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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 26.11.2007
Aktenzeichen: 9 Ta 255/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 138 Abs. 2
BGB § 612 Abs. 2
ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 569 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 07.09.2007 teilweise abgeändert:

Dem Kläger wird für die Wahrnehmung seiner Rechte erster Instanz Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung für die Geltendmachung einer Forderung in Höhe von 1.461,87 € bewilligt.

Gründe:

I.

Der Kläger war bei dem Beklagten, der ein Speditionsunternehmen betreibt, als Fahrer beschäftigt. Welche Vergütungsvereinbarung zwischen den Parteien getroffen wurde, ist streitig. Nach Darstellung des Klägers war ein Netto-Monatsgehalt in Höhe von 1.500,-- € vereinbart; nach Darstellung des Beklagten war eine Entgelthöhe von lediglich 5,50 € pro Stunde vereinbart.

Mit am 15.06.2007 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangener Klage macht der Kläger auf der Grundlage der von ihm behaupteten Vergütungsvereinbarung Arbeitsentgelt für tatsächlich geleistete Arbeit sowie Annahmeverzugslohnansprüche in Gesamthöhe von 3.573,58 € geltend und beantragte hierfür Prozesskostenhilfe.

Mit Beschluss vom 07.09.2007, Az.: 9 Ca 1201/07 hat das Arbeitsgericht Mainz dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung nur hinsichtlich der Geltendmachung einer Forderung in Höhe von 915,75 € bewilligt und im Übrigen den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger die von ihm behauptete Vergütungsvereinbarung beweisen könne. Über den 17.04.2007 hinaus habe er keine Arbeitsleistung erbracht und die fristlose Kündigung des Beklagten auch nicht gerichtlich angegriffen. Das Arbeitsverhältnis habe daher mit dem 17.04.2007 geendet. Hinreichende Aussicht auf Erfolg bestehe, soweit der Kläger Vergütung für geleistete Arbeitszeit verlange. Unter Berücksichtigung angemessener Pausen ergebe sich eine Stundenzahl von höchstens 166,5 Stunden. In diesem Umfang bestehe hinreichende Erfolgsaussicht, allerdings nur auf der Grundlage der von dem Beklagten behaupteten Vergütungsvereinbarung in Höhe von 5,50 € pro Stunde.

Der genannte Beschluss ist dem Kläger über seine Prozessbevollmächtigten am 27.09.2007 zugestellt worden. Mit einem am 22.10.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt. Mit dieser begehrt er eine teilweise Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin gehend, ihm Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung für die Geltendmachung einer Forderung in Höhe von 1.461,87 € zu bewilligen. Für die tatsächlich geleistete Arbeit sei in Anwendung des § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung in Höhe des Tariflohns für das Personal und Kraftfahrer im Güterverkehrsgewerbe Spedition und Lagerei nach Lohngruppe 2 in Höhe von 8,78 € pro Stunde in Ansatz zu bringen, so dass sich unter Zugrundelegung der geleisteten Stundenzahl in Höhe von 166,5 Stunden eine Forderung in Höhe von 1.461,87 € ergebe. Die vom Beklagten behauptete Vergütungsvereinbarung sei gem. § 138 Abs. 2 BGB wegen Lohnwuchers sittenwidrig, da ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliege. Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens des Klägers wird auf dessen Schriftsätze vom 22.10. und 22.11.2007 Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 26.10.2007 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde des Klägers nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt, §§ 127 Abs. 2, 569 Abs. 1 ZPO.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die gebotene pauschale Überprüfung der Erfolgsaussichten ergibt, dass ein Anspruch des Klägers in Höhe von 1.461,87 € für die in Ansatz zu bringenden 166,5 geleisteten Arbeitsstunden in rechtlich vertretbarer Weise in Betracht kommt. Der Kläger hat sich darauf berufen, dass die vom Beklagten behauptete Vergütungsvereinbarung nach § 138 BGB nichtig sei. Träfe dies zu, würde es an einer rechtswirksamen Vergütungsvereinbarung der Parteien fehlen und nach § 612 Abs. 2 BGB auf die übliche Vergütung abzustellen sein, wobei als Maßstab dieser üblichen Vergütung in der Regel auf einschlägige tarifliche Vergütungsregelungen zurückgegriffen werden kann.

Es ist auch nicht auszuschließen, dass der Einwand der Sittenwidrigkeit greift. Entscheidender Orientierungsmaßstab für die Prüfung, ob ein auffälliges Missverhältnis vorliegt, ist grundsätzlich der Tariflohn (vgl. Erfurter Kommentar/Preis, 8. Aufl., § 612 BGB Rz. 3). Ausgehend von dem vom Kläger herangezogenen tariflichen Stundenlohn von 8,78 € würde der Stundenlohn in der vom Beklagten behaupteten Höhe von 5,50 € diesen um 37,5 % unterschreiten, so dass die Annahme eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung zumindest rechtlich nicht auszuschließen ist (vgl. auch insoweit Erfurter Kommentar/Preis, a. a. O.). Ob die Voraussetzungen einer Sittenwidrigkeit im vorliegenden Fall tatsächlich vorliegen, muss zunächst vom Arbeitsgericht geprüft und ggf. entschieden werden. Auszuschließen ist dies jedenfalls nicht, so dass die Rechtsverfolgung zumindest hinreichende Erfolgsaussichten i. S. d. § 114 ZPO bietet.

Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht. Diese Entscheidung ist daher unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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