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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 06.12.2005
Aktenzeichen: 8 Sa 311/05
Rechtsgebiete: DGB


Vorschriften:

DGB § 280 I
DGB § 619 a
DGB § 823
Zur Frage, ob die Verursachung eines Kfz-Unfalles auf einem Betriebsgelände den Vorwurf grober Fahrlässigkeit begründet, weil der AN statt mit der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h mit 25 - 30 km/h gefahren ist.
LANDESARBEITSGERICHT SACHSEN-ANHALT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 8 Sa 311/05

Verkündet am: 06.12.2005

In dem Rechtsstreit

hat die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt auf die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht als Vorsitzenden und den ehrenamtlichen Richter und die ehrenamtliche Richterin als Beisitzer für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des ArbG Halberstadt vom 05.04.2005 - 5 Ca 1111/04 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, vom Kläger Schadensersatz in Höhe von 4.700,45 € zu verlangen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 86,00 € netto zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten zweitinstanzlich noch über eine Schadensersatzpflicht des Klägers aufgrund eines von ihm auf dem Betriebsgelände der Beklagten verursachten Kfz-Unfallschadens.

Der verheiratete und für fünf Kinder unterhaltspflichtige Kläger arbeitet bei der Beklagten als Transportaufsicht in deren Frachtpostzentrum in O. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Deutschen Post AG Anwendung (im Folgenden: MTV DP AG). Gemäß § 12 Abs. 1 MTV DP AG haftet ein Arbeitnehmer für Schäden, die durch betrieblich veranlasste Tätigkeit verursacht werden, nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit.

Am 02.07.2003 erschien gegen 18.00 Uhr auf dem Betriebsgelände der Beklagten ein Mitarbeiter der Firma M. zur Reparatur eines LKW-Anhängers. Er teilte dem Kläger mit, dass er wegen des nahen Dienstschlusses nur wenig Zeit habe. Der Anhänger befand sich nicht an seinem Platz. Der Kläger suchte daraufhin auf dem größeren Betriebsgelände mit einem Dienstfahrzeug (Ford Transit) nach dem Hänger. Auf dem Gelände ist eine Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h vorgeschrieben, worauf ein am Eingang angebrachtes Verkehrsschild hinweist (Verkehrszeichen § 41 StVO Nr. 274). Der Kläger befuhr das Betriebsgelände, auf dem es eine Stunde zuvor stark geregnete hatte, nach seiner erstinstanzlichen Darstellung mit einer Geschwindigkeit von "maximal" 25 bis 30 km/h. Er fand den Hänger vor dem Tor 510 und lenkte nach rechts vor das Tor 508. Dabei durchfuhr er mit dem linken Vorderrad eine Pfütze. Das Fahrzeug kam nicht rechtzeitig zum Stillstand und prallte gegen den Anfahrpuffer des Tores 508 (vgl. Unfallskizze Bl. 6 sowie Fotos des Unfallortes Bl. 7 und 8 d. A.). Der Airbag löste nicht aus.

Ein von der Beklagten eingeholtes Schadensgutachten stellte eine Gesamtschadenssumme in Höhe von 4.700,45 € fest (Wiederbeschaffungswert ohne MWSt: 6.251,22 € zzgl. Gutachterkosten 329,23 € zzgl. Auslagenpauschale 20,00 € abzgl. Restwert 1.900,00 €). Die von der Beklagten mit der Unfalluntersuchung beauftragte Service Niederlassung Schadenmanagement kam zu dem Ergebnis, dass der Unfall bei Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h hätte vermieden werden können.

Mit Schreiben vom 13.10.2003 machte die Beklagte gegenüber dem Kläger Schadensersatzansprüche in Höhe von 4.700,45 € geltend und behielt in den Monaten Juni, Juli und August 2004 von den Bezügen des Klägers den pfändbaren Anteil in Höhe von insgesamt 86,00 € ein. Im August 2004 veräußerte sie das beschädigte Fahrzeug für 3.260,00 €.

Mit seiner am 14.07.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger - soweit in zweiter Instanz noch von Interesse - Zahlung der einbehaltenen Vergütungsbestandteile sowie die Feststellung begehrt, dass der Beklagten aus dem Unfallereignis keine Schadensersatzansprüche zustünden. Er habe in der konkreten betrieblichen Situation nicht mit grober Fahrlässigkeit gehandelt. Zu dem Unfall sei es gekommen, weil sich in der zwei bis drei Quadratmeter großen Wasserpfütze vor dem Anfahrpuffer des Tores 508 Öl befunden habe.

Demgegenüber hat die Beklagte geltend gemacht, dass der Kläger grob fahrlässig gehandelt habe, da er die zugelassene Höchstgeschwindigkeit um mehr als das Doppelte überschritten habe. Zudem hat die Beklagte bestritten, dass sich in der Pfütze am Unfallort Öl befunden habe, und verweist insoweit auf die widersprüchlichen Vortrag des Klägers.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger den Unfall wegen erheblicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit grob fahrlässig verursacht habe. In Bezug auf die Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h habe sich der Kläger noch in der Verhandlung als uneinsichtig erwiesen. Auch hätte er mit Öl in der Pfütze rechnen müssen. Das Verschulden des Klägers würde zudem gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB widerlegbar vermutet. Die Berechnung der Schadenshöhe durch die Beklagte sei nicht zu beanstanden. Die unter Berücksichtigung der Pfändungsfreigrenzen erfolgten Einbehaltungen aus den Monaten Juni bis August 2004 seien daher zu Recht erfolgt.

Gegen das ihm am 28.04.2005 zugestellte Urteil wendet sich die am Montag, den 30.05.2005, beim Landesarbeitsgericht eingegangene und am 28.06.2005 begründete Berufung des Klägers. Darin macht er geltend, dass das Arbeitsgericht die Beweislastvorschrift des § 619 a BGB übersehen habe. Zudem treffe den Kläger nicht der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. Er habe entgegen der Darstellung des Arbeitsgerichts nicht eingestanden, mit einer bestimmten Geschwindigkeit gefahren zu sein, sondern lediglich zugestanden, dass sich der Unfall bei einer Geschwindigkeit von 10 km/h nicht ereignet hätte. Der Kläger sei allenfalls mit einer Geschwindigkeit zwischen 10 und 20 km/h gefahren. Selbst bei einer Geschwindigkeit von 25 bis 30 km/h hätte er aber nicht grob fahrlässig gehandelt. Insbesondere lasse sich die Rechtssprechung zur groben Fahrlässigkeit bei Überschreitung höherer Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht pauschal auf eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 10 km übertragen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Halberstadt vom 28.04.2005 - 5 Ca 1111/04 -

1. festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, vom Kläger Schadensersatz in Höhe von 4.700,45 € zu verlangen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 86,00 € netto zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und behauptet, dass der Kläger mit mindestens 30 km/h gefahren sei. Erstinstanzlich habe er schriftsätzlich seine Geschwindigkeit selbst auf maximal 30 km/h geschätzt. Bei einer solchen Geschwindigkeit habe der Kläger grob fahrlässig gehandelt. Selbst bei einer Geschwindigkeit von 20 km/h würde dies gelten. Die Öllache in der Pfütze vor der Unfallstelle sei eine Erfindung des Klägers, zumal er diese unmittelbar nach dem Unfall nicht gemeldet, sondern erstmals im Prozessverlauf erwähnt habe.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst beigefügten Anlagen sowie ihre Protokollerklärungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Beklagten stehen aus dem Unfallereignis vom 02.07.2003 keine Schadensersatzansprüche gegen den Kläger zu. Demgemäß hat sie zu Unrecht in den Monaten Juni bis August 2004 gegenüber den pfändbaren Vergütungsbestandteilen des Klägers mit Schadensersatzansprüchen aufgerechnet. Der Kläger kann die Nachzahlung der einbehaltenen Vergütungsbeträge verlangen. Das Urteil des Arbeitsgerichts vom 05.04.2005 (nicht vom 28.04.2005, wie vom Kläger versehentlich falsch bezeichnet) war daher abzuändern und nach den Klageanträgen zu erkennen.

1. Die Beklagte kann vom Kläger nicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB, § 823 BGB Schadensersatz wegen Schlechtleistung bzw. unerlaubter Handlung verlangen. Zwar hat der Kläger den entstandenen Schaden am Eigentum der Beklagten unstreitig schuldhaft verursacht und damit zugleich seine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis verletzt, doch ist gemäß § 12 Abs. 1 MTV DP AG die Haftung der Arbeitnehmer für Schäden, die durch betrieblich veranlasste Tätigkeiten verursacht werden, auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit begrenzt. Unstreitig hat der Kläger den Schaden durch eine betrieblich veranlasste Tätigkeit verursacht. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Arbeitsgerichts lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger dabei grob fahrlässig gehandelt hat.

a) Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BAG v. 15.11.2001 - 8 AZR 95/01, AP Nr. 121 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; BGH v. 18.12.1996 - IV ZR 321/95, NJW 1997, 1012 ff.). Im Gegensatz zum rein objektiven Maßstab bei einfacher Fahrlässigkeit sind bei grober Fahrlässigkeit auch subjektive Umstände zu berücksichtigen. Den Handelnden muss in subjektiver Hinsicht ein schweres Verschulden treffen (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Auflage, § 277 Rz. 5 m. w. N.).

b) Es lässt sich nicht feststellen, dass dem Kläger ein solcher Vorwurf zu machen ist.

aa) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts trifft den Kläger nicht die Beweislast dafür, dass er nicht grob fahrlässig gehandelt hat. Die Vorschrift des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach der Schuldner darlegen und beweisen muss, dass er seine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, findet im Arbeitsverhältnis auf die Haftung des Arbeitnehmers gemäß § 619 a BGB keine Anwendung. Auch lässt sich grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich ihrer subjektiven Voraussetzungen nicht im Wege des Anscheinsbeweises nachweisen (BGH v. 07.05.1974 - VI ZR 138/72, NJW 1974, 1377). In Betracht kommt lediglich, im Wege des Beweises des ersten Anscheins ein bestimmtes objektives Verhalten nachzuweisen, dessen Würdigung seinerseits die Bejahung grober Fahrlässigkeit rechtfertigen kann (BGH v. 05.10.2004 - XI ZR 210/03, NJW 2004, 3623).

bb) Soweit die Beklagte versucht, aus den gesamten Umständen sowie aus den Einlassungen des Klägers Rückschlüsse auf eine vom Kläger zuvor gefahrene Geschwindigkeit von mindestens 30 km/h zu ziehen, geht dies zum einen fehl und begründet zum anderen noch nicht den Vorwurf grober Fahrlässigkeit.

(1) Ausweislich des von der Beklagten eingeholten Unfallgutachtens ist der Schaden eingetreten durch einen Aufprall mit einer Restgeschwindigkeit von 10 bis 15 km/h (vgl. Gutachten vom 29.07.2003, Bl. 65 d. A.). Das Gutachten hat folgenden Wortlaut:

Da keinerlei Bremsspuren oder andere Hinweise gegeben sind, ist eine Berechnung der Ausgangsgeschwindigkeit des Ford Transit nicht möglich.

Es sind jedoch einige Anmerkungen aus technischer Sicht zu diesem Unfall möglich.

Bei einer Einhaltung der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h wäre ein derartiger Unfall auf jeden Fall vermeidbar. Unter Berücksichtigung der ungünstigen Bedingungen (Nässe, Fahrbahn mit Pfützen) ist eine Bremsverzögerung von 5,5 m/s² noch ohne weiteres erreichbar. Bei diesem Wert steht ein Fahrzeug nach einem Gesamtanhalteweg von 3,17 m (siehe Anlage)!. Da hier sogar noch die Schrecksekunde unberücksichtigt bleiben müsste, da die Wand bzw. das Tor weithin sichtbar sind, kann sogar festgehalten werden, dass der eigentliche Bremsweg nur 0,45 m beträgt. Die vom Fahrer geschilderten Symptome eines eventuellen Aquaplaning treten bei ungünstigen Bedingungen erst oberhalb von 50 km/h auf und dürften hier keine Rolle gespielt haben. Die Schilderung des Fahrers kann daher als Unfallursache nicht nachvollzogen werden, es sei denn, er ist schneller als 50 km/h gefahren und hat in der beschriebenen Pfütze eine Vollbremsung versucht und ist dann noch mit einer Restgeschwindigkeit von 10 bis 15 km/h gegen den Poller des Einfahrtstores gefahren. Dies kann jedoch aufgrund der fehlenden Spuren nicht bewiesen werden.

Weder die vorgenannten Feststellungen im Gutachten noch die Einlassungen des Klägers noch sonstige Umstände lassen danach die Feststellung zu, dass der Kläger mit annähernd 30 km/h gefahren ist. Dass der Unfall bei Einhaltung der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit vermeidbar gewesen ist, sagt nicht, dass der Kläger grob fahrlässig gehandelt hätte. In Bezug auf die vom Kläger tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit lassen die Umstände bestenfalls Vermutungen zu, nicht aber die Feststellung eines Anscheinsbeweises. Erstinstanzlich hat der Kläger seine Geschwindigkeit mit "maximal" 25 km bis 30 km/h angegeben, dies zweitinstanzlich jedoch in Frage gestellt bzw. eine geringere Geschwindigkeit behauptet. Auch diese Einlassung des Klägers rechtfertigt nicht die Feststellung, dass er tatsächlich mit einer Geschwindigkeit von 25 bis 30 km/h gefahren wäre. Letztlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger den Poller übersehen hat und ungebremst mit einer Geschwindigkeit von 10 bis 15 km/h aufgefahren ist.

Unabhängig davon kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass ein etwaiger vom Kläger eingeleiteter Bremsvorgang aufgrund eines Ölfilms in einer Pfütze am Unfallort beeinträchtigt worden ist. Dass der Kläger in seiner ersten Unfallschilderung nur von einer Pfütze, nicht aber von einer Öllache gesprochen hat, steht dem nicht entgegen. Auch lässt sich entgegen der Behauptung der Beklagten nicht generell sagen, dass auf einem Betonboden der hier in Rede stehenden Art Öllachen stets auf eine Weise versickern, dass sie bei Bildung von Regenpfützen keine Beeinträchtigungen der Oberfläche mehr bewirken. Wenn der Kläger als Laie in seiner ursprünglichen Darstellung eine Beeinträchtigung des Bremsvorgangs auf "Aquaplaning" zurückgeführt und erst im Laufe des Rechtsstreits die Möglichkeit einer Öllache in Betracht gezogen hat, lässt sich daraus nicht die Wahrheitswidrigkeit seiner Einlassung folgern.

(2) Selbst wenn der Kläger aber mit einer Geschwindigkeit von 25 bis 30 km/h über das Betriebsgelände gefahren und deshalb nicht mehr rechtzeitig vor dem Poller zu stehen gekommen wäre, träfe ihn nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. Es besteht ein Unterschied zwischen der Überschreitung einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf öffentlichen Landstraßen von 100 km/h um 50 % (vgl. etwa OLG Koblenz v. 05.03.1999 - 10 U 155/98, VersR 2000, 720 - im Ausgang einer Kurve!) und der Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit auf einem Betriebsgelände von 10 km/h um 15 bis 20 km/h. Zwar ist auf einem Betriebsgelände eine Vielzahl ungeordneter Bewegungen von Fußgängern, Fahrzeugen und sonstigen Transportmitteln zu besorgen, wodurch erhöhte Unfallgefahr besteht. Doch ist dem Kläger nach Auffassung des Berufungsgerichts unter den besonderen Umständen bei der genannten Überschreitung der vorgegebenen Höchstgeschwindigkeit nicht der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen. Auch bei nasser Oberfläche dürfte er bei einer Geschwindigkeit von 25 bis 30 km/h nach den gesamten Umständen noch nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und damit unbeachtet gelassen haben, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Der Kläger kannte das Betriebsgelände aufgrund einer vieljährigen Tätigkeit. Die Sicht war nicht getrübt (Sommerabend 18.00 Uhr). Es tritt hinzu, dass der Kläger subjektiv unter Druck stand, weil er aus dienstlichen Gründen zur Eile gehalten war. Der Mitarbeiter der Firma M. wollte gegen 18.00 Uhr den Hänger noch reparieren bzw. zur Reparatur abholen. Wenn der Kläger unter diesen Umständen das weitläufige Betriebsgelände zur Suche des Hängers mit einer Geschwindigkeit von 10 km/h abgefahren wäre, hätte die Reparatur mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr an diesem Tag stattfinden können. Zu berücksichtigen ist dabei, dass es sich nicht um eine zielgerichtete Bewegung von Punkt A zum Punkt B gehandelt hat, sondern um das Absuchen eines größeren Betriebsgeländes unter Zeitdruck und mit ungewissem Ausgang. In dieser Lage kann nach Auffassung des Berufungsgerichts dem Kläger selbst bei einer Geschwindigkeit von 25 bis 30 km/h nicht der Vorwurf grober Fahrlässigkeit gemacht werden. Nach alledem scheiden Ersatzansprüche der Beklagten gegen den Kläger aus. Einbehaltungen von der Arbeitsvergütung des Klägers aus den Monaten Juni bis August 2004 in Höhe von insgesamt 86,00 € netto sind daher zu Unrecht vorgenommen worden und von der Beklagten nachzuzahlen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision bestanden nicht.

Ende der Entscheidung

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