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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 19.04.2001
Aktenzeichen: 9 Sa 1507/00
Rechtsgebiete: BBiG, ArbGG, ZPO, KSchG


Vorschriften:

BBiG § 13
BBiG § 13 Satz 1
BBiG § 15 Abs. 1
ArbGG §§ 64 ff.
ArbGG § 72 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO §§ 511 ff.
KSchG § 15 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 14.11.2000, Az.: 3 Ca 1600/00 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand: Die Parteien streiten um die fristlose Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses. Die Klägerin schloss am 14.07.1999 mit der ...... einen schriftlichen Berufsausbildungsvertrag (Bl. 4 ff. d. A.), wonach sie während der Zeit vom 01.08.1999 bis spätestens 31.07.2002 zur Fachangestellten für Bäderbetriebe ausgebildet werden sollte; die ersten drei Monate der Berufsausbildung wurden als Probezeit vereinbart. Die Klägerin wurde entsprechend dem geschlossenen Vertrag von der ..... bis zu ihrem Umzug in den Raum ..... , welcher im Sommer des Jahres 2000 erfolgte, ausgebildet. Aufgrund des Umzuges beendete sie das Ausbildungsverhältnis in und schloss mit der Beklagten den Berufsausbildungsvertrag vom 29.03.2000 ab. § 2 dieses Vertrages lautet:

" (1) Die Berufsausbildung beginnt am 01.08.2000 und endet am 31.07.2002.

(2) Die ersten drei Monate der Berufsausbildung sind Probezeit.

Wird die Berufsausbildung während der Probezeit um mehr als einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Probezeit um den Zeitraum der Unterbrechung.

Als erstes Ausbildungsjahr wird die seit 01.08.1999 lfd. Ausbildung im selben Beruf bei der ..... anerkannt."

Mit Schreiben vom 28.09.2000 (Bl. 11 d. A.) kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Ausbildungsverhältnis mit Ablauf des 30.09.2000.

Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer beim Arbeitsgericht Trier am 05.10.2000 eingereichten Klage gewandt.

Die Klägerin macht geltend,

die in dem Berufsausbildungsvertrag vom 29.03.2000 getroffene Vereinbarung über eine Probezeit sei rechtsunwirksam, da das Arbeitsverhältnis bereits am 01.08.1999 mit einer dreimonatigen Probezeit begonnen habe. Da die Berufseignung der Klägerin von der ..... bejaht worden sei, könne diese nicht mehr von der Beklagten verneint werden, nachdem sie ausdrücklich das erste Ausbildungsjahr in dem Berufsausbildungsvertrag anerkannt habe.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die am 28.09.2000 erfolgte Kündigung zum 30.09.2000, zugestellt am 29.09.2000, unwirksam ist und dass das Ausbildungsverhältnis über den 30.09.2000 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, die erneute Vereinbarung einer Probezeit in dem zuletzt geschlossenen Berufsausbildungsvertrag sei zulässig gewesen, da es dem neuen Ausbildenden möglich sein müsse, sich ein eigenes Bild von der Eignung der Auszubildenden und von deren Einfügung in den Betrieb zu machen. Die Anerkennung des ersten Ausbildungsjahres sei deshalb unter § 2 des Berufsausbildungsvertrages vom 29.03.2000 aufgenommen worden, weil dort auch die auf zwei Jahre verkürzte Ausbildungszeit bei der Beklagten vereinbart worden sei; es habe daher deutlich gemacht werden müssen, warum die sonst übliche dreijährige Ausbildungszeit nicht eingehalten werde.

Das Arbeitsgericht Trier hat mit Urteil vom 14.11.2000 (Bl. 24 ff. d. A.) die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung vom 28.09.2000 sei unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz rechtswirksam, da hiernach der Ausbildende das Berufsausbildungsverhältnis während der Probezeit jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen könne. Die Probezeitvereinbarung in dem Vertrag vom 29.03.2000 verstoße nicht gegen § 13 Satz 1 Berufsbildungsgesetz, wonach das Berufsausbildungsverhältnis mit der Probezeit beginne. Die Vereinbarung der Probezeit sei vielmehr wirksam erfolgt, zumal sich bei Abschluss des letzten Berufsausbildungsvertrages eine Vertragspartei im Vergleich zu dem vorausgegangenen Vertrag geändert habe. Es habe daher der Beklagten möglich sein müssen, die Fähigkeit der Klägerin, sich in das betriebliche Geschehen mit seinen Lernpflichten einzuordnen, selbst zu prüfen. Die Anerkennung des ersten Ausbildungsjahres stehe der Vereinbarung einer neuen Probezeit nicht entgegen, zumal durch die Anerkennung lediglich zu Gunsten der Klägerin klargestellt werden sollte, dass die Ausbildungszeit nicht länger als drei Jahre dauern werde.

Die Klägerin hat gegen die ihr am 27.11.2000 zugestellte Entscheidung des Arbeitsgerichtes Trier am 12.12.2000 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz unter gleichzeitiger Begründung ihres Rechtsmittels eingelegt.

Die Klägerin führt aus,

die unter § 2 des Berufsausbildungsvertrages vom 29.03.2000 vereinbarte Anerkennung des ersten Ausbildungsjahres könne nur bedeuten, dass keine neue Probezeit gelte. Da die Klägerin ihr Ausbildungsverhältnis bereits am 01.08.1999 bei der Stadt Kaiserslautern begonnen habe, bestehe kein Bedarf mehr, ihre Eignung für die vorgesehene Ausbildung zu überprüfen. Darauf ob die Vereinbarung der Probezeit auch dazu diene, zu prüfen, ob der Auszubildende sich in das betriebliche Geschehen mit seinen Lernpflichten einordnen könne, komme es vorliegend nicht an. Denn die Kündigung werde auf eine angeblich mangelnde Eignung der Klägerin für den Beruf gestützt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 11.12.2000 (Bl. 41 ff. d. A.) verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichtes Trier vom 14.11.2000 - 3 Ca 1600/00 - dem Klagebegehren in vollem Umfang zu entsprechen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor,

die Vereinbarung der Probezeit sei nicht zu beanstanden, da keinerlei Zusammenhang zwischen der Beklagten und der früheren Ausbilderin der Klägerin bestehe. Der Beklagten sei durch die Probezeitvereinbarung zu Recht die Möglichkeit eröffnet worden, auch die Leistungen der Klägerin zu überprüfen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 10.01.2001 (Bl. 47 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe: Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nach §§ 64 ff. ArbGG, 511 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht Trier hat in seinem Urteil vom 14.11.2000 mit zutreffenden rechtlichen Erwägungen die Klage abgewiesen.

1.

Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die am 28.09.2000 erfolgte Kündigung rechtsunwirksam ist, handelt es sich um einen zulässigen Klageantrag, der jedoch unbegründet ist. Denn nach § 15 Abs. 1 KSchG kann das Berufsausbildungsverhältnis während der Probezeit jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Kündigung wurde die Klägerin innerhalb einer Probezeit ausgebildet und die dementsprechende Probezeitvereinbarung ist nicht nach §§ 13 Berufsbildungsgesetz, 134 BGB nichtig.

a)

Die Kündigung vom 28.09.2000 wurde während einer laufenden Probezeit erklärt, zumal nach § 2 Abs. 1 des Berufsausbildungsvertrages vom 29.03.2000 die Berufsausbildung am 01.08.2000 begann und nach Abs. 2 der gleichen Vertragsregelung die ersten drei Monate der Berufsausbildung Probezeit sind. Diese Probezeitvereinbarung ist vom Wortlaut her eindeutig und somit nicht weiter auslegungsfähig.

Der Umstand, dass unter § 2 desweiteren vereinbart wurde, als erstes Ausbildungsjahr werde die seit 01.08.1999 laufende Ausbildung im selben Beruf bei der Stadt Kaiserslautern anerkannt, ändert nichts an dem Vorliegen einer erneuten Probezeitvereinbarung. Dieser Regelung kann nämlich nicht entnommen werden, dass die durch die Anerkennung des ersten Ausbildungsjahres bei der ..... und der dort bereits absolvierten Probezeit auf eine weitere Probezeit verzichtet werde. Vielmehr enthalten beide Berufsausbildungsverträge, sowohl jener, der mit der..... als auch jener, der mit der Beklagten abgeschlossen wurde, eine ausdrückliche Probezeitvereinbarung. Die Anerkennung des ersten Ausbildungsjahres hatte lediglich klarstellende Funktion und ergab sich eigentlich indirekt bereits aus § 2 Ziffer 1 des Berufsausbildungsvertrages. Denn die Ausbildungszeit für den Ausbildungsberuf einer Fachangestellten für Bäderbetriebe beläuft sich auf drei Jahre und unter der erwähnten Vertragsregelung sind Beginn und Ende der Ausbildungszeit so vereinbart, dass lediglich zwei Jahre dazwischen liegen. Bereits hieraus ergibt sich, dass die Beklagte das erste Ausbildungsjahr der Klägerin bei der ..... anerkannt hat. Wenn in dem nachfolgenden Absatz dann ausdrücklich eine Probezeitvereinbarung getroffen wird, welche im Übrigen auf die ersten drei Monate der auf zwei Jahre verkürzten Berufsausbildung abhebt, ist es ausgeschlossen, den Vertrag dahingehend auszulegen, dass sich die Beklagte mit der Absolvierung der Probezeit bei der ..... zufrieden geben wollte.

b)

Die Vereinbarung der dreimonatigen Probezeit in dem schriftlichen Berufsausbildungsvertrag vom 29.03.2000 ist nicht nach §§ 13 Berufsbildungsgesetz, 134 BGB nichtig. Sie muss mindestens einen Monat und darf höchstens drei Monate betragen.

Im vorliegenden Fall begann das Berufsausbildungsverhältnis zwischen den Prozessparteien am 01.08.2000. Es konnte also ohne weiteres für die Zeit ab dem 01.08.2000 eine Probezeit von drei Monaten vereinbart werden.

Die vorliegende Probezeitvereinbarung verstößt auch nicht gegen den Sinn und Zweck von § 13 Satz 1 Berufsbildungsgesetz. Hiernach beginnt das Berufsausbildungsverhältnis mit der Probezeit.

Die Probezeit soll es nämlich einerseits dem Ausbildenden ermöglichen, den Auszubildenden dahingehend zu überprüfen, ob er für den zu erlernenden Beruf geeignet ist. Diese Prüfung soll andererseits der Auszubildende auch für sich selbst anstellen. Die Probezeit dient ferner der Prüfung, ob der Auszubildende sich in das betriebliche Geschehen mit seinen Lernpflichten einordnen kann.

Falls ein Auszubildender während der Ausbildung zu einem anderen Ausbilder wechselt, bedarf es der erneuten Überprüfung dieser beiden Kriterien. Denn die Probezeit soll auch die Möglichkeit einer individuell auf den jeweiligen Vertragspartner zugeschnittenen persönlichen und fachlichen Eignungsprüfung ermöglichen (BAG, Urteil vom 27.11.1991 - 2 AZR 263/91 - = AP-Nr. 2 zu § 13 Berufsbildungsgesetz).

Vorliegend hatte die Beklagte erstmals im Rahmen der bei ihr am 01.08.2000 aufgenommenen Berufsausbildung die Möglichkeit, die Eignung der Klägerin für den zu erlernenden Beruf einer Fachangestellten für Bäderbetriebe zu prüfen. Es war auch hier erstmals beiden Parteien möglich, festzustellen, ob die Klägerin sich in das betriebliche Geschehen mit seinen Lernpflichten einordnen kann. Dementsprechend ist die zwischen den Parteien getroffene Probezeitvereinbarung vom 29.03.2000 rechtlich nicht zu beanstanden.

2.

Die von der Klägerin im zweiten Teil ihres Klageantrages begehrte Feststellung, dass das Ausbildungsverhältnis über den 30.09.2000 hinaus fortbesteht, ist lediglich als unselbständiges Anhängsel des ersten Teiles des Klageantrages aufzufassen. Denn die Klägerin hat keine eigenständige Begründung für diesen Teil des Klageantrages in den Prozess eingeführt. Ihre sämtlichen rechtlichen Einwendungen waren bereits im Rahmen der Prüfung des ersten Teiles des Klageantrages zu beurteilen. Das Ergebnis dieser Prüfung gilt daher auch für diesen zweiten, unselbständigen Teil.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision fehlte es an dem nach § 72 Abs. 2 ArbGG notwendigen gesetzlichem Zulassungsgrund.

Ende der Entscheidung

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