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Gericht: Landesarbeitsgericht Saarland
Urteil verkündet am 13.11.2002
Aktenzeichen: 1 (2) Sa 84/02
Rechtsgebiete: ETV-Arb, TzBfG, BechFG, ZPO, BUrlG, KSchG, GG


Vorschriften:

ETV-Arb § 7
ETV-Arb § 8
ETV-Arb § 23
ETV-Arb § 24
ETV-Arb § 25
TzBfG § 4
TzBfG § 4 Abs. 2
TzBfG § 4 Abs. 2 S. 1
TzBfG § 22 Abs. 1
BeschFG § 2
BeschFG § 6
ZPO § 256
BUrlG § 4
KSchG § 1 I
GG Art. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT SAARLAND Im Namen des Volkes ! URTEIL

- 1 (2) Sa 84/02 -

Verkündet am 13. November 2002

In dem Rechtsstreit

hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Saarland auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2002 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Degel als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Schubert und Hamann als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Saarbrücken vom 19.4.2002, Az. 6c Ca 218/01, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand: Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin eine tarifvertragliche Besitzstandszulage zu zahlen. Die Klägerin ist als Arbeiterin bei der Beklagten in der Niederlassung Produktion BRIEF Saarbrücken seit dem 5.6.2000, zunächst aufgrund mehrfacher Befristungen, zuletzt durch Vertrag vom 28.11.2000 vom 1.12.2000 bis 31.5.2001 befristet, seit dem 1.6.2001 unbefristet mit einer regelmäßigen durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 14 Stunden, zuvor von 12 Stunden, beschäftigt (vgl. Bl. 48 d.A.). Es wurde vereinbart, dass die Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Post AG in ihrer jeweiligen Fassung gelten. Die Beklagte schloss im April 2000 mit der Deutschen Postgewerkschaft den Tarifvertrag Nr. 75 d, der ab 1. Januar 2000 seine Wirkung entfalten sollte. Darin wurde die Einführung eines neuen Entlohnungssystems vereinbart. Die Eckpunkte des Tarifvertrages wurden im Wege eines gegenseitigen Gebens und Nehmens erzielt. Die Beklagte verzichtete u. a. auf betriebsbedingte Beendigungskündigungen bis Ende 2004, schloss die sog. Fremdvergabe von Zustellbezirken an Drittfirmen bis Ende 2003 aus und verpflichtete sich zur Einstellung von weiteren 1.200 Arbeitskräften. Auf der anderen Seite erklärte sich die Deutsche Postgewerkschaft mit der Einführung eines leistungsbezogenen Entlohnungssystems einverstanden, was bei den Beschäftigten der Beklagten zu einer deutlichen Einkunftsverminderung geführt hat. Die durch die Einführung des neuen Entlohnungssystems entstandene Lohndifferenz soll durch die Zahlung der sog. Besitzstandszulagen gemäß §§ 24, 25 des Tarifvertrages Nr. 75 d Dritter Teil -Entgelttarifvertrag der Arbeiter (im folgenden ETV-Arb. genannt)- ausgeglichen werden. Die Besitzstandszulagen sollen gemäß § 23 ETV-Arb. nicht sämtlichen Mitarbeitern zustehen. Vielmehr bestimmt § 23 ETV-Arb.: § 23 Geltungsbereich für § 24 und § 25 Für die Arbeiter, die am 31.12.2000 bereits und am 01.01.2001 noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Deutschen Post AG standen und stehen, finden die Regelungen der §§ 24 und 25 für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses Anwendung. Mit der am 6. November 2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ihr die Besitzstandszulagen gemäß §§ 24, 25 ETV-Arb. jeweils ab 1. Januar 2001 monatlich zu zahlen sind, wobei ihre monatliche Vergütungsminderung in etwa 100,-- Euro beträgt. Die Beklagte ist bereit, eine rechtskräftige Feststellung zu akzeptieren und gegebenenfalls entsprechend abzurechnen. Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass § 23 ETV-Arb. soweit unwirksam sei, wie Arbeiter aus dem Geltungsbereich ausgenommen werden, welche nicht 'am 31.12.2000 bereits und am 1.1.2001 noch' in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Deutschen Post AG standen. Dies ergebe sich insbesondere aus § 4 Abs.2, S.1 TzBfG, der den Grundsatz normiere, dass befristet beschäftigte Arbeitnehmer nicht aufgrund der Befristung ihres Arbeitsplatzes schlechter behandelt werden dürften als vergleichbare unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer und aus dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 GG. Die Klägerin hat beantragt, 1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin in entsprechender Anwendung von § 24 des Entgelttarifvertrages für die Arbeiter (Dritter Teil des Tarifvertrages Nr. 75d zwischen der Deutschen Post AG und der Deutschen Postgewerkschaft e.V. vom 20.10.2000) in Verbindung mit der dortigen Anlage 6 rückwirkend ab dem 1.1.2002 eine monatliche Besitzstandszulage (Besitzstandszulage Lohn) zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin in entsprechender Anwendung von § 25 des Entgelttarifvertrages für die Arbeiter (Dritter Teil des Tarifvertrages Nr. 75d zwischen der Deutschen Post AG und der Deutschen Postgewerkschaft e.V. vom 20.10.2000) in Verbindung mit der dortigen Anlage 9 rückwirkend ab dem 1.1.2002 eine monatliche Besitzstandszulage (Besitzstandszulage Zuschläge) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie vertrat die Ansicht, dass § 4 Abs.2, S.1 TzBfG auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, da das TzBfG erst nach dem Abschluss des ETV-Arb. am 1.1.2001 in Kraft getreten ist. Des Weiteren meinte sie, dass auch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 GG vorliege, da die Tarifvertragsparteien wegen des insoweit vorrangigen Grundrechts der Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs.3 GG) keiner unmittelbaren Bindung an Art. 3 GG unterliegen und bis zur Grenze der Willkür frei seien, den persönlichen Geltungsbereich ihrer Tarifregelungen festzulegen. Diese Grenze der Willkür sei jedoch nicht überschritten, da ohne die entsprechende Stichtagsregelung eine Einführung des wirtschaftlich erforderlichen neuen Entgeltsystems nicht möglich gewesen wäre. Andernfalls wäre die endgültige Absenkung des Entgelts bei allen Arbeitnehmern die Folge gewesen. Ein Abwandern der unbefristet Beschäftigten, welche eine stärker geschützte Rechts- und Vertrauensposition innehaben, könne aus unternehmenspolitischen Gründen jedoch nicht hingenommen werden. Weiter wendete die Beklagte ein, eine Schlechterstellung der Klägerin gegenüber den Arbeitern, die an den Stichtagen in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis gestanden hätten, könne aufgrund der Anrechnung des leistungsbezogenen variablen Entgelts auf die Besitzstandszulage nicht ohne weiteres angenommen werden. Bei entsprechender Leistung würde das Entgelt eines nicht unter § 23 ETV-Arb. fallenden Arbeiters nicht geringer ausfallen. Zudem vertrat sie die Ansicht, dass die Klägerin selbst bei einer Unwirksamkeit der tarifvertraglichen Stichtagsregelung keinen Anspruch auf Zahlung habe, da sie beim Abschluss des unbefristeten Arbeitsvertrages ausdrücklich die Entlohnung nach den neuen Entgeltbedingungen akzeptiert und sie somit im Rahmen der Vertragsfreiheit vereinbart habe. Durch Urteil vom 19.4.2002 wies das Arbeitsgericht Saarbrücken die Klage als unbegründet ab. Bezüglich der Zulässigkeit der Feststellungsklage hatte es keine Bedenken. Die Klägerin unterfalle jedoch nicht dem in § 23 ETV-Arb. norminierten Geltungsbereich der §§ 24, 25 ETV-Arb., da sie an beiden Stichtagen 31.12.2000 und 1.1.2001 in einem befristeten und nicht in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten stand. Die den Anspruch auf Zahlung der Besitzstandszulage begründenden Voraussetzungen des § 23 ETV-Arb. lägen daher nicht vor. § 23 ETV-Arb. beinhalte keine ungerechtfertigte Benachteiligung der befristet Beschäftigten. Er verstoße weder gegen § 4 Abs. 2 S. 1 TzBfG noch gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und den allgemeinen verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 GG. Da die Klägerin seit dem 1.6.2001 bei der Beklagten unbefristet beschäftigt sei, komme bereits aufgrund des Wortlauts des Gesetzes seit diesem Zeitpunkt ein Verstoß gegen § 4 Abs. 2 S. 1 TzBfG nicht in Betracht. Sofern sie derzeit im Ergebnis schlechter gestellt werde als ein vor dem 1.1.2001 unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, beruhe dies nicht auf einer aktuellen Befristung des Arbeitsverhältnisses. § 4 Abs. 2 S. 1 TzBfG sei jedoch auch auf den Zeitraum vom 1.1.2001 bis 31.5.2001 nicht anwendbar. Für befristete Arbeitsverhältnisse, die vor dem 1.1.2001 geschlossen wurden und deren vereinbarter Vertragsbeginn vor diesem Zeitpunkt lag, finde allein das damals geltende Recht Anwendung, d. h. das Beschäftigungsförderungsgesetz (BeschFG). Aus dem BeschFG könne sich jedoch keine Unwirksamkeit des § 23 ETV-Arb. ergeben, da das Diskriminierungsverbot des § 2 BeschFG lediglich auf teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer und nicht auf befristet beschäftigte Arbeitnehmer anwendbar sei. Zudem könne gemäß § 6 BeschFG von dieser Vorschrift auch zu Ungunsten des Arbeitnehmers durch Tarifvertrag abgewichen werden. Der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbiete die willkürliche Schlechterstellung innerhalb einer Gruppe und die sachfremde Gruppenbildung. Er sei verletzt, wenn der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen ohne sachlichen Grund von den allgemeinen begünstigenden Regelungen ausnimmt und schlechter stellt als andere Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage. Für die Differenzierung bei der Entlohnung von befristeten und unbefristeten Arbeitnehmern liege ein sachlicher Grund vor. Für die Beklagte sei die Einführung eines neuen Entlohnungssystems wirtschaftlich notwendig gewesen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Es habe jedoch die Gefahr bestanden, dass aufgrund des neuen Tarifvertrages die unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer, die aufgrund der alten Tarifverträge Besitzstände hatten, demotiviert würden und zu anderen Arbeitgebern wechselten. Der Besitzstand der befristet beschäftigten Arbeitnehmer sei dagegen weniger stark ausgeprägt, da er spätestens mit Ablauf des befristeten Arbeitsvertrages ende. Sie könnten gerade nicht darauf vertrauen, so behandelt zu werden, wie die Arbeitnehmer, die bereits zum Zeitpunkt der Geltung des vorherigen Tarifvertrages unbefristet beschäftigt waren. Hierin liege die sachliche Rechtfertigung. Bei der Vereinbarung des persönlichen Geltungsbereichs eines Tarifvertrages unterlägen die Tarifvertragsparteien keiner unmittelbaren Bindung an den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Sie seien vielmehr wegen ihres insoweit vorrangigen Grundrechts der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG bis zur Grenze der Willkür frei, in eigener Selbstbestimmung den persönlichen Geltungsbereich ihrer Tarifregelung festzulegen. Es könne hier jedoch dahingestellt bleiben, ob § 23 ETV-Arb. eine Regelung des persönlichen Geltungsbereichs des Tarifvertrages darstelle oder einer Regelung der Arbeitsbedingungen und zudem eine Grundrechtsbindung der Tarifvertragsparteien bestehe. Es liege nämlich kein Grundrechtsverstoß vor, da die Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt sei. Das erstinstanzliche Urteil wurde der Klägerin und Berufungsklägerin am 11.6.2002 zugestellt. Ihre Berufungsschrift ging am 11.7.2002, die Berufungsbegründung am 8.8.2002 beim Landesarbeitsgericht ein. Die Klägerin trägt vor, die Unwirksamkeit der §§ 24, 25 ETV-Arb. ergebe sich bereits aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 GG, aber auch aus dem TzBfG. Unbedeutend sei, dass das vorgenannte Gesetz erst zum 1.1.2001 in Kraft getreten ist. Ausreichend sei, dass die Klägerin deshalb ungleich behandelt werde, weil sie im Gegensatz zu anderen Arbeitnehmerinnen des Beklagten zu einem früheren Zeitpunkt 'nur' im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses beschäftigt wurde. Deswegen stehe fest, dass die tarifvertragliche Regelung, soweit sie die Klägerin von ihrem Geltungsbereich ausschließt, unwirksam sei, unabhängig davon, wann das derzeit geltende TzBfG in Kraft getreten ist. Darin sei ein schon längst anerkannter Rechtsgedanke gesetzlich normiert worden. Ein sachlicher Grund für die im genannten Tarifvertrag getroffene Differenzierung könne allenfalls insoweit anerkannt werden, als ab dem 1.1.2001 neu eingestellte Mitarbeiter in puncto Vergütung anders behandelt als bereits vorher Beschäftigte. Sachlich nicht gerechtfertigt sei dagegen die Ungleichbehandlung der Klägerin, die bereits vor dem 1.1.2001 in einem - wenn auch zunächst befristeten - Arbeitsverhältnis zur Beklagten stand. Die Klägerin beantragt, 1. unter Aufhebung des am 19.4.2002 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Saarbrücken - 6c Ca 218/01 - a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin in entsprechender Anwendung von § 24 des Entgelttarifvertrages für die Arbeiter (Dritter Teil des Tarifvertrages Nr. 75 d zwischen der Deutschen Post AG und der Deutschen Postgewerkschaft e.V. vom 20.10.2000) in Verbindung mit der dortigen Anlage 6 rückwirkend am 1.1.2001 eine monatliche Besitzstandszulage (Besitzstandszulage Lohn) zu zahlen; b) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin in entsprechender Anwendung von § 25 des Entgelttarifvertrages für die Arbeiter (Dritter Teil des Tarifvertrages Nr. 75 d zwischen der Deutschen Post AG und der Deutschen Postgewerkschaft e.V. vom 20.10.2000) in Verbindung mit der dortigen Anlage 9 rückwirkend ab 1.1.2001 eine monatliche Besitzstandszulage (Besitzstandszulage Zuschläge) zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe für zutreffend. Die sprachliche Fassung von § 23 ETV-Arb. verbietet die Mitberücksichtigung der Zeit einer Bewährung in einem früheren Arbeitsverhältnis derselben Arbeitsvertragsparteien. Die Tarifnorm gelte nur für das konkret bestehende Arbeitsverhältnis zu den beiden Stichtagen. Da die Klägerin ab dem Zeitpunkt ihrer unbefristeten Einstellung (1.6.2001) genauso behandelt worden sei wie alle anderen Arbeitnehmer, die ab dem 1.1.2001 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bei der Beklagten aufnahmen, liege kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG und §§ 4 Abs. 2, 22 Abs. 1 TzBfG vor bezüglich der ab 1.1.2001 erstmal unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer. Auch im Übrigen stehe § 23 ETV-Arb. im Einklang mit Art. 3 Abs. 1 GG und §§ 4 Abs. 2, 22 Abs. 1 TzBfG bezüglich der am 31.12.2000 und danach befristet beschäftigten Arbeitnehmer. Die Bindung der Tarifvertragsparteien an die Grundrechte bestehe nicht unmittelbar, da die Tarifnormen auf einer kollektiv ausgeübten Privatautonomie beruhten. Dies bedeute jedoch keine völlige Verdrängung grundrechtlicher Werte aus Tarifverträgen. Im Hinblick auf Art. 9 Abs. 3 GG seien die Tarifvertragsparteien jedoch bis zur Grenze der Willkür frei, in eigener Selbstbestimmung den persönlichen Geltungsbereich ihrer Tarifregelung festzulegen. Die Grenze der Willkür sei erst überschritten, wenn die Differenzierung im persönlichen Geltungsbereich unter keinem Gesichtspunkt, auch koalitionspolitischer Art, plausibel erklärbar sei. Dies sei hier jedoch nicht der Fall. Für die Differenzierung zwischen den an den maßgeblichen Stichtagen befristet und unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern gebe es plausible Gründe. Solche Gründe lägen in einem kompromisshaften Aushandeln gegenseitiger Interessen der Koalitionsparteien. Eine interessenausgleichende Einigung müsse nicht auf alle Beschäftigten gleichermaßen wirken. Hier müsse die gesamte kompromisshafte Einigung zwischen den Tarifvertragsparteien betrachtet werden, die ihren Ausgangspunkt in der Eckpunktevereinbarung vom 21.3.2000 habe. Die Herausnahme einzelner Punkte aus dem Gesamtergebnis führe zu einem Ungleichgewicht und käme einer Tarifzensur nahe. Selbst wenn man eine unmittelbare Bindung der Tarifvertragsparteien an den in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten allgemeinen Gleichheitssatz annehme, ergäbe sich im vorliegenden Fall nichts anderes. Die Differenzierung zwischen befristet und unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern sei durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Dies gelte auch für § 4 Abs. 2 TzBfG. Prüfe man die Norm auf der Grundlage der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 9 Abs. 3 GG, so erweise sie sich als insoweit verfassungswidrig, als sie die Tarifvertragsparteien daran hindern sollte, die in den §§ 23 ff. ETV-Arb. vorgenommenen Differenzierungen zwischen unbefristet und befristet Beschäftigten vorzunehmen. Schließlich habe der Staat im Bereich der Arbeitsbedingungen seine Regelungszuständigkeit zu Gunsten der Koalitionen weit zurückgenommen. Die Entgelte der Arbeitnehmer seien zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des TzBfG am 1.1.2001 bereits tarifvertraglich geregelt gewesen. Für einen Eingriff des Gesetzgebers in einen Tarifvertrag gäbe es hier für die Arbeitnehmer der Beklagten keine besondere Schutzwürdigkeit und auch kein öffentliches Interesse. Da § 23 ETV-Arb. nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, sei ein Eingriff des Staates nicht gerechtfertigt. Die Frage der verfassungsimmanenten Begrenzung von Art. 9 Abs. 3 GG durch Art. 3 Abs. 1 GG stelle sich deshalb nicht. Selbst wenn dies der Fall sei, sei der Konflikt zu Gunsten der Koalitionsfreiheit aufzulösen. Die Klägerin müsse es deshalb hinnehmen, dass ihre Gewerkschaft für sie als befristet beschäftigte Arbeitnehmerin in den §§ 23 ff. ETV-Arb. eine gegenüber unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern modifizierte Entgeltregelung getroffen habe. Die Klägerin könne sich nicht nach der vom BAG abgelehnten Rosinentheorie die jeweils für sie günstigsten Regelungen herauspicken. Einzelne tarifvertragliche Regelungen könnten niemals isoliert, sondern nur im Gesamtzusammenhang aller getroffenen Vereinbarungen betrachtet werden. Selbst wenn die §§ 4 Abs. 2, 22 TzBfG hier Gültigkeit hätten, würde § 23 ETV-Arb. nicht gegen sie verstoßen. Von Willkür könne hier keine Rede sein. Dies gelte auch bei nicht verfassungskonformer Auslegung von § 4 Abs. 2, 22 Abs. 1 TzBfG. Die Tätigkeit befristet beschäftigter Arbeitnehmer sei wie die der Werkstudenten durch die fehlende Perspektive zur Dauerbeschäftigung gekennzeichnet. Schließlich sei die Auffassung der Klägerin verfehlt, Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot sei, dass auch die zu Unrecht von den Ansprüchen auf Besitzstandszulagen ausgeschlossenen befristet beschäftigten Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung dieser Zulage hätten. Gegen eine Anpassung nach oben bestünden erhebliche Bedenken. Es verstoße gegen die durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Tarifautonomie, wenn das Gericht eine Tarifvertragsnorm, die bestimmten Arbeitnehmergruppen eine Leistung gewähren will, in eine solche umwandelt, die allen Arbeitnehmern die Leistung verspricht. Es sei Aufgabe der Tarifvertragsparteien selbst, den Normsetzungsfehlgriff zu korrigieren. Bezüglich der Aufzählung der aus der Sicht der Beklagten vorliegenden sachlichen Gründe wird auf den Schriftsatz vom 9.10.2002 Bezug genommen. Wegen des Vorbringens im Übrigen wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen. Entscheidungsgründe: I. Die statthafte Berufung ist zulässig (§§ 8 II, 64 I, II, VI, 66 I ArbGG), jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die begehrte Feststellung der Klägerin, ihr stünden Besitzstandszulagen gemäß §§ 24, 25 ETV-Arb. i.V.m. den Anlagen 6 und 9 zu, als unbegründet zurückgewiesen. Bezüglich der Zulässigkeit der Feststellungsklage wird auf die zutreffenden erstinstanzlichen Urteilsausführungen Bezug genommen. Ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO ist gegeben. Klage auf bezifferte, zukünftige Leistungen zu erheben, ist der Klägerin nicht zumutbar und zum Teil auch nicht möglich, weil die Höhe der Zulagen ständigen Schwankungen der persönlichen betrieblichen Voraussetzungen und Gegebenheiten unterliegt. II. Unstreitig fällt die Klägerin nicht unter den Kreis der Anspruchsberechtigten, wie er in § 23 ETV-Arb. festgelegt ist. Sie stand weder am 31.12.2000 noch am 1.1.2001 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten, sondern in einem befristeten. 1. Die Argumentation der Klägerin, mehrere befristete und das sich am 1.6.2001 anschließende unbefristete Arbeitsverhältnis seien als ein Arbeitsverhältnis zu sehen, das schließlich unbefristet geworden sei, kann nicht gefolgt werden. Dies kann nicht aus der Formulierung des § 23 ETV-Arb. entnommen werden, wo es heißt: Die Regelungen der §§ 24 und 25 finden 'für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses Anwendung'. Vielmehr ist den Ausführungen der Beklagten und ihr Hinweis auf die BAG-Entscheidung vom 20.3.1996 (AP Nr. 36 zu § 23a BAT) zu folgen. Die Regelung unter § 23 ETV-Arb. bezieht sich nur auf das an den beiden Stichtagen zwischen den Arbeitsvertragsparteien konkret bestandene Arbeitsverhältnis. Dies ergibt sich aus der Formulierung: 'dieses' Arbeitsverhältnis. Es heißt nicht allgemein 'des' Arbeitsverhältnisses. Für 'dieses' konkrete, am 31.12.2000 und 1.1.2001 bestehende Arbeitsverhältnis sollen die Besitzstandsregelungen gelten. Damit verbietet sich eine Verbindung mit davor oder danach begründeten weiteren Arbeitsverhältnissen zu einem Gesamtarbeitsverhältnis. Dies würde der Absicht der Tarifvertragsparteien widersprechen und ihre Beschränkung durch die Stichtagsregelung hinfällig machen. Die Formulierung 'dieses Arbeitsverhältnisses' in den §§ 7, 8 ETV-Arb. und §§ 4 BUrlG, 1 I KSchG werden in einem anderen Sinn verwandt, nämlich dem einer ununterbrochenen Beschäftigung und können hier nicht auf § 23 ETV-Arb. übertragen werden. 2. Zutreffend wendet die Beklagte auch ein, dass die Arbeitnehmer, die ab 1.1.2001 erstmals einen unbefristeten oder einen erneuten befristeten Arbeitsvertrag erhielten, alle genauso behandelt werden wie die Klägerin, die ab 1.6.2001 aufgrund eines neuen Arbeitsvertrages unbefristet beschäftigt wird. Mit ihnen konnte die Arbeitgeberin durchaus neue Konditionen vereinbaren, losgelöst von Besitzstandsregelungen, wie sie ausschließlich für länger beschäftigte Arbeitnehmer zuvor tariflich geschaffen wurden. Die Ungleichbehandlung unter unbefristet Beschäftigten richtet sich schließlich nicht nach § 4 TzBfG, weshalb die Klägerin ab 1.6.2001 hieraus auch keinen Anspruch herleiten kann. § 4 Abs. 2 TzBfG entfaltet auch keine Nachwirkung in dem Sinn, dass ein (später) unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer im Bezugspunkt der Arbeitsbedingungen des unbefristeten Arbeitsverhältnisses verlangen könnte, so gestellt zu werden, als habe er auch zuvor in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis gestanden. Das gesetzliche Diskriminierungsverbot bezieht sich nur auf solche Arbeitnehmer, die sich aktuell in der Situation des Teilzeitbeschäftigten oder befristet Beschäftigten befinden. III. 1. Aber auch den schon am 31.12.2000 und danach befristet beschäftigten Arbeitnehmern - wie der Klägerin - braucht die Beklagte keine Besitzstandszulage gemäß §§ 24, 25 ETV-Arb. zu zahlen. Der Ausschluss durch § 23 ETV-Arb. verstößt nicht gegen §§ 4 II, 22 I TzBfG, Art. 3 GG und den allgemeinen arbeitsvertraglichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Das Gericht folgt der Rechtsmeinung der Beklagten, wonach die Tarifvertragsparteien wegen Art. 1 Abs. 3 GG nicht unmittelbar an die Grundrechte gebunden sind. Sie üben kollektiv die Privatautonomie aus (vgl. BAG, U.v.25.2.1998 u. 11.3.1998, AP Nr. 11, 12 zu § 1 TVG Tarifverträge). Dies heißt nicht, dass Grundrechtsnormen völlig aus Tarifverträgen verdrängt werden können. Die Schutzpflichtfunktion der Grundrechte gilt es im Hinblick auf die Grundrechtsträger zu beachten, so dass eine unverhältnismäßige Beschränkung unzulässig ist. Mangels unmittelbarer Bindung aus Art. 3 Abs. 1 GG sind die Tarifvertragsparteien somit gestützt auf Art. 9 Abs. 3 GG bis zur Willkürgrenze frei, selbst den persönlichen Geltungsbereich ihrer Tarifregelung zu bestimmen (vgl. BAG, U.v. 30.8.2000, AP Nr. 25 zu § 4 TVG Geltungsbereich; U.v. 28.8.2001, NZA 2002, 863). Solange die Differenzierung zumindest koalitionspolitisch erklärbar ist, kann i.d.R. kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG angenommen werden. Schließlich können die Tarifunterworfenen ihre negative Koalitionsfreiheit ausüben. Die Normsetzungsbefugnis der Tarifvertragsparteien ist Art. 9 Abs. 3 GG immanent. 2. Hier haben die Tarifvertragsparteien plausible Gründe für eine Differenzierung der Zulagengewährung angeführt. Sie fußten letztlich auf der Eckpunktevereinbarung vom 21.3.2000, die im Wege des gegenseitigen Gebens und Nehmens zustande kam. Der Entgelttarifvertrag zum 1.1.2001 regelt nicht nur die Reduzierung der Löhne und Besitzstandszulagen, sondern auch in diesem Zusammenhang den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2004, den Ausschluss von Fremdvergaben von Zustellbezirken an Drittfirmen bis Ende 2003 und die Verpflichtung zur Einstellung von 1.200 Arbeitskräften. In diesem Rahmen haben die Tarifvertragsparteien sich im Rahmen des finanziellen Gesamtvolumens auch dafür entschieden, nur den unbefristet Beschäftigten einen Ausgleich für die zu erwartenden Lohneinbußen zu gewähren. Die Besitzstandsregelung ließen die Tarifvertragsparteien den befristet Beschäftigten u.a. deshalb nicht zukommen, weil nur eine vorübergehende Beschäftigung vereinbart war und somit eine langfristige Perspektive im Unternehmen der Beklagten nicht vorhanden war. Ihnen kommt somit auch ein geringerer Vertrauensschutz bezüglich des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses und der tariflichen Arbeitsbedingungen zu. Schließlich wollte die Beklagte auch nicht eine Demotivation ihrer langfristig Beschäftigten verursachen und deren Abwanderung riskieren. Diese Differenzierung ist keineswegs willkürlich, sondern im Rahmen des den Tarifvertragsparteien zukommenden Gestaltungs- und Ermessensspielraumes durchaus zulässig. Den Tarifvertragsparteien ist eine Einschätzungsprärogative zuzugestehen. Es gilt schließlich den Kompromisscharakter der Gesamtvereinbarung zu beachten. Stichtagsregelungen zu Lasten der Einzelfallgerechtigkeit sind generell zu akzeptieren. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, die gerechteste und zweckmäßigste Lösung des Regelungsproblemes zu überprüfen. Die vorliegende Regelung erscheint sachlich durchaus gerechtfertigt. Auch wenn die befristet beschäftigten Arbeitnehmer an der Ausgangsvergütung um die Jahreswende teilgenommen haben, ist es durchaus zulässig, den Kreis der Anspruchsberechtigten durch die Tarifpartner einzugrenzen. Die vorliegende Stichtagsregelung ist daher nicht zu beanstanden. Es liegt im Verhandlungsbereich der Tarifvertragsparteien, in welchem Umfang sie Leistung und Gegenleistung für die organisierten Arbeitnehmer aushandeln und gewähren. Dabei kann es hier dahingestellt bleiben, ob die strittige Regelung den persönlichen Geltungsbereich betrifft oder Arbeitsbedingungen inhaltlich festlegt. Der Gesetzgeber verbietet schließlich nicht eine Differenzierung zwischen befristet und unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern, sondern nur die Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund. Wie oben dargelegt, ist dieser jedoch vorhanden. Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes gemäß Art. 3 Abs. 1 GG sowie des daraus abgeleiteten arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes kann daher nicht angenommen werden. Dies gilt auch im Hinblick auf §§ 4 Abs. 2, 22 Abs. 1 TzBfG. 3. Eine Änderung des Tarifkompromisses würde im Übrigen eine wirtschaftliche Schieflage verursachen, die das Gesamtregelwerk in Frage stellt. Zu Recht wendet sich die Beklagte in diesem Zusammenhang gegen ein Vorgehen nach der Rosinentheorie. Würde man § 23 ETV-Arb. als nichtig ansehen (§ 134 BGB), wäre nach Ansicht der Beklagten eine 'Anpassung nach oben', d.h. eine Einbeziehung der befristet Beschäftigten in die Besitzstandszulagen in Frage stellen müssen. Sie betrachtet ihn als einen unzulässigen Eingriff in die Tarifautonomie. Nach allem war die Berufung somit als unbegründet zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. IV. Die Klägerin hat als Unterlegene die Kosten der Berufung gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache war die Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Schließlich sind zahlreiche Landesarbeitsgerichte im Bundesgebiet mit dem Rechtsstreit befasst.

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