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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Saarland
Beschluss verkündet am 04.07.2001
Aktenzeichen: 2 TaBV 2/01
Rechtsgebiete: BetrVG, BetrVG 1972, ArbGG


Vorschriften:

BetrVG § 12
BetrVG § 19
BetrVG § 26
BetrVG § 38
BetrVG § 26 Abs. 1
BetrVG 1972 § 38 Abs. 2
BetrVG 1972 § 38 Abs. 1
BetrVG 1972 § 38 Abs. 2 S. 3
BetrVG 1972 § 38 Abs. 2 S. 6
BetrVG 1972 § 38 Abs. 2 S. 9
BetrVG 1972 § 14 Abs. 2 Alternative 2
ArbGG § 92
ArbGG § 72
ArbGG § 92 a
ArbGG § 12 Abs. 5
ArbGG § 92 a Satz 1
ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 1
1. § 38 Abs. 1 BetrVG gewährt auch in Betrieben mit ganz überwiegend in Teilzeit beschäftigter Belegschaft dem Betriebsrat das Recht, sich allein an Kopfzahlen zu orientieren bei der Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder.

2. Das Wahlergebnis einer Wahl der freigestellten Mitglieder eines Betriebsrates ist der Disposition des Betriebsrates im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs enthoben.


LANDESARBEITSGERICHT SAARLAND Im Namen des Volkes ! Beschluss

- 2 TaBV 2/01 -

Verkündet am 04. Juli 2001

In dem Beschlussverfahren

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Saarland auf die mündliche Anhörung vom 04. Juli 2001

durch den Richter am Arbeitsgericht Hossfeld als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Biwersiund Wolter als Beisitzer

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Saarbrücken vom 14.12.2000 - Aktenzeichen 1 BV 26/00 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten sich vorliegend zum einen über die Anzahl von freizustellenden Betriebsratsmitgliedern, insbesondere vom Umfang der Zeit her, zum anderen aber auch über die Ordnungsmäßigkeit des Freistellungsbeschlusses.

Die Beteiligte zu 2. und jetzige Beschwerdeführerin ist ein Gebäudereinigungsunternehmen, das derzeit zirka 1.027 Arbeitnehmer beschäftigt, wovon nur 26 dem Bereich der Angestellten zuzuordnen sind. Von diesen 26 Angestellten sind 9 Mitarbeiter als Objektleiter tätig.

Der Beteiligte zu 1. und jetzige Beschwerdegegner ist der bei der Beteiligten zu 2. gewählte Betriebsrat. Die derzeitige Vorsitzende Frau D und der stellvertretende Vorsitzender M sind Gegenstand der Frage der Zulässigkeit von Freistellungen im zeitlichen Umfang von Vollzeitkräften.

Am 13.03.2000 fand die konstituierende Sitzung des Beteiligten zu 1. statt. Eine Tagesordnungsposition war die Wahl der freigestellten Mitglieder (vgl. Bl. 34 d.A.). 12 Betriebsratsmitglieder waren anwesend (vgl. Bl. 33 d.A.). Aus dem Protokoll zu dieser Sitzung ergibt sich, dass man zunächst darüber diskutiert hat, ob eine oder zwei Freistellungen notwendig seien, dass dann der Vorschlag der Freistellung von Herrn M und Frau D gemacht worden sei, und dass man schließlich besprochen habe, dies in einem Gespräch mit der Geschäftsführung am 16.03.2000 abzuklären (vgl. Protokoll Bl. 31/32 d.A.).

Am 13.03.2000 ist dann Frau Jacobsen für die Beteiligte zu 2. zu einem Gespräch eingeladen worden auf den 16.03.2000 (vgl. Bl. 30 d.A.), welches später auf den 20.03.2000 verschoben worden ist.

Unter dem 20.03.2000 haben die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beteiligten zu 2. dem Beteiligten zu 1. schriftlich mitgeteilt, dass bisher Herr M nur zur Hälfte ausgelastet sei, und dass eine dramatische Reduzierung der Arbeitnehmerzahl in den letzten Monaten erfolgt sei, so dass aus Sicht des Arbeitgebers zwei Freistellungen nicht erforderlich seien. Darüber hinaus wurde Kritik geäußert, dass eine weitere Angestellte gewählt worden sei, was aus Sicht des Arbeitgebers eine Verletzung des § 38 Abs. 2 S. 3 BetrVG 1972 darstelle.

Unter dem 20.03.2000 fand eine weitere Sitzung des Beteiligten zu 1. statt. Nach der Tagesordnung war auch dort ein Gespräch mit Frau J vorgesehen, die jedoch nur eine Freistellung in einem Umfang von acht Stunden akzeptiert habe (vgl. Bl. 27/28 d.A.). Anschließend wurde auf dieser Sitzung die Wahl von zwei freigestellten Betriebsratsmitgliedern durchgeführt. 11 Stimmen sind gültig abgegeben worden, wovon acht Stimmen für die Freistellungen aussprachen und drei dagegen.

Am 22.03.2000 ist das Wahlergebnis der Beteiligten zu 2. mitgeteilt worden (vgl. Bl. 26 d.A.).

Mit Schreiben vom 28.03.2000 haben die Prozessbevollmächtigten der Beteiligten zu 2. erneut ihre negative Haltung zu zwei Freistellungen kundgetan (vgl. Bl. 25 d.A.).

Am 10.04.2000 hat der Beteiligte zu 1. mitgeteilt, dass die Zweiwochenfrist des § 38 Abs. 2 S. 6 BetrVG 1972 aus seiner Sicht verstrichen sei für die Anrufung der Einigungsstelle.

Mit Schreiben vom 13.04.2000 haben die Prozessbevollmächtigten der Beteiligten zu 2. mitgeteilt, dass eine Anrufung der Einigungsstelle nicht in Betracht komme, da diese aus ihrer Sicht nicht zuständig sei (vgl. Bl. 12 ff. d.A.).

Unter dem 18.04.2000 haben die Prozessbevollmächtigten des Beteiligten zu 1. schriftlich mitgeteilt, dass statt zwei sogar drei Freistellungen möglich seien, dass keineswegs mehrere Gruppen im Betriebsrat vertreten seien, weil nur zwei Listen vorhanden gewesen seien, die von Arbeitern angeführt worden seien. Es habe keine Angestelltenliste gegeben bei der Wahl, so dass auch kein Verstoß gegen § 38 Abs. 2 BetrVG 1972 vorliegen könne (vgl. Bl. 9 - 11 d.A.).

Am 10.08.2000 hat es eine einstimmige Verzichtserklärung der gewerblichen Arbeitnehmer auf einen Anspruch auf ein freigestelltes Betriebsratsmitglied gegeben.

Im Anhörungstermin vom 30.03.2001 haben die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens vor dem Arbeitsgericht Saarbrücken unter dem Aktenzeichen 5 BVGa 2/01 (dort Bl. 31 d.A.) nachfolgenden Vergleich abgeschlossen:

1. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass das Betriebsratsmitglied Claudia T in der Zeit vom 09.04. bis 09.07.2001 für ihre Betriebsratstätigkeit freigestellt wird.

2. Die Beteiligten sind sich weiter darüber einig, dass aufgrund der Ziffer 1.) dieses Vergleiches eine darüber hinausgehende Freistellung eines weiteren Betriebsratsmitgliedes für das Kalenderjahr 2001 ausgeschlossen ist.

3. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass der Vergleich vom 28.05.1999 sowie das Beschlussverfahren 2 TaBV 2/01 durch diese Regelung unberührt bleiben.

Der in diesem Vergleich benannte andere Vergleich vom 28.05.1999 betraf das Aktenzeichen 4 BV 28/98 des Arbeitsgerichtes Saarbrücken in welchem Fragen des Besuchsrechts des Betriebsrates in den einzelnen Reinigungsobjekte zur Debatte standen.

Der Beteiligte zu 1. und jetzige Beschwerdegegner hat in erster Instanz vorgetragen, dass er von der Fiktion der Wirksamkeit der Freistellung der beiden gewählten Betriebsratsmitglieder ausgehe, da der Arbeitgeber die Zweiwochenfrist versäumt habe, so dass nach § 38 Abs. 2 S. 5 BetrVG die Zustimmung des Arbeitgeber als fiktiv gegeben anzunehmen sei. Es sei schließlich um die Frage der sachlichen Vertretbarkeit oder Unvertretbarkeit der beiden Freistellungen von Herrn M und Frau D gegangen.

Ein Verstoß gegen § 38 Abs. 2 S. 3 BetrVG 1972, wonach die Gruppen entsprechend dem Verhältnis ihrer Vertretung im Betriebsrat auch bei den Freistellungen zu berücksichtigen seien, sei aus seiner Sicht nicht gegeben, da am 10.08.2000 ein einstimmiger Verzicht durch die gewerblichen Arbeitnehmer im Betriebsrat auf ihr Recht eine Freistellung zu beanspruchen erklärt worden sei.

Der in erster Instanz verfolgte Widerantrag der Beteiligten zu 2. und jetzigen Beschwerdeführerin sei ebenfalls unbegründet, da § 38 Abs. 1 BetrVG 1972 die Freistellung nach Kopfzahl der Arbeitnehmer vornehme und nicht an dem jeweiligen Arbeitszeitumfang des einzelnen Arbeitnehmers sich orientiere.

Der Beteiligte zu 1. und jetzige Beschwerdegegner hat in erster Instanz beantragt,

1. festzustellen, dass im Betrieb der Antragsgegnerin zwei Betriebsratsmitglieder gemäß § 38 BetrVG freigestellt werden;

2. festzustellen, dass die Betriebsratsmitglieder M und D gemäß § 38 BetrVG freizustellen sind;

3. die Widerklage vom 04.12.2000 wird abgewiesen.

Die Beteiligte zu 2. und jetzige Beschwerdeführerin hat in erster Instanz beantragt,

1. die Anträge vom 26.09.2000 abzuweisen;

2. im Wege der Widerklage festzustellen, dass der Antragsteller nicht berechtigt ist, zwei Arbeitnehmer für die Betriebsratstätigkeit freizustellen.

Die Beteiligte zu 2. und jetzige Beschwerdeführerin hat in erster Instanz vorgetragen, dass aus ihrer Sicht die Anzahl der Freistellungen schon zu hoch bemessen seien. Hierbei müsse man die Struktur der Belegschaft berücksichtigen, wobei von ursprünglich 1.105 Arbeitnehmern bis zum 31.10.2000 weitere 78 in Abzug zu bringen seien, so dass in der Konsequenz jetzt nur noch 1.027 Arbeitnehmer zur Verfügung stünden. Ursprünglich seien 996 festangestellte Arbeitnehmer Beschäftigt gewesen, wovon 646 mit nur zwei Stunden pro Tag, 172 mit vier Stunden pro Tag, 81 mit sechs Stunden pro Tag und nur 97 mit acht Stunden pro Tag tätig gewesen seien. Weitere 109 Arbeitnehmer seien als Urlaubs- oder Arbeitsunfähigkeitsvertretungen eingestellt. Die Beteiligte zu 2. verfüge nur über 26 Angestellte, wovon neun Objektleiter seien.

Der Beschluss des Beteiligten zu 1. zwei Freistellungen vorzunehmen, sei deshalb schon nicht vertretbar aus Sicht der Beteiligten zu 2., da es sich gerade um zwei dieser Objektleiter handele bei Frau D und Herrn M, die zudem Vollzeit beschäftigt seien, was der Struktur des Unternehmens nicht Rechnung trage. Bisher sei man mit einer Freistellung, nämlich Herrn M durchaus ausgekommen und gegen dessen Freistellung werde auch kein Einspruch erhoben.

Der Beteiligte zu 1. verletze aus Sicht der Beteiligten zu 2. bei seinem Freistellungsbeschluss § 38 Abs. 2 S. 3 BetrVG, da die weitaus überwiegende Mehrzahl der Beschäftigten dem Bereich der gewerblichen Arbeitnehmer zuzurechnen sei, so dass die Freistellung von zwei Angestellten mit den gesetzlichen Vorgaben nicht in Einklang zu bringen sei.

Der aus Sicht der Beteiligten zu 2. zulässige Wiederantrag sei auch begründet, da es sich gerade nicht um einen Fall für die Einigungsstelle nach § 38 BetrVG gehandelt habe. Die Einigungsstelle sei aus Sicht der Beteiligten zu 2. nur für den Streit über die Personen selbst zuständig. Hier gehe jedoch um einen eklatanten Verstoß gegen § 38 Abs. 2 S. 3 BetrVG und den dort manifestierten Gruppenschutz. Dieser Gruppenschutz sei missachtet worden, indem man bei 1.000 Arbeitern nicht einen einzigen mit einer Freistellung bedacht habe, trotz der entsprechenden Vertretung im Betriebsrat. Darüber hinaus stelle sich das Kopfzahlproblem auch im Bereich des BetrVG. Wenn zwei Vollzeitfreistellungen geltend gemacht würden, grenze dies nach Meinung der Beteiligten zu 2. an Rechtsmissbrauch, weil weniger als 10 % der Belegschaft vollzeitig tätig seien, wohingegen 2/3 der Mitarbeiter nur zwei Stunden pro Tag zum Einsatz kämen. Auch sachlich sei die zweite Freistellung neben Herrn M kaum vertretbar, da dieser im Jahr 1999 nur 120 Stunden Aufwand geltend gemacht habe für seine Zusatzaufgabe als Fachkraft für Arbeitssicherheit, von der man ihn nun ja entbunden habe.

Der den Hauptanträgen stattgebende und den Widerantrag abweisende Beschluss des Arbeitsgerichtes Saarbrücken vom 14.12.2000 (Bl. 49 - 57 d.A.) stützt sich im Wesentlichen auf folgende Gesichtspunkte:

Zum einen wird die Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder unter dem Aspekt der Einstufung als Geschäftsführungsakt des Beteiligten zu 1. als rechtmäßig betrachtet. Zunächst wird ausgeführt, dass die Nichtigkeit einer solchen Maßnahme ohnehin die Ausnahme darstelle. Eine Anfechtbarkeit sei wie bei § 19 BetrVG grundsätzlich nur innerhalb von zwei Wochen möglich. Hier seien individualrechtliche Ansprüche der gewählten Betriebsratsmitglieder gegen die Beteiligte zu 2. auf Freistellung wegen des Verstreichens der Zweiwochenfrist entstanden. Auch werde die Einigungsstelle für zuständig gehalten für die Überprüfung der Frage der sachlichen Rechtfertigung der Freistellung von zwei Objektleitern. Auch hier sei die Zweiwochenfrist verstrichen.

Eine Nichtigkeit des Freistellungsbeschlusses vom 20.03.2000 sei nicht zu verzeichnen, da eine erhebliche Gesetzesverletzung nicht erkennbar sei. Hier müsse vom Kopfzahlprinzip ausgegangen werden in Betrieben auch mit überwiegender Teilzeitbeschäftigung. Die Verletzung des Gruppenprinzips auch nach § 38 Abs. 2 S. 3 BetrVG hätte höchstens zur Anrufung der Einigungsstelle binnen zwei Wochen berechtigt, zudem habe eine gemeinsame Wahl nach § 12 BetrVG vorgelegen (gemeint war wohl § 14 Abs. 2, 2. Alternative BetrVG).

Zum anderen werden die beiden gestellten Anträge vom Arbeitsgericht dahingehend ausgelegt, dass die Freistellung letztlich nicht durch Gestaltungsakt oder Gestaltungsurteil erfolge, sondern durch Freistellungsbeschluss des Betriebsrates selber, so dass hier geboten sei, festzustellen, dass die Betriebsratsmitglieder D und M freigestellt sind gemäß § 38 BetrVG.

Der Widerklageantrag wird vom Arbeitsgericht als unzulässig betrachtet, da kein Interesse an alsbaldiger Feststellung zu verzeichnen sei, ob nach Teilzeit oder Vollzeit bei Freistellung zu rechnen sei, bzw. ob eine Verletzung des Gruppenprinzips vorliege.

Die Beschwerdeführerin und Beteiligte zu 2. trägt in zweiter Instanz zunächst vor, dass aus ihrer Sicht für das Jahr 2001 eine abschließende Regelung über die Freistellung von Betriebsratsmitgliedern durch den Vergleich in dem Verfahren 5 BVGa 2/01 des Arbeitsgerichtes Saarbrücken vom 30.03.2001 getroffen worden sei, so dass ein Handlungsbedarf erst ab dem 01.01.2002 zu sehen sei. Insbesondere habe man den Vergleich auf Beteiligten zu 2. und Beschwerdeführerseite so verstanden, dass auch mit Ende der Freistellungsphase von Frau T, d. h. mit Ablauf des 09.07.2001 eine weitere Freistellung über die Freistellung des Herrn M hinaus nicht das Jahr 2001 vereinbart worden sei.

Bezüglich des Beschlusses der ersten Instanz ist die Beschwerdeführerin der Ansicht, dass dieser Beschluss fehlerhaft sei, da nach Auffassung der Beteiligten zu 2. die Anfechtbarkeit interner Geschäftsführungsakte des Betriebsrates wohl nicht nur innerhalb von zwei Wochen zu bejahen sei. Die in dem Urteil zitierte Rechtsprechung betreffe nur Fälle der Anfechtung durch ein Betriebsratsmitglied selbst. Die Freistellung erfolge nicht durch den Betriebsrat, sondern der Vollzug erfolge durch den Arbeitgeber. Die Beteiligte zu 2. habe jedoch ausdrücklich erklärt, mit der Freistellung von Frau D nicht einverstanden zu sein.

Auch halte die Beteiligte zu 2. die Zusammenfassung beider Anträge für unzulässig, weil der Freistellungsbeschluss des Betriebsrates des Vollzuges durch den Arbeitgeber bedürfe, so dass die Tenorierung "sind freigestellt" falsch ist.

Die Begründung für die Abweisung des Widerklageantrages sei unzutreffend, da es gerade konkret für die Anzahl und die beiden namentlich genannten Personen gehe. Streit bestehe nur bezüglich der Freistellung von zwei Objektleitern. Unproblematisch wäre aus Sicht der Beteiligten zu 2. die Freistellung des Objektleiters M und einer weiteren Teilzeitkraft mit etwa drei Stunden pro Tag.

Die Rechtsfrage eines Verstoßes gegen § 38 Abs. 2 S. 3 BetrVG sei aus Sicht der Beteiligten zu 2. gerade nicht der Einigungsstelle zugänglich. Zudem stelle die Gemeinschaftswahl wohl den falschen Ansatz dar, da es um die Repräsentanz von 1.000 gewerblichen Arbeitnehmern bei der Freistellungsfrage gehe. Ferner stelle sich für die Beteiligte zu 2. auch die Kostenfrage, wenn zwei Vollzeitkräfte freizustellen seien.

Eine Zweiwochenfrist für eine Klage gegen den Freistellungsbeschluss gebe es nach Wissensstand der Beteiligten zu 2. nicht.

Es stelle sich sehr wohl, nach Überzeugung der Beteiligten zu 2. bei Unternehmen mit überwiegender Beschäftigung von Teilzeitarbeitnehmern die Frage, ob eine Freistellung nach Kopfzahl oder nach dem Umfang der Tätigkeit der Arbeitnehmer zu erfolgen habe. Man könne durchaus von einer Korrespondenz der Vollzeitfreistellung mit der Anzahl von Vollzeitarbeitnehmern als sinnvolle Ergänzung sprechen. Auch habe das Arbeitsgericht München ausgeführt, dass man durchaus überlegen könne, dass Arbeitnehmer mit weniger als sechs Monaten nicht mitzuzählen seien, so dass es nahe liege ähnliche Überlegungen anzustellen bei einer Arbeitszeit, die weniger als diesen Zeitraum darstelle über das Jahr verteilt.

Die Beschwerdeführerin und Beteiligte zu 2. in erster Instanz hat nunmehr beantragt,

1. unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichtes Saarbrücken vom 14.12.2000 - Aktenzeichen 1 BV 26/00 - den Antrag des Betriebsrates abzuweisen,

2. im Wege des Widerantrages festzustellen, dass der Antragsteller nicht berechtigt ist, zwei Arbeitnehmer für die Betriebsratstätigkeit freizustellen.

Der Beschwerdegegner und Beteiligte zu 1. in erster Instanz hat beantragt,

die Beschwerde vom 05.02.2001 zurückzuweisen.

Der Beschwerdegegner und Beteiligte zu 1. hat nunmehr vorgetragen, dass der Beschluss des Arbeitsgerichtes Saarbrücken durchaus zutreffend sei, da der Geschäftsführungsakt der Freistellung nur innerhalb von zwei Wochen zur Anrufung der Einigungsstelle berechtigt hätte, falls der Arbeitgeber diese Freistellung für ganz oder teilweise nicht vertretbar gehalten habe. Auch sei die Auslegung der beiden Anträge eben sowenig zu beanstanden wie Tenorierung hinsichtlich des Widerantrages. Das Kopfzahlproblem stelle sich auch nicht in dieser Form wie die Beteiligte zu 2. es gerne sehen wolle, da auch bei Teilzeitarbeitnehmern geklärt sei, dass man an der Anzahl der Arbeitnehmer auch die Anzahl der Freistellungen festzumachen habe. Darüber hinaus sei zu Gunsten des Beteiligten zu 1. und jetzigen Beschwerdegegners zu berücksichtigen, dass er sogar auf die Möglichkeit einer dritten Freistellung verzichtet habe.

Der Beteiligte zu 1. und jetzige Beschwerdegegner ist darüber hinaus der Ansicht, dass eine abschließende Regelung für das Jahr 2001 in dem Vergleich vom 30.03.2001 im Verfahren 5 BVGa 2/01 des Arbeitsgerichtes Saarbrücken nicht enthalten sei. Man habe lediglich eine kurzfristige Lösung bis zur Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Saarland im vorliegenden Verfahren treffen wollen.

Die zulässige Beschwerde ist insgesamt unbegründet.

1. Dem Beteiligten zu 1. und jetzigen Beschwerdegegner steht ein Anspruch zu auf Feststellung, dass zwei Betriebsratsmitglieder gemäß § 38 BetrVG 1972 freigestellt werden.

§ 38 Abs. 1 BetrVG 1972 legt nämlich fest, dass bei einer Arbeitnehmerzahl von in der Regel 1.001 bis 2.000 mindestens drei Betriebsratsmitglieder freizustellen sind. Die Beteiligte zu 2. und jetzige Beschwerdeführerin beschäftigt eigenen Angaben zufolge nach dem 31.10.2000 immer noch 1.027 Arbeitnehmer.

Der Beteiligte zu 1. und jetzige Beschwerdegegner hat insoweit Recht, als er nach dem Kopfzahlprinzip auch im Rahmen eines überwiegend mit Teilzeitarbeitnehmern geführten Betriebes seine Wahl vom 20.03.2000 ausgerichtet hat. Eine Parallele zu der erstmals im Zuge der Novellierung des KSchG 1969 im Oktober 1996 eingeführten Regelung, wonach die tatsächlichen Umfänge der Arbeitszeit eines Arbeitnehmers Auswirkungen auf die Zählnummer für die Anwendbarkeit des KSchG haben soll (vgl. § 23 KSchG) ist im BetrVG, auch nicht in § 38 BetrVG enthalten. Dass das Kopfzahlprinzip weiter beibehalten werden soll, zeigt auch die Novelle des BetrVG 2001, wonach in § 38 BetrVG weiterhin nach Köpfen gerechnet wird. Hinzu gekommen ist allerdings die Möglichkeit von Teilfreistellungen, die in der Addition die Zahl der garantierten Anzahl von Vollzeitfreistellungen nicht übersteigen darf (vgl. 38 Abs. 1 S. 3 BetrVG 2001). Hätte der Gesetzgeber anderes vorgehabt, wäre mit Blick auf die Novellierung in diesem Punkt im Rahmen des KSchG im Jahr 1996 nun der richtige Zeitpunkt gewesen, diesen Teilzeitansatz auch in der Neufassung des BetrVG 2001 umzusetzen.

Auch aus den weiteren Bestimmungen des BetrVG 2001, nämlich den §§ 1, 99 und 111 geht klar hervor, dass auch der Gesetzgeber des Jahres 2001 weiter trotz bestehender Teilzeitbeschäftigungen innerhalb eines Betriebes von der Anzahl und nicht vom arbeitszeitmäßigen Umfang der dort beschäftigten Arbeitnehmer ausgeht. Diese Bestimmungen knüpfen jeweils für ihre Anwendbarkeit an einer bestimmten Anzahl von Arbeitnehmern im Unternehmen an, ohne dabei auf den arbeitszeitmäßigen Umfang dieser Mitarbeiter Rücksicht zu nehmen.

Es bleibt also dabei, dass die Anzahl der Wahlberechtigten = Kopfzahl und nicht irgendwelche Bruchteile nach Arbeitszeitumfang entscheidend sind für die Frage der Bestimmung der Anzahl von (Vollzeit-) Freistellungen (vgl. Fitting/Kaiser/Heither/Engels, Kommentar zum BetrVG, Rn. 9 zu § 38 BetrVG). Eine Unterschreitung der Mindestgarantie des § 38 Abs. 1 BetrVG ist nur durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung zulässig (vgl. Fitting/Kaiser/Heither/Engels a.a.O. Rn. 25 zu § 38 BetrVG. Beides liegt hier nicht vor. Allerdings hat der Beteiligte zu 1. sich durch Beschluss vom 20.03.2000 nach Durchführung der Wahl zur Freistellung selbst dahingehend beschränkt, dass er von der grundsätzlichen Möglichkeit drei Freistellungen zu beanspruchen zunächst keinen Gebrauch machen will, sondern dem Arbeitgeber der Beteiligten zu 2. nur zwei Personen präsentiert, die vom technischen Vorgang her durch den Arbeitgeber freizustellen sind.

2. Soweit der Beteiligte zu 1. und jetzige Beschwerdegegner beantragt festzustellen, dass die Betriebsratsmitglied M und D gemäß § 38 BetrVG freizustellen sind, steht dem Beteiligten zu 1. dieser Anspruch ebenfalls zu. Kraft Fiktion nach § 38 Abs. 2 S. 9 BetrVG 1972 und nicht wie der Beteiligte zu 1. hat vortragen lassen nach Satz 5, wird wegen ungenutzten Verstreichenlassens der nach Satz 6 gegebenen Zweiwochenfrist für die Anrufung der Einigungsstelle in den Fällen, in den die Freistellung für sachlich nicht vertretbar gehalten wird, vom Vorliegen des Einverständnisses des Arbeitgebers, sprich hier der Beteiligten zu 2. und Beschwerdeführerin, ausgegangen.

a) Das Prinzip der Gruppenrepräsentanz nach § 38 Abs. 2 S. 3 BetrVG beinhaltet zwingendes Recht (vgl. Fitting/Kaiser/Heither/Engels, a.a.O. Rn. 5 zu § 38 BetrVG). Auch wenn hier eine Gemeinschaftswahl nach § 14 Abs. 2 Alternative 2 BetrVG 1972 stattgefunden hat zur Ermittlung der Betriebsratsmitglieder sind doch gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte vertreten im Betriebsrat. Ein einseitiges Abweichen - ohne zwingende Not - oder bei vorherigem Verzicht (wie bei der Wahl des Betriebsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters) - ist nicht zulässig. Der nun angeführte einstimmige Beschluss vom 10.08.2000, wonach die gewerblichen Vertreter auf eine Freistellung eines ihrer Mitglieder verzichtet haben, ändert an der Verletzung des Prinzips durch den Beschluss vom 20.03.2000 nichts mehr, da dieser den Verzicht bekundenden Be­schluss, wenn er überhaupt eine Bedeutung hätte haben können (was nicht der Fall ist), vorher hätte gefasst werden müssen.

b) Diese Verletzung des § 38 abs. 2 S. 3 BetrVG ist jedoch vorliegend deshalb unschädlich, da es sich um einen internen Geschäftsführungsakt des Betriebsrates handelt. Hier wäre zwar, wie bei der Gruppenschutznorm des § 26 Abs. 1 BetrVG in entsprechender Anwendung eine Anfechtung nach § 19 BetrVG innerhalb einer Zweiwochenfrist denkbar. Aber gerade der Arbeitgeber, hier die Beteiligte zu 2. und Beschwerdeführerin, ist nach dieser Bestimmung bezogen auf § 26 Abs. 1 BetrVG nicht antragsberechtigt (vgl. Fitting/Kaiser/Heither/Engels a.a.O. Rn. 58 zu § 26 BetrVG).

Eine Nichtigkeitsfeststellung des Beschlusses vom 20.03.2000 scheidet jedoch deshalb aus, weil es Sache der Beteiligten zu 2. gewesen wäre, darzulegen, dass sich andere Personen im Betriebsrat gemeldet hätten, die sich übergangen gefühlt hätten. Dies ist jedoch nicht der Fall und wohl auch nach dem Beschluss vom 10.08.2000 nicht mehr denkbar, in welchem einstimmig auf eine Freistellung auf Seiten der gewerblichen Betriebsratsmitglieder verzichtet worden ist. Auch zeigt die Wahl vom 20.03.2000 anhand der dort teilnehmenden und gültig abgegebenen 11 Stimmen, dass eine Reihe von gewerblichen Arbeitnehmern sich für die Freistellung der Angestelltenvertreter ausgesprochen haben muss. Wenn aber derjenige, zu dessen Schutz eine Norm erlassen worden ist, selbst nicht die Verletzung der Norm anprangert, so kann es nicht Sache des in einem Anfechtungsverfahren nicht anfechtungsberechtigten Arbeitgebers sein nunmehr die Interessen der angeblich übergangenen Mitarbeiter zu vertreten.

c) Entgegen der Darstellung der Beteiligten zu 2. ist die Frage, ob es sachlich berechtigt ist, zwei Vollzeitarbeitnehmer freizustellen, durchaus eine Frage die nach § 38 Abs. 2 S. 6 BetrVG 1972 innerhalb von zwei Wochen zum Gegenstand einer Einigungsstellenanrufung hätte gemacht werden müssen, wenn man auf Seiten der Beteiligten zu 2. das Eintreten der Zustimmungsfiktion und des § 38 Abs. 2 S. 9 BetrVG 1972 hätte verhindern wollen (vgl. allgemein dazu Fitting/Kaiser/Heither/Engels a.a.O Rnrn. 67, 107 zu § 38 BetrVG). Es geht gerade in den Fällen, die vor die Einigungsstelle gebracht werden, grundsätzlich um die Frage der sachlichen Vertretbarkeit von Freistellungen. Dies bedeutet nicht , dass die Frage der Anzahl hier thematisiert werden kann. Wohl aber kann die Frage der Vertretbarkeit mit betrieblichen Interessen bezüglich der Freistellung einer konkret bezeichneten Person Thema der Einigungsstelle werden. Die Beteiligte zu 2. und Beschwerdeführerin hat hier klargestellt, dass sie mit der Freistellung von Herrn M als vollzeitbeschäftigtem Objektleiter keine Probleme habe. Mit Blick auf die überwiegende Mehrzahl von Teilzeitbeschäftigten sei sie jedoch mit der weiteren Freistellung eines Vollzeitarbeitnehmers der darüber hinaus auch noch Objektleiter sei, in Person von Frau D, nicht einverstanden, da sie die sachliche Notwendigkeit eines solchen Freistellungsumfanges nicht einsehe. Genau dies ist aber Thema einer Einigungsstellenfrage in wie weit die widerstreitenden Interessen ausgeglichen werden könnten im Rahmen einer anderen Freistellungsverteilung durch den Betriebsrat.

3. Die Entscheidung des Arbeitsgerichtes ist auch nicht in dem Punkt zu beanstanden, dass der Antrag dahingehend mit dem ersten Antrag zusammengefasst worden ist in der Entscheidungstenorierung, so dass nunmehr die Freistellung durch den Tenor ausgesprochen wird. Hierbei ist zu beachten, dass zunächst einmal dem Betriebsratsgremium die freie Entscheidung überlassen bleibt, welche Personen in einer geheimen Wahl als freigestellte Mitglieder bestimmt werden. Der Beteiligte zu 2. und Beschwerdeführerin ist zwar zuzubilligen, dass der Betriebsrat selbst eine Freistellung insoweit nicht vornehmen kann, als der rein technische Vorgang der Umsetzung im Betrieb Sache des Arbeitgebers bleibt. Damit ist aber nicht die Freistellung selbst gemeint, die nunmehr durch den Arbeitgeber erfolgen würde, sondern Folgeerscheinungen, die der Arbeitgeber einzig und allein regeln kann. So hat der Arbeitgeber wegen des Ausfalls des nunmehr freigestellten Betriebsratsmitgliedes dafür Sorge zu tragen, dass der Arbeitsplatz nicht verwaist ist, bzw. durch Umorganisation innerhalb der Abteilung dem Ausfall Rechnung zu tragen. Ferner sind Mitteilungen erforderlich, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt das gewählte Mitglied nicht mehr zur Arbeit eingeteilt wird, damit das Nichterscheinen dieses freigestellten Betriebsratsmitgliedes nicht etwa zu Abmahnungstatbeständen oder anderen Diskussionen Anlass bietet. Der Arbeitgeber selbst hat aber, wenn er nicht durch Anrufung der Einigungsstelle oder in Fällen, in denen die Anrufung der Einigungsstelle nicht möglich ist durch direktes Anrufen des Gerichts die Freistellungsentscheidung überprüfen lassen will, kein eigenes Ermessen, ob er eine Freistellung des Betriebsrates akzeptiert. Er hat lediglich die technische Umsetzung der Freistellungsentscheidung durch den Betriebsrat in seinen Händen.

4. Der Widerantrag der Beteiligten zu 2. und jetzigen Beschwerdeführerin ist zu Recht als unzulässig abgewiesen worden, weil dessen Inhalt bereits eine inzident zu prüfende Rechtsfrage im Antrag zu 2. des Beteiligten zu 1. und jetzigen Beschwerdegegners darstellt. Erkennbar ist es mit dem Widerantrag der Beteiligten zu 2. und jetzigen Beschwerdeführerin nur darum gegangen, das Kopfzahlproblem in einem überwiegend aus Teilzeitmitarbeitern bestehenden Betrieb klären zu lassen. Gerade diese Frage ist jedoch eine der Vorfragen die zur Beantwortung des Antrages zu 2. des Beteiligten zu 1. bereits notwendigerweise zu prüfen ist.

5. Der Vergleich vom 30.03.2001 in dem einstweiligen Verfügungsverfahren 5 BVGa 2/01 des Arbeitsgerichtes Saarbrücken schränkt das erkennende Gericht in seiner Entscheidung wie auch den zeitlichen Umfang und die Personenanzahl von Freistellungen nicht ein. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Zunächst ist festzuhalten, dass in Ziffer 1. anstelle des Freistellungsbeschlusses vom 20.03.2000 statt Frau D nunmehr eine teilzeitbeschäftigte gewerbliche Arbeitnehmerin, nämlich Frau T für eine Zeitspanne bis zum 09.07.2001 von ihrer Arbeitsleistung freigestellt wird, um der Freistellung im Sinne des § 38 BetrVG gerecht zu werden. Die Ziffer 2. des Vergleiches spricht dann davon, dass die Beteiligten sich weiter darüber einig seien, dass aufgrund der Ziffer 1. des Vergleiches eine darüber hinausgehende Freistellung eines weiteren Betriebsratsmitgliedes für das Kalenderjahr 2001 ausgeschlossen sei. Gleichzeitig wird aber in Ziffer 3 des Vergleiches Bezug genommen auf das vorliegende Verfahren und festgehalten, dass durch diese Regelung das Beschlussverfahren 2 TaBV 2/01 unberührt bleibt.

Es macht aus Sicht des erkennenden Gerichts keinen Sinn, wenn man, wie die Beteiligte zu 2. nunmehr vorträgt, die Beteiligten des einstweiligen Verfügungsverfahrens, insbesondere die Arbeitgeberseite, seien davon ausgegangen, dass statt der beschlossenen zwei Freistellungen nach dem 09.07.2001 nur noch eine Freistellung, nämlich diejenige des Herrn M, für beide Beteiligten als verbindlich für das Jahr 2001 hätte festgeschrieben werden sollen. Zum einen ergibt sich aus dem gesamten Verfahrenszusammenhang kein Hinweis aus dem sich gerade der 09.07.2001 als ein Datum festschreiben lässt, dem eine Bedeutung für die Aufhebung des Wahlergebnisses vom 20.03.2000 zukommen könnte. Zum anderen ist die Situation beim Landesarbeitsgericht Saarland mit zu berücksichtigen, wonach sich die 2. Kammer anfangs des Jahres 20001 ohne Vorsitzenden befunden hat, so dass es durchaus aus Sicht des Arbeitsgerichts Saarbrücken Sinn gemacht hat, eine Interimslösung für die Zeitspanne zu treffen, in welcher jedenfalls nicht zu erwarten stand, dass das Landesarbeitsgericht Saarland eine Entscheidung im Hauptverfahren würde treffen können. Bei dieser Auslegung gewinnt auch die Ziffer 3. des Vergleiches wieder an Bedeutung und vor allen Dingen wird sie sinnmäßig ausgefüllt. Wollte man nämlich der Ansicht der Beteiligten zu 2. folgen, wonach der Beteiligte zu 1. und Beschwerdegegner in dem einstweiligen Verfügungsverfahren hinsichtlich der Anzahl der freizustellenden Personen einen deutlichen Rückschritt für das Jahr 2001 in Kauf genommen habe, so macht die Ziffer 3. überhaupt keinen Sinn, wonach das Verfahren, welches vorliegend zur Entscheidung ansteht, von der Regelung des Vergleiches unberührt bleiben soll. Insofern bedarf es auch nicht des Eingehens auf die wechselseitig angebotenen Beweismittel in Form der Benennung von Zeugen die bei Abschluss des vorliegenden Vergleiches beim Arbeitsgericht Saarbrücken am 30.03.2001 als Prozessbevollmächtigte anwesend waren. Hätte auch der Beteiligte zu 1. und jetzige Beschwerdegegner die gleiche Ansicht bei Abschluss des Vergleiches am 30.03.2001 vor dem Arbeitsgericht Saarbrücken vertreten wie die Beteiligte zu 2. und jetzige Beschwerdeführerin, so hätte die Prozessvertretung des Beteiligten zu 1. wie auch Vertreter des Beteiligten zu 1. selbst Zeit genug gehabt, entsprechende Mitteilungen an das Gericht weiterzugeben vor Entscheidungsfindung. Aus Sicht der Kammer haben die Beteiligten des einstweiligen Verfügungsverfahren lediglich eine kurzfristige Ersatzlösung finden wollen, die dazu führt, dass für den Zwischenzeitraum bis zum 09.07.2001 die bereits beschlossene Freistellung von Frau D ersetzt wird durch eine Freistellung von Frau T. Die Ziffer 2 des Vergleiches gibt dann Ausdruck der Erwägung des Beteiligten zu 1. und jetzigen Beschwerdegegners, dass man für das Jahr 2001 eine weitere, nämlich eine dritte Freistellung nicht beabsichtige. Konsequenterweise führt dies dazu, dass mit Ablauf der Verständigung über den Austausch der Freistellung von Frau D durch die Freistellung von Frau T, d. h. mit Ablauf des 09.07.2001 die ursprünglich per Wahl gefasste Beschlussfassung der Freistellung von Frau D vom 20.03.2000, wie sie am 22.03.2000 der Beteiligten zu 2. und Beschwerdeführerin mitgeteilt worden ist, wieder zum Tragen kommt. Dies hätte nur dann anders beurteilt werden können, wenn man im Rahmen des vorliegenden Hauptverfahrens zu einer personell anderen Regelung sich bereit gefunden hätte. Hierzu hat das Gericht in seinem Vergleichsvorschlag entsprechende Anregungen gemacht. Dabei sollte auch der besonderen Teilzeitsituation Rechnung getragen werden.

Als weiterer Aspekt kommt noch hinzu, dass die Regelungskompetenz der Beteiligten des einstweiligen Verfügungsverfahrens, sich im Rahmen eines Vergleiches auf den Austausch einer als freigestelltes Betriebsratsmitglied gewählten Person durch eine andere verständigen zu können, ohne erneut eine entsprechende Wahl oder zumindest eine Betriebsratssitzung durchzuführen in höchstem Maße in Zweifel zu ziehen ist. Dass der Betriebsrat, also der Beteiligte zu 1) und jetzige Beschwerdegegner in voller Besetzung beim Gerichtstermin vom 30.03.2001 anwesend war, so dass eine Einladung zu einer "Spontan-Sitzung" möglich gewesen wäre, ergibt sich weder aus der Akte 5 BVGa 2/01 des Arbeitsgerichtes Saarbrücken noch aus dem jetzigen Parteivorbringen. Danach ist ohnehin bedeutungslos, was die jeweiligen Prozessvertreter der damaligen Beteiligten des einstweiligen Verfügungsverfahrens als Lösungsziel des Vergleichsabschlusses verstanden haben, so dass ihre Einvernahme nicht zur Rechtsfindung beitragen kann. Der Verzicht der anwesenden Frau D auf ihre durch Wahl bestimmte Freistellung für eine gewisse Zeit führt keineswegs ohne weiteres zur Freistellung eines anderen Betriebsratsmitgliedes.

Kosten werden gemäß § 12 Abs. 5 ArbGG nicht erhoben.

III.

Ein Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde im Sinne des § 92 ArbGG i.V.m. § 72 ArbGG ist nicht zu erkennen, da mit Blick auf die einhellige Kommentierung zu § 38 BetrVG 1972 die Kopfzahl der Mitarbeiter entscheidend ist und nicht der arbeitszeitmäßige Umfang einzelner Mitarbeiter federführend ist für die Frage der Berechtigung von Freistellungen durch den Betriebsrat. Dies wird verstärkt durch den nunmehr zu Tage getretenen Willen des Gesetzgebers an diesem Prinzip der Kopfzahl festhalten zu wollen in dem nunmehr vorliegenden und das Gesetzgebungsverfahren weitgehend durchlaufen habenden Entwurf des BetrVG 2001.

Ende der Entscheidung

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