darüber hinaus im Jahr 1996 ausgenommen wurden. Der Zeuge S bestätigte die Angaben der Beklagten, wonach die Mutterschaftsurlauberinnen G und K sowie die Langzeiterkrankten M und der Kläger im Jahr 1999 kein Weihnachtsgeld unter Beachtung des vorgenannten Kriteriums erhalten hatten. Die Bekundungen des Zeugen erschienen der Berufungskammer glaubhaft, zumal der Zeuge konkrete und widerspruchsfreie Angaben machte.

Da der Kläger während der Zeit vom Mai bis einschließlich Oktober 1999 keine Arbeitsvergütung von der Beklagten bezog, war die Beklagte zu einer Weihnachtsgeldleistung unter Beachtung ihres eigenen Systems nicht verpflichtet.

B.

Die Anschlussberufung der Beklagten ist hinsichtlich der Hauptforderung in vollem Umfang und hinsichtlich der Zinsforderung teilweise begründet.

1.

Die Beklagte hat gegen den Kläger einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB) auf Rückzahlung der im Oktober 2000 erbrachten Weihnachtsgeldleistung in Höhe von 1.940,38 DM netto.

Der Kläger hat diese Zahlung ohne rechtlichen Grund erhalten, da ihm für das Jahr 1999 - wie eben bereits ausgeführt - weder nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung noch dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz ein Weihnachtsgeldanspruch in Höhe von 1.940,38 DM netto - dies entspricht 2.450,00 DM brutto - zusteht.

Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei dieser Leistung nicht um die Weihnachtsgeldzahlung für das Jahr 2000. Aus der Sicht eines objektiven Zahlungsempfängers konnte es sich zum Zahlungszeitpunkt nicht um eine solche Leistung handeln, zumal die Beklagte sowohl an den Kläger in den 16 vorausgegangenen Jahren die Weihnachtsgeldleistung in der Lohnabrechnung für den Monat November des jeweiligen Jahres auswies; entsprechend wurde auch bei den anderen Mitarbeitern der Beklagten verfahren. Da es auch allgemein vollkommen unüblich wäre, bereits im Oktober eines Jahres Weihnachtsgeld auszuzahlen, konnte der Kläger, obwohl das Jahr, für welches die Leistung erbracht wurde, in der Lohnabrechnung nicht ausdrücklich erwähnt wurde, angesichts des Zeitpunktes der Lohnabrechnung nicht davon ausgehen, dass er bereits die Weihnachtsgeldleistung für das Jahr 2000 erhalten sollte. Da ansonsten keine Weihnachtsgeldforderungen offen waren, konnte es sich mithin nur um die Weihnachtsgeldzahlung für das Jahr 1999 handeln.

Soweit der Kläger demgegenüber vortragen ließ, die Beklagte habe selbst schriftsätzlich behauptet, dass es sich bei der Zahlung vom Oktober 2000 um die irrtümliche Weihnachtsgeldleistung für das Jahr 2000 gehandelt habe, ist zwar zutreffend, dass ein entsprechender Sachvortrag vorliegt. Zum einen wurde dieser Sachvortrag aber in einem späteren Schriftsatz dahingehend berichtigt, dass es sich um die irrtümliche Zahlung von Weihnachtsgeld für das Jahr 1999 gehandelt habe und zum anderen kann es nicht darauf ankommen, wie die Parteien sich in einem Rechtsstreit, der sich einer Zahlung anschließt, einlassen; entscheidend ist insoweit nach Auffassung der Berufungskammer allein, wie aus der Sicht eines objektiven Zahlungsempfängers eine Geldleistung im Zahlungszeitpunkt zu verstehen war.

2.

Der Rückforderung des in unstreitiger Höhe von 1.940,38 DM netto gezahlten Weihnachtsgeldbetrages kann der Kläger nicht mit Erfolg die Einrede des Wegfalls der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) entgegenhalten.

Ein Arbeitnehmer, der gegen den Anspruch des Arbeitgebers auf Rückzahlung zuviel gezahlter Arbeitsvergütung (§ 812 Abs. 1 BGB) den Wegfall der Bereicherung geltend macht (§ 818 Abs. 3 BGB), hat darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er nicht mehr bereichert ist. Er kann sich für den Wegfall der Bereicherung auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises nur dann berufen, wenn es sich um eine geringfügige Überzahlung handelt und die Lebenssituation des Arbeitnehmers so ist, dass erfahrungsgemäß ein alsbaldiger Verbrauch der Überzahlung für die laufenden Kosten der Lebenshaltung anzunehmen ist. Dabei hat der Arbeitnehmer die Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen, aus denen erfahrungsgemäß auf die Verwendung zum Lebensunterhalt geschlossen werden kann (vgl. BAG, Urt. v. 10.01.1995 - 5 AZR 817/93 = AP Nr. 13 zu § 812 BGB).

Unter Beachtung dieser Rechtsgrundsätze genügte der Kläger im vorliegenden Fall seiner Darlegungslast nicht, indem er lediglich darauf hinwies, dass das Weihnachtsgeld ausgegeben sei, er über kein Vermögen verfüge und sein Konto vor und nach der Gutschrift aus dem Oktober 2000 überzogen gewesen sei.

Da die Grundsätze des Anscheinsbeweises hier nicht zu Gunsten des Klägers eingreifen - es handelt sich bei dem Betrag von 1.940,38 DM nämlich keinesfalls um eine geringfügige Überzahlung - hätte der Kläger konkret die Verwendung der Weihnachtsgeldzahlung vortragen müssen. Nur wenn aufgrund des Verwendungszweckes - wie zum Beispiel für eine Urlaubsreise - eine Vermögensverbesserung des Klägers zwischenzeitlich nicht mehr bestünde, könnte er mit Erfolg die Einwendung des Wegfalls der Bereicherung erheben. An dahingehendem Sachvortrag des Klägers fehlt es jedoch.

3.

Die der Beklagten zugesprochenen Zinsen ergeben sich aus §§ 291 S. 1, 288 Abs. 1 S. 1 BGB. Soweit die Widerklage abgewiesen und die Anschlussberufung zurückgewiesen wurde, beruht dies darauf, dass die Beklagte lediglich Zinsen für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Anschlussberufung, also ab dem 22.12.2000 verlangen kann. Eine diesem Zeitpunkt vorausgegangene Zahlungsaufforderung erfolgte zwar durch Schreiben des Beklagtenvertreters an den Klägervertreter vom 06.12.2000; die Beklagte hat es jedoch als darlegungspflichtige Partei versäumt, den Zeitpunkt des Zugangs dieses Schreibens bei dem Klägervertreter vorzutragen.

Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen und der Anschlussberufung der Beklagten teilweise stattzugeben.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.

Für die Zulassung der Revision bestand unter Beachtung von § 72 Abs. 2 ArbGG kein gesetzlich begründeter Anlass.

Ende der Entscheidung

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