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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 24.07.2006
Aktenzeichen: 9 Ta 127/06
Rechtsgebiete: RPflG, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

RPflG § 11 Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 104 Abs. 3 Satz 1
ArbGG § 78 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Ta 127/06

Entscheidung vom 24.07.2006 Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 31.05.2006 - 9 Ca 2019/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 300,30 € festgesetzt. 3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in einem beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz anhängigen Berufungsrechtsstreit mit Schriftsatz vom 21.03.2006, der am 21.03.2006 um 17:54 Uhr beim Berufungsgericht eingegangen ist, die zuvor eingelegte und der Beklagten am 25.02.2006 zugestellte Berufung zurückgenommen. Des Weiteren hat er den Rücknahmeschriftsatz am 21.03.2006 um 17:53 Uhr dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten zugeleitet. Dieser war zwar im Zeitpunkt der Berufungseinlegung bereits von der Beklagten beauftragt, das Berufungsverfahren für sie zu führen, hatte sich aber bislang im zweiten Rechtszug noch nicht als Prozessbevollmächtigter bestellt. Am 22.03.2006 stellte das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz durch Beschluss fest, dass die Rücknahme der Berufung für den Kläger den Verlust des Rechtsmittels sowie die Verpflichtung zur Folge hat, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen (§ 516 Abs. 3 ZPO). Mit Schriftsatz vom 21.03.2005, der per Fax am 22.03.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mitgeteilt, er vertrete die Beklagte auch in zweiter Instanz und beantrage, die Berufung gegen das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.01.2006 - 9 Ca 2019/05 - kostenpflichtig zurückzuweisen. Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten hat das Arbeitsgericht Mainz mit Beschluss vom 31.05.2006 die von dem Kläger an die Beklagte im Berufungsverfahren zu erstattenden Kosten auf 320,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.04.2006 festgesetzt. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe eine Verfahrensgebühr in Höhe des 1,1-fachen Gebührensatzes (VVRVG Nr. 3201, Nr. 1) dadurch verdient, dass er nach Einlegen der Berufung einen Schriftsatz mit dem Antrag auf Zurückweisung des Rechtsmittels eingereicht habe. Des Weiteren habe er dabei einen weiteren Antrag, nämlich den Kläger in die Kosten zu verurteilen, gestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf den Inhalt des Beschlusses vom 31.05.2006 Bezug genommen. Der Kläger, dem der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.05.2006 am 06.06.2006 zugestellt worden ist, hat am 12.06.2006 sofortige Beschwerde beim Arbeitsgericht Mainz eingelegt. Der Kläger macht geltend, dem gegnerischen Anwalt stehe eine Verfahrensgebühr im Sinne der VVRVG Nr. 3201, Ziff. 1 nicht zu. Die Berufung sei nämlich bereits zurückgenommen gewesen, als der gegnerische Prozessbevollmächtigte seinen Zurückweisungsantrag gestellt habe. Zu diesem Zeitpunkt habe mithin kein Anlass für den Zurückweisungsantrag mehr bestanden. Die Antragstellung sei alleine der Erzielung einer Gebühr geschuldet; mithin sei eine Erstattung ausgeschlossen. Denn die Erstattung aufgewendeter Kosten könne eine Partei nur dann erwarten, wenn sie der ihr aus dem Prozessrechtsverhältnis obliegenden Pflicht nachgekommen sei, die Kosten möglichst niedrig zu halten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 09.06.2006 verwiesen. Die Beklagte beantragt,

die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 31.05.2006 zurückzuweisen. Die Beklagte führt aus, es sei zu einer vorzeitigen Beendigung des Auftrages gemäß VVRVG Nr. 3201 gekommen, zumal sie ihren Prozessbevollmächtigten bereits im erstinstanzlichen Verfahren beauftragt gehabt hätte, das Klageverfahren und auch das Berufungsverfahren durchzuführen. Dementsprechend sei ihr Prozessbevollmächtigter auch berechtigt gewesen, den Antrag zu stellen, dem Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdeerwiderung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 19.06.2006 (Bl. 255 ff. d. A.) verwiesen. Das Arbeitsgericht Mainz hat der sofortigen Beschwerde des Klägers mit Beschluss vom 05.07.2006 nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt. II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Klägers ist nach §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, 78 Satz 1 ArbGG, 567 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Beschluss vom 31.05.2006 zu Recht die von dem Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten für das Berufungsverfahren auf 320,30 € festgesetzt. Neben Auslagen im Sinne von VVRVG Nr. 7001 in Höhe von 20,00 € - hierüber besteht kein Streit - ist der Beklagten nämlich auch eine erstattungsfähige Gebühr nach VVRVG Nr. 3201 Nr. 1 in Höhe von 300,30 € (= 1,1-fache Wertgebühr) erwachsen. Gemäß VVRVG Nr. 3201 führt die vorzeitige Beendigung eines Auftrages für ein Berufungsverfahren zum Anfall einer 1,1-fachen Gebühr. Eine vorzeitige Beendigung liegt gemäß Nr. 1 vor, wenn der Auftrag endigt, bevor der Rechtsanwalt das Rechtsmittel eingelegt oder einen Schriftsatz, der Sachanträge, Sachvortrag, die Zurücknahme der Klage oder die Zurücknahme des Rechtsmittels enthält, eingereicht oder bevor er für seine Partei einen gerichtlichen Termin wahrgenommen hat. Auch wenn der Berufungskläger vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist sein Rechtsmittel zurücknimmt, ist dem Berufungsbeklagten einer zur Kostenfestsetzung angemeldete 13/20 - Gebühr eines zu diesem Zeitpunkt beauftragten zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten zu erstatten (BGH, Beschluss vom 17.12.2002 - X ZB 9 /02 = NJW 2003, 756). Diese Rechtsprechung des BGH, die zur damals geltenden BRAGO entwickelt wurde, gilt, angesichts des Wortlautes der Regelung, auch für VVRVG 3201 Nr. 1. Im vorliegenden Fall wurde der Auftrag zur Vertretung der Beklagten in einem eventuellen Berufungsverfahren schon mit dem erstinstanzlichen Mandat zur gerichtlichen Geltendmachung der Klageforderung erteilt; es bedurfte daher nach Zustellung der Berufungsschrift keiner besonderen Auftrags- oder Informationserteilung mehr. Für die Erstattungsfähigkeit im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO ist es auch ohne Belang, dass ein Tätigwerden des Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Berufungsverfahren objektiv nicht erforderlich gewesen ist. Dieser Gesichtspunkt betrifft nur eine die volle Gebühr nach VVRVG 3200 auslösende weitergehende Tätigkeit des Rechtsanwaltes, nicht jedoch schon die Entgegennahme des Auftrages zur Vertretung in der Berufungsinstanz, deren Notwendigkeit aus der Sicht einer "verständigen Prozesspartei" zu beurteilen ist und im Regelfall nicht verneint werden kann (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 09.05.2005 - 1 W 20/05 - = Rechtspfleger 2005, 569). Da der Prozessbevollmächtigte der Beklagten bereits im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens beauftragt worden war, im Falle eines eventuellen Berufungsverfahrens für die Beklagte tätig zu werden, wurde dieser Auftrag relevant, als der Kläger beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz seinerseits Berufung eingelegt hatte und diese der Beklagten zugestellt worden war. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war daher im gegebenen Fall die Gebühr im Sinne der VVRVG 3201 angefallen und erstattungsfähig. Nach alledem war die sofortige Beschwerde des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wurde gemäß §§ 3 ff. ZPO in Höhe der streitigen Verfahrensgebühr festgesetzt. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlte es unter Beachtung von §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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