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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 22.12.2004
Aktenzeichen: 9 Ta 267/04
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, GVG, ZPO


Vorschriften:

BGB §§ 293 ff.
BGB § 615
BGB § 623
BGB § 626 Abs. 1
ArbGG § 2 Abs. 3
ArbGG § 48 Abs. 1
ArbGG § 78 Satz 1
GVG § 17 a Abs. 4 Satz 3
ZPO §§ 567 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Ta 267/04

Verkündet am: 22.12.2004

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.10.2004 - 7 Ca 1796/04 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger, der Student ist, führte vom 23.03. bis 27.03.2004 Regalumbau- und Einräumtätigkeiten in dem Drogeriemarkt Z in Y aus; hierbei handelte es sich um einen sogenannten Studentenjob.

Dem vorausgegangen war eine Anzeige der Beklagten zu 3) auf der Internetseite "www.XX.de" (vgl. Bl. 31 d. A.), in der Mitarbeiter für Umbauten im Drogeriebereich gesucht wurden und unter der Rubrik "Anforderungsprofile" unter anderem mitgeteilt wurde: "Gewerbeschein ist Voraussetzung für unsere Zusammenarbeit".

Daraufhin setzte sich Herr X X, ebenfalls ein Student, mit dem Beklagten zu 2) in Verbindung und trat als Leiter eines dreiköpfigen Teams, zu dem auch der Kläger gehörte, auf.

Herr X legte der Beklagten zu 2) ein als "Arbeitsvertrag" bezeichnetes Schreiben vom 22.03.2004 (Bl. 33 d. A.) vor, das dieser unterzeichnete. Im Übrigen vereinbarte Herr X mit dem Beklagten zu 2), dass die Aufbauhelfer im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit aktiv werden würden. Der Kläger hatte bereits seit dem 23.12.2003 ein Gewerbe bei der Stadt A-Stadt auf seinen Namen angemeldet (Bl. 18 d. A.).

Am 28.03.2004 gegen 08:30 Uhr traf das dreiköpfige Team in dem Drogeriemarkt Z in Y ein und erhielt von der Marktleiterin W Listen und Lagepläne für die Umbaumaßnahmen (vgl. ähnliche Unterlagen auf Blatt 50 ff. d. A.). Anschließend nahmen die drei Studenten ihre Tätigkeit auf. Gegen 09:30 Uhr erschien der Beklagte zu 2) und händigte den drei Studenten T-Shirts ohne Aufdruck aus.

Nachdem die Marktleiterin verschiedene Mängel gerügt hatte, erklärte Herr X, wie sein Team Leistungen erbringe sei seine Sache, er werde keine Änderungen vornehmen.

Der Kläger übersandte der Beklagten zu 3) eine Rechnung für seine Tätigkeit (vgl. Bl. 19 d. A.).

Der Kläger hat in der Klageschrift zunächst folgende Anträge gestellt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 28.03.2004 - zugegangen am 28.03.2004 - nicht aufgelöst worden ist.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis bis zum 30.04.2004 fortbesteht.

3. Die Beklagte wird verurteilt, 1.431,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem an den Kläger zu zahlen.

Das Arbeitsgericht hat sich daraufhin mit Beschluss vom 17.06.2004 für zuständig erklärt; auf den Inhalt der Beschlussgründe (Bl. 75 d. A.) wird Bezug genommen.

Nachdem die Prozessparteien weiter vorgetragen hatten und der Kläger seine Anträge geändert hatte, hat sich das Arbeitsgericht Kaiserslautern mit Beschluss vom 14.10.2004 (Bl. 155 d. A.) hinsichtlich des Zahlungsantrages (zuletzt Antrag zu Ziffer 2 aus dem Schriftsatz des Klägers vom 09.08.2004) für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Rockenhausen verwiesen. Wegen der Entscheidungsgründe wird auf Seite 5 ff. des Beschlusses (= Bl. 159 ff. d. A.) verwiesen.

Der Kläger hat gegen diese Entscheidung, die ihm am 08.11.2004 zugestellt worden ist, am 22.11.2004 sofortige Beschwerde eingelegt.

Der Kläger hat geltend gemacht,

der Erfolg der Klage hänge - bei Berücksichtigung der Antragstellung - von Tatsachen ab, die zugleich für die Bestimmung des Rechtsweges entscheidend seien. Vergütungsansprüche, die aus Annahmeverzug herrühren würden, seien nur entstanden, wenn ein Arbeitsverhältnis zugrunde liege und eine Kündigung gemäß § 623 BGB nur mittels schriftlicher Erklärung habe erfolgen können. Zutreffend sei zwar unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass die Zuständigkeit für die Zusammenhangsklage allein aus der Verbindung mit einem sic-non-Antrag folgen könne; diese Rechtsprechung sei aber auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Vorschrift des § 2 Abs. 3 ArbGG wäre ansonsten völlig sinnentleert, wenn gerade Fälle, in denen es streitig sei, ob überhaupt ein Beschäftigungsverhältnis vorliege, nicht auch hinsichtlich etwaiger Vergütungsansprüche von den Arbeitsgerichten entschieden würden.

Dass ein Arbeitsverhältnis zwischen den Prozessparteien bestanden habe, sei schlüssig dargelegt worden. Es sei abwegig, dass keine Vertragsbeziehung zwischen den Parteien zustande gekommen sein solle. Herr X habe den Arbeitsvertrag als Vertreter für den Kläger geschlossen. Die Weisungen der Marktleiterin W seien von dem Aufbauteam zu befolgen gewesen, da diese ihre Weisungsbefugnis von den Beklagten abgeleitet habe.

Eine Abtrennung des Zahlungsantrages sei nicht mehr möglich gewesen, nachdem schon mit Beschluss vom 17.06.2004 die Zuständigkeit endgültig und rechtskräftig auch insoweit vom Arbeitsgericht bejaht worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdegründe wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 22.11.2004 (Bl. 173 ff. d. A.) verwiesen.

Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.10.2004 (Az.: 7 Ca 1796/04) aufzuheben und die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Kaiserslautern festzustellen.

Die Beklagten zu 2) und 3) beantragen,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 25.11.2004 (Bl. 168 ff. d. A.) nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt.

Der Kläger hat daraufhin gegenüber der Beschwerdekammer mit Schriftsatz vom 17.12.2004, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, zu der Nichtabhilfe Stellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von beiden Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist nach §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG, 78 Satz 1 ArbGG, 567 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat ausführlich und rechtlich zutreffend in seinen Beschlüssen vom 14.10.2004 und 25.11.2004 (Nichtabhilfe) dargelegt, weshalb für die Verfolgung des Zahlungsantrages der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht eröffnet ist und der Rechtsstreit insoweit an das zuständige Amtsgericht Rockenhausen zu verweisen war. Die Beschwerdekammer macht sich zur Vermeidung von Wiederholungen diese Ausführungen zu Eigen. Im Hinblick auf die schriftliche Stellungnahme des Klägers zum Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichtes ist lediglich noch folgendes auszuführen:

1.

Der Zahlungsantrag des Klägers begründet keinen sogenannten sic-non-Fall. Denn es gibt keine Prüfungspunkte, die zwingend doppelrelevant wären, also einmal für die Zulässigkeit des Rechtsweges - im Wesentlichen also für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses - und ein andermal für den Erfolg des gestellten Zahlungsantrages. Insbesondere setzt dieser Antrag nicht zwingend voraus, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden hat, da Rechtsgrundlage für Annahmeverzugslohn die gesetzliche Regelung in §§ 615, 293 ff. BGB ist, in der ein Arbeitsverhältnis nicht erwähnt oder vorausgesetzt wird.

Für den Erfolg des Zahlungsantrages ist auch nicht zwingende rechtliche Voraussetzung, dass die Formunwirksamkeit der Kündigungserklärung ausschließlich nach § 623 BGB gegeben ist. Vielmehr kann das Vertragsverhältnis auch aus anderen Unwirksamkeitsgründen, die nichts mit einem Arbeitsverhältnis zu tun haben, fortbestanden haben; so z. B. wegen Fehlens eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB.

2.

Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, Herr X habe im Namen des Klägers in der schriftlichen Vereinbarung vom 22.03.2004 einen Arbeitsvertrag geschlossen, handelt es sich lediglich um eine Rechtsbehauptung. Weder aus der schriftlichen Vereinbarung selbst ergibt sich ein Anhaltspunkt für ein Handeln des Herrn X als Vertreter noch hat der Kläger sonstige konkrete Umstände vorgetragen, die schlüssig ein auch der Gegenseite erkennbares Vertreterhandeln ergeben würden. Wegen der weiteren Einzelheiten ist in diesem Zusammenhang auf die Ausführung des Arbeitsgerichtes in den beiden Beschlüssen zu verweisen.

3.

Dass die Marktleiterin W - wie vom Kläger noch einmal hervorgehoben - umfangreiche Weisungen zu Art und Weise der Aufstellung der Waren im Drogeriemarkt gegeben haben soll, die von dem Aufbauteam zu befolgen gewesen seien, schließt nicht - wie dies von der Gegenseite vorgetragen wird - aus, dass sich Herr X nach Abschluss der Arbeiten gegenüber der Marktleiterin geweigert hat, gerügte Mängel abzustellen und dabei auf seine eigene Teamleitungskompetenz verwiesen hat.

4.

Der Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 17.06.2004 erfasste - wie sich zwar nicht aus dem Tenor, aber aus den Entscheidungsgründen hinreichend deutlich ergibt - nur die zu diesem Zeitpunkt angekündigten Klageanträge zu Ziffer 1) und 2), nicht hingegen den Klageantrag zu Ziffer 3) (Zahlung von Annahmeverzugsvergütung). Die von der Entscheidung erfassten Klageanträge werden in den Beschlussgründen unter Ziffer II, 2. Absatz ausdrücklich erwähnt und nur insoweit wird auch auf die bestehende Doppelrelevanz von Prüfkriterien hingewiesen.

Der Zusammenhang, den der Kläger unter Ziffer 5, 2. Absatz seines Schriftsatzes vom 17.12.2004 zwischen dem Beschluss des Arbeitsgerichts vom 17.06.2004 und dem Zahlungsantrag herstellt, beruht ausschließlich darauf, dass er einen zwingenden Zusammenhang zwischen Annahmeverzugsvergütung und dem Formerfordernis im Sinne des § 623 BGB sieht. Hierauf hat aber weder das Arbeitsgericht abgestellt, noch besteht - wie oben bereits ausgeführt - ein solcher Zusammenhang.

Nach alledem war die sofortige Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wurde gemäß § 3 ZPO festgesetzt.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlte es unter Berücksichtigung von §§ 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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