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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 21.07.2004
Aktenzeichen: 9 Sa 189/04
Rechtsgebiete: ArbGG, KSchG
Vorschriften:
ArbGG §§ 64 ff. | |
ArbGG § 69 Abs. 2 | |
ArbGG §§ 512 ff. | |
KSchG § 1 | |
KSchG § 1 Abs. 2 |
Aktenzeichen: 9 Sa 189/04
Verkündet am: 21.07.2004
Tenor:
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 28.01.2004, Az.: 4 Ca 504/03 abgeändert und die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.
Der Kläger war bei der Beklagten, die mit in der Regel mehr als fünf Arbeitnehmern ausschließlich der Auszubildenden einen Metallbauhandwerksbetrieb unterhält, als Arbeiter auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 29.11.1993 (Bl. 11 d.A.) gegen Zahlung einer monatlichen Vergütung in Höhe von zuletzt 1.723,52 EUR beschäftigt.
Nachdem seit dem Jahr 2002 eine rückläufige Umsatzentwicklung bei der Beklagten eintrat, beschlossen deren Gesellschafter Anfang Mai 2003, den Betrieb zum 31.12.2003 endgültig stillzulegen.
Mit Schreiben vom 15.05.2003 (Bl. 5 d.A.) kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.08.2003.
Mit seiner am 04.06.2003 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt.
Von der erneuten Darstellung des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 28.01.2004 (dort S. 2 bis 4 = Bl. 50 - 52 d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 15.05.2003 zum 31.08.2003 aufgelöst worden sei.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen X und der Zeugin W; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 28.01.2004 (Bl. 46 f. d.A.) verwiesen.
Sodann hat das Arbeitsgericht mit Urteil vom 28.01.2004 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 15.05.2003 zum 31.08.2003 nicht aufgelöst worden ist. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Beweisaufnahme habe keine betriebsbedingten Gründe für die ausgesprochene Kündigung ergeben. Weder der Zeuge X noch die Zeugin W, Ehefrau des Inhabers hätten bekunden können, dass ein dringendes betriebliches Bedürfnis bestanden habe, das Arbeitsverhältnis zu kündigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf S. 4 ff. des Urteils vom 28.01.2004 (= Bl. 52 ff. d.A.) verwiesen.
Die Beklagte, der das Urteil des Arbeitsgerichts am 04.03.2004 zugestellt worden ist, hat gegen diese Entscheidung am 16.03.2004 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 03.05.2004 ihr Rechtsmittel begründet.
Die Beklagte führt aus, der in den ersten vier Monaten des Jahres 2003 von ihr getätigte Umsatz in Höhe von insgesamt 54.916,00 EUR habe noch nicht einmal annähernd die während der gleichen Zeit angefallenen Personalkosten in Höhe von 68.505,31 EUR abgedeckt. Dies sei der Anlass gewesen für die Entscheidung, den Betrieb zum Ende des Jahres 2003 zu schließen. Sie habe dann am 15.05.2003 sämtliche bei ihr bestehenden Arbeitsverhältnisse unter Einhaltung der unterschiedlichen Kündigungsfristen gekündigt. Zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung hätten gerade noch zwei Aufträge vorgelegen, nämlich jener der Stadt Pirmasens vom 03.09.2002 ("V") und der Auftrag der U vom 22.04.2003. Für die Erledigung des Auftrages der Stadt Pirmasens seien zum Kündigungszeitpunkt noch 48 Arbeitsstunden notwendig gewesen und der Arbeitsaufwand im Zusammenhang mit dem Auftrag der U habe sich auf 144 Arbeitsstunden belaufen. Nach Zugang der Kündigungserklärung seien dann noch drei Aufträge bei der Beklagten eingegangen: Ein Auftrag der Firma S GmbH & Co KG, T vom 28.05.2003, der einen Arbeitsaufwand von 12 Arbeitsstunden erforderlich gemacht habe; ein Auftrag der Familie R vom 21.07.2003, wobei 54 Arbeitsstunden zur Erledigung notwendig gewesen seien und ein Auftrag des Q vom 09.07.2003, welcher 59 Arbeitsstunden erforderlich gemacht habe. Zu den im Kündigungszeitpunkt bereits vorliegenden 192 notwendigen Arbeitsstunden seien mithin noch 125 Stunden aus Aufträgen nach Kündigungszugang hinzugekommen, so dass insgesamt 317 Arbeitsstunden bis zur Betriebsschließung abzuleisten gewesen seien. Für den Kläger sowie den zum gleichen Zeitpunkt gekündigten Sohn des Geschäftsführers habe daher keinerlei Beschäftigungsbedarf mehr bestanden, zumal die weiteren Arbeitnehmer X bis zum Auslauf von dessen Kündigungsfrist am 31.11.2003 und P sowie O bis zum Ende derer Kündigungsfristen, also zum 31.12.2003 zu beschäftigen gewesen seien. Soweit bei der Erledigung der dargestellten Aufträge aus Sicht des Klägers Überstunden angefallen seien, beruhe dies darauf, dass etwa maximal zwei- bis dreimal zur Fertigstellung von Arbeiten länger als die normale tägliche Arbeitszeit gearbeitet worden sei, um eine Auftragsarbeit rechtzeitig fertig zu stellen und nicht wegen kleinerer Restarbeiten nochmals extra auf die teilweise örtlich weit entfernt liegenden Baustellen fahren zu müssen. Wenn der Kläger im Übrigen darauf hinweise, dass der von Juni bis August 2003 selbst 365,75 Stunden gearbeitet habe, verkenne er, dass es sich hierbei nicht um produktive Tätigkeit im Betrieb der Beklagten gehandelt habe, sondern dass er beispielsweise mehrere Tage Gartenarbeiten auf dem Wohngrundstück des Geschäftsführers ausgeführt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 03.05.2004 (Bl. 71 ff. d.A.) und 28.06.2004 (Bl. 104 f. d.A. Bezug genommen).
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 28.01.2004, Az.: 4 Ca 504/03, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte führt aus, es werde mit Nichtwissen bestritten, dass in den vergangenen zwei Jahren ein stetiger Umsatzrückgang zu verzeichnen gewesen sei. Sämtliche Arbeitnehmer der Beklagten hätten bis zum Jahre 2003 in Vollzeit gearbeitet und bis zum Jahr 2003 darüber hinaus wöchentlich Überstunden geleistet. Der Zeuge X habe bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung im Übrigen auch bestätigt, dass die Arbeitnehmer der Beklagten auch nach dem 31.08.2003 noch Überstunden hätten ableisten müssen. Es müsse bestritten werden, dass zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung gerade noch zwei Aufträge abzuarbeiten gewesen seien. Es wäre ansonsten sicherlich nicht erforderlich gewesen, nach dem 31.08.2003 noch Überstunden anzuordnen. Es werde des Weiteren bestritten, dass ab Mitte Mai 2003 bis zum Zeitpunkt der Betriebsschließung lediglich noch ein Beschäftigungsbedarf von 317 Arbeitsstunden bestanden habe. Der Kläger habe selbst allein in den Monaten Juni bis August 2003 insgesamt 365,75 Stunden gearbeitet.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 04.06.2004 (Bl. 96 ff. d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nach §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. zulässig.
Darüber hinaus ist die Berufung auch begründet, da das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung vom 15.05.2003 rechtswirksam zum 31.08.2003 beendet worden ist.
Diese Kündigung ist insbesondere nicht nach § 1 des vollumfänglich anwendbaren Kündigungsschutzgesetzes wegen fehlender sozialer Rechtfertigung rechtsunwirksam. Im vorliegenden Zusammenhang ist maßgeblich, dass eine Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG nur dann sozial ungerechtfertigt ist, wenn sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.
Die ordentliche betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung ist dann sozial gerechtfertigt, wenn dringende betriebliche Gründe vorliegen, die aufgrund außerbetrieblicher Umstände oder in Folge innerbetrieblicher Maßnahmen zu einem Rückgang des Arbeitsanfalls bis hin zum Wegfall des Bedürfnisses für die Beschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer in dem Bereich führen, in dem der betroffene Arbeitnehmer beschäftigt ist; wenn der betroffene Arbeitnehmer von allen vergleichbaren Arbeitnehmern der sozial am wenigsten Schutzwürdige ist und wenn auch eine umfassende Interessenabwägung nach ordnungsgemäßer Sozialauswahl nicht zu einem Überwiegen des Interesses des Arbeitnehmers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse des Arbeitgebers an dessen Beendigung führt. Eine Verminderung des Umsatzes durch einen Auftragseingang stellt dann einen betriebsbedingten Kündigungsgrund dar, wenn dies zu einem derartigen Rückgang des Arbeitsanfalles führt, dass dadurch für einen oder mehrere Arbeitnehmer ein Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung entfällt (vgl. BAG, Urt. v. 30.05.1985 - 2 AZR 321/84 = AP Nr. 24 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Der Arbeitgeber, der sich auf einen Auftragsrückgang als Kündigungsgrund beruft, genügt seiner Darlegungslast nicht schon dann, wenn er lediglich die rückläufigen Umsatzzahlen vorträgt; erforderlich ist vielmehr auch die substantiierte und nachvollziehbare Darlegung, dass hierdurch mangels ausreichenden Arbeitsanfalles ein Arbeitskräfteüberhang entsteht (vgl. BAG a.a.O.).
Im vorliegenden Fall genügt der Sachvortrag der Beklagten den oben dargestellten Darlegungsanforderungen. Die Beklagte hat im Einzelnen ausgeführt, dass zum Kündigungszeitpunkt lediglich noch zwei Aufträge abzuarbeiten gewesen seien. Zum einen der Auftrag der Stadt Pirmasens vom 03.09.2002 mit einem Auftragswert in Höhe von 36.579,00 EUR und einem restlichen Arbeitsstundenbedarf von 48 Stunden. Des Weiteren der Auftrag der U vom 22.04.2003 über eine Umsatzsumme von 16.272,60 EUR und einem Arbeitsbedarf von 144 Arbeitsstunden. Auftragsvolumen und Arbeitsstundenbedarf sind durch die von der Beklagten im zweitinstanzlichen Verfahren vorgelegten Rechnungen vom 28.10.2003 (Bl. 75 ff. d.A.) und 14.11.2003 (Bl. 78 ff. d.A.) nachgewiesen worden. Wenn der Kläger demgegenüber in der Berufungserwiderung pauschal bestreitet, dass zum Kündigungszeitpunkt lediglich noch zwei Aufträge abzuarbeiten gewesen seien, so ist dies im konkreten Fall nicht erheblich. Angesichts der unstreitigen Tatsache, dass die Beklagte zum 31.12.2003 ihren Betrieb schließt und der konkret dargelegten und nachgewiesenen Restaufträge hätte der Kläger seinerseits das Vorliegen weiterer Aufträge substantiiert darlegen müssen. Dass dies einem Arbeitnehmer, mangels Einblick in die Geschäftssituation seines Arbeitgebers, normalerweise nicht möglich ist, steht den dargestellten Erheblichkeitsanforderungen für ein Bestreiten im konkreten Fall nicht entgegen. Denn der Geschäftsführer der Beklagten wickelt - wie sich aus seinem nicht bestrittenen Vortrag während der Berufungsverhandlung ergab - die buchhalterischen Tätigkeiten in dem Kleinbetrieb selbst ab, so dass auch der Beklagten aufgrund dieser Verfahrensweise, grundsätzlich kein Beweismittel für das Nichtbestehen weiterer Aufträge zur Verfügung steht. Angesichts dieser Pattsituation ist es nach Überzeugung der Berufungskammer gerechtfertigt, gleiche Substantiierungsanforderungen an beide Prozessparteien zu stellen.
Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass zum Kündigungszeitpunkt die Beklagte mit weiteren Aufträgen rechnen konnte. Entsprechendes wird vom Kläger auch nicht behauptet. Soweit nach Zugang der Kündigungserklärung die von der Beklagten mit konkretem Arbeitsvolumen und konkretem Arbeitsbedarf dargelegten drei weiteren Aufträge eingegangen sind, ist dies für die rechtliche Beurteilung der Kündigung unwesentlich. Maßgeblicher Zeitpunkt ist insoweit allein der Zugang der Kündigungserklärung.
Soweit der Kläger pauschal bestreitet, dass lediglich 317 Arbeitsstunden notwendig gewesen seien um neben den im Kündigungszeitpunkt vorliegenden Aufträgen auch die drei weiteren hinzugekommenen Aufträge zu erledigen, bleibt auch dieses Bestreiten - mit der oben bereits dargestellten Rechtsfolge - pauschal. Sein Hinweis, er habe in den Monaten Juni, Juli und August 2003 insgesamt 365,75 Stunden gearbeitet, steht den Ausführungen der Beklagten nicht in erheblicher Weise entgegen. Denn der Kläger hat andererseits nicht bestritten, dass er während dieser Zeit auch zu Arbeiten außerhalb des Betriebes der Beklagten, zum Beispiel zu Gartenarbeiten auf dem Wohngrundstück des Geschäftsführers herangezogen worden ist. Mithin steht diese Arbeitsstundenzahl den Ausführungen der Beklagten nicht entscheidend entgegen. Unabhängig hiervon zeigt die vom Kläger dargelegte Stundenzahl, welche während der letzten drei Monate seines Arbeitsverhältnisses angefallen ist, dass während dieser Zeit eine Vollzeitbeschäftigung nicht mehr möglich war; ansonsten hätte sich diese Stundenzahl auf mindestens 480 Stunden (je Arbeitsmonat mindestens 160 Arbeitsstunden) belaufen.
Auch der Anfall von Überstunden steht dem von der Beklagten dargelegten Auftrag und Beschäftigungsbedarfrückgang nicht entgegen. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass bei auswärtigen Montagearbeiten gegen Ende des Auftrages im Rahmen von Überstundenleistungen der Auftrag erledigt wurde, um eine erneute Anfahrt für wenige Restarbeiten am nächsten Tag zu vermeiden. Im Übrigen sind Überstunden lediglich wegen Terminsarbeiten angefallen. Dies hatte der erstinstanzlich vernommene Zeuge X in glaubhafter Weise ausgesagt. Des Weiteren hat dieser Zeuge durch seinen Hinweis, dass am 31.08.2003 die Auftragslage sehr schlecht gewesen sei und zu wenig Arbeit für die verbliebenen Leute noch da gewesen sei, zumindest indirekt die von der Beklagten dargelegte Auftragssituation für die Zeit zwischen der Kündigungserklärung und dem Ende des Arbeitsverhältnisses des Klägers bestätigt.
Ob eine fehlerhafte Sozialauswahl vorlag, war nicht zu prüfen, da der Kläger eine entsprechende Rüge im Berufungsverfahren nicht erhob.
Anhaltspunkte dafür, dass im Rahmen einer Interessenabwägung das klägerische Interesse am Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses überwog, sind nicht ersichtlich.
Nach alledem war das erstinstanzliche Urteil mit der Kostenfolge aus § 91 Abs. 1 ZPO abzuändern.
Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.
Ende der Entscheidung
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