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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Saarland
Urteil verkündet am 18.07.2001
Aktenzeichen: 2 Sa 20/01
Rechtsgebiete: BAT, SPersVG, BGB, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

BAT § 12
SPersVG § 73
SPersVG § 54
SPersVG § 78
SPersVG § 80
SPersVG § 54 Abs. 1
SPersVG § 54 Abs. 2
SPersVG § 73 Abs. 3
SPersVG § 73 Abs. 2
SPersVG § 54 Abs. 2 S. 2
SPersVG § 73 Abs. 2 S. 5
SPersVG § 73 Abs. 2 S. 3
SPersVG § 83 Abs. 1 Nr. 5
SPersVG § 80 Abs. 1 b Nr. 4
SPersVG § 80 Abs. 1 b Nr. 5
BGB § 315
BGB § 187 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ArbGG § 92 a Satz 1
ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 1
ArbGG § 92 Abs. 1 Satz 2
Eine Versetzungsverfügung gegenüber einer Angestellten im Justizbereich von einem Amtsgericht zu einem anderen Amtsgericht im Zusammenhang mit der Einführung des elektronischen Grundbuchs vor Ablauf der Stellungnahmefrist für den Hauptpersonalrat nach § 54 Abs. 1, 2 S. 2 i.V.m. § 73 Abs. 3 SPersVG ist unwirksam.
LANDESARBEITSGERICHT SAARLAND Im Namen des Volkes ! URTEIL

- 2 Sa 20/01 -

Verkündet am 18. Juli 2001

In dem Rechtsstreit

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Saarland auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juli 2001

durch den Richter am Arbeitsgerichts Hossfeld als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Dr. Bungart und Breuer als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Saarbrücken vom 24.11.2000, 6c Ca 143/00, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten vorliegend über die Rechtmäßigkeit einer Versetzungsverfügung, nach welcher die Klägerin vom Amtsgericht X, dem dortigen Grundbuchamt, hin zum Amtsgericht Saarbrücken, dem neuen EDV-Grundbuchamt, wechseln soll.

Die am --1960 geborene Klägerin war zunächst in der Zeit vom 15.11.1982 bis 31.8.1983 befristet als Justizangestellte beim Amtsgericht X auf der Grundlage des Vertrages vom 15.11.1982 (vgl. Bl. 8 - 10 d. A.) tätig. In der Zeit vom 1.9.1983 bis zum 30.9.1983 wurde ihr Vertragsverhältnis durch Änderungsvertrag vom 29.8.1983 verlängert (vgl. Bl. 11 d. A.). Ab dem 1.10.1983 wurde sie dann als Justizangestellte auf unbestimmte Zeit unter Vereinbarung der einschlägigen Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages ebenfalls mit Änderungsvertrag vom 29.8.1983 eingestellt (vgl. Bl. 11 d. A.). Ihre derzeitige Vergütung richtet sich nach Vergütungsgruppe VI b BAT.

Bis Mai 2000 war die Klägerin im Grundbuchamt des Amtsgerichts X beschäftigt. Am 17.5.2000 gab es eine Information durch das Ministerium der Justiz an den Direktor des Amtsgerichts X (vgl. Bl. 29/30 d. A.), dass personelle Maßnahmen im Sinne von Versetzungen im Rahmen der Einführung des elektronischen Grundbuches und der Konzentration aller Grundbuchsachen an dem zentralen EDV-Grundbuch in Y auch Mitarbeiter seines Gerichtes, u. a. die Klägerin, betreffen werden. Hierbei wurde darauf hingewiesen, dass kein Einsatz der Klägerin im Bereich des EDV-Grundbuches beim Amtsgericht Y nach ihrer Versetzung dorthin geplant sei.

Am 19.5.2000 gab es ein Schreiben der Klägerin auf dem Dienstweg an das Ministerium der Justiz (vgl. Bl. 14/15 d. A.) des beklagten Landes, in welchem sie mitteilte, dass sie mit der Versetzung an das Amtsgericht Y nicht einverstanden sei.

Am 24.5.2000 erfolgte eine Mitteilung des Direktors des Amtsgerichts X an das Ministerium der Justiz, dass die Klägerin sich gegen eine Versetzung an das Amtsgericht ausgesprochen habe (vgl. Bl. 31/32 d. A.).

Am 5.6.2000 wurde der Hauptpersonalrat bei dem Ministerium der Justiz des beklagten Landes zu einer für Oktober 2000 geplanten Versetzung der Klägerin zum Amtsgericht Y (nicht EDV-Grundbuch) und anderer personeller Maßnahmen nach § 80 SPersVG (vgl. Bl. 42 - 44 d. A) angehört. Der Hauptpersonalrat hat sich zu dieser Anhörung nicht geäußert.

Am 14.6.2000 schrieb der Direktor des Amtsgerichts X an das Ministerium der Justiz unter Bezugnahme auf ein Gespräch vom 13.6.2000 mit zwei Bediensteten des Ministeriums (vgl. Bl. 61 d. A.), dass die Klägerin nachdem ihr eröffnet worden sei, dass in Abänderung der bisherigen Planung ihre Versetzung nach Y bereits für den 24.7.2000 vorgesehen sei, sie nach entsprechender Bedenkzeit und unter Berücksichtigung der Unumgänglichkeit der Versetzung erklärt habe, mit der Versetzung an das zentrale Grundbuchamt in Y einverstanden zu sein.

Am 19.6.2000 erfolgte eine erneute Anhörung des Hauptpersonalrats bei dem Ministerium der Justiz zur vorgezogenen Versetzung, diesmal an das Amtsgericht in Y (EDV-Grundbuch), der Klägerin bereits zum 24.7.2000 (vgl. Bl. 77/78 d. A.).

Mit Schreiben vom 4.7.2000 des Personalrats des Amtsgerichts X an den Hauptpersonalrat beim Ministerium der Justiz (vgl. Bl. 62 d. A.) machte der Personalrat Mitteilung, dass die Klägerin ihre Zustimmung zwischenzeitlich schriftlich zurückgezogen habe und dass deshalb die Grundlage aus seiner Sicht für die Versetzung fehle.

Unter dem 5.7.2000 erfolgte dann die Versetzungsverfügung an die Klägerin (vgl. Bl. 67 d. A.). In dieser Verfügung wird das Einverständnis der Klägerin zur Versetzung wörtlich unterstellt.

Am 10.8.2000 hat die Klägerin gegen die Versetzung Klageschrift beim Arbeitsgericht Saarbrücken eingereicht.

Unter dem 23.11.2000 hat sie ihre Zustimmungserklärung zur Versetzung wegen arglistiger Täuschung angefochten (vgl. Hinweis im Schriftsatz vom 24.11.2000, Bl. 84 d. A.).

Die Klägerin und Berufungsbeklagte hat in erster Instanz vorgetragen, dass sie der Ansicht sei, die Versetzung sei unwirksam.

1. Die Versetzung sei aus ihrer Sicht nicht vom Direktionsrecht gedeckt, da § 12 BAT keine Direktionsrechtsausweitung zulasse, denn das Arbeitsverhältnis selbst habe sich durch seinen Verlauf konkretisiert. Auch sei gerade § 12 BAT im Änderungsvertrag vom 29.8.1983 (vgl. Bl. 11 d. A.) nicht erwähnt, wohl aber eine allgemeine Bezugnahme und eine konkrete Aufzählung anderer BAT-Bestimmungen. Es liege mithin eine Selbstbindung des Dienstherrn im Arbeitsvertragstext vor, wenn auf § 12 BAT kein Bezug genommen werde.

2. Die Zustimmung des Personalrats nach § 73 Abs. 1 i. V. m. § 80 Abs. 1 b Nr. 4 SPersVG liege nicht vor.

3. Auch § 315 BGB decke das Handeln der Beklagten nicht ab, da das notwendige billige Ermessen nicht ausgeübt worden sei. Es sei nicht Sache der Klägerin darzulegen, dass ihre Interessen am Verbleib in X höher einzuschätzen seien als das Interesse der Beklagte an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Die Personalsituation beim Amtsgericht X sei nicht beachtet worden. Eine ordnungsgemäße Interessenabwägung sei nicht gegeben, denn bei einem Einsatz in Y verlängere sich die Fahrtzeit für die Klägerin von ihrem Wohnort W aus erheblich. Darüber hinaus habe sie bei ihrem Einsatz nur untergeordnete Tätigkeiten im Archiv und der Post vorzunehmen; nur ein geringer Anteil von Publikumsverkehr sei bei ihrer neuen Tätigkeit zu verzeichnen, obwohl die Klägerin bisher selbständig die Geschäftsstelle im Grundbuch X geführt habe, wie sich aus dem Zwischenzeugnis vom 28.6.2000 eindeutig ergebe (vgl. Bl. 63 d. A.).

4. Eine wirksame Zustimmung der Klägerin liege ohnehin nicht vor, da sie ihre Zustimmung innerhalb von 24 Stunden dem Direktor des Amtsgerichts X gegenüber habe erklären müssen. Ursache für ihre Zustimmung sei die Information gewesen, wonach ein Personalüberhang am Amtsgericht X bestehe und Zeitverträge nicht verlängert würden. Nun sei aber gerade der Zeitvertrag einer Mitarbeiterin verlängert worden. Am 4.7.2000 sei mitgeteilt worden an den Hauptpersonalrat, dass sie ihre Zustimmung zurückgezogen habe. Zudem habe sie auch ihre Erklärung angefochten unter dem 23.11.2000.

In erster Instanz hat die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

1. es wird festgestellt, dass die Versetzungsanordnung des beklagten Landes vom 5.7.2000, wonach die Klägerin vom Amtsgericht X an das Amtsgericht Y - dort beim zentralen EDV-Grundbuch im Eingangsbereich und Archiv - mit Wirkung vom 24.7.2000 versetzt worden ist, unwirksam ist,

2. das beklagte Land wird verpflichtet, die Klägerin weiterhin beim Amtsgericht X zu beschäftigen.

Die Beklagte und Berufungsklägerin hat in erster Instanz beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte geht davon aus, dass die Versetzung vom Amtsgericht X an das Amtsgericht Y wirksam sei.

1. Die Versetzung sei aus ihrer Sicht vom Direktionsrecht gedeckt, denn die gesamte landeseigene Verwaltung sei letztlich das Saarland, innerhalb derer Versetzungen jederzeit durchgeführt werden könnten.

2. Auch § 12 BAT sei wirksam im Änderungsvertrag vom 29.8.1983 (vgl. Bl. 11 d. A.) in Ziff. 2 mit in Bezug genommen, da dort ein allgemeiner Verweis auf den BAT enthalten sei.

3. Der örtliche Personalrat beim Amtsgericht X sei aus Sicht der Beklagten unzuständig, so dass dessen Ansicht für die Wirksamkeit der Versetzung zunächst keine Bedeutung habe.

4. Die Zustimmung des Hauptpersonalrats gelte jedoch als erteilt nach den Bestimmungen der §§ 73 Abs. 2, 54 Abs. 2 SPersVG. Am 5.6.2000 sei der Hauptpersonalrat angehört worden, habe jedoch hierauf nicht reagiert. Auch am 19.6.2000 sei er angehört worden, ohne dass es zu einer Reaktion gekommen sei vor der Versetzung. Mithin müsse die Zustimmungsfiktion angenommen werden.

5. Von sachfremden Erwägungen könne auch keine Rede sein, da die Umorganisation letztlich zwingend sei. Diese sei nur durch Austauschen von Bediensteten zu bewerkstelligen, wobei die Durchführbarkeit der von der Klägerin gemachten Personalvorschläge nicht gegeben sei. Von einem Personalüberhang beim Amtsgericht X nach Versetzung von drei Rechtspflegern, einem Beamten des Mittleren Dienstes und von drei Angestellten könne nicht die Rede sein. Befristete Einstellungen seien nach § 4 Haushaltsgesetz durchaus möglich. Die Notwendigkeit, das EDV-Grundbuch mit erfahrenem Personal aufzubauen, sei offenkundig. Mit Einführung des EDV-Grundbuches bestehe aber keine Möglichkeit mehr, die Klägerin in ihrem angestammten Grundbuchbereich im Amtsgericht X einzusetzen. Es sei der Klägerin auch zumutbar, im Servicebereich im wöchentlich rollierenden System eingesetzt zu werden, wonach sie einmal im Eingangsbereich, dann für Auskünfte, später für das Archiv, die Druckerei und die Post zuständig sei. Die Zumutbarkeit der Entfernung bei nur 20 km dürfe unstreitig sein.

6. Von einer Überrumpelung der Klägerin könne auch keine Rede sein, denn ab dem 1.8.2000 müsse das EDV-Grundbuch seine Arbeit aufnehmen gemäß § 1 Abs. 1 der VO über das maschinengeführte Grundbuch vom 20.6.2000 (Amtsbl. 2000 S. 1198).

Das klagestattgebende Teil-Urteil der ersten Instanz vom 24.11.2000 (vgl. Bl. 86 - 92 d. A.), in welchem dem Klageantrag zu 2. hinsichtlich der weiteren Verwendung der Klägerin beim Amtsgericht in X entsprochen worden ist, stützt sich auf folgende wesentliche Gesichtspunkte.

Die anderweitige Verwendung der Klägerin verstoße gegen zwingende Bestimmungen des Personalvertretungsrechtes.

1. Die Frage, inwieweit Versetzungen vom Direktionsrecht zulässigerweise gedeckt seien, könne grundsätzlich für den vorliegenden Fall dahinstehen.

2. Die Frage, inwieweit die Klägerin einvernehmlich ihre Vertragsänderung mitgetragen habe, sei ebenfalls ohne Bedeutung.

3. Der zuständige Hauptpersonalrat (vgl. §§ 101, 52, 54 SPersVG) sei nämlich nicht ordnungsgemäß gehört worden, da die Versetzung noch im laufenden Zustimmungsverfahren vor Eintritt einer Zustimmungsfiktion durchgeführt worden sei. So habe der Hauptpersonalrat zunächst einmal das Recht, nach § 80 Abs. 1 b Nr. 4 SPersVG bei Versetzungen von Angestellten seine Mitbestimmung auszuüben. Das Verfahren sei in § 73 SPersVG dazu geregelt.

Da jedoch nicht der örtliche Personalrat, sondern der Hauptpersonalrat zu beteiligen sei nach § 54 SPersVG, verlängere sich nach dem Abs. 2 S. 2 dieser Bestimmung die in § 73 Abs. 2 gesetzte zweiwöchige Anhörungsfrist um eine Woche auf drei Wochen. Hier sei folgende Situation zu verzeichnen: Mit Schreiben vom 19.6.2000, versehen mit einem Ab-Vermerk vom 21.6.2000, habe man den Hauptpersonalrat angehört zur Versetzung der Klägerin bereits am 24.7.2000 in das EDV-Grundbuch beim Amtsgericht Saarbrücken. Die Zustimmungsfiktion hätte also erst drei Wochen später mit Ablauf des 12.7.2000 eintreten können. Die Versetzungsverfügung stammt jedoch vom 5.7.2000. Insoweit ist es dann auch unerheblich aus Sicht des erstinstanzlichen Gerichtes, ob eine unzureichende Unterrichtung des Hauptpersonalrates vorliege.

Die Berufungsklägerin und Beklagte erster Instanz ist der Überzeugung, das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Saarbrücken sei fehlerhaft.

1. Zum einen sei das Mitbestimmungsrecht des Hauptpersonalrats nach § 80 Abs. 1 b Nr. 4 SPersVG gewahrt. Das Gericht nehme eine Wertung der Zustimmungsfiktion vor, die es aber später dann nicht mehr aufgreife. So habe am 5.6.2000 eine Anhörung stattgefunden bezüglich der Versetzung an das Amtsgericht Y (nicht EDV-Grundbuch) für Anfang Oktober 2000. Hierauf sei eine Rückäußerung unstreitig nicht erfolgt, so dass man von dem Eintritt der Zustimmungsfiktion nach §§ 54 Abs. 2 S. 2, 73 Abs. 2 S. 5 SPersVG ausgehen müsse wegen fehlender Rückäußerung innerhalb von drei Wochen ab Einleitung des Anhörungsverfahrens. Dem Schreiben vom 19.6.2000 an den Hauptpersonalrat mit der erneuten Anhörung komme demnach keine weitere Bedeutung mehr zu.

2. Aus Sicht der Berufungsklägerin und Beklagten erster Instanz liege ohnehin nur eine Änderung des Einsatzes innerhalb des Grundbuchamtes vor, da es nicht um die Schaffung einer neuen eigenständigen Behörde Grundbuchamt in Y gehe durch die Verordnung vom 20.6.2000 über das maschinell geführte Grundbuch, sondern nur der Auftrag an eine Abteilung der Behörde gegeben werde, die maschinelle Grundbuchführung in Zukunft durchzuführen. Die Verstärkung beim Amtsgericht Y sei aber nur durch Versetzung von anderen Amtsgerichten her möglich als Regelung zwischen Stufenvertretung/Hauptpersonalrat und der Beklagten selbst (§ 54 Abs. 1 SPersVG).

Ein Mitbestimmungsrecht des Hauptpersonalrats bei der Frage, in welcher Abteilung die Klägerin innerhalb des Grundbuches dann eingesetzt werde, bestehe ohnehin nicht. Dies sei eine reine Sache der Ausübung des Weisungsrechts. Die Mitteilung vom 5.2.2000 reiche daher aus. Ein weiteres Mitbestimmungsrecht nach den §§ 78, 80, 83 Abs. 1 Nr. 5 SPersVG bestehe hier nicht. Mitbestimmungsrechte seien nur dann aufgerufen, wenn der Wechsel des Dienstortes hinzukomme.

3. Die Beklagte gehe von dem Eintreten der Zustimmungsfiktion aus, da der Hauptpersonalrat, wenn er schon keine Einwände erhoben habe gegen den Einsatz der Klägerin beim Amtsgericht Y in einem anderen Bereich als dem EDV-Grundbuch, sicherlich umso weniger Einwände erhoben hätte gegen einen Einsatz der Klägerin in ihrem angestammten Grundbuchbereich, allerdings nun im EDV-Grundbuch. Zudem habe der Hauptpersonalrat später seine Zustimmung erteilt. Die Klägerin sei wohl auch selber davon ausgegangen, dass ein Einsatz im EDV-Grundbuchbereich vorzuziehen sei, da sie sonst kaum ihre Zustimmung erklärt haben würde.

Die Berufungsklägerin und Beklagte in erster Instanz beantragt,

das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Saarbrücken, Az. 6 c Ca 143/00, vom 24.11.2000 wird dahingehend abgeändert, dass die Klage mit dem Klageantrag zu 2. abgewiesen wird.

Die Berufungsbeklagte und Klägerin in erster Instanz beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Berufungsbeklagte und Klägerin erster Instanz ist der Überzeugung, das erstinstanzliche Urteil sei zutreffend.

1. Die Anhörung vom 5.6.2000 (vgl. Bl. 42 - 44 d. A.) halte sie keineswegs für ausreichend, wovon letztlich auch die Beklagte ausgegangen sein dürfte, da sie eine zweite Anhörung vorgenommen habe.

Es sei keine vollständige Information über die geplante Maßnahme bereits am 5.6. dem Hauptpersonalrat zugegangen, da damals von einem Einsatz außerhalb des EDV-Grundbuches die Rede war, wohingegen jetzt der Einsatz im EDV-Grundbuchbereich vorgenommen werde. Gerade aber die genaue Angabe des Ortes sei nach Überzeugung der Klägerin erster Instanz und Berufungsbeklagten maßgeblich für eine exakte Stellungnahmemöglichkeit des Hauptpersonalrates.

Selbst wenn man das Amtsgericht Y als EDV-Grundbuch und das Amtsgericht Y als homogene Einheit ansähe, wäre dennoch eine Mitbestimmung über § 80 Abs. 1 b Nr. 5 SPersVG einschlägig, da auch eine anderweitige Verwendung in der selben Dienststelle für eine Dauer von mehr als drei Monaten der Mitbestimmung unterliegt, wenn damit ein Wechsel des Dienstortes verbunden ist.

Der Ansatz der Beklagten sei im Übrigen falsch, da die Klägerin ja bei Änderung des Inhaltes der Versetzung noch beim Amtsgericht X tätig gewesen sei und erstrecht eine Veränderung des Dienstortes nunmehr zum Amtsgericht Y vorgelegen habe.

2. Die Anhörung vom 5.6.2000 sei im Übrigen auch nicht ordnungsgemäß erfolgt, so dass eine Zustimmungsfiktion gar nicht möglich gewesen sei. Man habe keine Dokumentation des Zugangszeitpunktes der Anhörung. Der Umfang der Informationsweitergabe an den Hauptpersonalrat sei nicht ersichtlich. Im Übrigen sei nicht klar, ob der Widerspruch der Klägerin gegen die Versetzung dem Hauptpersonalrat überhaupt mitgeteilt worden sei.

3. Die Anhörung vom 19.6.2000 (vgl. Bl. 77/78 d. A.) sei jedenfalls fehlerhaft, da die 3-Wochen-Frist für die Stellungnahme des Hauptpersonalrates nach § 54 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 73 Abs. 2 S. 3 SPersVG nicht eingehalten worden sei, denn bereits am 5.7.2000 sei die Versetzungsverfügung unstreitig erfolgt.

4. Die Zustimmungserteilung des Hauptpersonalrates werde im Übrigen bestritten, da letztlich, wie eben vorgetragen, die Zustimmungsfiktion nicht eingetreten sei und eine ausdrückliche Zustimmung aus dem Wissen der Klägerin heraus nicht gegeben sei. Der Rückschluss aus einer Nichtäußerung zur Anhörung vom 5.6.2000 auf eine Zustimmung im Rahmen der Anhörung vom 19.6.2000 sei unzulässig. Die Klägerin selbst habe sich nur für das geringste Übel entschieden bei ihrer Zustimmungserklärung.

Im Hinblick auf den weiteren Sach- und Streitstand wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I) Die zulässige Berufung ist unbegründet, da die Versetzung der Klägerin wegen Nichtbeachtung der Bestimmungen des § 54 Abs. 2 Satz 2 SPersVG i. V. m. § 73 Abs. 2 Satz 3 SPersVG unwirksam ist.

1. Es gilt ein allgemein anerkannter Grundsatz, wonach eine vom Arbeitgeber durchgeführte personelle Einzelmaßnahme dann betriebsverfassungsrechtlich unwirksam ist und den Arbeitnehmer deshalb nicht verpflichtet ihr Folge zu leisten, wenn die im Rahmen eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats oder der Personalvertretung eingeräumte Stellungnahmefrist vor Durchführung der Maßnahme nicht abgewartet worden ist. Es muss vielmehr immer zu erst die Zustimmung, sei es ausdrücklich oder nur fingiert, vorliegen, damit die Maßnahme selbst durchgeführt werden darf (vgl. Aufhauser/Brunhöber/Warga, SPersVG-Komm, Rn 6, 7 zu § 73 SPersVG; KR-Etzel, 5.Aufl. Neuwied/Berlin/Kriftel 1998, Rn 55 zu §§ 72,79, 108 BPersVG sowie Rn 118 zu § 102 BetrVG; Kittner in Däubler/Kittner/Schneider/Klebe, Komm. zum BetrVG, 6. Aufl. Köln 1998, Rn 160, 218 zu § 99 BetrVG; a. A. Schlochauer in Hess/Schlochauer/Glau-bitz, Komm. zum BetrVG, 5. Aufl. Neuwied 1997, Rn 95 zu § 99 BetrVG, wonach nur dann die Maßnahme unwirksam sein soll, wenn der Betriebsrat danach noch die Zustimmung verweigert).

2. Überträgt man diesen Gedankengang auf den vorliegenden Fall, so fällt auf, dass das beklagte Land bereits vor Ablauf der dreiwöchigen Stellungnahmefrist des Hauptpersonalrats, nämlich schon nach zwei Wochen am 5.7.2000, die Versetzung durchgeführt hat, so dass diese unwirksam ist.

Am 5.6.2000 (vgl. Bl. 42 - 44 d. A. mit einem Ab-Vermerk vom 5.6.2000) hat das beklagte Land beim Hauptpersonalrat beim Ministerium der Justiz die Anhörung gemäß § 80 Abs. 1 b Nr. 4 SPersVG i. V. m. § 54 Abs. 1 SPersVG eingeleitet. Inhalt der Anhörung ist die beabsichtigte Versetzung der Klägerin von ihrem Arbeitsplatz beim Amtsgericht X hin zum Amtsgericht Y in den Bereich nicht EDV-Grundbuch, und zwar für den Zeitraum ab Oktober 2000.

Gerade diese beabsichtigte Versetzung ist jedoch inhaltlich wie auch zeitlich nicht durchgeführt worden. Vielmehr hat das beklagte Land unter dem 19.6.2000 (vgl. Bl. 77/78 d. A.) den Hauptpersonalrat erneut angehört. Diesmal ist Inhalt die Versetzung der Klägerin aus den Grundbuch beim Amtsgericht X zum Amtsgericht Y in den Bereich EDV-Grundbuch. Zeitlich soll die Versetzung nun nicht mehr im Oktober, sondern schon zum 24. Juli 2000 Wirkung entfalten. Diese Anhörung trägt einen Ab-Vermerk vom 21. 6 2000.

Für diese erneute Anhörung läuft nach § 54 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 73 Abs. 2 S. 3 SPersVG eine Drei-Wochen-Frist, innerhalb derer der Hauptpersonalrat seine schriftliche Stellungnahme abzugeben hat.

Die Bestimmungen lauten wie folgt :

§ 73 SPersVG

Abs.1

Soweit eine Maßnahme der Mitbestimmung des Personalrates unterliegt, kann sie nur mit seiner Zustimmung getroffen werden.

Abs.2

(1) Der Leiter der Dienststelle unterrichtet den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme und beantragt seine Zustimmung.

(2) Der Personalrat kann verlangen, dass der Leiter der Dienststelle die beabsichtigte Maßnahme schriftlich begründet.

(3) Der Beschluss ist dem Leiter der Dienststelle innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung mitzuteilen.

(4) In dringenden Fällen kann der Leiter der Dienststelle diese Frist auf drei Tage abkürzen.

(5) Die Maßnahme gilt als gebilligt, wenn nicht der Personalrat innerhalb der genannten Frist die Zustimmung unter Angabe der Gründe schriftlich verweigert.

(6) In den Fällen des *§ 38 Abs.1 verlängert sich diese Frist um eine Woche.

§ 54 SPersVG

Abs.1

In Angelegenheiten, in denen die Dienststelle nicht zur Entscheidung befugt ist, ist an Stelle des Personalrates die bei der zuständigen höheren Dienststelle gebildete Stufenvertretung zu beteiligen.

Abs.2

Vor einem Beschluss in Angelegenheiten, die einzelne Angehörige des öffentlichen Dienstes oder Dienststellen betreffen, gibt die Stufenvertretung dem Personalrat Gelegenheit zur Äußerung.

In diesen Fällen verlängert sich die Frist nach §§ 73 und 74 um eine Woche.

Unterstellt man zu Gunsten des beklagten Landes, dass die erneute Anhörung vom 19.6.2000 entsprechend dem Ab-Vermerk den Hauptpersonalrat bereits am 21.6.2000 erreicht hat, so ist die Drei-Wochen-Frist nach § 187 Abs. 1 BGB erst am Mittwoch, den 12.7.2000, abgelaufen gewesen. Die Versetzungsverfügung ist aber bereits nach Ablauf von zwei Wochen am 5.7.2000 der Klägerin zugegangen (vgl. Bl. 67 d. A.). Es liegt nahe, dass das beklagte Land, welches offensichtlich eine 2. Anhörung in richtiger Auslegung der inhaltlichen Veränderung gegenüber der ersten Anhörung für rechtlich geboten erachtet hat, die übliche Zwei-Wochen-Frist des § 73 Abs. 2 S. 3 SPersVG abgewartet hat, und der Klägerin in der irrigen Annahme, es lägen nun mangels Rückäußerung die Zustimmungsfiktion nach § 73 Abs. 2 Satz 5 SPersVG bereits vor. Für diese Annahme spricht das exakte abwarten von zwei Wochen nach dem Ab-Vermerk der zweiten Anhörung vom 19.6.2000.

3. Der Ansicht des beklagten Landes, wonach eine Zustimmung des Hauptpersonalrat bereits deshalb entbehrlich sei, weil mit Einführung des elektronisch geführten Grundbuches keine neue Behörde geschaffen worden sei und daher die Klägerin nur innerhalb einer Behörde an eine andere Arbeitsstelle versetzt worden sei, kann nicht gefolgt werden. Diese Auffassung berücksichtigt nicht, dass u. a. nach § 80 Abs. 1 b Nr. 5 SPersVG auch eine anderweitige Verwendung in derselben Dienststelle für eine Dauer von mehr als drei Monaten, dann der Zustimmung des Personalrates bedarf, wenn damit ein Wechsel des Dienstortes verbunden ist. Sollte man mit dem beklagten Land in seiner Berufungsbegründung davon ausgehen können, dass eine Versetzung innerhalb der großen Behörde Grundbuchamt von X nach Y erfolgt sei - dies ist nicht die Auffassung der Kammer -, so wäre damit auf Dauer einer Veränderung des Dienstortes für die Klägerin verbunden. Es käme unweigerlich zur Anwendbarkeit der Mitbestimmungsregel des § 80 SPersVG.

Auch die Auffassung, der Hauptpersonalrat habe nach Anhörung mit Schreiben vom 5.6.2000, worin er zu einer Versetzung der Klägerin in einen anderen Bereich als das EDV- Grundbuch zum Amtsgericht Y angehört worden sei, durch sein Nichtreagieren die Zustimmungsfiktion bereits ausgelöst, führt nichts daran vorbei, dass die ursprünglich geplante und sicher auch als vom Hauptpersonalrat abgesegnete Versetzung weder vom zeitlichen Rahmen her noch von der inhaltlichen, der Klägerin nach Versetzung zuzuweisenden Aufgabe her durchgeführt worden ist. Abgesehen von dieser Überlegung hat die Klägerin ihren Dienstorts bis zum 5.7.2000 beim Amtsgericht in X gehabt, so dass in jedem Fall keine Versetzung innerhalb des Amtsgerichts Y erfolgt wäre von einem Bereich außerhalb des Grundbuches in den Bereich EDV-Grundbuch, sondern dass eine Versetzung von X, dem angestammten Dienstort, nach Y zum neuen Dienstort vorgenommen worden ist.

4. Die von der Klägerin erklärte Zustimmung zur Versetzung, welche seitens des Direktors des Amtsgerichts X mit Schreiben vom 14.6.2000 (Bl. 61 d. A.) mitgeteilt worden ist, führt nicht zu einer anderen Sicht der Dinge.

Die Zustimmung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit ihrem Zugang gestaltende Wirkung auslöst. Hier wird nämlich das Einverständnis in die Veränderung des Arbeitsortes erklärt. Eine solchermaßen erklärte Zustimmung kann nur bis zu ihrem Zugang zurückgenommen oder widerrufen werden, ohne dass es auf die Zustimmung des Erklärungsempfängers an käme (vgl. § 130 Abs. 1 BGB; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, Komm. zum BAT, Rn 108 zu § 12 BAT). Die von der Klägerin erklärte Rücknahme ihrer Zustimmung, welche vom Personalrat am 4.7.2000 mitgeteilt worden ist (vgl. Bl. 62 d. A.), ist daher mangels einer entsprechenden Zustimmung des beklagten Landes zunächst ohne Bedeutung.

Es kommt aber auf die Frage der wirksamen Rücknahme oder auch der Wirksamkeit der Anfechtung, welche die Klägerin am 24.11.2000 hat erklären lassen (vgl. Bl. 84/85 d. A.) nicht entscheidend an, da eine Versetzung auch bei einer vom Arbeitsnehmer getätigten Einverständniserklärung dann unwirksam ist, wenn der Betriebsrat/Personalrat der Maßnahme nicht zugestimmt hat (Fitting/Kaiser/Heither/Engels, Komm. zum BetrVG, 20. Aufl. München 2000, Rn 206 zu § 99 BetrVG).

II) Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO.

III) Die Revision war nicht zuzulassen, da dem Rechtsstreit eine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 72 Abs.2 Nr.1 ArbGG nicht beizumessen ist. Im Übrigen fußt die Entscheidung in ihrer tragenden Begründung auf der Auslegung einer in ihrem Geltungsbereich auf das Saarland und damit auf den Zuständigkeitsbereich des erkennenden Landesarbeitsgerichts begrenzten Bestimmung im SPersVG.

Ende der Entscheidung

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