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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 23.07.2003
Aktenzeichen: 9 Sa 444/03
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 13
BGB § 123 Abs. 1
BGB § 312
BGB § 312 Abs. 1
BGB § 312 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 312 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 355
BGB § 355 Abs. 1 Satz 1
EGBGB Art. 229 § 5
EGBGB Art. 229 § 5 Satz 1
ArbGG §§ 64 ff.
ZPO §§ 512 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen:: 9 Sa 444/03

Verkündet am 23.07.2003

hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 23.07.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Speiger als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter E und V für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.01.2003, Az.: 4 Ca 1958/02 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit eines Aufhebungsvertrages.

Die Klägerin war seit dem 09.10.2000 bei der Beklagten als Verkäuferin in der Supermarktfiliale W. gegen Zahlung einerdurchschnittlichen monatlichen Arbeitsver-gütung in Höhe von 1.500,00 EUR brutto beschäftigt. Am 24.10.2000 unterzeichneten die Parteien einen schriftlichen Dienstvertrag (Bl. 20 d.A.).

Als es in der Filiale W. zu Kassendifferenzen gekommen war, welche nach Auffassung des Filialleiters G. die Klägerin zu vertreten hatte, vereinbarten die Parteien am 24.05.2002 schriftlich (Bl. 18 f. d.A.) die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zum 31.05.2002. Dabei wurde die Klägerin von dem Filialleiter nicht unter Druck gesetzt.

Mit ihrer am 14.06.2002 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass eine aus ihrer Sicht am 24.05.2002 ausgesprochene Kündigung unwirksam sei; desweiteren hat sie ihre Annahmeerklärung bei dem Aufhebungsvertrag angefochten. In ihrem Schreiben vom 17.09.2002 (Bl. 35 f. d.A.) widerrief sie die im Rahmen des Aufhebungsvertrages von ihr abgegebenen Erklärungen.

Die Klägerin hat vorgetragen,

ihr stehe gemäß §§ 312 Abs. 1, 355 BGB ein Widerrufsrecht zu, da sie eine Verbraucherin im Sinne von § 13 BGB sei und ohne Vorwarnung überraschend zu dem Filialleiter gerufen worden sei, wo sie dann den Aufhebungsvertrag unterzeichnet habe.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch den Aufhebungsvertrag der Parteien vom 24.05.2002 zum 31.05.2002 aufgelöst worden ist,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat ausgeführt,

die Anwendung der gesetzlichen Neuregelung des Widerrufs bei Haustürgeschäften sei im vorliegenden Fall gemäß Artikel 229 § 5 EGBGB von vornherein ausgeschlossen, da für Dauerschuldverhältnisse die geänderte Gesetzesfassung erst ab dem 01.01.2003 gelte. Unabhängig hiervon unterliege der arbeitsrechtliche Aufhebungsvertrag auchaus Rechtsgründen nicht einem Widerrufsrecht im Sinne von §§ 312, 355 BGB.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 15.01.2003 (Bl. 51 ff. d.A.) die Klage abgewiesen; wegen der Entscheidungsgründe wird auf S. 5 ff. des arbeitsgerichtlichen Urteiles (= Bl. 55 ff. d.A.) verwiesen.

Die Klägerin hat gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts, welche ihr am 03.03.2003 zugestellt worden ist, am 03.04.2003 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am Montag, den 05.05.2003 ihr Rechtsmittel begründet.

Die Klägerin vertritt die Auffassung,

der Aufhebungsvertrag vom 24.05.2002 sei von ihr rechtswirksam widerrufen worden, zumal sie als Arbeitnehmerin unter Berücksichtigung des Wortlautes von § 13 BGB ohne Weiteres auch als Verbraucherin im Sinne von § 312 BGB gehandelt habe. Die Überschrift über dem Untertitel 2. "Besondere Vertriebsformen" stehe nicht in einem systematischen Zusammenhang mit den §§ 312 ff. BGB, welch ein diesem Untertitel zusammengefasst seien. Vielmehr gehe die Bezeichnung "Vertriebsformen" lediglich auf die Umstände zurück, unter denen es zum Abschluss eines Vertrages komme; bei Haustürgeschäften sei es in der Regel die Überraschungssituation und die Unmöglichkeit, sich zuvor auf diese Situation einzustellen, welche die besondere Vertriebsform kennzeichnen würden. Es sei auch nicht einzusehen, warum ein Arbeitnehmer als Verbraucher beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages weitgehend schutzlos sein solle, während er beim Kauf einer geringwertigen Sache an seinem Arbeitsplatz diesen Vertrag widerrufen könne. Da der Gesetzgeber im Übrigen auch im Bereich des Arbeitsrechtes allgemeine Geschäftsbedingungen einer richterlichen Kontrolle zugeführt habe, sei davon auszugehen, dass er nunmehr das gesamte Arbeitsrecht dem Verbraucherschutz unterstellen wolle, mithin auch Aufhebungsverträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 05.05.2003 (Bl. 80 ff. d.A.) und 21.07.2003 (Bl. 102 f. d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

in Abänderung des am 15.01.2003 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz, Az.: 4 Ca 1958/02 festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch den Aufhebungsvertrag der Parteien vom 24.05.2002 zum 31.05.2002 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor,

der Klägerin stehe schon deshalb kein Widerrufsrecht zu, weil der Aufhebungsvertrag am 24.05.2002 geschlossen worden sei, dieser Vertrag im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis als Dauerschuldverhältnis gesehen werden müsse und daher die §§ 312, 355 BGB n.F. gemäß Artikel 229 § 5 EGBGB unanwendbar seien. Selbst wenn man das neue Recht anwende, fehle es vorliegend an den Voraussetzungen für einen Widerruf, zumal im Rahmen des Aufhebungsvertrages eine Schuld des Arbeitnehmers nicht begründet worden sei. Hinzu komme, dass Arbeitgeber generell keine Aufhebungsverträge "vertreiben" würden; es sei daher nicht möglich, derartige Verträge als "Besondere Vertriebsformen" im Sinne des Untertitel 2., mit welchem die §§ 312 ff. BGB überschrieben seien, zu behandeln. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich im Übrigen, dass durch die Änderung des BGB - mit Ausnahme der Abschaffung der Bereichsausnahmen bei den allgemeinen Geschäftsbedingungen - keine Änderung des Arbeitsrechts habe verbunden sein sollen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 23.06.2003 (Bl. 96 ff. d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nach §§ 64 ff.ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat die zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen, da das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag vom 24.05.2002 zum 31.05.2002 rechtswirksam beendet worden ist.

Der von der Klägerin mit Schreiben vom 17.09.2002 erklärte Widerruf führte nicht dazu, dass sie an die zuvor erklärte Annahme des Aufhebungsangebotes der Beklagten gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht mehr gebunden ist. Die Klägerin kann sich nämlich nicht mit Erfolg auf ein gesetzliches Widerrufsrecht im Sinne des - hier allein in Frage kommenden - § 312 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Danach steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu bei einem Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, der eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand hat und zu dessen Abschluss der Verbraucher durch mündliche Verhandlungen an seinem Arbeitsplatz oder im Bereich einer Privatwohnung bestimmt worden ist (Haustürgeschäft).

Die gesetzliche Neuregelung der §§ 312, 355 BGB vom 26.11.2001 ist zwar unter Berücksichtigung der Übergangsregelung des Artikel 229 § 5 EGBGB auf den vorliegenden Fall anwendbar (1.). Ob die Klägerin im gegebenen Zusammenhang aber eine Verbraucherin im Sinne des § 13 BGB ist, kann dahinstehen; selbst wenn hiervon ausgegangen wird, so fehlt es jedenfalls an dem in § 312 Abs. 1 BGB desweiteren vorausgesetzten Haustürgeschäft (2.).

1.

Das bis zum 01.01.2002 geltende Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften ist, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, auf Schuldverhältnisse, die vor dem 01.01.2002 entstanden sind, in der bis dahin geltenden Fassung gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB anzuwenden. Dies gilt nach Satz 2 dieser Regelung für Dauerschuldverhältnisse mit der Maßgabe, dass anstelle des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften nur das Bürgerliche Gesetzbuch, das Handelsgesetzbuch, das Fernunterrichtsschutzgesetz und die Verordnung über Informationspflichten nach bürgerlichem Recht in der dann geltenden Fassung anzuwenden sind.

Unter Berücksichtigung dieser Übergangsregelung ist auf den am 24.05.2002 geschlossenen Aufhebungsvertrag die nunmehr im BGB kodifizierte Neuregelung über den Widerruf von Haustürgeschäften gemäß Satz 1 anzuwenden, da der streitgegenständliche Aufhebungsvertrag nach dem 31.12.2001 geschlossen worden ist.

Dieser Vertrag bildet auch kein Dauerschuldverhältnis und wird es - zumindest im vorliegenden Fall - auch nicht durch den engen Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis. Der abweichenden Auffassung des LAG Brandenburg (Urt. v. 30.10.2002 - 7 Sa 386/02 = NzA 2003, 503 ff.) schließt sich die erkennende Kammer nicht an, zumal kein Grund ersichtlich ist, weshalb der Aufhebungsvertrag, der ein eigenständiges Rechtsgeschäft ist, das rechtliche Schicksal des Arbeitsverhältnisses in diesem Zusammenhang teilen soll. Der Widerruf und die damit beabsichtigten Rechtsfolgen beziehen sich allein auf den Aufhebungsvertrag.

Hinzu kommt, dass im gegebenen Fall der Aufhebungsvertrag auch nicht nur dingliche Wirkung auf den Arbeitsvertrag, den er beendet, entfaltet. Aufgrund seines Inhaltes ist er vielmehr auch als Schuldverhältnis im Sinne des Satzes 1 der Übergangsregelung zu behandeln. Denn unter Ziffer 3 des Aufhebungsvertrages verpflichtete sich die Beklagte, die Klägerin für die Zeit vom 24.05. bis 31.05.2002 von der Arbeit freizustellen und die Klägerin verpflichtete sich, Resturlaubs- und Freizeitansprüche einschließlich geleisteter Mehrarbeitsstunden auf die Freistellungszeit anrechnen zu lassen. Hierbei handelt es sich um schuldrechtliche Verpflichtungen, die -unabhängig vom bisherigen Arbeitsvertrag- durch den Aufhebungsvertrag erst begründet worden sind.

2.

Die rechtlichen Voraussetzungen für die Entstehung eines Widerrufsrechtes im Sinne von § 312 Abs. 1 BGB sind vorliegend nicht erfüllt.

a) Ob die Klägerin Verbraucherin im Sinne von § 13 Abs. 1 BGB ist, kann dahinstehen, da es an dem kumulativ erforderlichen Haustürgeschäft fehlt.

b) Bei einem Vertrag zur Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses handelt es sich nicht um ein Haustürgeschäft im Sinne von § 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB, da Wortlaut, Gesetzessystematik und Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Vorschrift keinen hinreichenden Anhaltspunkt hierfür bieten (ebenso Landesarbeitsgericht Brandenburg, a.a.O.).

aa) Nach dem Wortlaut des § 312 Abs. 1 BGB werden lediglich Verträge erfasst, die "eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand" haben. Damit sind jene Fälle gemeint, in denen der Verbraucher finanzielle Verpflichtungen eingeht und die gesetzliche Widerrufsmöglichkeit vermögensschützenden Charakter hat (vgl. Rieble/Klumpp, ZIP 2002, 2153 ff.). Beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages geht aber der Arbeitnehmer keine finanzielle Verpflichtung ein. Er verzichtet zwar auf den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses und auf die hieraus folgenden Einkünfte aus Vergütungszahlungen des Arbeitgebers. Auf der anderen Seite verzichtet der Arbeitgeber aber auch auf seinen Anspruch auf Erbringung der Arbeitsleistung. Beide Leistungen wurden im Rahmen der Vertragsfreiheit von den Arbeitsvertragsparteien durch Vereinbarung begründet und werden nunmehr auf dieselbe Weise wieder beendet. Der Arbeitnehmer geht mithin keine neuen, insbesondere keine finanziellen Pflichten ein, sondern beendet lediglich ein gegenseitiges Schuldverhältnis.

Dass der Arbeitnehmer bei dem Aufhebungsvertrag, aufgrund seiner wirtschaftlich schwächeren Position gegenüber dem Arbeitgeber in einer schlechteren Verhandlungsposition sein kann, versteht sich. Dies allein macht aber seine Unterschrift unter den Aufhebungsvertrag noch nicht zu einer entgeltlichen Leistung. Darüber hinaus enthält § 312 Abs. 1 BGB auch keinen Anhaltspunkt im Wortlaut dafür, dass durch diese Vorschrift -unabhängig von anderen gesetzlichen Regelungen - die unterlegene Verhandlungsposition des Arbeitnehmers ausgeglichen werden soll.

bb) Hinsichtlich der Gesetzessystematik ist zu beachten, dass § 312 BGB vom Gesetzgeber dem Untertitel "Besondere Vertriebsformen" zugeordnet worden ist. Regelungsgegenstand in diesem Untertitel sind, neben den Haustürgeschäften, Fernabsatzverträge und Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr.

Der Gesetzgeber hat hier offenbar Risiken für Verbraucher mindern wollen, die aus der Art des Zustandekommens der Verträge resultieren. Diese Risiken folgen bei Haustürgeschäften daraus, dass der Verbraucher an Orten oder bei Gelegenheiten zum Vertragsabschluss bewegt wird, die zu einem Überrumpelungseffekt geführt haben können. Er hat, aufgrund der besonderen Gegebenheiten, insbesondere nicht die Möglichkeit,(Preis-) Vergleiche anzustellen (vgl. die Richtlinie 85/577/EWG vom 20.12.1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen; ABl; EG Nr. L 372, S. 31).

Für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages ist aber der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers kein ungewöhnlicher, sondern der typische Ort (so auch LAG Rostock, Urt. v. 29.01.2003 - 2 Sa 492/02 = Juris). Zwar mag der Inhalt des Vertragsangebotes für den Arbeitnehmer überraschend sein, nicht aber der Ort oder die Gelegenheit, denn üblicherweise erfolgt das Aufhebungsangebot in der Regel während der Arbeitszeit und im Bereich des Arbeitsplatzes. Angesichts des auf das individuelle Arbeitsverhältnis zielenden Aufhebungsvertrages sind dem Arbeitnehmer auch keine Vergleichsmöglichkeiten genommen; solche bestehen vielmehr von vornherein nicht.

Wegen seiner regelmäßig wirtschaftlich schwächeren Position ist der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber bei dem Abschluss des Aufhebungsvertrages zwar in einer unterlegenen Position. Diese wird aber durch andere gesetzliche Regelungen (Anfechtung, Kündigungsschutz) begrenzt, ist struktureller Natur und hat nichts mit einer besonderen Vertriebsform zu tun.

cc) Die Entstehung des § 312 BGB in der jetzigen Fassung geht darauf zurück, dass der Gesetzgeber das bisherige Recht in dem Untertitel "Besondere Vertriebsformen" integrieren wollte (vgl. den Gesetzesentwurf vom 14.05.2001, BT-Drucksache 14/6040, S. 166) und dabei die Umsetzung der Europäischen Richtlinie 85/577/EWG vom 20.12.1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (ABl. EG Nr. L 372, S. 31 ff.) sicherzustellen hatte.

Diese Richtlinie erfasst gemäß Art. 1 aber nur solche Verträge, die mit "einem Gewerbetreibenden, der Waren liefert oder Dienstleistungen erbringt" geschlossen werden.

Aufhebungsverträge haben jedoch in der Regel keinen derartigen Inhalt. Dafür, dass der deutsche Gesetzgeber über die Vorgaben der EG-Richtlinien hinaus eine Regelung bei Haustürgeschäften schaffen wollte, gibt es keinen Anhaltspunkt in den Gesetzesmaterialien. Der Gesetzgeber wollte vielmehr in erster Linie EG-Richtlinien umsetzen und durch die Zusammenfassung der neuen Vorschriften und die Integration in das BGB zur Rechtsvereinheitlichung und -sicherheit beitragen (vgl. Gesetzentwurf vom 14.05.2001, a.a.O., S. 166). Dass hierbei nicht über die Vorgaben aus den EG-Richtlinien hinausgegangen werden sollte, folgt auch aus S. 167 des Gesetzentwurfes vom 14.05.2001. Dort heißt es: "Eine solche Vereinheitlichung (Anm. d. Verf.: Gemeint ist die Vereinheitlichung unter dem Oberbegriff "Verträge im Direktvertrieb") hätte die ihr zugedachte Wirkung aber nur erreichen können, wenn die Anwendungsbereiche des Haustürwiderrufsgesetzes, des Fernabsatzgesetzes sowie der Regelungen über den Vertragsschluss im elektronischen Geschäftsverkehr weitgehend in Übereinstimmung hätten gebracht werden können. Da die diesen Gesetzen zugrundeliegenden Europäischen Richtlinien nicht aufeinander abgestimmt sind, hätte dies vorausgesetzt, dass die Richtlinien im Anwendungsbereich nicht tel quel, sondern überobligatorisch umgesetzt werden. ...Das ist derzeit nicht erreichbar".

Weitere Gründe für die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages sind nicht ersichtlich. Eine wirksame Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB wegen Drohung ist ausgeschlossen, da die Klägerin bei Vertragsabschluss von der Beklagten unstreitig nicht unter Druck gesetzt worden ist.

Nach alledem war die Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Revision war allein schon wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob § 312 BGB auf arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge anwendbar ist, gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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