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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 17.12.2003
Aktenzeichen: 9 Sa 974/03
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

ArbGG §§ 64 ff.
ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO §§ 512 ff.
ZPO § 524
BGB § 282
BGB § 241 Abs. 2
BGB § 254
BGB § 280
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 282
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Sa 974/03

Verkündet am: 17.12.2003

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 21.05.2003, Az.: 10 Ca 1475/02 werden zurückgewiesen.

2. Hinsichtlich der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verbleibt es bei der Kostenentscheidung aus dem Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 21.05.2003. Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Leistung von Schadensersatz.

Von der wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 21.05.2003 (S. 2 bis 7 = Bl. 300 bis 305 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.468,48 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über den Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat beantragt,

1. die Klage abzuweisen,

2. widerklagend den Kläger zu verurteilen, an sie 4.976,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Das Arbeitsgericht Mainz hat entsprechend seinem Beweisbeschluss vom 22.05.2002 (Bl. 173 f. d.A.) Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und durch eine vom ersuchten Richter in X durchgeführte Vernehmung des Zeugen W. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls des Arbeitsgerichts X vom 21.06.2002 (Bl. 180 f. d.A.) und den Inhalt des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen V vom 28.02.2003 (Bl. 228 ff. d.A.) verwiesen.

Sodann hat das Arbeitsgericht Mainz mit Urteil vom 21.05.2003 (Bl. 299 ff. d.A.) die Beklagte verurteilt, an den Kläger 2.468,48 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 06.03.2002 zu zahlen. Des Weiteren hat es den Kläger verurteilt, an die Beklagte 2.488,38 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2001 zu zahlen.

Zur Begründung der Verurteilung des Klägers zur Leistung von Schadensersatz in Höhe von 2.488,38 EUR nebst Zinsen hat das Arbeitsgericht unter anderem ausgeführt, der Kläger hafte für jenen Schaden, welcher der Beklagten durch die unsachgemäße Bestellung von Winterraps auf drei Schlägen entstanden sei. So sei der Kläger beauftragt gewesen, die zur Domäne der Beklagten gehörenden Schläge "U" (2,0608 Hektar), "T" (3,25 Hektar) und von dem Schlag "S" (27,6076 Hektar) eine Teilfläche von 20,6076 Hektar mit Winterraps zu bestellen. Außerdem habe er auf den eingesäten Flächen eine Pflanzenschutzmaßnahme (2,5 Liter je Hektar Butisan) durchführen sollen. Für die Aussaat habe er eine Bestellkombination, bestehend aus einer Kreiselegge mit Packerwalze und einer Scheibendrillmaschine (Noget), benutzt. Statt die vorgesehene Teilfläche in dem Schlag "S" zu besäen, habe er den gesamten Schlag mit Winterraps bestellt. Bei der Aussaat sei es im Schlag "S" auf einer Fläche von cirka 6 Hektar zu erheblichen Drillfehlern gekommen. Von den 19 Särohren der Drillmaschine sei Saatgut lediglich aus fünf bis sieben Rohren in die Erde gelangt. Hierdurch sei es nach Schätzung des Privatgutachters Dipl. Ing. R auf 70% der Teilfläche von sechs Hektar zu einem Schaden gekommen. Auf einer weiteren Teilfläche von cirka vier Hektar des Schlages S seien keine nennenswerten Schäden festzustellen gewesen. Die nächste Teilfläche in diesem Schlag von cirka einem Hektar habe das gleiche Schadensbild wie die zuerst bestellten sechs Hektar aufgewiesen; die weitere Fläche sei dann wiederum nicht geschädigt gewesen.

Auch in dem Schlag "U" sei es auf einer Fläche von zwei Hektar zu erheblichen Drillfehlern gekommen. Der Privatgutachter habe auch hier eine Schadensquote von 70% festgestellt. Auf dem Schlag "T" habe sich ein ähnliches Schadensbild wie auf der zuerst bestellten Teilfläche des Schlages "S" ergeben, jedoch in abgeschwächter Form. Hier sei aus zehn bis zwölf Särohren offenbar Saatgut in die Erde gelangt. Die Schadensquote für diesen Schlag habe der Privatgutachter auf 40% geschätzt.

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass die vom Kläger zu seiner Rechtfertigung geltend gemachten Tatsachen, wonach sich die Drillmaschine in einem desolaten Zustand befunden habe und das vom Mutterhaus der Beklagten gelieferte Rapssaatgut unregelmäßig gebeizt und verklumpt gewesen sei, widerlegt seien. Nach Aussage des vernommenen Zeugen W sei das Saatgut im Zeitpunkt der Übergabe an den Zuchtleiter der Beklagten, Herrn Dr. Q regelmäßig gebeizt und nicht verklumpt gewesen, es sei vielmehr rieselfähig und geeignet gewesen, auf einem Acker ausgebracht zu werden.

Zudem sei davon auszugehen, dass die von dem Kläger benutzte Drillmaschine bei dem Sävorgang funktionstüchtig gewesen sei. Dies ergebe sich aus dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. V vom 28.02.2003; der Gutachter habe festgestellt, dass weder Saatgut noch die Drillmaschine für den sehr unterschiedlich aufgelaufenen Rapsbestand als Ursache in Frage komme. Vielmehr seien die Ursachen für den sehr ungleichen Feldaufgang auf Fehler bei der Bestellung bzw. Bedienung der Drillmaschine zurückzuführen. Diese Maschine habe sich in einem funktions- und einsatzfähigen Zustand befunden; dies sei auch bei der Aussaat der Fall gewesen.

Soweit der Kläger gegen dieses Gutachten einwende, der Sachverständige habe nicht ermittelt, ob in der Zwischenzeit womöglich irgendwelche Reparaturen, Nachjustierungen, Überarbeitungen oder sonstwiewerterhaltende oder wertsteigernde Maßnahmen der Drillmaschine vorgenommen worden seien, übersehe er, dass in dem Gutachten auch festgestellt worden sei, dass mit derselben Drillmaschine auf Teilflächen eine ordnungsgemäße Rapsbestellung erreicht worden sei. In Folge dessen müsse die Drillmaschine zum besagten Zeitpunkt funktions- und einsatzfähig gewesen sein. Genau dies stehe auch den weiteren Einwänden des Klägers entgegen, wonach die mikroklimatischen Verhältnisse, die Beize, die Fruchtfolge, starker Regen, Hagelschlag, Schneckenfraß oder anderer Schädlingsbefall für den ungleichen Feldaufgang ursächlich sein könne.

Selbst wenn man unterstelle, dass die Drillmaschine sich in einem desolaten Zustand - wie vom Kläger behauptet - befunden habe, müsse sich der Kläger den Vorwurf gefallen lassen, als mitarbeitender landwirtschaftlicher Verwalter die behaupteten Mängel vor dem Einsatz der Maschinen nicht beseitigt zu haben. Er habe im Übrigen auch nicht ausgeführt, weshalb ihm nicht bereits beim Abdrehen, spätestens bei einer weiteren Kontrolle nach Durchführung einiger Überfahrten die Fehlfunktion der Drillmaschine nicht aufgefallen sei.

Der durch das Fehlverhalten des Klägers verursachte Schaden belaufe sich auf 4.976,76 EUR. Der von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige Dipl. Ing. R, welcher für die Beklagte das Privatgutachten erstellt habe, habe den durch die unsachgemäße Bestellung mit Winterraps auf drei Schlägen entstandenen Schaden mit 8.850,00 DM bewertet und für die Erstellung seines Gutachtens 883,69 DM verlangt; dies entspreche einem Gesamtbetrag von 4.976,76 EUR. Der Kläger hafte allerdings nicht für den vollen Schaden, da zu seinen Gunsten die Grundsätze über die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung anzuwenden seien. Dabei sei davon auszugehen, dass der Kläger, aufgrund normaler Fahrlässigkeit, die drei Schläge fehlerhaft bestellt habe. Er hafte daher für die Hälfte des tatsächlich eingetretenen Schadens und sei zur Zahlung von 2.488,38 EUR zuzüglich der aufgrund Zahlungsverzuges angefallenen Zinsen zu verurteilen gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf S. 7 ff. des Urteils vom 21.05.2003 (Bl. 305 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz ist dem Kläger am 27.06.2003 und der Beklagten am 30.06.2003 zugestellt worden. Der Kläger hat gegen diese Entscheidung am 25.07.2003 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 29.09.2003 sein Rechtsmittel begründet nachdem die Berufungsbegründungsfrist durch Beschluss vom 20.08.2003 verlängert worden war bis einschließlich 29.09.2003. Die Beklagte hat gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts am 04.11.2003 Anschlussberufung eingelegt. In dem zweitinstanzlichen Verfahren streiten die Parteien ausschließlich um die Frage, ob und in welcher Höhe der Kläger Schadensersatz zu leisten hat; soweit das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt hat, dem Kläger Umzugskosten in Höhe von 2.468,48 EUR zuzüglich Verzugszinsen zu erstatten, ist die erstinstanzliche Entscheidung rechtskräftig geworden.

Der Kläger macht geltend,

wenn das Arbeitsgericht sich in seinem Urteil auf die Vernehmung des Zeugen W vor dem ersuchten Richter beim Arbeitsgericht X stütze, übersehe es den substantiierten Vortrag des Klägers in seinem Schriftsatz vom 02.08.2002. Dort sei im Einzelnen geschildert, in welchem Zustand das Rapsgut bei der Beklagten bzw. am Verarbeitungsort eingetroffen sei; der Kläger habe daraufhin sofort gegenüber dem Mitarbeiter Herrn P auf den desolaten Zustand der Drillmaschine wie auch auf die praktisch kaum rieselfähige Struktur des Saatgutes hingewiesen. Das Arbeitsgericht habe des Weiteren den Vortrag des Klägers zum Zustand der Drillmaschine im Zeitpunkt der Gutachtenerstellung nicht berücksichtigt. Auch sei nicht beachtet worden, dass der Gutachter die Drillmaschine erst knapp ein Jahr nach dem fraglichen Sävorgang untersucht habe. Die Auffassung, die Drillmaschine müsse zum Zeitpunkt des Sävorgangs auch funktions- und einsatzfähig gewesen sein, da auf Teilflächen eine ordnungsgemäße Rapsbestellung erreicht worden sei, sei keineswegs plausibel; das Arbeitsgericht habe hier den Schriftsatz des Klägers vom 25.03.2003 missachtet. Eine Verpflichtung des Klägers zur sofortigen Mängelbeseitigung bei der Drillmaschine habe nicht bestanden, da er hierzu nicht im Stande gewesen sei. Dass die Maschine bereits bei Beginn der Aussaat defekt gewesen, habe er bemerkt und sowohl gegenüber verantwortlichen Mitarbeitern wie auch gegenüber der Firmenleitung der Beklagten bemängelt. Zur Kalkulation und angeblichen Schadenshöhe habe das Arbeitsgericht die Schriftsätze des Klägers vom 25.03.2003 und 13.05.2003 ignoriert. Im Schriftsatz vom 21.12.2001 habe der Kläger im Übrigen auch im Einzelnen darauf hingewiesen, dass und aus welchen Gründen die Drillmaschine nach seinem Eindruck defekt und nicht für eine ordnungsgemäße Aussaat tauglich gewesen sei. Wenn an der Sämaschine nur fünf bis sieben von insgesamt 19 Drillreihen Saatgut in die Erde gebracht hätten, worüber kein wesentlicher Dissenz zwischen den Parteien bestehe, könne hieraus nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, der Kläger habe mit einer einwandfreien Saatgutmaschine gearbeitet und es unterlassen, auf den mangelhaften Zustand der Maschine hinzuweisen. Im Übrigen habe der Privatgutachter R bestätigt, dass nur fünf bis sieben Särohre intakt gewesen seien. Der Kläger habe sehr wohl nachgesät, und zwar solange, bis das Saatgut alle gewesen sei.

Im Übrigen habe der Kläger nicht nur gegenüber Herrn P, Herrn O und Herrn N auf den mangelhaften Zustand der Maschine und den Zustand des Saatgutes hingewiesen, er habe vielmehr auch den Inhaber der Beklagten selbst, der sich Anfang September 2001 auf der Domäne, auf der der Kläger tätig gewesen sei, eingefunden habe, auf die Misslichkeiten hingewiesen. Das Arbeitsgericht habe auf der Grundlage sachlich und rechtlich fehlerhafter Überlegungen den Kläger zu Unrecht zur Zahlung verurteilt; es habe im Übrigen auch streitigen und unstreitigen Sachvortrag verwechselt und dementsprechend falsch gewürdigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 29.09.2003 (Bl. 340 ff. d.A.) verwiesen.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 21.05.2003 insoweit abzuändern als die Widerklage abgewiesen wird,

2. die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

1. die Berufung zurückzuweisen,

2. aufgrund der Anschlussberufung das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 21.05.2003, Az.: 10 Ca 1475/02 insoweit abzuändern, als die Widerklage in Höhe von 2.488,38 EUR abgewiesen worden ist und den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte weitere 2.488,38 EUR nebst 5% über den Basiszinssatz seit 04.12.2001 zu zahlen.

Die Beklagte führt aus,

soweit der Kläger problematisiere, dass nur fünf bis sieben von insgesamt 19 Drillreihen Saatgut in die Erde gebracht hätten, übersehe er, dass es seine Aufgabe gewesen sei, sämtliche 19 Särohre vor dem Drillvorgang auf Verschmutzung zu prüfen und eine Abdrehprobe durchzuführen. Dies habe der Kläger unstreitig unterlassen. Der Kläger habe die Beklagte vor Beginn der Aussaat auch nicht über den angeblich mangelhaften Zustand der Maschine unterrichtet. Selbst wenn eine Unterrichtung erfolgt wäre, bleibe unerklärlich, warum er dann mit der angeblich defekten Maschine begonnen habe, das Saatgut auszubringen. Die Ausführungen des Arbeitsgerichtes seien, soweit es nicht um den Verschuldensgrad des Klägers und den daraus folgenden Haftungsumfang gehe, voll umfänglich zutreffend. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes habe der Kläger allerdings in zumindest grob fahrlässiger Weise die landwirtschaftliche Fläche fehlerhaft besät. Als gelernter Landwirtschaftsmeister sei er nämlich sehr wohl in der Lage, eine Drillmaschine zu bedienen. Er hätte daher nicht nur die erforderliche Abdrehprobe vornehmen, sondern auch den weiteren Verlauf des Ausbringens des Saatguts ständig kontrollieren müssen. Des Weiteren hätte eine Kontrolle der Särohre durchgeführt werden müssen. Er habe aber erst nach 20 Hektar Saatgutausbringung die Fehlerhaftigkeit des Sävorgangs entdeckt; dies müsse als grob fahrlässig gewertet werden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 03.11.2003 (Bl. 362 ff. d.A.) und 14.11.2003 (Bl. 371 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist nach §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO und die Anschlussberufung der Beklagten ist nach §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 524 ZPO zulässig. Beide Rechtsmittel sind aber nicht begründet.

A.

Die Berufung ist unbegründet, da der Kläger gemäß §§ 282, 241 Abs. 2, 280, 291, 288 Abs. 1 BGB Schadensersatz an die Beklagte in Höhe von 2.488,38 EUR zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2001 zu zahlen hat.

Nach § 241 Abs. 2 BGB kann ein Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Verletzt ein Schuldner diese Pflicht, kann der Gläubiger nach § 282 BGB unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz statt Leistung verlangen, wenn ihm die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist. Gemäß § 280 Abs. 1 BGB kann der Gläubiger Ersatz des Schadens verlangen, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

Im vorliegenden Fall war der Kläger, aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses, verpflichtet, auf die Interessen der Beklagten Rücksicht zu nehmen. Zu diesen Interessen gehörte auch die ordnungsgemäße Bestellung der Schläge "U", "T" und "S" mit Winterraps im Sommer 2001; die ordnungsgemäße Aussaat für den Raps, der im Winter 2001/2002 geerntet werden sollte, ist nicht mehr nachholbar und daher der Beklagten auch nicht zumutbar.

Der Kläger hat die Pflicht, auf das Interesse der Beklagten an einer ordnungsgemäßen Aussaat, Rücksicht zu nehmen, verletzt (I.), dabei schuldhaft gehandelt (II.) und hierdurch einen Schaden in Höhe von 4.976,76 EUR verursacht (III.), so dass er nach den Grundsätzen der beschränkten Arbeitnehmerhaftung Schadensersatz in Höhe von 2.488,33 EUR (IV.) zuzüglich Verzugszinsen (V.) an die Beklagte zu leisten hat.

I.

Der Kläger hat sich bei der Aussaat des Winterrapses nicht fachgerecht verhalten, wobei dahingestellt bleiben kann, ob das Saatgut rieselfähig und zur Aussaat geeignet sowie ob die Drillmaschine in einem voll funktionsfähigen Zustand gewesen ist oder ob der Kläger die Maschine fehlerhaft bedient hat. Unstreitig wurden nämlich erhebliche Flächen aus den drei Schlägen nicht ordnungsgemäß besät, weil nur aus einem Teil der insgesamt 19 Drillreihen der Maschine Saatgut in die Erde gelangte (vgl. hierzu den Klägervortrag auf S. 6 der Berufungsbegründung vom 29.09.2003 = Bl. 345 d.A.). Hierzu wäre es in jedem Fall nicht gekommen, wenn der Kläger vor und während des Sävorganges Abdrehproben zur Überprüfung der ordnungsgemäßen Aussaat vorgenommen und darüber hinaus die Entwicklung des Verbrauches des insgesamt 75 Kilo schweren und entsprechend voluminösen Saatgutes beobachtet hätte. Dann hätte er nämlich den weitgehend erfolglosen Sävorgang von vornherein unterlassen bzw. frühzeitig abgebrochen.

Soweit der Kläger während der mündlichen Berufungsverhandlung hierzu ausgeführt hat, er habe vor und auch regelmäßig während der Aussaat Abdrehproben genommen und festgestellt, dass Saatgut aus allen Drillreihen gekommen sei, ist dieser Vortrag mit dem unstreitigen Umstand, dass lediglich aus einem Teil der 19 Drillrohre Saatgut in die Erde gelangt sei, nicht zu vereinbaren; der mündliche Vortrag des Klägers aus der Berufungsverhandlung ist daher unerheblich und nicht verwertbar.

Nach alledem kommt es auf sämtliche Ausführungen des Klägers zur Qualität des Saatgutes und der Drillmaschine nicht weiter an.

II.

Der Kläger hat die fehlerhafte Aussaat schuldhaft verursacht und somit auch zu vertreten. Er hat es nämlich in fahrlässiger Weise unterlassen, die für eine fachgerechte Aussaat notwendigen Abdrehproben und Saatgutverbrauchskontrollen durchzuführen. Als ausgebildeter Landwirtschaftsmeister musste ihm bewusst sein, dass er hierzu verpflichtet ist.

III.

Der durch das Fehlverhalten des Klägers verursachte Vermögensschaden der Beklagten beläuft sich auf 4.976,76 EUR. Dies folgt aus dem Privatgutachten des Sachverständigen R vom 06.11.2002 in Verbindung mit dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen V vom 28.02.2003. Nach den Feststellungen des Sachverständigen R, die vom Kläger im Berufungsverfahren nicht in substantiierter Weise bestritten wurden, kam es bei der Winterrapsbestellung in den Schlägen "S" und "U" zu einer Schädigung mit einer Schadensquote von 70% auf insgesamt 9 Hektar und im Schlag "T" wurde eine Fläche von 3,25 Hektar mit einer Schadensquote von 40% geschädigt. Aufgrund der von dem Gutachter R im Einzelnen dargelegten Kalkulationsgrundlagen (Bl. 41 d.A.), die von dem Sachverständigen V überprüft und nicht beanstandet wurden (Bl. 6 des Gutachtens vom 28.02.2003 = Bl. 233 d.A.), ergab sich für die 9 Hektar ein Schaden von 7.047,00 DM (9 Hektar x 1.181,00 DM je Hektar - 398,00 DM je Hektar) und für die 3,25 Hektar ein Schaden von 1.803,75 DM (3,25 Hektar x 1.181,00 DM je Hektar - 626,00 DM je Hektar). Zusammen mit den Kosten für die Erstattung des Privatgutachtens in Höhe 883,69 DM (vgl. die Rechnung des Sachverständigen R vom 07.11.2001 = Bl. 42 d.A.) folgt hieraus ein Gesamtschaden in Höhe von 9.733,63 DM; dies entspricht 4.976,76 EUR.

Soweit der Kläger den beiden Gutachten mit dem Hinweis entgegentritt, die von beiden Sachverständigen verwendeten Fotoaufnahmen seien irrelevant, da die Aussaat am 03.09.2001 begonnen habe und die Bilder am 02. und 03.09.2001 gemacht worden seien, ist dieser Einwand, angesichts der Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen nicht gerechtfertigt. Demnach wurde die Winterrapsbestellung durch den Kläger bereits im August 2001 durchgeführt (Bl. 3 des Gutachtens vom 28.02.2003 = Bl. 230 d.A.), so dass es durchaus möglich ist, am 02. und 03.09.2001 Bilder von dem bereits sprießenden Raps zu machen.

Der weitere Einwand des Klägers, es spreche gegen die Schadenshöhe, dass die Beklagte das Gewicht der Rapsernte nicht ermittelt habe, ist ebenfalls nicht berechtigt. Insoweit hätte es sich lediglich um eine zusätzliche Absicherung des Schadensergebnisses gehandelt. Nach Auffassung der erkennenden Kammer reichen zur Feststellung des Schadens aber die von dem Sachverständigen getroffenen Feststellungen aus. Der Kläger legt im Übrigen seinerseits auch nicht dar, dass die Erntemengen größer gewesen seien als die von den Sachverständigen kalkulierten Mengen.

IV.

Aufgrund der vom Bundesarbeitsgericht erarbeiteten Grundsätze über die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung haftet der Kläger für 50% des Gesamtschadens, mithin für einen Betrag von 2.488,38 EUR. Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat sind die Grundsätze über die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung auf alle Arbeiten anzuwenden, die durch den Betrieb veranlasst sind und aufgrund eines Arbeitsverhältnisses geleistet werden (vgl. BAG GrS, Beschl. V. 27.09.1994 - GS 1/89 (A) = AP Nr. 103 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers). In entsprechender Anwendung von § 254 BGB muss daher der Arbeitnehmer für vorsätzlich verursachten Schaden vollumfänglich haften. Im Falle grober Fahrlässigkeit hängt eine Haftungserleichterung von den Umständen des Einzelfalles ab. Bei leichtester Fahrlässigkeit scheidet eine Haftung des Arbeitnehmers aus. Im Falle normaler Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer den Schaden anteilig zu tragen. Die ihm zufallende Schadensquote ist hierbei aufgrund einer Abwägung der Gesamtumstände, bei denen insbesondere der Schadensanlass und die Schadensfolgen nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu berücksichtigen sind, zu ermitteln (vgl. BAG, Urt. V. 18.04.2002 - 8 AZR 384/01 = AP Nr. 122 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers).

Der Kläger handelte bei seinem pflichtwidrigen Unterlassen der Abdrehproben und des Saatgutverbrauches mit normaler Fahrlässigkeit. Als ausgebildeter Landwirtschaftsmeister verfügte er über die notwendigen Fachkenntnisse, um bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt diese Maßnahmen zu ergreifen und den Sävorgang zu unterlassen bzw. sofort abzubrechen. Als leichteste Fahrlässigkeit ist sein Verhalten nicht zu bewerten, zumal sich sein pflichtwidriges Unterlassen nicht auf einen kurzen Zeitraum erstreckte sondern, wie die fehlerhafte Bestellung von 12 Hektar Ackerfläche zeigt, von längerer Dauer war.

Soweit der Kläger darauf hinweist, er habe Herrn M (Geschäftsleitung der Beklagten) auf die Misslichkeiten hingewiesen, ist dies - insbesondere angesichts des Bestreitens durch die Beklagte - nicht hinreichend substantiiert; um sich schuldmindernd auswirken zu können, hätte es in diesem Zusammenhang einer ins Einzelne gehenden Schilderung der mitgeteilten Umstände bedurft.

Andererseits scheidet eine grobe Fahrlässigkeit - entgegen der Auffassung der Beklagten aus, da keine Anhaltspunkte für eine Sorgfaltspflichtverletzung in besonders schwerem Maße gegeben sind. Die von der Beklagten insoweit angeführten Umstände (Landwirtschaftsmeister, geschädigte Fläche) vermögen nach Überzeugung der Berufungskammer nur eine normale Fahrlässigkeit zu begründen und rechtfertigen im Vergleich zu Fällen, in denen die Rechtsprechung grobe Fahrlässigkeit anerkannt hat (z.B. Unfall nach dem Überfahren einer roten Ampel) eine solche Wertung im vorliegenden Fall nicht. Angesichts der herausgehobenen Position des Klägers als Verwalter der landwirtschaftlichen Domäne der Beklagten und angesichts seiner Ausbildung zum Landwirtschaftsmeister, sowie unter Berücksichtigung der Art des Fehlverhaltens und der Höhe des verursachten Schadens erscheint der Kammer eine Haftung für die Hälfte des eingetretenen Schadens notwendig, aber auch ausreichend.

V.

Die zugesprochenen Verzugszinsen beruhen auf §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

B.

Die Anschlussberufung ist unbegründet, da der Beklagten ein Schadensersatzanspruch über den bereits zuerkannten Betrag in Höhe von 2.488,38 EUR nicht zusteht.

Eine weitergehende Haftung des Klägers würde eine Pflichtwidrigkeit voraussetzen, die auf grober Fahrlässigkeit beruht oder im Zusammenhang mit normaler Fahrlässigkeit eine andere Haftungsquote rechtfertigt. Eine solche liegt aber - wie oben ausgeführt - nicht vor.

Nach alledem waren die Berufung und Anschlussberufung mit der Kostenfolge aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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