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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 03.08.2005
Aktenzeichen: 9 Sa 350/05
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, ZPO
Vorschriften:
ArbGG §§ 64 ff. | |
ArbGG § 69 Abs. 2 | |
BGB § 151 | |
BGB § 288 Abs. 1 | |
BGB § 291 | |
BGB § 613 a | |
ZPO §§ 513 ff. |
Aktenzeichen: 9 Sa 350/05
Entscheidung vom 03.08.2005
Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 01.04.2005, Az.: 6 Ca 2017/04 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Zahlung von Weihnachtsgeld.
Von einer erneuten Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zur Vermeidung von Wiederholungen abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 01.04.2005 (dort S. 2 bis 5 = Bl. 60 bis 63 d.A.) Bezug genommen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.924,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - hat entsprechend seinem Beweisbeschluss vom 28.01.2005 (Bl. 27 d.A.) Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen X und die schriftliche Beantwortung der Beweisfrage angeordnet; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Schreiben des Zeugen X vom 07.02.2005 (Bl. 35 d.A.) verwiesen.
Sodann hat das Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - mit Urteil vom 01.04.2005 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 2.924,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2004 zu zahlen. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Gericht unter anderem ausgeführt, die Anspruchsgrundlage für die Leistung von Weihnachtsgeld für das Jahr 2004 in Höhe von 2.924,00 EUR brutto ergebe sich aus einer einzelvertraglichen Vereinbarung, welche die Klägerin mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der W GmbH geschlossen habe. Nach Durchführung der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Zeuge X, also der ehemalige Geschäftsführer der W GmbH die Klägerin beim Einstellungsgespräch darauf hingewiesen habe, dass sich die Firma am Tarifvertrag der Kunststoffverarbeitenden Industrie Hessen orientiere. Dabei habe der Zeuge X auch auf die im Tarifvertrag enthaltene Jahressondervergütung (Weihnachtsgeld) in Höhe eines tariflichen Monatsgehaltes hingewiesen. Mithin sei durch die Aussage des Zeugen X die einzelvertragliche Vereinbarung über die Zahlung eines jährlichen Weihnachtsgeldes in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes bestätigt worden. Die Klägerin habe das Vertragsangebot, welches von dem Geschäftsführer der W GmbH beim Einstellungsgespräch gemacht worden sei, gemäß § 151 BGB nicht ausdrücklich annehmen müssen. Der vertragliche Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld sei weder durch eine anders lautende Vereinbarung noch durch eine Änderungskündigung beseitigt worden. Insbesondere sei die Gehaltsmitteilung vom 22.07.1998 (Bl. 11 d.A.) nicht als Änderungskündigung aufzufassen, da hiermit jedenfalls nicht das Arbeitsverhältnis als Ganzes gekündigt worden sei, um eine Änderung der Arbeitsbedingungen herbeizuführen. Soweit in verschiedenen Gehaltsmitteilungen darauf hingewiesen worden sei, dass es sich bei eventuell gezahltem Weihnachtsgeld um eine freiwillige Leistung handele, bringe dies den einzelvertraglichen Anspruch nicht zu Fall. Solche Mitteilungen seien allenfalls geeignet, eine gegenläufige betriebliche Übung zu bewirken, die dann allerdings nur einen Anspruch, der auch durch eine betriebliche Übung entstanden sei, beseitigen könne. Die von der Klägerin mit der W GmbH einzelvertraglich vereinbarte Leistung eines jährlichen Weihnachtsgeldes sei gemäß § 613 a BGB, aufgrund eines Betriebsüberganges, auch Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Prozessparteien geworden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf S. 6 ff. des Urteils vom 01.04.2005 (Bl. 64 ff. d.A.) Bezug genommen.
Die Beklagte, der das Urteil des Arbeitsgerichts am 21.04.2005 zugestellt worden ist, hat am 29.04.2005 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 21.06.2005 ihr Rechtsmittel begründet.
Die Beklagte macht geltend, sie habe gegen die kurzfristig angeordnete schriftliche Anhörung des Zeugen X nicht intervenieren können, so dass ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt sei. Im Übrigen habe der Zeuge die Vereinbarung einer unbedingten und vorbehaltlosen Zahlung von Weihnachtsgeld nicht bestätigt. Zum Freiwilligkeitsvorbehalt habe er sich nicht geäußert; hätte das Arbeitsgericht von der mündlichen Zeugenvernehmung Gebrauch gemacht, wäre er aber in jedem Fall hiernach von der Beklagten befragt worden.
Selbst wenn eine einzelvertragliche Vereinbarung zu Gunsten der Klägerin zustande gekommen wäre, wäre diese abgeändert worden, da die Klägerin ab dem Jahr 1998 Gehaltsmitteilungen mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die Freiwilligkeit von eventuell gezahltem Weihnachtsgeld erhalten und dieses Angebot stillschweigend angenommen habe. Ebenso wie auf Seiten des Arbeitnehmers ein Vertrauenstatbestand durch dreimalige vorbehaltlose Zahlung entstehen könne, sei es umgekehrt auch bei dem Arbeitgeber anzunehmen, wenn die entsprechenden Vorbehalte mindestens dreimal widerspruchslos hingenommen werden würden.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 21.06.2005 (Bl. 86 ff. d.A.) verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz, 6 Ca 2017/04 vom 01.04.2005 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin führt aus, die Beweisaufnahme habe ergeben, dass eine Vereinbarung über die Zahlung eines jährlichen Weihnachtsgeldes in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes einzelvertraglich vereinbart worden sei. Durch die Gehaltsmitteilungen sei von der Beklagten kein Angebot zur Änderung dieser Vereinbarung gemacht worden; vielmehr sei hierdurch lediglich die Mitteilung erfolgt, dass die Beklagte ab einem bestimmten Zeitpunkt Weihnachtsgeld nicht mehr zahlen wolle. Selbst wenn man hierin aber ein Angebot sehe, fehle es an der Annahmeerklärung der Klägerin.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 30.06.2005 (Bl. 98 ff. d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nach §§ 64 ff. ArbGG, 513 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Der Klägerin steht nämlich ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld für das Jahr 2004 in Höhe von 2.924,00 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2004 zu.
Die Klägerin hat mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten bei ihrer Einstellung im Jahr 1996 vereinbart, dass ein jährliches Weihnachtsgeld in Höhe eines durchschnittlichen Bruttomonatsgehaltes gezahlt wird. Dies ist auch nach Überzeugung des Berufungsgerichtes das Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme. Der Zeuge X, der im Jahr 1996 Geschäftsführer der W GmbH war, hat bestätigt, dass er die Klägerin beim Einstellungsgespräch darauf hingewiesen habe, dass sich die W GmbH am Tarifvertrag der kunststoffverarbeitenden Industrie Hessen orientiere; des Weiteren habe er die Klägerin auch auf die im Tarifvertrag enthaltene Jahressondervergütung (Weihnachtsgeld) in Höhe eines tariflichen Monatsgehaltes hingewiesen. Dies stellte ein Vertragsangebot über die Höhe der Arbeitsvergütung dar, welches die Klägerin spätestens durch ihre Arbeitsaufnahme gemäß § 151 BGB angenommen hat. Auch wenn der Zeuge in seiner schriftlichen Aussage ausgeführt hat, dass sich die W GmbH "am Tarifvertrag... orientiere" und "auf die im Tarifvertrag enthaltene Jahressondervergütung...hingewiesen" worden sei, ergeben sich hieraus keine Zweifel an der rechtlichen Verbindlichkeit des darin enthaltenen Angebotes. Denn dem Zeugen war aufgrund des ihm mitgeteilten Beweisbeschlusses klar, dass er zu einer Vergütungszusage anlässlich der Einstellung der Klägerin befragt wird. Mithin hat er in seiner schriftlichen Aussage das dargestellt, was aus seiner Sicht Gegenstand einer Zusage der W GmbH sein sollte.
Soweit die Beklagte geltendmacht, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt, da die Schriftlichkeit der Zeugenvernehmung sehr kurzfristig vom Arbeitsgericht angeordnet worden sei, vermag dieser Einwand das Berufungsgericht nicht dazu zu veranlassen, die Beweisaufnahme zu wiederholen. Denn die Beklagte hat nicht vorgetragen, inwiefern eine neuerliche Beweisaufnahme zu einem anderen Ergebnis führen würde. Wenn sie darauf hinweist, sie hätte im Falle einer mündlichen Vernehmung des Zeugen diesen befragen können, ob ein Freiwilligkeitsvorgehalt vereinbart worden sei, ist dem entgegen zu halten, dass es sich hierbei um eine unzulässige Frage handelt, da sie letztlich zu einem Ausforschungsbeweis führen würde. Denn die Beklagte hat im erstinstanzlichen Verfahren selbst bestritten, dass überhaupt eine Zusage durch den Zeugen X erfolgt ist. Es ist daher widersprüchlich, wenn sie nunmehr behauptet, eine Zusage sei zwar erfolgt, jedoch mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt versehen gewesen, zu dem der Zeuge X befragt werden müsse. Wenn es - wie ursprünglich von der Beklagten vorgetragen - überhaupt nicht zu einer Vereinbarung zwischen dem Zeugen X und der Klägerin gekommen sein soll, kann ein Freiwilligkeitsvorbehalt auch keine Rolle gespielt haben.
Die einzelvertraglich begründete Verpflichtung zur Zahlung von Weihnachtsgeld ist gemäß § 613 a BGB, aufgrund eines unstreitigen Betriebsüberganges von der W GmbH auf die Beklagte, auf letztere übergegangen.
Durch Gehaltsmitteilungen, welche die Klägerin ab dem Jahr 1998 mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die Freiwilligkeit von Weihnachtsgeldleistungen erhalten hat, änderte sich nichts an der einzelvertraglichen Vereinbarung des Weihnachtsgeldes. Allein das Stillschweigen der Klägerin bei der Entgegennahme der Gehaltsmitteilungen bildet keine Annahme eines etwaigen Änderungsangebotes. Denn das Schweigen zu einer angetragenen nachteiligen Veränderung des Arbeitsvertrages kann nur unter engen Voraussetzungen als Zustimmung gewertet werden, nämlich dann, wenn sich die Veränderung unmittelbar auswirkt und der Arbeitnehmer in Kenntnis dieser Auswirkungen weiterarbeitet, obwohl nach der Verkehrssitte unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles ein ausdrücklicher Widerspruch zu erwarten gewesen wäre (vgl. BAG, Urt. v. 24.11.2004 - 10 AZR 202/04 = AP Nr. 70 zu § 242 BGB Betriebliche Übung). Im vorliegenden Fall erfolgten die Hinweise auf die Freiwilligkeit der Zahlung von Weihnachtsgeld, ohne dass die entsprechende Zahlung eingestellt oder eingeschränkt worden wäre. Mithin hat sich die in dem Freiwilligkeitshinweis enthaltene Veränderung nicht unmittelbar ausgewirkt; vielmehr wurde erstmals 2004 das Weihnachtsgeld nicht mehr gezahlt. Dem ist aber die Klägerin mit ihrer Klage entgegengetreten, so dass eine Zustimmung der Klägerin zu einer Veränderung ihres Arbeitsvertrages im vorliegenden Fall nicht vorliegt.
Auch der Hinweis der Beklagten, ein Vertrauenstatbestand der durch dreimalige vorbehaltlose Zahlung entstehen könne, könne umgekehrt dann auch entfallen, wenn entsprechende Vorbehalte mindestens dreimal widerspruchslos vom Arbeitnehmer hingenommen würden, trifft nicht den konkret vorliegenden Fall. Die Beklagte beruft sich hier auf die Grundsätze zur sogenannten gegenläufigen betrieblichen Übung, die aber nur auf solche Fälle anwendbar sind, in denen der Anspruch auch durch eine betriebliche Übung entstanden ist (vgl. BAG, Urt. v. 24.11.2004 a.a.O.). Dieser Fall ist vorliegend aber nicht gegeben, da hier der Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld durch eine einzelvertragliche Vereinbarung entstanden ist.
Der Anspruch der Klägerin auf Leistung von Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
Nach alledem war die Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Gegen die vorliegende Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben. Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.
Ende der Entscheidung
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