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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 17.01.2007
Aktenzeichen: 9 Sa 785/06
Rechtsgebiete: BRTV Bau, ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

BRTV Bau § 16
BRTV Bau § 16 Ziff. 1
ArbGG §§ 64 ff.
ZPO §§ 513 ff.
BGB § 607 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Sa 785/06

Entscheidung vom 17.01.2007

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 26.06.2006, Az.: 4 Ca 2643/05 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Arbeitgebers auf Rückzahlung eines Darlehens. Der Kläger war bei der Beklagten, die ein Bauunternehmen betreibt, seit dem 15.02.2001 auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages (vgl. Bl. 29 f. d. A.) als Maurer beschäftigt. Am 19.03.2003 zahlte die Beklagte an den Kläger 300,00 EUR und am 24.03.2003 1.200,00 EUR; der Zweck dieser Zahlungen ist zwischen den Parteien streitig.

Nachdem die Beklagte das Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, haben die Parteien vor dem Arbeitsgericht Mainz einen Kündigungsrechtsstreit (Az. 4 Ca 3151/04) geführt, der durch den gerichtlichen Vergleich vom 29.06.2005 beendet worden ist. Demnach sollte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ausgesprochene Kündigung beendet worden sein und der Arbeitnehmer eine Abfindung in Höhe von 2.000,00 EUR erhalten. Die Arbeitgeberin weigerte sich jedoch zur Zahlung dieser Abfindung und wies mit Schreiben vom 01.09.2005 erstmals darauf hin, dass der Arbeitnehmer noch 1.500,00 EUR als Darlehensrückzahlung schulde.

Anschließend hat die Arbeitgeberin die vorliegende Vollstreckungsabwehrklage eingereicht und später auf eine Zahlungsklage umgestellt.

Die Klägerin hat vorgetragen,

bei den Zahlungen in Höhe von 300,00 EUR und 1.200,00 EUR aus dem Monat März 2003 habe es sich um die Hingabe eines Darlehens gehandelt, welches nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Rückzahlung fällig sei. Ein Anspruchsverfall sei auch nach dem Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe vom 03.02.1981 (im folgenden: BRTV Bau) nicht eingetreten, da es sich bei der Darlehensrückforderung nicht um einen Anspruch handele, der mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehe. Vielmehr sei Zweck der Darlehenshingabe gewesen, den Beklagten bei der Adoption eines Kindes zu unterstützen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin das ihm ausgezahlte Darlehen in Höhe von 1.500,00 EUR zurückzuzahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat ausgeführt,

der Rückzahlungsanspruch scheitere schon daran, dass ihm ein Darlehen nicht gewährt worden sein. Es sei nämlich nicht zum Abschluss eines wirksamen Darlehensvertrages gekommen und die Auszahlung in Höhe von 1.200,00 EUR sei als Abschlag auf noch ausstehenden Lohn anzusehen gewesen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 26.06.2006 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch sei, selbst wenn es sich - wie von der Klägerin behauptet - um eine Darlehensrückforderung gehandelt habe, nach § 16 BRTV Bau verfallen. Spätestens mit dem Prozessvergleich vom 29.06.2005 sei ein etwaiger Darlehensrückzahlungsanspruch fällig geworden, da zu diesem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet worden sei. Innerhalb der nachfolgenden zwei Monate habe aber die Klägerin den Anspruch nicht, wie aber zur Wahrung der Ausschlussfrist in § 16 Ziff. 1 BRTV Bau vorgesehen, schriftlich geltend gemacht. Das Rückzahlungsverlangen mit Schreiben vom 01.09.2005 sei erst nach Ablauf der Verfallfrist erfolgt und habe daher keine fristwahrende Wirkung mehr entfalten können.

Entgegen der Auffassung der Klägerin handele es sich bei der geltend gemachten Darlehensrückforderung um einen Anspruch, der im Sinne von § 16 Ziff. 1 BRTV Bau "mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung" stehe. Der Darlehensvertrag sei nämlich im Arbeitsvertrag selbst enthalten und der Beklagte habe das Darlehen nur erhalten, weil er Arbeitnehmer der Klägerin gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Mainz wird auf das Urteil vom 26.06.2006 (dort S. 3 f. = Bl. 98 f. d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin, der die Entscheidung des Arbeitsgerichtes Mainz am 07.09.2006 zugestellt worden ist, hat am 06.10.2006 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 07.12.2006 ihr Rechtsmittel begründet nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 07.12.2006 verlängert worden war.

Die Klägerin macht geltend,

die Ausschlussfrist des BRTV Bau sei nicht anwendbar, da das Darlehen in keinem inneren Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehe. Vielmehr sei die Darlehenshingabe erfolgt, weil der Beklagte das Geld für Zusatzkosten im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Adoption eines Kindes benötigt habe. Die Formulierung "im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis", welcher in der Ausschlussfristenregelung des BRTV Bau enthalten sei, müsse eng ausgelegt werden, da die Tarifvertragsparteien außerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches keine Regelungskompetenz hätten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 07.12.2006 (Bl. 140 f. d. A.) verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

auf ihre Berufung das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 26.06.2006 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.500,00 EUR zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte führt aus,

es bestehe ein innerer Zusammenhang zwischen dem gewährten Darlehen und dem Arbeitsverhältnis, da die Parteien des Darlehensvertrages gleichzeitig Parteien des Arbeitsverhältnisses gewesen seien. Die von der Klägerin angeführte Zweckbestimmung des Darlehensbetrages werde mit Nichtwissen bestritten und könne dahinstehen. Selbst wenn die Darlehenssumme für die Adoption eines Kindes verwendet worden sei, ändere dies nichts daran, dass das Darlehen vom Arbeitgeber gewährt worden sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 10.01.2007 (Bl. 151 f. d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nach §§ 64 ff. ArbGG, 513 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch nach § 607 Abs. 1 BGB auf Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von 1.500,00 EUR. Dahinstehen kann bei der Prüfung der Darlehensrückforderung, ob diese tatsächlich entstanden ist, zumal selbst in diesem Fall der Anspruch nach § 16 Ziff. 1 des, kraft Allgemeinverbindlichkeitserklärung geltenden, BRTV Bau verfallen wäre. Diese Tarifregelung lautet: "Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden". Die rechtlichen Voraussetzungen für den tariflichen Anspruchsverfall sind im vorliegenden Fall gegeben.

1.

Die von der Klägerin geltend gemachte Darlehensrückzahlungsforderung ist ein Anspruch, der mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung steht. Dabei ist zunächst einmal unerheblich, zu welchem Zweck der Beklagte ein etwaiges Darlehen verwenden wollte. Selbst wenn die Darlehenssumme im Zusammenhang mit der Adoption eines Kindes eingesetzt werden sollte, ändert dies nichts daran, dass eine Verbindung zum Arbeitsverhältnis gegeben ist. Entscheidend ist hierfür, dass die Darlehenshingabe von der Arbeitgeberin an den Arbeitnehmer während eines laufenden Arbeitsverhältnisses erfolgte und der Darlehensvertrag teilweise unter § 1 Ziff. 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages geregelt ist. Dort heißt es: "Endet der Vertrag, aus welchen Gründen auch immer, und hat die A. dem Arbeitnehmer ein Darlehen oder eine Bürgschaft erteilt, so ist dieses Darlehen oder die Bürgschaft bei Ausscheiden, seitens des Sicherungsnehmers (Bank oder ähnliches Institut) für erledigt zu erklären bzw. vollständig zurückgezahlt zu sein. Bürgschaften oder Darlehen sind nur gültig in Verbindung mit einem gültigen Arbeitsverhältnis. Zur Sicherung des hingegebenen Darlehens/Bürgschaft überträgt der Arbeitnehmer alle Rechte des finanzierten Gegenstandes nach Ausscheiden, bis die Erledigterklärung/Entlassung verbindlich vorliegt." Da demnach die Rechtsgültigkeit des Darlehens von der Rechtsgültigkeit des Arbeitsverhältnisses ausdrücklich abhängig gemacht wurde, ist die Auffassung der Klägerin, dass im vorliegenden Fall keine Verbindung zum Arbeitsverhältnis bestehe, nicht haltbar.

2.

Der etwaige Darlehensrückzahlungsanspruch wurde spätestens mit Abschluss des gerichtlichen Vergleiches am 29.06.2005 fällig, zumal zu diesem Zeitpunkt feststand, dass das Arbeitsverhältnis beendet war. Unter Beachtung der oben zitierten arbeitsvertraglichen Regelung wurde die Darlehensrückforderung mithin spätestens bei Vergleichsschluss fällig; nur so kann die Vertragsformulierung, wonach das Darlehen bei Vertragsende "vollständig zurückgezahlt zu sein" hat, verstanden werden. Mithin hätte die Klägerin innerhalb der dem 29.06.2005 nachfolgenden zwei Monate die Rückforderung schriftlich geltend machen müssen, um die Frist aus § 16 Ziff. 1 BRTV Bau zu wahren. Hierzu ist es nicht gekommen, da eine erstmalige schriftliche Geltendmachung unstreitig am 01.09.2005 gegenüber dem Beklagten erfolgte. Nach alledem ist jedenfalls ein Verfall des streitgegenständlichen Rückzahlungsanspruches eingetreten.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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