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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 06.11.2006
Aktenzeichen: 9 Ta 203/06
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 81
ZPO § 87 Abs. 1
ZPO § 120 Abs. 4
ZPO § 120 Abs. 4 S. 2
ZPO § 124 Nr. 2, 2. Alt.
ZPO § 127 Abs. 2 S. 2
ZPO § 172 Abs. 1
ZPO §§ 567 ff.
ArbGG § 78 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Ta 203/06

Entscheidung vom 06.11.2006

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichtes Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 18.05.2006, Az.: 9 Ca 404/05 aufgehoben.

Gründe:

I.

Die Prozessparteien haben vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - einen Kündigungsrechtsstreit geführt, in dessen Verlauf der Kläger, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt X., die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragt hat. Das Arbeitsgericht hat daraufhin mit Beschluss vom 13.05.2005 dem Kläger Prozesskostenhilfe ab dem 13.05.2005 in vollem Umfang ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt X. bewilligt.

Mit Schreiben vom 07.03.2006, 28.03.2006 und 18.04.2006, die allesamt an den Kläger persönlich gerichtet waren, hat das Arbeitsgericht den Kläger aufgefordert, seine derzeitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen und nachzuweisen, um über eine Änderung der Zahlungsbestimmung gemäß § 120 Abs. 4 ZPO entscheiden zu können. Der Kläger kam diesen Auforderungen nicht nach. Mit Beschluss vom 18.05.2006 hat das Arbeitsgericht sodann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben und zur Begründung darauf verwiesen, dass der Kläger die geforderte Erklärung nach § 120 Abs. 4 ZPO nicht abgegeben habe. Diese Entscheidung ist dem Kläger am 19.05.2006 förmlich zugestellt worden, woraufhin dieser noch an demselben Tag sofortige Beschwerde eingelegt hat.

Der Kläger macht geltend, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich nicht derartig gebessert, dass er nunmehr in der Lage sei, die angefallenen Verfahrenskosten an die Landeskasse zurückzuzahlen. Des Weiteren bat er um die Übersendung eines Formulars zur Erklärung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Das ihm daraufhin zugesandte Formular hat er anschließend ausgefüllt wieder an das Arbeitsgericht zurückgesandt. Dieses hat anschließend den Kläger mit Schreiben vom 31.05.2006 aufgefordert, seine Lohn- bzw. Gehaltsbescheinigung, einen Nachweis der Kosten der Unterkunft sowie einen Nachweis aller monatlichen Ratenzahlungen vorzulegen. Nachdem diese Aufforderung mit Schreiben des Arbeitsgerichts vom 21.06.2006, 17.07.2006 und 06.09.2006 erfolglos wiederholt worden war, hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und insbesondere auf die von beiden Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 78 S. 1 ArbGG, 127 Abs. 2 S. 2, 567 ff. ZPO zulässig.

Darüber hinaus ist das Rechtsmittel auch begründet, da die rechtlichen Voraussetzungen für eine Aufhebung der Bewilligung nach §§ 124 Nr. 2, 2. Alt., 120 Abs. 4 S. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

Gemäß § 124 Nr. 2, 2. Alt. ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 nicht abgegeben hat. Auf Verlangen des Gerichtes hat sich die Partei gemäß § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist.

Im vorliegenden Fall hat das Arbeitsgericht zwar mit zahlreichen Schreiben den Kläger aufgefordert, sich zu einer etwaigen Änderung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu äußern. Dieses Verlangen erfolgte aber nicht rechtswirksam, da der Kläger auch im Rahmen des Verfahrens zur Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung von einem Rechtsanwalt vertreten wurde und daher die Aufforderungsschreiben unter Beachtung von § 172 Abs. 1 ZPO an diesen zu richten waren. Nach dieser gesetzlichen Regelung hat die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. Das gilt auch für die Prozesshandlungen, die das Verfahren vor diesem Gericht in Folge eines Einspruchs, einer Aufhebung des Urteils dieses Gerichtes, einer Wiederaufnahme des Verfahrens, einer Rüge nach § 321 a oder eines neuen Vorbringens in dem Verfahren der Zwangsvollstreckung betreffen.

Hat sich ein Prozessbevollmächtigter im Prozesskostenhilfeverfahren bestellt, so ist an diesen zuzustellen. Dies gilt auch im Verfahren zur Überprüfung von Prozesskostenhilfebewilligungen; hierbei sind formlose Mitteilungen wie die Aufforderung, eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einer Partei mitzuteilen, an den Prozessbevollmächtigten zu richten (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.09.2006 - 10 Ta 169/06; Zöller/Stöber, ZPO, 24. Auflage, § 172 Randziffer 2). Im vorliegenden Fall hatte sich der frühere Prozessbevollmächtigte aus dem Hauptsacheverfahren auch für das Prozesskostenhilfeverfahren bestellt, da der Kläger seinen Prozesskostenhilfeantrag nicht selber gestellt hatte, sondern durch seinen Prozessbevollmächtigten stellen ließ (vgl. BAG, Beschluss vom 19.07.2006 - 3 AZB 18/06 = Datenbank "Juris"; nicht amtlich veröffentlicht).

Der Umfang der Prozessvollmacht richtet sich dabei nach § 81 ZPO, der als Vorschrift im allgemeinen Teil der ZPO auch für das Prozesskostenhilfeverfahren gilt. Die Vollmacht erfasst danach auch "eine Wiederaufnahme des Verfahrens". Im Prozesskostenhilfeverfahren erstreckt sie sich deshalb auch auf die nachträgliche Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe nach § 120 Abs. 4 ZPO. Diese Regelung dient der Überprüfung der Prozesskostenhilfe und steht deshalb einer Wiederaufnahme des Prozesskostenhilfeverfahrens gleich (vgl. BAG a. a. O.).

Mithin erlangten die an den Kläger persönlich gerichteten, schriftlichen Aufforderungen des Arbeitsgerichtes, eine etwaige Änderung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mitzuteilen, keine Rechtswirksamkeit. Aufgrund dessen war der angefochtene Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 18.05.2006 aufzuheben.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat zwar mit Schriftsatz vom 09.10.2006 mitgeteilt, dass er den Kläger nicht mehr vertrete. Mit Eingang dieses Schriftsatzes ist die Vollmacht des Prozessbevollmächtigten gemäß § 87 Abs. 1 ZPO erloschen. Dies ändert aber nichts an der Rechtsunwirksamkeit des - während des Bestandes des Mandatsverhältnisses - an den Kläger gerichteten Auskunftsverlangens und der hieraus resultierenden Unwirksamkeit des angefochtenen Beschlusses. Gleichwohl sind zukünftige Auskunftsverlangen - nach dem Erlöschen der Prozessvollmacht - an den Kläger persönlich zu richten.

Gegen die vorliegende Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.

Ende der Entscheidung

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