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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 30.11.2007
Aktenzeichen: 9 Sa 517/07
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, HGB


Vorschriften:

ArbGG § 5
ArbGG § 5 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 138
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 305 c
BGB § 307 Abs. 1
BGB § 307 Abs. 2 Ziff.
HGB § 86 Abs. 1
HGB § 86 a
HGB § 86 a Abs. 1
HGB § 87 a Abs. 2
HGB § 87 a Abs. 3
HGB § 92 Abs. 2
HGB § 92 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 16.05.2007, Az.: 4 Ca 2371/06 abgeändert:

Das Versäumnisurteil des Landgerichts Hannover vom 22.08.2006, Az.: 14 O 265/06 bleibt aufrecht erhalten.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt mit Ausnahme der durch die Anrufung des im Rechtsweg unzuständigen Landgerichts Hannover verursachten Kosten, die die Klägerin zu tragen hat, der Beklagte.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte, der bei der Klägerin auf der Grundlage des Vertrages vom 21./25.10.2004 als freier Bausparkassenvertreter beschäftigt war, verpflichtet ist, an die Klägerin Provisionsvorschüsse in Gesamthöhe von 6.041,40 EUR zurückzuzahlen.

Wegen der Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts und des streitigen erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 16.05.2007, Az: 4 Ca 2371/06 (Bl. 174 ff. d. A.).

Nachdem zunächst das Landgericht Hannover mit Versäumnisurteil vom 22.08.2006 den Beklagten verurteilt hat, an die Klägerin 6.041,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2005 zu zahlen, hat das Landgericht Hannover nach fristgerechtem Einspruch des Beklagten den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Mainz verwiesen. Dieses hat durch das genannte Urteil das Versäumnisurteil des Landgerichts Hannvoer aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, nach der tatsächlichen Vertragsdurchführung sei der Beklagte als Arbeitnehmer anzusehen. Es komme entscheidend darauf an, ob der Beschäftigte einen unternehmerischen Entscheidungsspielraum habe, was bei dem Beklagten nicht der Fall gewesen sei. Der Vertrag der Parteien sei nach § 138 Abs. 1 BGB wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig, da unter Berücksichtigung der Arbeitnehmereigenschaft des Beklagten ein besonders auffälliges Missverhältnis zu Leistung und Gegenleistung bestehe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses ihr am 09.07.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 02.08.2007 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 10.09.2007 begründet. Nach Maßgabe dieses Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 206 ff. d. A.), führt die Beklagte zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen aus: Das Arbeitsgericht sei bei der Abgrenzung des selbständigen Handelsvertreters vom unselbständigen Angestellten von unzutreffenden, nicht mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Einklang stehenden Kriterien ausgegangen. Der Beklagte sei in seiner Arbeitszeitgestaltung im Wesentlichen frei gewesen. Soweit der Beklagte darauf verweise, dass er in der Anfangszeit ab 9.00 Uhr täglich ins Büro in B. bestellt worden sei, ergebe sich bereits aus diesem Sachvortrag, dass für die gesamte Dauer des Vertragsverhältnisses gerade keine zeitlichen Vorgaben existierten. Zu berücksichtigen sei im Übrigen, dass im Hinblick auf die Unterstützungsverpflichtung der Klägerin nach § 86 a HGB in der Anfangszeit eines Handelsvertretervertragsverhältnisses bestimmte zeitliche Absprachen getroffen worden seien. Ebenso habe der Beklagte seine Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten können, wie sich dies aus § 1 Abs. 2 des Handelsvertretervertrages ergebe. § 4 Ziffer 1 des Vertrages enthalte lediglich eine deklaratorische Wiedergabe des ohnehin geltenden vertraglichen Wettbewerbsverbots. Die Notwendigkeit einer gewissen Ausbildung des Beklagten stehe der Annahme einer im wesentlichen freien Tätigkeitsgestaltung nicht entgegen, sondern entspreche vielmehr den Verpflichtungen gemäß § 86 a HGB. Zu berücksichtigen sei insoweit auch, dass das Vertragsverhältnis nur kurz bestanden habe. Da somit der Beklagte selbständiger Handelsvertreter gewesen sei, liege auch keine sittenwidrige Vergütungsvereinbarung vor.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 16.05.2007, Az: 4 Ca 2371/06, abzuändern und das Versäumnisurteil des Landgerichts Hannover vom 22.08.2006, Az: 14 O 265/06, aufrecht zu erhalten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung im Schriftsatz vom 27.09.2007 (Bl. 223 ff. d. A.) als rechtlich zutreffend. Soweit die Klägerin darauf verweise, dass zeitliche Vorgaben nur in der Anfangszeit des Vertragsverhältnisses bestünden, habe sie es verabsäumt darzulegen, wie denn das Vertragsverhältnis nach dieser Anfangszeit habe durchgeführt werden sollen. Zu berücksichtigen sei ferner, dass der Beklagte nach § 3 Ziffer 4 des Vertrages der Parteien der Vertriebsstelle M. organisatorisch zugeordnet worden sei und durch die zuständige Führungsebene fachlich betreut werden sollte. § 4 des Vertrages der Parteien gebe nicht nur deklaratorisch ein ohnehin bestehendes Wettbewerbsverbot wieder; vielmehr werde durch diese vertragliche Regelung der Status des Beklagten als Ein-Firmenvertreter begründet. Entsprechend dieser Regelung sei das Vertragsverhältnis auch durchgeführt worden. Ungeachtet des nur kurzen Bestandes des Vertragverhältnisses könne berücksichtigt werden, dass der Beklagte während dieser Zeit des Bestands des Vertragsverhältnisses geschult und eingearbeitet worden sei.

Zutreffend sei das Arbeitsgericht auch von einer Sittenwidrigkeit der Vergütungsvereinbarung ausgegangen. Zwar sei nicht zu verkennen, dass es in einem Handelsvertretervertragsverhältnis regelmäßig nicht möglich sei, bereits in den ersten Monaten Provision zu erwirtschaften. In der Praxis werde dies aber durch ein Fixum aufgefangen. Gerade das Fehlen eines solchen Fixums führe zur Sittenwidrigkeit. Ziffer 1 bis 9 der "Ergänzenden Vereinbarung zum FM-Vertrag" seien als Allgemeine Geschäftbedingungen auch nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

Im übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

II.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

Der Klägerin steht ein Anspruch in der geltend gemachten Höhe nach Ziffer 8 der "Ergänzenden Vereinbarung zum FM-Vertrag" in Verbindung mit §§ 87 a Abs. 2, 3, 92 Abs. 2 HGB zu. Die vertragliche Vereinbarung ist rechtswirksam.

1.

Die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien hinsichtlich der ausschließlich auf Provisionszahlung beruhenden Vergütung des Beklagten sind nicht nach § 138 BGB bereits deshalb nichtig, weil der Beklagte in Wahrheit Arbeitnehmer gewesen wäre und es deshalb an der Vereinbarung einer angemessenen Arbeitsvergütung fehlen würde.

Abgesehen davon, dass auch in einem Arbeitsverhältnis vereinbart werden kann, dass anstatt einer Festvergütung Provisionen gezahlt werden (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 13.10.2003 - 7 Sa 872/03; 21.12.2006 - 11 Sa 686/06), liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass das Vertragsverhältnis der Parteien nach seiner tatsächlichen Durchführung abweichend von der vertraglichen Gestaltung als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren wäre.

Das Arbeitsgericht ist insoweit nicht von den auch von der Kammer geteilten Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgegangen, die für die Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters maßgeblich sind. Danach unterscheiden sich beide Vertragstypen durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremd bestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles in Betracht zu ziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt, der den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrages zu entnehmen ist; widersprechen sich Vereinbarungen und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend (vgl. etwa BAG 14.03.2007 - 5 AZR 499/06 -, EzA § 611 BGB 2002, Arbeitnehmerbegriff, Nr. 10; 15.12.1999, 5 AZR 770/98 - EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 79). Wirtschaftliche Zwänge allein können die Arbeitnehmereigenschaft nicht begründen (BAG 27.06.2001 - 5 AZR 561/99 -, EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 85). Dies ergibt sich bereits aus § 5 Abs. 1 ArbGG. Danach gelten Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind, im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes als Arbeitnehmer. Hieraus wird deutlich, dass diese Personen lediglich im Rahmen einer Fiktion Arbeitnehmern gleichgestellt werde, nicht jedoch allein wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit Arbeitnehmer sind. Ohne dass es hierauf entscheidend ankäme, weist die Kammer in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Beklagte im Rahmen des Streits um die Eröffnung des zutreffenden Rechtswegs stets selbst davon ausgegangen ist, nicht Arbeitnehmer, sondern nur arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne des § 5 ArbGG zu sein.

Unabhängig davon ist der Beklagte weder nach den maßgeblichen Bestimmungen des Vertrags der Parteien, noch nach der tatsächlichen Vertragsdurchführung als Arbeitnehmer anzusehen.

§ 1 des Vertrages bestimmt insoweit zunächst ausdrücklich, dass der Beklagte freier Bausparkassenvertreter ist und über seine Arbeitszeit und die Art der Durchführung seiner Tätigkeit frei bestimmen kann. Auch aus § 4 des Vertrages, der ein Wettbewerbsverbot konstituiert, ergibt sich nichts anderes. Die vertragliche Bestimmung enthält zunächst ein Konkurrenzverbot . Ein solches steht der Selbständigkeit eines Handelsvertreters nicht entgegen. Dieser hat gemäß § 86 Abs. 1 HGB die Interessen seines Unternehmers wahrzunehmen und darf deshalb sogar ohne ausdrückliches Wettbewerbsverbot nicht in einer Weise tätig werden, die sich zum Schaden des Unternehmers auswirken kann. Auch eine weitergehende Beschränkung dahingehend, dass der Betroffene ausschließlich für das vertragsgebundene Unternehmen als Handelsvertreter tätig werden darf (so genannte Einfirmenvertreter), ist mit der Selbständigkeit ohne weiteres vereinbar. Die Zulässigkeit einer solchen Beschränkung gegenüber selbständigen Handelsvertretern ergibt sich ohne weiteres aus § 92 a HGB (BAG 15.12.1999, a.a.O., II. 2. e) der Gründe).

Auch §§ 2, 3 des Vertrages der Parteien stehen der Annahme einer selbständigen Tätigkeit nicht entgegen. Zwar ist danach der Beklagte darauf beschränkt, in dem Werbegebiet tätig zu werden, dem er bis zur Übertragung des eigenen Werbegebietes zugeordnet war (vgl. § 3 Ziffer 3 des Vertrages). Eine derartige Beschränkung ist aber auch bei einem selbständigen Versicherungsvertreter bzw. Bausparkassenvertreter rechtlich zulässig und spricht nicht gegen die Selbständigkeit (vgl. BAG 15.12.1999, a.a.O., II. 2. g) der Gründe).

Soweit der Kläger darauf verweist, zu Beginn seiner Tätigkeit habe er sich regelmäßig in der Geschäftsstelle in B. einfinden müssen und habe einige Wochen in der Zentrale in M. verbracht, ist mit der Beklagten darauf hinzuweisen, dass eine gewisse Einarbeitung der Annahme der Selbständigkeit nicht entgegen steht. Wie sich aus § 86 a HGB ergibt, ist der Auftraggeber zu einer aktiven Unterstützung des Handelsvertreters verpflichtet. Die Aufzählung des § 86 a Abs. 1 HGB ist dabei nur beispielhaft und nicht abschließend (vgl. Emde, BB Beilage 2007, Nr. 3, Seite 6, m.w.N.).

Der Beklagte hat im Übrigen erstinstanzlich lediglich ausgeführt, dass er in der Anfangszeit ab 9.00 Uhr täglich in das Büro in B. bestellt worden sei, dort der Arbeitstag besprochen und er von dort aus nachmittags auf Akquise geschickt worden sei. Da das Vertragsverhältnis der Parteien ohnehin nur kurze Zeit durchgeführt wurde, nämlich von November 2004 bis Mitte Februar 2005, bleibt bei diesem Sachvortrag zunächst schon offen, welchen Zeitraum der Beklagte mit dem Begriff Anfangszeit überhaupt meint. Es ist naheliegend, dass gerade in der Anfangszeit eines Vertragsverhältnisses Zeiten der Einarbeitung anfallen, die in Abstimmung mit dem jeweiligen Auftraggeber wahrzunehmen sind. Dem Sachvortrag des Beklagten lässt sich insoweit auch nicht hinreichend konkret entnehmen, dass es ihm rechtlich nicht möglich gewesen sein soll, seine Arbeitszeit zu bestimmen.

2.

Auch der Sachvortrag des Beklagten in der Berufungserwiderung rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Soweit der Beklagte der Ansicht ist, die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses in dem kurzen Zeitraum seines Bestandes begründe eine tatsächliche Vermutung für die Fortsetzung in gleicher Weise bei unterstelltem Fortbestand des Vertragsverhältnisses, folgt dem die Kammer nicht. Es liegt auf der Hand, dass sich eine Phase der Einarbeitung nur am Anfang eines Vertragsverhältnisses mit der Notwendigkeit zeitlicher Koordination und Absprachen ergibt. Eine derartige Einarbeitung hat gerade das Ziel, den Vertragspartner in die Lage zu versetzen, sodann eigenständig tätig werden zu können. Aufgrund dieses vorübergehenden Charakters einer Einarbeitung scheidet eine tatsächliche Vermutung im Sinne des Klägers aus.

Soweit der Beklagte darauf verweist, er sei der Vertriebsstelle M. organisatorisch zugeordnet worden und habe durch die zuständige Führungsebene fachlich betreut werden sollen, entspricht dieser Sachvortrag der vertraglichen Bestimmung in § 2 Ziffer 4 des Vertrages vom 21./25.10.2004, wonach eine Verpflichtung bestand, sich an die von der Klägerin oder deren Beauftragten erteilten fachlichen Weisungen zu halten. Hieraus ergibt sich keine zu einem Arbeitsverhältnis führende Einschränkung. Aus dem Gesamtkontext von § 2 Ziffer 4 des Vertrages der Parteien ergibt sich, dass unter fachlichen Weisungen nur solche bezüglich der gesetzlichen und produktbezogenen inhaltlichen Ausgestaltung der Tätigkeit zu verstehen waren. Derartige Weisungen deuten nicht auf eine Unselbständigkeit des Vertreters hin. Dessen Tätigkeit besteht gerade in der Vermittlung von Verträgen, somit im Vertrieb eines Produktes eines anderen. Den Inhalt des Vertragsangebotes bestimmt allein der Auftraggeber (vgl. BAG 15.12.1999, a.a.O., II. 2. a) der Gründe).

3.

War der Beklagte demnach freier Handels- bzw. Bausparkassenvertreter, bestehen keine Anhaltspunkte, die eine Sittenwidrigkeit der Vergütungsregelung der Parteien begründen. Bei der Prüfung der Frage, ob ein Handelsvertreterverhältnis wegen zu geringer Verdienstmöglichkeiten des Handelsvertreters nichtig ist oder nicht, muss berücksichtigt werden, dass ein Handelsvertreter ein selbständig Gewerbetreibender ist und er somit regelmäßig selbst das Risiko trägt, ob seine Tätigkeit verdienstbringend ist oder nicht. Die Sittenwidrigkeit eines Handelsvertretervertrages kommt nur in Betracht, wenn ein Gewinn infolge besonders harter Vertragsbedingungen in keinem Fall hätte herausgewirtschaftet werden können, so dass dem Unternehmer einseitig und unangemessen ein Vorteil zufließt, den er redlicherweise nicht beanspruchen kann (vgl. Ewers, BB 1992, 1365, 1366; BGH Urteil vom 20.03.1981 - I ZR 12/79 -, DB 1981, 2274 f.). Diese Kriterien sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Zu berücksichtigen ist insbesondere, dass durch die Zahlung der Mindestauszahlungsbeträge zumindest eine gewisse Anfangsabsicherung bestand.

4.

Ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin scheitert auch nicht daran, weil die eine Rückzahlungsverpflichtung begründenden Regelungen in der ergänzenden Vereinbarung zum FM-Vertrag gegen § 305 c BGB verstoßen würden. Zwar handelt es sich bei diesen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen, da die Klägerin diese Regelungen in einer Vielzahl von Verträgen verwendet. Die eine Rückzahlungsverpflichtung vorsehende Klausel (Ziffer 8 der ergänzenden Vereinbarung) ist allerdings nicht überraschend oder mehrdeutig. Nach § 305 c BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, unwirksam und werden nicht Vertragsbestandteil. Außerdem gehen Zweifel bei der Auslegung solcher Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders. Die Regelungen in den ergänzenden Vereinbarungen zum FM-Vertrag sind allerdings weder ungewöhnlich noch sind sie unklar. Provisionsvorschüsse sind grundsätzlich zurückzuzahlen, sofern die tatsächlich verdienten Provisionen diese Provisionsvorschüsse nicht erreichen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, 21.12.2006 - 11 Sa 686/06 -). Insofern ist es nicht ungewöhnlich, wenn für die Beendigung des Vertragsverhältnisses vorgesehen wird, dass gezahlte aber noch nicht erdiente Vorschüsse zur Rückzahlung fällig werden. Auch ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 1 BGB liegt nicht vor. Nach § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, was sich daraus ergeben kann, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Im Zweifel ist eine unangemessene Benachteiligung anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit den wesentlichen Grundgedanken gesetzlicher Regelungen, von denen abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist, wobei die Abweichung von gesetzlichen Vorschriften Voraussetzung der Inhaltskontrolle ist (vgl. § 307 Abs. 3 BGB). Wie ausgeführt, sind Provisionsvorschüsse, die durch Provisionen nicht erdient sind, nach den gesetzlichen Regelungen zurückzuzahlen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, a.a.O.). Ziffer 8 der ergänzenden Vereinbarungen zum FM-Vertrag weicht damit nicht von gesetzlichen Regelungen ab. Die vertraglichen Bestimmungen sind auch hinreichend klar und verständlich. Auch im Übrigen lässt sich eine unangemessene Benachteiligung nicht erkennen.

5.

Berechnung und Höhe des demnach der Klägerin zustehenden Rückzahlungsanspruches sind zwischen den Parteien nicht streitig. Hinzu kommt, dass dann, wenn ein Versicherer von dem Versicherungsvertreter die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen, die die tatsächlich verdiente Provision übersteigen, verlangt, er seiner Darlegungslast dadurch genügen kann, dass er einer Aufstellung über Provisionsabrechnungen vorlegt, deren Posten zeitlich und sachlich geordnet sind und auf individualisierbare Geschäftsvorfälle Bezug nimmt. Es ist dann Sache des Vertreters, substantiiert vorzutragen, welche Rechnungsposten aus welchen Gründen bestritten werden (vgl. Emde, a.a.O., S. 5). Diesen Anforderungen ist die Klägerin bereits mit der Klageschrift und der dort enthaltenen Aufschlüsselung der Zusammensetzung der Klageforderung gerecht geworden. Der Beklagte seinerseits hat einzelne Rechnungsposten nicht substantiiert bestritten.

Der Zinsanspruch ergibt sich aufgrund der Mahnung der Klägerin vom 28.04.2005 mit Fristsetzung zum 20.05.2005 nach §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB.

III.

Aus den dargelegten Gründen war daher das angefochtene Urteil abzuändern und das Versäumnisurteil des Landgerichts Hannover vom 22.08.2006 - Az: 14 O 265/06 - aufrecht zu erhalten. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 ZPO, 17 b Abs. 2 GVG. Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigt, besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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