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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Saarland
Urteil verkündet am 18.03.2009
Aktenzeichen: 2 Sa 144/07
Rechtsgebiete: TV-Ärzte


Vorschriften:

TV-Ärzte § 4
TV-Ärzte § 9
TV-Ärzte § 9 Abs. 1
TV-Ärzte § 12
TV-Ärzte § 16
1. Zum Begriff der "Spezialfunktion" im Sinne der zweiten Alternative der Entgeltgruppe 3 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken.

2. Zur Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes in den Fällen, in denen der Arbeitgeber andere Arbeitnehmer tarifwidrig höher eingruppiert und sich dem Arbeitgeber die Erkenntnis der Tarifwidrigkeit dieser Eingruppierung aufdrängen muss.


LANDESARBEITSGERICHT SAARLAND Im Namen des Volkes! URTEIL

2 Sa 144/07

Verkündet am 18. März 2009

In dem Rechtsstreit

hat die Zweite Kammer des Landesarbeitsgerichts Saarland auf die mündliche Verhandlung vom 18. März 2009 durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Dier, den ehrenamtlichen Richter Zähringer und den ehrenamtlichen Richter Müller

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 6. November 2007 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Saarbrücken (65 Ca 89/07) wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der am 12. August 1962 geborene Kläger ist seit August 1996 Facharzt für Kinderheilkunde. Er ist seit April 1990 bei der Beklagten, dem Universitätsklinkium S., beschäftigt. Er wird in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Beklagten, dort in der Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie und dort wiederum auf der Pädiatrischen Intensivstation, eingesetzt. Er ist seit dem 1. Juli 2006 mit einer durchschnittlichen wöchentlichen (Normal-) Arbeitszeit von 30 Stunden tätig. In der ersten Hälfte des Jahres 2006 betrug die durchschnittliche wöchentliche (Normal-) Arbeitszeit des Klägers 28,5 Stunden, in den Jahren 2000 bis 2005 belief sie sich auf 26 Stunden und in den Jahren 1998 und 1999 auf 38,5 Stunden.

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung des Klägers. Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien war zunächst der Bundesangestelltentarifvertrag anwendbar. Bis Ende Juni 2006 erhielt der Kläger eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe I a Fallgruppe 4 der Anlage 1a zum Bundesangestelltentarifvertrag. Nachdem am 1. November 2006 der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) vom 31. Oktober 2006 in Kraft getreten und an Stelle der Eingruppierungsregelungen des Bundesangestelltentarifvertrages auf das Arbeitsverhältnis anwendbar geworden war, wurde der Kläger von der Beklagten als "Facharzt" nach der Entgeltgruppe Ä 2 dieses Tarifvertrages eingruppiert. Der Kläger ist hingegen der Auffassung, er sei bei zutreffender Beurteilung als "Oberarzt" im Sinne der Entgeltgruppe Ä 3 des Tarifvertrages einzugruppieren.

§ 12 TV-Ärzte, in dem die Eingruppierung der Ärzte geregelt ist, hat folgenden Wortlaut:

"§ 12

Eingruppierung

Ärzte sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübenden Tätigkeit wie folgt eingruppiert:

 Entgeltgruppe Bezeichnung
Ä 1 Ärztin/Arzt mit entsprechender Tätigkeit
Ä 2 Fachärztin/Facharzt mit entsprechender Tätigkeit
Ä 3 Oberärztin/Oberarzt

Oberarzt ist derjenige Arzt, dem die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist.

Oberarzt ist ferner der Facharzt in einer durch den Arbeitgeber übertragenen Spezialfunktion, für die dieser eine erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung fordert.

Ä 4 Fachärztin/Facharzt, der/dem die ständige Vertretung des leitenden Arztes (Chefarzt) vom Arbeitgeber übertragen worden ist.

(Protokollerklärung: Ständiger Vertreter ist nur der Arzt, der den leitenden Arzt in der Gesamtheit seiner Dienstaufgaben vertritt. Das Tätigkeitsmerkmal kann daher innerhalb einer Klinik nur von einer Ärztin/einem Arzt erfüllt werden.)"

Der Kläger ist der Auffassung, dass hinsichtlich der von ihm ausgeübten Tätigkeit die Voraussetzungen der zweiten Alternative der Entgeltgruppe Ä 3 vorliegen. Er verweist darauf, dass er eine fakultative Weiterbildungsmaßnahme auf dem Gebiet der "Speziellen Pädiatrischen Intensivmedizin" absolviert habe; es handele sich dabei, wie sich aus der Bescheinigung der Ärztekammer des Saarlandes vom 15. Juni 1999 (Blatt 12 der Akten) ergebe, um eine Weiterbildung nach der Weiterbildungsordnung für die Ärztinnen und Ärzte des Saarlandes (Blatt 16 bis 20 der Akten). Darüber hinaus habe er aufgrund einer weiteren Weiterbildungsmaßnahme das Recht erworben, zusätzlich zu seiner Bezeichnung als Facharzt für Kinderheilkunde auch die Schwerpunktbezeichnung "Neonatologie" zu führen; auch die insoweit absolvierte Weiterbildungsmaßnahme beruhe, wie der Bescheinigung der Ärztekammer des Saarlandes vom 29. Januar 2004 (Blatt 13 der Akten) zu entnehmen sei, auf der Weiterbildungsordnung für die Ärztinnen und Ärzte des Saarlandes. Diese zusätzlichen Qualifikationen seien die Voraussetzung dafür, dass er an dem Hintergrunddienst für die Pädiatrische Intensivstation habe teilnehmen können. Das ergebe sich aus einem an ihn gerichteten Schreiben des Geschäftsführenden Direktors der Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin vom 12. Dezember 2006 (Blatt 15 der Akten). In diesem Schreiben heißt es:

"Lieber Herr P.,

hinsichtlich Ihrer Anfrage vom 04.12.2006 darf ich Ihnen bestätigen, dass - zusätzlich zu Ihrer Qualifikation als Facharzt - die Zusatzbezeichnung Neonatologie und/oder die fakultative Weiterbildung Pädiatrische Intensivmedizin die Voraussetzung für die regelmäßige Teilnahme am Hintergrunddienst im Rahmen Ihrer Tätigkeit als Funktionsoberarzt auf unserer Intensivstation KK-01 sind."

Dieser Hintergrunddienst, der nur von erfahrenen Fachärzten mit Zusatzbezeichnungen beziehungsweise Weiterbildungen ausgeübt werde, werde, so führt der Kläger weiter aus, von 17 Uhr bis 8 Uhr des Folgetages und an Wochenenden von 13 Uhr bis 8 Uhr des Folgetages ausgeübt. Eingesetzt werde er in diesem Hintergrunddienst seit Januar 1998. Bei der Teilnahme an dem Hintergrunddienst handele es sich um eine "Spezialfunktion" im Sinne der zweiten Alternative der Entgeltgruppe Ä 3. Wenn er, der Kläger, in dem Schreiben des Geschäftsführenden Direktors der Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin vom 12. Dezember 2006 zudem als "Funktionsoberarzt" bezeichnet werde, so sei dem eine große Bedeutung beizumessen. Dies belege, dass er nach Ansicht seines Vorgesetzten der Funktion nach Oberarzt sei, auch wenn er formal nicht so tituliert werde.

Darüber hinaus sei bereits seine Tätigkeit auf den Gebieten der Neonatologie und der Speziellen Pädiatrischen Intensivmedizin als "Spezialfunktion" im Sinne der Tarifnorm anzusehen. Er übe seine Tätigkeit - innerhalb der Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin - in einer Spezialklinik aus, nämlich der Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie. Diese Klinik wiederum sei Teil des Perinatalzentrums, das sich als Besonderheit durch die perinatale Betreuung und die Pädiatrische Intensivmedizin auszeichne. Es handele sich dabei um ein Perinatalzentrum des Level 1, es würden dort Patienten mit höchstem Risiko betreut. Seine spezialisierte Tätigkeit gehe auch in einer Vielzahl von Einzelheiten über das allgemeine Maß der Tätigkeit eines Facharztes für Kinderheilkunde hinaus. Zur Auslegung von § 12 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) könne auch auf den für die Charité-Klinik in Berlin vereinbarten Tarifvertrag zurückgegriffen werden. Dieser Tarifvertrag sehe in einer Protokollerklärung zu § 12 (Blatt 27 bis 29 der Akten) wesentlich konkretere Kriterien für die Eingruppierung als Oberarzt vor. Diese Kriterien erfülle er mit seiner Tätigkeit auf der Pädiatrischen Intensivstation.

Die von ihm ausgeübten Spezialfunktionen seien ihm im Sinne der Tarifnorm "übertragen" worden. Dafür reiche konkludentes Handeln beziehungsweise eine langjährige Praxis und deren Duldung aus. Auch der Geschäftsführende Direktor der Kinderklinik sei selbstverständlich zu arbeitsrechtlichen Entscheidungen und Maßnahmen befugt, denn anders sei das Funktionieren der Klinik gar nicht sicherzustellen, eine andere Sicht widerspräche dem Klinikalltag. Er übe seine Tätigkeit, auch diejenige im Hintergrunddienst, mit Wissen und Wollen der Klinikleitung aus. Schließlich sei auch ein Kollege, Herr Dr. B., von der Beklagten in die Entgeltgruppe Ä 3 eingruppiert worden. Das könne nur deshalb geschehen sein, weil Herr Dr. B. ebenfalls im Hintergrunddienst eingesetzt werde.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihn seit dem 1. November 2006 nach der Entgeltgruppe Ä 3 Stufe 3 des § 12 TV-Ärzte zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen der Entgeltgruppe Ä 2 Stufe 3 und Ä 3 Stufe 3 beginnend mit dem 1. Juli 2006 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt hilfsweise ab Rechtshängigkeit mit fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Beklagte hat in erster Instanz beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers die Voraussetzungen der zweiten Alternative der Entgeltgruppe Ä 3 nicht erfüllt seien. Es könne offen bleiben, ob die von dem Kläger auf der Pädiatrischen Intensivstation ausgeübte Tätigkeit von dem tariflichen Begriff der "Spezialfunktion" erfasst werde. Denn dem Kläger sei eine solche Spezialfunktion jedenfalls nicht im Sinne der Tarifnorm "übertragen" worden. Die tarifliche Regelung fordere eine ausdrückliche Übertragung durch den Arbeitgeber. Es genüge nicht, dass der Kläger mit Wissen und Wollen der ärztlichen Leitung in dem Bereich der Pädiatrischen Intensivmedizin tätig sei. Übertragen werden müsse die Spezialfunktion durch den Vorstand des Klinikums oder durch die Personalabteilung. Das sei nicht geschehen. Der Kläger habe bereits im Rahmen seiner Ausbildung zum Facharzt und nach Abschluss seiner Facharztausbildung auf der intensivmedizinischen und der neonatologischen Station gearbeitet. Eine weitergehende Ausbildung sei dafür nicht erforderlich gewesen. Sicher sei der Erwerb zusätzlicher Qualifikationen üblich und wünschenswert. Die zusätzlichen Qualifikationen, die der Kläger erlangt habe, seien von ihr jedoch nicht gefordert worden. Auch die Einbindung in den oberärztlichen Rufbereitschaftsdienst der Intensivstation erfordere nicht zwingend eine vorherige Übertragung einer tarifrelevanten Spezialfunktion. Es sei selbstverständlich, dass zu diesen Rufbereitschaftsdiensten erfahrene Fachärzte bevorzugt herangezogen würden, insbesondere dann, wenn diese über eine erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- und Zusatzausbildung verfügten. Dadurch solle eine hochwertige fachärztliche Versorgung außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit gewährleistet werden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat, kurz zusammengefasst, ausgeführt, der Kläger nehme zwar seit 1998 an dem Hintergrunddienst der Pädiatrischen Intensivstation teil und verfüge außerdem über zusätzliche Qualifikationen nach der Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte des Saarlandes. Dem Vortrag des Klägers lasse sich aber nicht entnehmen, dass er zu mindestens 50 Prozent seiner Gesamttätigkeit zu Aufgaben herangezogen werde, die nur von einem Arzt vorgenommen werden könnten, der über die entsprechenden Zusatzqualifikationen verfüge. Angaben dazu, in welchem zeitlichen Umfang er solche Tätigkeiten einerseits und Tätigkeiten, für die eine Facharztausbildung genüge, andererseits ausübe, habe der Kläger nicht gemacht. Der Hinweis des Klägers auf die Verselbständigung des Funktionsbereichs allein genüge insofern der tariflichen Eingruppierungssystematik nicht. Vergleiche man § 12 des hier maßgeblichen Tarifvertrages mit § 16 des für die Eingruppierung von Ärzten maßgeblichen Tarifvertrages für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, so werde deutlich, dass der Unterschied bereits darin zu sehen sei, dass bei kommunalen Krankenhäusern von einer erheblich geringeren Spezialisierung ausgegangen werde, da dort eine zweite Alternative für die Eingruppierung zum Oberarzt nicht aufgeführt sei. Hieraus könne deshalb nicht im Umkehrfall der Rückschluss erfolgen, dass jedem Facharzt, der in einem Spezialgebiet innerhalb einer Klinik zum Einsatz komme, auch eine entsprechende Spezialfunktion übertragen worden sei, die er lediglich deshalb ausüben könne, weil er diese Spezial- beziehungsweise Schwerpunkt- und Zusatzweiterbildung genossen habe. Vielmehr sei davon auszugehen, dass auch in den speziellen Bereichen etwa der Neonatologie und der Pädiatrischen Intensivmedizin grundsätzlich zunächst Facharztwissen ausreiche, es jedoch durchaus für die Bewertung des Klinikbereiches innerhalb der Hierarchie zu anderen Universitätskliniken wie für das Erreichen des Ziels der Maximalversorgung von Bedeutung sein könne, dass Personen beschäftigt werden, die Zusatzqualifikationen aufweisen könnten. Allein der Einsatz des Klägers im Rufbereitschaftsdienst beziehungsweise im Hintergrunddienst der Pädiatrischen Intensivstation rechtfertige die Einstufung in die Entgeltgruppe Ä 3 nicht, da allein diese Tätigkeit - unterstellt, es handele sich dabei um eine Spezialfunktion mit entsprechend vorausgesetzter Schwerpunktausbildung beziehungsweise Zusatzweiterbildung - vom Umfang her keineswegs mindestens 50 Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit des Klägers ausfülle. Aus dem Schreiben des derzeitigen Klinikchefs vom 12. Dezember 2006 werde zwar deutlich, dass nach dessen Auffassung die Zusatzbezeichnung Neonatologie sowie die fakultative Weiterbildung Pädiatrische Intensivmedizin als Voraussetzung für die regelmäßige Teilnahme am Hintergrunddienst angesehen und der Kläger auch als Funktionsoberarzt auf der Intensivstation bezeichnet werde. Dies führe aber nicht dazu, dass die fachliche Ansicht des derzeitigen Klinikchefs die Übertragung einer Spezialfunktion im Sinne der Bestimmung des § 12 des Tarifvertrages ersetzen könne, weil dies allein die Aufgabe des Dienststellenleiters oder des Personaldezernenten darstelle. Der Hinweis des Klägers auf den für das Charité-Klinikum in Berlin geltenden Tarifvertrag verfange nicht, da die Regelungen dieses Tarifvertrages mit denjenigen des § 12 TV-Ärzte nicht identisch seien.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz geltend gemachten Ansprüche weiter. Er wiederholt und vertieft dazu seine Argumentation erster Instanz. Er vertritt dabei insbesondere die Auffassung, dass das Arbeitsgericht den Begriff der "Spezialfunktion" verkannt habe. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nehme er mit seiner gesamten Tätigkeit auf den Gebieten der Pädiatrischen Intensivmedizin und der Neonatologie eine "Spezialfunktion" wahr. Zur Auslegung von § 12 des Tarifvertrages habe das Arbeitsgericht zudem auf den für die Charité-Klinik in Berlin vereinbarten Tarifvertrag zurückgreifen müssen. Dieser Tarifvertrag sehe in einer Protokollerklärung zu § 12 des Tarifvertrages wesentlich konkretere Kriterien für die Eingruppierung als Oberarzt vor. Diese Kriterien erfülle er mit seiner Tätigkeit auf der Pädiatrischen Intensivstation. Auch den Begriff der "Übertragung" einer Spezialfunktion habe das Arbeitsgericht nicht richtig eingeordnet. Es sei keine formelle Übertragung der Spezialfunktion erforderlich, es genüge konkludentes Handeln der Klinikleitung. Abgesehen davon sei der Geschäftsführende Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin auch als "Dienststellenleiter" anzusehen. Er übe in der Klinik die medizinische Organisationshoheit aus, seine organisatorischen Maßnahmen seien ohne Weiteres als Maßnahmen des Arbeitgebers zu verstehen. Wenn der Geschäftsführende Direktor der Klinik in seinem Schreiben vom 12. Dezember 2006 ausführe, dass er, der Kläger, "Funktionsoberarzt" sei, werde zudem deutlich, dass er keinesfalls dem normalen Facharzt ohne (Zusatz-) Weiterbildung gleichzusetzen sei. Er trage vielmehr mit diesem ihm bestätigten Qualifikationslevel die ärztliche Eigenverantwortung und besitze ein Fachweisungsrecht gegenüber den Ärzten des Schichtdienstes. Zu Unrecht stelle das Arbeitsgericht zudem in Frage, dass er zu mindestens 50 Prozent seiner Gesamttätigkeit in einer Spezialfunktion tätig sei. Erst im Kammertermin habe das Arbeitsgericht überraschend die 50-Prozent-Klausel aufgegriffen, prozessleitende Verfügungen dazu existierten nicht. Richtig verstanden ergebe sich aus seinem Vortrag, dass er zeitlich mindestens zur Hälfte in einer Spezialfunktion beschäftigt werde. Auf seinen Vortrag betreffend den vergleichbaren Fall von Herrn Dr. B. sei das Arbeitsgericht nicht eingegangen. Die Qualifikation von Herrn Dr. B. und dessen Tätigkeit unterschieden sich in nichts von seiner Qualifikation und seiner Tätigkeit. Dass Herr Dr. B. von der Beklagten höher eingruppiert werde, verstoße daher gegen das Gleichbehandlungsgebot. Ein Unterschied bestehe lediglich darin, dass Herr Dr. B. Vollzeit arbeite, während er, der Kläger, mit 30 Wochenstunden teilzeitbeschäftigt sei. Falls es auf das Verhältnis der Normalarbeitszeit zu der Hintergrunddienstarbeitszeit ankomme, ergebe sich zudem sogar ein Plus für ihn selbst, denn er leiste verhältnismäßig mehr Hintergrunddienst als Normalarbeitszeit. Was für Herrn Dr. B. gelte, gelte in ähnlicher Weise auch für seine weiteren Kollegen, die ebenfalls den Hintergrunddienst wahrnähmen, nämlich Herrn Dr. L1. und Herrn Dr. L2., und außerdem für seine Kollegin, Frau Dr. G. Diese seien von der Beklagten ebenfalls in die Entgeltgruppe Ä 3 eingruppiert worden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihn seit dem 1. November 2006 nach der Entgeltgruppe Ä 3 Stufe 3 des § 12 TV-Ärzte zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen der Entgeltgruppe Ä 2 Stufe 3 und Ä 3 Stufe 3 beginnend mit dem 1. Juli 2006 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt hilfsweise ab Rechtshängigkeit mit fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Berufung keinen Erfolg haben könne. Die von dem Kläger beanspruchte Eingruppierung scheitere bereits daran, dass dem Kläger eine Spezialfunktion nicht "übertragen" worden sei. Eine Übertragung im Sinne der Tarifnorm müsse förmlich durch den Arbeitgeber geschehen. Die höherwertige Tätigkeit müsse demgemäß mit Zustimmung der personalführenden Stelle ausgeübt werden. Das sei hier nicht der Fall. Der Geschäftsführende Direktor der Klinik sei insbesondere nicht "Dienststellenleiter". Es handele sich bei der zuletzt genannten Bezeichnung um einen Begriff aus dem Personalvertretungsrecht, der hier nicht einschlägig sei. Der Hintergrunddienst, auf den sich der Kläger beziehe, könne zudem nicht als "Spezialfunktion" im Sinne der Tarifnorm angesehen werden. Jedenfalls aber übe der Kläger den Hintergrunddienst in zeitlicher Hinsicht nicht mindestens mit der Hälfte seiner Arbeitszeit aus. Bei der Eingruppierung der bei ihr tätigen Ärzte habe sie den Hintergrunddienst auch völlig außer Betracht gelassen. Es gebe bei ihr zahlreiche Ärzte, die Hintergrunddienst leisteten, ohne dass sie in die Entgeltgruppe Ä 3 eingruppiert seien. Der Hintergrunddienst werde üblicherweise von "Fachältesten" und fachlich qualifizierten Mitarbeitern übernommen. Das möge sich zwar häufig mit der Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä 3 decken, einen Zusammenhang zwischen der Ableistung von Hintergrunddienst und der Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä 3 gebe es jedoch nicht. Soweit der Kläger auf die höhere Eingruppierung von Herrn Dr. B. abstelle, sei dieser Gesichtspunkt schon deshalb nicht von Bedeutung, weil der Gleichbehandlungsgrundsatz nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für die Eingruppierung eines Arbeitnehmers völlig unerheblich sei. Entsprechendes gelte, soweit der Kläger auf die höhere Eingruppierung von Herrn Dr. L2. und Herrn Dr. L1. sowie Frau Dr. G. hinweise. Es gehe hier ausschließlich um den Vollzug von Tarifnormen. Sie, die Beklagte, sei bei der Eingruppierung dieser Ärzte nicht gestalterisch tätig geworden. Die höhere Eingruppierung dieser Ärzte sei aufgrund ihrer Tätigkeit und ihrer Erfahrung auch sachlich gerechtfertigt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts (Blatt 80 bis 95 der Akten), auf die Schriftsätze der Parteien in erster und zweiter Instanz sowie auf die Niederschriften über die Sitzungen der Kammer vom 20. August 2008 (Blatt 151 bis 153 der Akten) und vom 18. März 2009 (Blatt 200 bis 204 der Akten) Bezug genommen. Mit einem Aufklärungsbeschluss vom 20. August 2008 (Blatt 152 und 153 der Akten) hat die Kammer die Parteien auf rechtliche und tatsächliche Gesichtspunkte hingewiesen, die für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung sein konnten. Beide Parteien haben in dem letzten Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer angeregt, die Revision zuzulassen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Er ist bei zutreffender Beurteilung nicht in die Entgeltgruppe Ä 3 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) eingruppiert, sondern in die Entgeltgruppe Ä 2 dieses Tarifvertrages.

I. Nach § 4 des Tarifvertrages zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TVÜ-Ärzte) vom 30. Oktober 2006 gilt für die Eingruppierung der Ärzte ab dem 1. November 2006 die Entgeltordnung gemäß § 12 TV-Ärzte. Durch diese Entgeltordnung werden die Eingruppierungsvorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages mit Wirkung ab dem 1. November 2006 ersetzt (§ 2 Absatz 1 TVÜ-Ärzte).

II. In einer Niederschriftserklärung zu § 4 TVÜ-Ärzte haben die Tarifvertragsparteien festgehalten, dass Ärzte, die am 31. Oktober 2006 die Bezeichnung "Oberarzt" führen, ohne die Voraussetzungen für eine Eingruppierung als Oberarzt nach § 12 TVÜ-Ärzte zu erfüllen, die Berechtigung zur Führung ihrer bisherigen Bezeichnung nicht verlieren. Weiter heißt es dort, dass damit eine Eingruppierung nach Entgeltgruppe Ä 3 nicht verbunden sei. Daraus folgt, dass ein Arzt nicht schon deshalb als Oberarzt nach der Entgeltgruppe Ä 3 eingruppiert ist, weil er vor Inkrafttreten der neuen tariflichen Regelung als Oberarzt bezeichnet wurde. Für die Eingruppierung ab dem 1. November 2006 kommt es vielmehr ausschließlich darauf an, welche tariflichen Merkmale nach den Entgeltgruppen des § 12 TV-Ärzte erfüllt sind (ausführlich dazu etwa Knörr, Eingruppierung der Oberärzte nach dem TV-Ärzte/VKA und dem TV-Ärzte, ZTR 2009, 50, 51 mit weiteren Nachweisen; dazu außerdem bereits die Entscheidung der Ersten Kammer des Landesarbeitsgerichts Saarland vom 11. März 2009, 1 Sa 137/08, Seite 13). Es ist daher für die Eingruppierung des Klägers erst recht nicht von Bedeutung, dass der Kläger von dem Geschäftsführenden Direktor der Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin, wie sich aus dessen Schreiben vom 12. Dezember 2006 ergibt, (lediglich) als "Funktionsoberarzt" angesehen wird.

III. Nach § 12 TV-Ärzte sind Ärzte entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübenden Tätigkeit in Entgeltgruppen eingruppiert, die anschließend bezeichnet werden. Die Beklagte geht davon aus, dass der Kläger in die Entgeltgruppe Ä 2 eingruppiert ist, die für "Fachärzte mit entsprechender Tätigkeit" maßgebend ist. Der Kläger ist hingegen der Auffassung, seine Tätigkeit erfülle die Voraussetzungen der Entgeltgruppe Ä 3, und zwar diejenigen der zweiten Alternative dieser Entgeltgruppe. Danach ist Oberarzt "der Facharzt in einer durch den Arbeitgeber übertragenen Spezialfunktion, für die dieser eine erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung fordert". Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der Tätigkeit, die der Kläger ausübt, jedoch nicht vor.

1. Der Kläger meint, er übe die gesamte von ihm in der Klinik ausgeübte Tätigkeit im Rahmen einer "Spezialfunktion" aus. Er begründet dies mit der stark spezialisierten Tätigkeit, die er in der Neonatologie und auf der Pädiatrischen Intensivstation ausübe. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Das ergibt eine Auslegung der tarifvertraglichen Regelung.

Bei der Auslegung einer Tarifnorm ist zunächst von deren Wortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung, ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (dazu etwa BAG, Urteil vom 4. April 2001, 4 AZR 180/00, BAGE 97, 271 mit weiteren Nachweisen).

Davon ausgehend ergibt sich folgendes: Die Tarifnorm stellt auf eine "Spezialfunktion" ab. In dem Eingangssatz des § 12 TV-Ärzte ist demgegenüber die Rede von der von dem Arzt auszuübenden "Tätigkeit". Die "Tätigkeit" des Arztes ist also offensichtlich der Oberbegriff, mit dem die Tätigkeit des Arztes insgesamt beschrieben wird. Bei der "Spezialfunktion" muss es sich also um eine spezielle Aufgabe handeln, die dem Arzt im Rahmen seiner Gesamttätigkeit übertragen wurde. Es reicht daher schon nach dem Wortlaut der Norm nicht aus, dass der Kläger insgesamt eine in hohem Maße spezialisierte medizinische Tätigkeit ausübt. Vor allem aber ist zu bedenken, dass es hier um einen Tarifvertrag geht, der für die Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken gilt. Universitätskliniken sind üblicherweise in eine Vielzahl von Kliniken untergliedert, wie etwa in die Klinik für Innere Medizin, die Klinik für Chirurgie, die Urologische Klinik, die Orthopädische Klinik, die Augenklinik, die Klinik für Radiologie und viele weitere mehr. Diese Kliniken wiederum sind weiter untergliedert. So ist das auch bei der Klinik, in der der Kläger tätig ist. Die "Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin" der Universitätskliniken S. in H. sind unterteilt in die Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie, die Klinik für Pädiatrische Kardiologie und die Klinik für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie. In diesen drei Kliniken wiederum gibt es weitere spezielle Einrichtungen, unter anderem die Pädiatrische Intensivstation. Diese Spezialisierung mit der damit verbundenen besonderen Fachkompetenz der dort beschäftigten Ärzte ist ein typisches Merkmal von Universitätskliniken. Damit verbunden ist regelmäßig auch, dass Ärzte, die in einer solchen speziellen Klinik oder Einrichtung eingesetzt werden, über besondere Fachkenntnisse auf dem betreffenden Gebiet verfügen müssen und auch verfügen, sei es aufgrund ihrer dort erworbenen Erfahrungen oder aufgrund einer speziellen Weiterbildung. Wollte man der Auffassung des Klägers folgen, dass es für die Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä 3 genüge, dass ein Arzt in einer solchen Einrichtung eine spezialisierte Tätigkeit ausübe, wäre nahezu jeder Arzt an einer Universitätsklinik Oberarzt im Sinne der Tarifnorm. Dass das von den Tarifvertragsparteien nicht gewollt gewesen sein kann, bedarf keiner vertieften Begründung. Dann wären die Entgeltgruppen Ä 1 und Ä 2 des § 12 TV-Ärzte praktisch ohne Bedeutung.

2. Als "Spezialfunktion" im Sinne der Tarifnorm sieht der Kläger weiter seinen Einsatz im "Hintergrunddienst" an. Es handelt sich bei diesem Hintergrunddienst nicht um den allgemeinen Bereitschaftsdienst, bei dem jeder Arzt oder jeder Facharzt eingesetzt wird, sondern um eine spezielle Rufbereitschaft, die von fachlich besonders qualifizierten und erfahrenen Ärzten wahrgenommen wird. Diese stehen nachts oder an Wochenenden oder an Feiertagen den Ärzten und Fachärzten als Ansprechpartner zur Verfügung, wenn sich bei der Behandlung von Patienten besondere medizinische Probleme ergeben, die sich nur mit erhöhtem Fachwissen oder erheblicher ärztlicher Erfahrung bewältigen lassen. Der Hintergrunddienst wird an Werktagen von 17 Uhr bis 8 Uhr des Folgetages, an Wochenenden von 13 Uhr bis 8 Uhr des Folgetages und an Feiertagen von 8 Uhr bis 8 Uhr des Folgetages geleistet. Während des Hintergrunddienstes hat der Arzt sicherzustellen, dass er, wenn er sich zu Hause in seiner Wohnung aufhält, innerhalb von zehn bis fünfzehn Minuten nach Abruf in der Klinik sein kann. Der Arzt, dem das aufgrund der Entfernung seiner Wohnung zu der Klinik nicht möglich ist, hat sich während der Dauer des Hintergrunddienstes in der Klinik bereitzuhalten.

a. Es kann offen bleiben, ob der Einsatz eines Arztes in diesem Hintergrunddienst als Wahrnehmung einer "Spezialfunktion" im Sinne der Entgeltgruppe Ä 3 des § 12 TV-Ärzte angesehen werden könnte. Fraglich erscheint das deshalb, weil § 9 Absatz 1 TV-Ärzte für die Teilnahme an der Rufbereitschaft eine spezielle Vergütungsregelung enthält. Nach dieser Regelung wird für die Rufbereitschaft eine "tägliche Pauschale je Entgeltgruppe" gezahlt. Diese Regelung spricht dagegen, dass die Teilnahme an der Rufbereitschaft außerdem ein Kriterium für die Eingruppierung in eine bestimmte Entgeltgruppe sein kann. Die Höhe der für die Rufbereitschaft zu zahlenden Pauschale ist nach § 9 TV-Ärzte vielmehr davon abhängig, in welcher Entgeltgruppe der Arzt aufgrund seiner (sonstigen) Tätigkeit eingruppiert ist. Die Eingruppierung in eine bestimmte Entgeltgruppe ist also Voraussetzung für die Höhe der wegen der Rufbereitschaft zu zahlenden Pauschale. Die Parteien sind sich offensichtlich darüber einig, dass auch der "Hintergrunddienst", um den es hier geht, von der Vergütungsregelung des § 9 TV-Ärzte erfasst wird. Davon geht die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 22. Oktober 2008 (Seite 2 und 3 dieses Schriftsatzes, Blatt 172 und 173 der Akten) ebenso aus wie der Kläger in seinem Schriftsatz vom 12. Dezember 2008 (Seite 3 und 4 dieses Schriftsatzes, Blatt 181 und 182 der Akten). Diese Frage muss hier aber nicht weiter vertieft werden.

b. Denn selbst dann, wenn es sich bei der Ausübung des Hintergrunddienstes um die Wahrnehmung einer "Spezialfunktion" handeln sollte, könnte dies hier nicht zu einer Eingruppierung des Klägers in die Entgeltgruppe Ä 3 führen, weil der Kläger diese Tätigkeit nicht mit mindestens der Hälfte seiner Arbeitszeit ausübt.

Nach dem Eingangssatz des § 12 TV-Ärzte sind die Ärzte entsprechend ihrer "zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübenden Tätigkeit" in die nachfolgend bezeichneten Entgeltgruppen eingruppiert. Das bedeutet, dass die Tätigkeit, die die Eingruppierung in eine bestimmte Entgeltgruppe rechtfertigen soll, mindestens die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Arztes ausmachen muss. Das gilt auch hinsichtlich der in der Entgeltgruppe Ä 3 bezeichneten Tätigkeiten (davon für die erste Alternative der Entgeltgruppe Ä 3 ausgehend auch das LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2007, 12 Sa 49/07, und das Sächsische LAG, Urteil vom 4. Juni 2008, 9 Sa 658/07, beide Entscheidungen abrufbar bei juris). Das Erfordernis, dass es für die Eingruppierung auf die Tätigkeit ankommt, die der Arzt "zeitlich mindestens zur Hälfte" ausübt, ist in dem Eingangssatz für alle nachfolgend aufgeführten Entgeltgruppen formuliert. Es ist eine "vor die Klammer gezogene" Voraussetzung für die Eingruppierung (dazu Knörr, Eingruppierung der Oberärzte nach dem TV-Ärzte/VKA und dem TV-Ärzte, ZTR 2009, 50, 56). Auch bei dem Hintergrunddienst - der Aufgabe also, die der Kläger aufgrund einer ihm übertragenen Spezialfunktion ausüben würde - handelt es sich um eine "Tätigkeit" im Sinne des Eingangssatzes der Tarifnorm. Hintergrunddienst und sonstige Arbeitszeit des Arztes lassen sich zeitlich auch ohne weiteres voneinander abgrenzen.

Der Kläger übt den Hintergrunddienst nicht mit mindestens der Hälfte seiner Arbeitszeit aus. Der Kläger hat - im Anschluss an einen Aufklärungsbeschluss der Kammer, in dem auf diesen Gesichtspunkt hingewiesen wurde - dargelegt, in welchem zeitlichen Verhältnis seine normale Arbeitszeit in der Klinik zu dem von ihm ausgeübten Hintergrunddienst steht. Wie der Kläger dies berechnet hat, hat er in seinem Schriftsatz vom 29. September 2008 (Seite 5 bis 7 des Schriftsatzes, Blatt 161 bis 163 der Akten) im Einzelnen erläutert. Sodann hat er die jeweiligen Zeiten in einer Übersicht (Anlage 15 zu dem Schriftsatz, Blatt 166 der Akten) einander gegenübergestellt, und zwar für die Jahre 1998 bis 2008. Dabei setzt er auch die Zeiten des - von ihm in der Regel von zu Hause aus wahrgenommenen - Hintergrunddienstes in vollem Umfang an, obwohl während des Hintergrunddienstes nur Rufbereitschaft besteht. Er begründet dies mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu der Thematik des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit im Sinne der Arbeitsschutzvorschriften (zu dieser Rechtsprechung beispielsweise Wank, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 9. Auflage 2009, Randnummer 23 ff zu § 2 ArbZG, mit weiteren Nachweisen). Ob diesem Ansatz für die Rufbereitschaft in der hier konkret vorliegenden Ausgestaltung und für das Recht der Eingruppierung gefolgt werden könnte, braucht in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht entschieden zu werden. Denn selbst ausgehend von seiner Prämisse gelangt der Kläger über die Jahre hinweg nahezu durchgehend zu dem Ergebnis, dass der zeitliche Anteil des Hintergrunddienstes geringer gewesen ist als seine normale Arbeitszeit in der Klinik. Dieser zeitliche Anteil lag zwischen etwas mehr als 39 Prozent und etwas mehr als 48 Prozent. Lediglich im Jahr 2000 lag der zeitliche Anteil einmal bei etwas mehr als 52 Prozent.

Die neue tarifliche Regelung mit den neuen Entgeltgruppen gilt erst seit dem 1. November 2006. Für die Zuordnung zu einer Entgeltgruppe kommt es daher darauf an, welche Tätigkeit der Arzt in der Zeit ab dem 1. November 2006 ausgeübt hat. Eine begrenzte rückwirkende Betrachtung ist nur anzustellen, soweit es innerhalb einer bestimmten Entgeltgruppe um die Zuordnung zu Entgeltstufen geht, für die es darauf ankommt, wie lange der Arzt die Tätigkeit, die seine Zuordnung in eine bestimmte Entgeltgruppe ab dem 1. November 2006 begründet, bereits ausübt (§ 5 TVÜ-Ärzte). Darum geht es hier aber nicht. Die Stufenzuordnung setzt vielmehr voraus, dass der Arzt in der Zeit ab dem 1. November 2006 tatsächlich eine Tätigkeit ausübt, die die Zuordnung zu einer bestimmten Entgeltgruppe rechtfertigt. Jedenfalls in der Zeit ab dem 1. November 2006 hat der Kläger Hintergrunddienst aber nicht mit mindestens der Hälfte seiner Arbeitszeit ausgeübt. Der Anteil des Hintergrunddienstes des Klägers an seiner Gesamtarbeitszeit lag im zweiten Halbjahr 2006 - selbst nach der Berechnungsweise des Klägers - lediglich bei 41,76 Prozent, im Jahr 2007 bei 46,63 Prozent und in der ersten Hälfte des Jahres 2008 bei 45 Prozent, und damit zu keinem Zeitpunkt bei mindestens 50 Prozent. Dass der Anteil des Hintergrunddienstes im Jahr 2000 einmal geringfügig über 50 Prozent lag, ist ohne Bedeutung, weil es auf diesen Zeitraum, wie bereits erwähnt, für die Ermittlung der zutreffenden Entgeltgruppe nicht ankommt, so dass auch die Frage, ob nicht ohnehin auf einen für einen längeren Zeitraum zu bildenden Durchschnittswert abgestellt werden müsste, nicht beantwortet werden muss.

Scheitert die Eingruppierung des Klägers unter dem Gesichtspunkt seiner Teilnahme an dem Hintergrunddienst damit schon daran, dass insoweit die Voraussetzungen des Eingangssatzes des § 12 TV-Ärzte nicht vorliegen, so kann auch dahinstehen, ob die Beklagte die von dem Kläger erworbenen Zusatzqualifikationen für die Teilnahme an dem Hintergrunddienst im Sinne der Tarifnorm gefordert hat und ob dem Kläger die Aufgabe, an dem Hintergrunddienst teilzunehmen, im Sinne der Tarifnorm von dem Arbeitgeber übertragen wurde.

IV. Die von dem Kläger beanspruchte Eingruppierung ergibt sich schließlich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung.

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung. Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn also bei einer am Gleichheitsgedanken orientierten Betrachtungsweise die Differenzierung als willkürlich anzusehen ist. Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz allerdings nur eingeschränkt, weil der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang hat. Anders ist dies nur, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip auf Grund einer abstrakten Regelung gewährt. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift also nur ein bei einem gestaltenden Verhalten des Arbeitgebers, hingegen nicht beim bloßen, auch vermeintlichen Normvollzug. Das gilt auch im Rahmen der Eingruppierung (zu all dem beispielsweise BAG, Urteil vom 7. Mai 2008, 4 AZR 223/07, ZTR 2009, 25 mit weiteren Nachweisen).

1. Der Kläger verweist darauf, dass auch seinen Kollegen, Herrn Dr. L1., Herrn Dr. L2. Herrn Dr. B. und seiner Kollegin, Frau Dr. G., eine Vergütung nach der Entgeltgruppe Ä 3 gezahlt werde. Der Kläger meint, das könne - weil deren Eingruppierung nach der ersten Alternative der Entgeltgruppe Ä 3 kaum in Betracht komme - nur deshalb geschehen, weil auch diese den Hintergrunddienst wahrnähmen. Träfe das zu, so würde die Beklagte diesen Ärzten eine Vergütung nach einem generalisierenden Prinzip zahlen und den Kläger von der Anwendung dieses Prinzips ausnehmen.

Davon, dass die Beklagte den genannten Ärzten eine Vergütung nach der Entgeltgruppe Ä 3 deshalb zahlt, weil sie den Hintergrunddienst wahrnehmen, kann jedoch nicht ausgegangen werden. Der Kläger hat das nicht nachgewiesen. Die Beklagte verweist darauf, dass sie bei der Eingruppierung der bei ihr beschäftigten Ärzte die Ableistung von Hintergrunddienst völlig außer Betracht lasse. Hintergrunddienst werde üblicherweise von "Fachältesten" und fachlich qualifizierten ärztlichen Mitarbeitern geleistet. Das möge sich häufig mit der Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä 3 decken. Einen Zusammenhang zwischen der Ableistung von Hintergrunddienst und der Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä 3 gebe es jedoch nicht. Es gebe bei ihr zahlreiche Ärzte, die Hintergrunddienst leisteten, ohne dass sie in die Entgeltgruppe Ä 3 eingruppiert seien.

Diese Darstellung der Beklagten ist schon deshalb plausibel, weil der Hintergrunddienst nach der bereits erwähnten Regelung in § 9 TV-Ärzte gesondert vergütet wird, was es nahelegt, die Ausübung von Hintergrunddienst bei der Eingruppierung in die Entgeltgruppen des § 12 TV-Ärzte nicht zusätzlich zu berücksichtigen. Vor allem aber hat der Kläger selbst nicht behauptet, dass alle Ärzte, die in den Kliniken der Beklagten Hintergrunddienst ausüben, in die Entgeltgruppe Ä 3 eingruppiert seien. Es spricht daher alles dafür, dass sich die Ausübung von Hintergrunddienst und die Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä3 in den Kliniken der Beklagten nur deshalb häufig decken, weil Hintergrunddienst regelmäßig besonders qualifizierten Ärzten übertragen wird, bei denen häufig - unabhängig von der Wahrnehmung des Hintergrunddienstes - auch die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä 3 vorliegen.

2. Allerdings erscheint fraglich, ob die Beklagte die hier maßgebliche Tarifnorm in allen Fällen richtig angewendet hat, als sie sich entschloss, die von dem Kläger genannten anderen, ebenfalls in der Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie tätigen Ärzte in die Entgeltgruppe Ä 3 einzugruppieren. Der Kläger hält die Kriterien, die die Beklagte dabei nach ihren Angaben zugrunde gelegt hat, für tarifwidrig. Auch die Kammer hat - auf der Grundlage des Vortrages der Beklagten in dem vorliegenden Rechtsstreit zu den von ihr insoweit angestellten Erwägungen - in einem Teil der Fälle Schwierigkeiten, die von der Beklagten vorgenommene Eingruppierung anhand der nach der Entgeltgruppe Ä 3 des § 12 TV-Ärzte maßgeblichen Kriterien nachzuvollziehen.

a. Plausibel ist allerdings die Eingruppierung von Herrn L1. Die Beklagte hatte Herrn Dr. L1. bereits 1995 die Leitung der interdisziplinären (pädiatrischen) Intensivstation übertragen. Das wird durch das an die Personalverwaltung der Beklagten gerichtete Schreiben des damaligen Chefarztes der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin vom 23. August 1995 (Blatt 195 der Akten) belegt. Es liegt nahe anzunehmen, dass dies die Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä 3 rechtfertigt, und zwar nach der ersten Alternative dieser Entgeltgruppe. Jedenfalls erscheint dies gut vertretbar.

b. Ähnliches gilt in Bezug auf Frau Dr. G.. Ihr wurde von der Beklagten, wie die Beklagte schriftsätzlich dargelegt hat und wie deren Vertreterin in dem letzten Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer nochmals betont hat, auch - offenbar neben ihrem Einsatz auf der Pädiatrischen Intensivstation - die medizinische Verantwortung für die Station K 2, die Neonatologie, übertragen. Auch dies mag eine Eingruppierung nach der ersten Alternative der Entgeltgruppe Ä 3 rechtfertigen.

c. Problematischer erscheint allerdings die Eingruppierung von Herrn Dr. B. und Herrn Dr. L2. in die Entgeltgruppe Ä 3.

Die Beklagte verweist zum einen darauf, dass für die betreffende Klinik - gemeint ist offensichtlich die betreffende Station, nämlich die Station K 1, also die Pädiatrische Intensivstation - (nach ihrem Stellenplan) nur drei Ä 3-Stellen zur Verfügung gestanden hätten. Das allerdings darf kein Kriterium für die Eingruppierung sein (dazu etwa BAG, Urteil vom 27. August 2008, 4 AZR 484/07, abrufbar bei juris, mit weiteren Nachweisen). In welche Entgeltgruppe ein Arzt eingruppiert ist, richtet sich nach dem Tarifvertrag, nicht dagegen danach, wie viele Stellen in dem Stellenplan des Arbeitgebers für die betreffende Entgeltgruppe vorgesehen sind. Sicherstellen kann die Beklagte eine Übereinstimmung von Stellenplan und nach einer bestimmten Entgeltgruppe zu vergütenden Stellen nur über die Zuweisung von Tätigkeiten. Weist sie einem Arzt aber Tätigkeiten zu, die tariflich einer bestimmten Entgeltgruppe zuzuordnen sind, so muss sie diese Tätigkeiten auch tariflich vergüten, und zwar unabhängig von dem Inhalt ihres Stellenplans.

Weiter hat die Beklagte darauf verwiesen, dass sie - bei der Verteilung der nach dem Stellenplan zur Verfügung stehenden Stellen - Herrn Dr. L2. und Herrn Dr. B. in Absprache mit dem Klinikdirektor den Vorzug vor dem Kläger gegeben habe, weil diese länger bei ihr beschäftigt seien und sie deshalb über die größere Erfahrung verfügten. Auch das sind allerdings Kriterien, die nach der seit dem 1. November 2006 geltenden tariflichen Regelung allein kaum von Bedeutung sind. Mittelbar eine Rolle spielen kann dieser Gesichtspunkt nach der neuen tariflichen Regelung allenfalls dann, wenn dem Arzt wegen seiner großen ärztlichen Erfahrung und einer daraus resultierenden besonderen Fachkompetenz beispielsweise die medizinische Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik oder einer Abteilung der Klinik übertragen wird.

Sollte danach die Eingruppierung von Herrn Dr. L2. und Herrn Dr. B. tatsächlich tarifwidrig gewesen sein, so würde daraus aber noch nicht folgen, dass nun auch der Kläger tarifwidrig in die Entgeltgruppe Ä 3 einzugruppieren wäre. Das würde nach Auffassung der Kammer selbst dann gelten, wenn sich der Beklagten hätte aufdrängen müssen, dass die Eingruppierung von Herrn Dr. L2. und Herrn Dr. B. in die Entgeltgruppe Ä 3 tarifrechtlich zumindest problematisch ist oder wenn ihr das - was der Kläger allerdings zumindest ausdrücklich nicht geltend macht - gar bewusst gewesen wäre (zu letzterem: BAG, Urteil vom 27. August 2008, 4 AZR 484/07, abrufbar bei juris, mit weiteren Nachweisen). Denn auch dann hätte die Beklagte eine - wenn auch tarifwidrige - Eingruppierung aufgrund (weiter unten noch näher dargestellter) konkreter Erwägungen in Einzelfällen vorgenommen und nicht nach einem generalisierenden Prinzip. Schon daran würde ein sich aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung ergebender Anspruch des Klägers auf eine Höhergruppierung und die damit verbundene Zahlung einer höheren Vergütung scheitern.

Die Eingruppierung von Herrn Dr. B. und Herrn Dr. L2. könnte zudem, auch wenn sie tarifwidrig sein sollte, nicht als willkürlich angesehen werden. Denn die Beklagte hat dafür immerhin plausible Gründe angeführt. Sie verweist auf eine längere Beschäftigungszeit dieser Ärzte und eine daraus aus ihrer Sicht resultierende größere ärztliche Erfahrung. Da die Beschäftigungszeit von Herrn Dr. L2. im Verhältnis zu derjenigen des Klägers deutlich länger ist, Herr Dr. B. aber offenbar nur etwas mehr als ein Jahr früher eingestellt wurde als der Kläger, hält es die Kammer zwar auch für denkbar, dass die Beklagte, wie auch der Kläger andeutet, bei der Eingruppierung von Herrn Dr. B. außerdem die "alte Oberarzt-Hierarchie" berücksichtigt hat, also den Umstand, dass Herr Dr. B. - ebenso wie Herr Dr. L2. und Frau Dr. G., aber anders als der Kläger - bereits vor Inkrafttreten des neuen Tarifvertrages "Titular-Oberärzte" gewesen sind. Auch das wäre zwar aus den bereits eingangs dargelegten Gründen kein Gesichtspunkt, der der neuen tariflichen Regelung entspräche, sondern ein davon unabhängiger aber nicht ohne Weiteres willkürlicher Ansatz, denn die vor Inkrafttreten des neuen Tarifrechts bestehende Übung von Chefärzten, bestimmte Fachärzte nach außen hin als "Oberärzte" zu titulieren, dürfte regelmäßig mit einer nach der Beurteilung des jeweiligen Chefarztes besonderen Kompetenz und auch mit einer (begrenzten) besonderen Verantwortung dieser "Oberärzte" einhergegangen sein.

V. Soweit schließlich der Kläger auch im Berufungsverfahren die Auffassung vertritt, zur Auslegung von § 12 TV-Ärzte könne auf die Protokollerklärung zu § 12 des für das Charité-Klinikum in Berlin vereinbarten Tarifvertrages zurückgegriffen werden, vermag die Kammer dem ebenfalls nicht zu folgen. Auf eine solche Protokollerklärung haben sich die Parteien des Tarifvertrages, um den es hier geht, nicht verständigt. Ihnen kann daher auch nicht unterstellt werden, dass sie den Inhalt der für das Charité-Klinikum geltenden Protokollerklärung ebenfalls billigen.

VI. Die Berufung des Klägers konnte danach keinen Erfolg haben. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Absatz 1 ZPO. Die Revision war, insoweit auch der Anregung der Parteien folgend, zuzulassen. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 72 Absatz 2 Nummer 1 ArbGG). Der tarifliche Begriff der "Spezialfunktion" im Sinne der zweiten Alternative der Entgeltgruppe Ä 3 ist neu, es ist bislang auch nur vereinzelt und nur in anderem Zusammenhang Gegenstand von Entscheidungen anderer Landesarbeitsgerichte. Wie er in dem Anwendungsbereichs des bundesweit geltenden Tarifvertrages, um den es hier geht, also bei der Tätigkeit von Ärzten und Ärztinnen an Universitätskliniken, auszulegen ist, ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt. Eine Zulassung der Revision hielt die Kammer hier zudem auch wegen der Frage der Reichweite des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes in den Fällen, in denen der Arbeitgeber andere Arbeitnehmer tarifwidrig höher eingruppiert und sich ihm die Erkenntnis der Tarifwidrigkeit dieser Eingruppierung zumindest aufdrängen muss, für geboten (allgemein zur Frage der Anwendung des arbeitsrechtlichen Grundsatzes der Gleichbehandlung, wenn der Arbeitgeber anderen Oberärzten eine Vergütung nach der Entgeltgruppe Ä 3 zahlt, obwohl die tariflichen Voraussetzungen dafür nicht vorliegen: LAG Düsseldorf, Urteile vom 15. Dezember 2008, 5 Sa 990/08, abrufbar bei juris, und vom 8. August 2008, 9 Sa 1399/07, ZTR 2008, 675), und außerdem zur Abgrenzung von den von dem Bundesarbeitsgericht bislang entschiedenen Fällen einer bewusst tarifwidrigen Eingruppierung durch den Arbeitgeber im Rahmen der Anwendung eines generalisierenden Prinzips (dazu die bereits erwähnte Entscheidung des BAG vom 27. August 2008, 4 AZR 484/07, abrufbar bei juris).

Ende der Entscheidung

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