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Gericht: Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 17.04.2007
Aktenzeichen: 8 Sa 23/07
Rechtsgebiete: ATG, TV ATZ, BGB, TVG, BUrlG


Vorschriften:

ATG § 3 Abs. 1 n. F.
ATG § 3 Abs. 1 Nr. 1 a. F.
ATG § 15
ATG § 15 S. 1 n. F.
ATG § 15 S. 1 Nr. 1 a. F.
ATG § 15 g n. F.
TV ATZ § 5 Abs. 2
TV ATZ § 5 Abs. 3
BGB § 305 Abs. 1
BGB § 305c Abs. 2
BGB § 306 Abs. 1
BGB §§ 307 ff.
BGB § 307 Abs. 1 Satz 2
BGB § 307 Abs. 3 Satz 1
BGB § 310 Abs. 4 Satz 2
BGB § 310 Abs. 4 Satz 3
BGB § 622 Abs. 4
TVG § 3
BUrlG § 13 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT SACHSEN-ANHALT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 8 Sa 23/07

Verkündet am: 17.04.2007

In dem Rechtsstreit

hat die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt auf die mündliche Verhandlung vom 17. April 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht als Vorsitzenden und die ehrenamtliche Richterin und den ehrenamtlichen Richter als Beisitzer für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des ArbG Magdeburg vom 04.12.2006 - 3 Ca 1622/06 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Höhe des tariflichen Aufstockungsbetrages der Altersteilzeit-Arbeitsvergütung, insbesondere über die Berechnung des so genannten Mindestnettobetrages.

Der geborene Kläger war bei dem beklagten Land auf der Grundlage des BAT-O als vollbeschäftigter Angestellter tätig. Seine Vergütung betrug 5.547,30 € brutto = 3.855,30 € netto pro Monat. Mit Änderungsvertrag vom 13.12.2003 vereinbarten die Parteien für die Zeit vom 15.04.2005 bis 30.04.2010 ein Altersteilzeit-Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ) vom 05. Mai 1998 in der jeweils geltenden Fassung.

Das Altersteilzeitgesetz (ATG) sah in seiner bis zum 30.06.2004 geltenden Fassung eine Aufstockung des Arbeitsentgelts für die Altersteilzeit um mindestens 20 v. H. dieses Arbeitsentgelts vor; dabei musste das Entgelt auf mindestens 70 v. H. des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten bisherigen Arbeitsentgelts (Mindestnettobetrag) aufgestockt werden (§ 3 Abs. 1 ATG). Gemäß § 15 S. 1 Nr. 1 ATG a. F. konnte das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung durch Rechtsverordnung jeweils für ein Kalenderjahr die Mindestnettobeträge nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ATG a. F. bestimmen (Mindestnettolohntabelle).

Nach § 5 Abs. 2 TV ATZ beträgt der gesetzliche Mindestnettobetrag (70 v. H.) 83 v. H. Zur Berechnung verweist § 5 Abs. 3 TV ATZ auf die Rechtsverordnung nach § 15 S. 1 Nr. 1 ATG. Auf dieser Grundlage berechnete das beklagte Land den pauschalierten gesetzlichen Mindestnettobetrag (70 v. H.) für den Kläger und rechnete ihn sodann mit dem Faktor 83/70 auf den tariflichen Aufstockungsbetrag von 83 v. H. hoch. Der so ermittelte und rechnerisch unstreitige Nettoauszahlungsbetrag der Altersteilzeitvergütung des Klägers betrug 3.017,98 € monatlich.

Am 01.07.2004 trat eine Neufassung des Altersteilzeitgesetzes in Kraft. Gemäß § 3 Abs. 1 ATG n. F. wird das für die Altersteilzeitarbeit gezahlte Regelarbeitsentgelt lediglich um 20 % brutto aufgestockt. Eine Mindestnettobetragsberechnung findet nicht mehr statt. Gemäß § 15 S. 1 ATG n. F. kann die Mindestnettobetragstabelle nach den bis zum 30.06.2004 geltenden Bestimmungen durch Rechtsverordnung fortgeschrieben werden. § 15 g ATG n. F. bestimmt, dass die bis zum 30.06.2004 geltende Gesetzesfassung weiter anzuwenden ist, wenn mit der Altersteilzeitarbeit vor dem 01.07.2004 begonnen wurde. Unter Berufung hierauf ist der Kläger der Auffassung, dass die Mindestnettolohntabelle für die Ermittlung seines tariflichen Mindestnettobetrages nicht mehr zugrunde gelegt werden dürfe. Seine Altersteilzeitarbeit habe erst nach dem 30.06.2004 begonnen. Die tarifliche Verweisung des § 5 Abs. 3 TV ATZ auf § 15 S. 1 Nr. 1 ATG gehe somit ins Leere. Maßgeblich für die Berechnung seines Mindestnettobetrages in Höhe von 83 v. H. sei daher sein unstreitig höheres individuelles Nettoeinkommen. Daraus ergebe sich für den Zeitraum 15. April 2005 bis 30. November 2006 eine - rechnerisch unstreitige - Differenz in Höhe von 3.542,57 € netto.

Der Kläger hat beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn für den Zeitraum 15. April 2005 bis 30. November 2006 Arbeitsentgelt in Höhe von 3.542,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.634,22 € seit dem 30.06.2006 sowie aus weiteren 908,35 € seit dem 27.10.2006 zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es ist der Auffassung, dass für die Berechnung des - höheren - tariflichen Mindestnettobetrages nach wie vor die Mindestnettobetragstabelle des § 15 S. 1 Nr. 1 ATG a. F. maßgeblich sei. Diese werde auch von der zuständigen Stelle fortgeschrieben. Der gesetzliche Mindestaufstockungsbetrag werde weiterhin deutlich übertroffen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 04.12.2006, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass § 5 Abs. 3 TV ATZ weiterhin dahingehend auszulegen sei, dass er auf die Mindestnettobetragstabelle des § 15 S. 1 Nr. 1 ATG a. F., nunmehr § 15 S. 1 ATG n. F. Bezug nehme. Zumindest sei diese Auslegung im Wege der Lückenfüllung geboten.

Gegen das ihm 14.12. 2006 zugestellte Urteil wendet sich die am 11.01.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und begründete Berufung des Klägers. Darin wiederholt und vertieft er seine Argumentation zur Auslegung des § 5 Abs. 3 TV ATZ im Hinblick auf die geänderte Fassung des Altersteilzeitgesetztes. Die Tarifvertragsparteien seien trotz der Änderung des Altersteilzeitgesetzes untätig geblieben. Die Untätigkeit dürfe nicht zu einer Auslegung führen, nach der die Arbeitnehmer weiterhin durch die Mindestnettolohntabelle benachteiligt würden. Diese Tabelle beschneide in der Regel die tatsächlichen Nettoeinkünfte der Arbeitnehmer. Zumindest sei die tarifliche Regelung nach der Änderung des Altersteilzeitgesetzes unklar im Sinne von § 305 c Abs. 2 BGB.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 04.12.2006 abzuändern und das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 3.542,57 € netto nebst Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz aus 2.634,22 € seit dem 30.06.2006 und aus weiteren 908,35 € seit dem 27.10.2006 zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst beigefügten Anlagen sowie ihre Protokollerklärungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen das beklagte Land auf eine erhöhte Vergütung seiner Altersteilzeitarbeit. Insbesondere hat das beklagte Land den tariflichen Aufstockungsbetrag nach § 5 Abs. 3 TV ATZ zutreffend berechnet.

1. Die Berechnung des Aufstockungsbetrages nach § 5 Abs. 2 und 3 TV ATZ, hier also insbesondere des Mindestnettobetrages, ist unstreitig nicht zu beanstanden, wenn man der Berechnung das Altersteilzeitgesetz in der bis zum 30. Juni 2004 gültigen Fassung zugrunde legt.

2. Auch nach der Neufassung des Altersteilzeitgesetzes mit Wirkung vom 01. Juni 2004 erfolgt die Berechnung des Mindestnettobetrages aus § 5 Abs. 2 TV ATZ gemäß § 5 Abs. 3 TV ATZ auf der Grundlage der Rechtsverordnung zu § 15 ATG. Dies ergibt die Auslegung des § 5 Abs. 3 TV ATZ.

a) Der normative Teil eines Tarifvertrages ist nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen. Zunächst ist vom Tarifwortlaut auszugehen. Zu ermitteln ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist jedoch der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Zweck der Tarifnorm zu berücksichtigen, sofern und soweit dieser Wille in den Tarifnormen seinen Niederschlag gefunden hat. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, weil häufig nur aus ihm und nicht aus der einzelnen Tarifnorm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und nur bei Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Sinn und Zweck zutreffend ermittelt werden kann (ständige Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. etwa BAG vom 28. Mai 1998 - 6 AZR 349/96, AP BGB § 611 Bühnenengagementsvertrag Nr. 52). Noch verbleibende Zweifel können ohne Bindung an eine Reihenfolge mittels weiterer Kriterien wie der Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages oder auch der praktischen Tarifübung geklärt werden. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG vom 05. Oktober 1999 - 4 AZR 578/98, AP TVG § 4 Verdienstsicherung Nr. 15).

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist zur Ermittlung des tariflichen 83 %-Mindestnettobetrages auch für Altersteilzeitverhältnisse, bei denen die Altersteilzeitarbeit - wie im Fall des Klägers - erst nach dem 30.06.2004 begonnen hat, auf die Mindestnettobetragsverordnung des § 15 S. 1 Altersteilzeitgesetz abzustellen.

Zwar verweist § 5 Abs. 3 TV ATZ für die Berechnung des Mindestnettobetrages auf "die Rechtsverordnung nach § 15 S. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes". Nach der Neufassung des Altersteilzeitgesetzes zum 01. Juli 2004 existiert eine Nr. 1 in § 15 S. 1 ATG nicht mehr. Doch bestimmt nunmehr § 15 S. 1 ATG n. F. ausdrücklich, dass die "Rechtsverordnung die Mindestnettobeträge nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 a in der bis zum 30. Juni 2004 gültigen Fassung bestimmen" kann. Die in Bezug genommene Rechtsverordnung, die Mindestnettolohntabelle, existiert somit inhaltlich unverändert weiter und wird grundsätzlich - soweit erforderlich - jährlich fortgeschrieben (vgl. Uttlinger/Breier u. a., BAT, Erg.-Lfrg. 4/06, TV ATZ, Seite 27). Lediglich die Ermächtigungsnorm ist - ihrerseits ohne inhaltliche Änderung insoweit - redaktionell umgestaltet worden. Damit bedurfte der TV ATZ keiner Anpassung, sondern konnte unverändert fortgelten (ebenso Uttlinger/Breier a. a. O., TV ATZ Seite 25 ff.; Conze, Personalbuch TVöD, Altersteilzeit, Rz. 103).

Dem entsprechen auch Sinn und Zweck des Tarifvertrages wie auch der gesetzlichen Neuregelungen. Die Mindestnettobetragstabelle des § 15 S. 1 ATG alter und neuer Fassung dient einer erleichterten Berechnung der Altersteilzeit-Arbeitsvergütung. Danach wird das zugrunde liegende Nettoeinkommen pauschaliert und weitgehend losgelöst von individuellen Besonderheiten in tabellarischer Form festgehalten. Diesen Vereinfachungszweck haben die Tarifvertragsparteien in § 5 Abs. 3 TV ATZ ausdrücklich zum Inhalt des Tarifvertrages erhoben, indem sie auch für die Berechnung des tariflichen Mindestnettobetrages auf die Rechtsverordnung abstellten. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, wegen der geringfügigen redaktionellen Änderung der Rechtsgrundlage der tariflich in Bezug genommen, unverändert fortbestehenden Rechtsverordnung nunmehr entgegen dem Zweck des § 5 Abs. 3 TV ATZ auf eine individuelle Berechnung des Nettoentgelts abzustellen. Das liege dem von den Tarifvertragsparteien Gewollten zuwider. Dies gilt um so mehr, als auch die gesetzliche Neufassung des Altersteilzeitgesetz gerade dem Zweck dient, die Berechnung der Altersteilzeit-Arbeitsvergütung weiter zu vereinfachen, indem nämlich für den gesetzlichen Mindestanspruch zukünftig auf eine Mindestnettobetragsberechnung insgesamt verzichtet wird.

Dass schließlich gemäß § 15 g ATG n. F. die Vorschriften des Altersteilzeitgesetzes in der bis zum 30.06.2004 gültigen Fassung nur noch anzuwenden sind, wenn mit der Altersteilzeitarbeit vor dem 01. Juli 2004 begonnen wurde (was beim Kläger nicht der Fall ist), ist für die Berechnung der die gesetzliche übersteigenden tariflichen Vergütung der Altersteilzeitarbeit unerheblich. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Altersteilzeitvergütung des Klägers der Höhe nach die im Altersteilzeitgesetz vorgeschriebene Mindestvergütung sowohl nach alter wie neuer Fassung übersteigt.

c) Die vorstehende Auslegung ist auch nicht im Lichte des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) zu korrigieren, wie der Kläger meint.

aa) Die Bezugnahme im Änderungsvertrag vom 13.12.2003 auf den TV ATZ vom 05. Mai 1998 "in der jeweils geltenden Fassung" birgt für sich keine Auslegungszweifel i.S.v. § 305c Abs. 2 BGB. Die Bezugnahme entspricht der ständig verwendeten gängigen Formel; ihr Ausmaß und Inhalt sind klar erkennbar.

Die Bezugnahme auf die jeweilige Fassung eines Tarifvertrages (dynamische Verweisung) verstößt nach zutreffender Auffassung auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Zwar sind bei Vertragsschluss die damit vereinbarten künftigen Tarifänderungen nicht absehbar. Dabei handelt es sich aber um eine im Arbeitsrecht geltende Besonderheit, die gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB bei der Anwendung der Vorschrift auf Arbeitsverträge angemessen zu berücksichtigen ist. Das Arbeitsrecht regelt eine Dauerschuldbeziehung. Dort werden die sich ändernden künftigen Arbeitsbedingungen für den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise von Gewerkschaften im Rahmen der Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) ausgehandelt und gelten nach Maßgabe des Tarifvertragsgesetzes unmittelbar und zwingend. Bei der vertraglichen Bezugnahme ist die Bindung an den (jeweiligen) Tarifvertrag zwar nicht durch die Aufhebung der Tarifbindung und die Beendigung des Tarifvertrages lösbar, wie es bei bloßer gesetzlicher Tarifbindung gemäß § 3 TVG der Fall ist. Es bedarf i.d.R. einer Änderungskündigung oder Änderungsvereinbarung. Doch hat der Gesetzgeber selber vielfach die Bezugnahme auf Tarifverträge als zulässige und privilegierte Vertragsgestaltung behandelt, so etwa in § 622 Abs. 4 BGB oder § 13 Abs. 1 Satz 2 BUrlG. Es ist nicht anzunehmen, dass es sich dabei nur um statische Verweisungen handeln darf. Dies würde dem erheblichen praktischen Bedürfnis an einheitlichen Arbeitsbedingungen ungeachtet der wechselhaften Tarifbindung der einzelnen Arbeitnehmer nicht gerecht. Demgemäß war die dynamische Verweisung in der Vergangenheit stets von der Rechtsprechung als zulässig und sogar als das im Zweifel Gewollte anerkannt worden. Schutz vor unvorhersehbaren, überraschenden Tarifänderungen bietet zudem § 305 Abs. 1 BGB (HWK/Thüsing, Arbeitsrecht Kommentar, 2. Aufl. § 611 BGB Rz. 443). Die mit der Bezugnahmeklausel verbundene Ungewissheit über die künftige Entwicklung der Arbeitsbedingungen ist daher als für das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unschädlich anzusehen (im Erg. ebenso Oetker, JZ 2002, 337, 339 ff.; nicht für den Fall einer Verschlechterung HWK/Thüsing, a.a.O. Rz. 445).

Selbst wenn die Bezugnahme auf den Tarifvertrag "in der jeweils geltenden Fassung" gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB als unangemessen und damit unwirksam anzusehen wäre, würde sich jedoch an der wirksamen Einbeziehung von § 5 Abs. 3 TV ATZ nichts ändern. Gemäß § 306 Abs. 1 BGB bleibt bei vollständiger oder teilweiser Nichtigkeit der Geschäftsbedingungen der Vertrag im Übrigen wirksam. Kann der unzulässige Teil einer Regelung ohne weiteres aus ihr "herausgestrichen" werden, ohne dass der Rest unverständlich würde, bleibt dieser bestehen (vgl. BAG v. 21.04.2005 - 8 AZR 425/04, NZA 2005, 1053; BGH v. 18.04.1989 - X ZR 31/88, BGHZ 107, 185, 190; BGH v. 7.06.1989 - VIII ZR 91/88, BGHZ 108, 1, 12; Palandt/Heinrichs BGB Vorb v § 307 Rn. 11 m.w.N.). So liegt es hier. Würden die Worte "in der jeweils geltenden Fassung" gestrichen, bliebe die Bezugnahme auf den TV ATZ v. 05. Mai 1998 bestehen. Der Tarifvertrag enthielt aber bereits in seiner Ursprungsfassung die Regelung des § 5 Abs. 3.

bb) Die tarifliche Bezugnahme des § 5 Abs. 3 TV ATZ auf die Rechtsverordnung zur Mindestbetragstabelle ist auch nicht selbst infolge der Gesetzesänderung unklar geworden mit der Konsequenz, dass sie gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des beklagten Landes auszulegen oder gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB als unangemessen und unwirksam anzusehen wäre.

Der Angemessenheitskontrolle des § 307 Abs. 1 Satz 2 unterliegen gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nur Bestimmungen in Tarifverträgen, die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen enthalten. Gemäß § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB stehen solchen Rechtsvorschriften u.a. auch Tarifverträge gleich. Ist - wie hier - der Tarifvertrag insgesamt in Bezug genommen (sog. Globalverweisung), findet daher eine Angemessenheitskontrolle nach §§ 307 ff. BGB nicht statt (vgl. HWK/Gotthardt, 2. Aufl., § 310 BGB Rz. 26).

Ob schließlich die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB auf einzelvertraglich einbezogene Tarifverträge überhaupt anzuwenden ist (so HWK/Gotthardt, a.a.O., § 306c BGB Rz. 9), kann dahinstehen. Denn § 5 Abs. 3 TV ATZ ist infolge der Änderung des Altersteilzeitgesetzes nicht unklar geworden. Das setzte voraus, dass mit den Mitteln der Auslegung nicht zu einem eindeutigen Ergebnis gelangt werden kann (BAG v. 19.03.2003 - 4 AZR 331/02, DB 2003, 2126, 2127). Wie oben unter Ziff. 2 a) und b) dargelegt, ist das nicht der Fall.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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