Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 27.10.2008
Aktenzeichen: 1 Sa 17/08
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, StGB


Vorschriften:

ArbGG § 72 a
BGB § 123
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
BGB § 852
StGB § 263
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 1 Sa 17/08

Verkündet am 27.10.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 29.05.2008 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden, die ehrenamtliche Richterin ... und den ehrenamtlichen Richter ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Teilversäumnis - und Endurteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 14.12.2007 - 6 Ca 2348/07 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug noch über eine Schadensersatzforderung der Klägerin wegen Geld, dass der Beklagte sich durch strafbare Handlung zugeeignet hat.

Der Beklagte hat im Jahre 2003 für die Klägerin als deren Arbeitnehmer Autos überführt und diese teilweise auch für die Klägerin bar bezahlt. Dies war auch am 18.07.2003 der Fall, hier hat der Beklagte EUR 65.000,-- mit sich geführt, die der Klägerin gehörten. In Zusammenarbeit mit weiteren Tätern hat der Beklagte das Geld unterschlagen und sich bei einem vorgetäuschten Überfall von den Komplizen abnehmen lassen.

Die Klägerin kündigte dem Beklagten daraufhin, die Kündigung hat der Beklagte sodann im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Lübeck unter dem Aktenzeichen 2 Ca 2611/03 angegriffen. Widerklagend hat die hiesige Klägerin im dortigen Verfahren einen Teil-Schadensersatzanspruch in Höhe von EUR 32.500,-- (50 % des Schadensbetrages) geltend gemacht. Die Kündigung und die Widerklage wurden damals von der Klägerin damit begründet, dass der hiesige Beklagte sich fahrlässig habe das Geld abnehmen lassen. Im damaligen Verfahren wurde in erster Instanz der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Im Verlaufe der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein unter dem Aktenzeichen 4 Sa 356/04 kam es zu einem Vergleich der Parteien, der auszugsweise wie folgt lautet:

"1. Der Kläger und Widerbeklagte zahlt an die Beklagte und Widerklägerin einen Betrag in Höhe von 12.000,00 EUR. Der Kläger ist berechtigt, diesen Betrag ratenweise zu erfüllen, und zwar mit drei Raten zu je 4.000,00 EUR. Die erste Rate wird fällig am 31. März 2005, die zweite am 30. Juni 2005 und die dritte am 30. September 2005. Gerät der Kläger länger als 10 Tage mit der Zahlung einer Rate in Rückstand, so wird der gesamte dann noch fällige Betrag sofort fällig.

2. Die Parteien sind sich einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31. August 2003 geendet hat. Die Parteien sind sich einig, dass der Kläger zwischen dem Zugang der streitgegenständlichen Kündigung und dem Ende des Arbeitsverhältnisses unbezahlten Sonderurlaub hatte. Die Parteien sind sich weiterhin einig, dass das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abgerechnet ist und der Kläger daraus keine Ansprüche mehr gegen die Beklagte hat.

3. ...

4. Damit ist dieser Rechtsstreit erledigt.

5. Hinsichtlich der Kosten bleibt es bei der Entscheidung erster Instanz. Die Kosten der Berufung werden gegeneinander aufgehoben."

Der Beklagte hat, wie im Vergleich vereinbart, EUR 12.000,-- an die Klägerin geleistet.

Die Klägerin war schon während des damaligen erstinstanzlichen Verfahrens der Ansicht, dass der Beklagte das Geld unterschlagen habe. Beweise hierfür hatte sie jedoch nicht. Mittlerweile hat der Beklagte sich in der Sache selbst bei der Polizei in H... angezeigt und ein umfassendes Geständnis abgelegt.

Die Klägerin hat Ersatz des Schadens von 65.000 EUR abzüglich des auf Grund des gerichtlichen Vergleiches gezahlten Betrages von 12.000,00 EUR gefordert.

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB bzw. gemäß § 826 BGB und § 852 BGB ein Schadensersatzanspruch in dieser Höhe gegen den Beklagten zu. Der vor dem Landesarbeitsgericht geschlossene Vergleich stehe dem nicht entgegen. Dieser sei zunächst dahin auszulegen, dass er jedenfalls nur die mit der Widerklage damals geltend gemachten EUR 32.500,-- umfasse. Darüber hinaus erfasse er auch nicht den als gesonderten Anspruch zu sehenden deliktischen Schadensersatzanspruch wegen der Lügen bzw. wegen des Prozessbetrugs des Beklagten im Vorverfahren. Lediglich die teilweise Erfüllung in Höhe von EUR 12.000,-- sei auf den Schadensersatzanspruch der Klägerin anzurechnen.

Die Klägerin hat u.a. beantragt,

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 53.000,--EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.07.2003 zu zahlen.

Durch Teilversäumnis- und Endurteil vom 04.12.2007 hat das Arbeitsgericht den Beklagten zur Zahlung weiterer 32.500,-- EUR nebst Zinsen sowie zur Zahlung der Gerichtskosten des Vorprozesses in zweiter Instanz in Höhe von 4.109,40 EUR nebst Zinsen verurteilt; im Übrigen hat es die Klage durch Endurteil abgewiesen.

Das Teil-Versäumnisurteil vom 04.12.2007 gegen den Beklagten ist rechtskräftig. Auf den form- und fristgerechten Einspruch des Beklagten hat das Arbeitsgericht das Teil-Versäumnisurteil aufrechterhalten. Hiergegen ist ein Rechtsmittel nicht eingelegt worden.

Das Endurteil ist Gegenstand des Berufungsverfahrens. Das Arbeitsgericht hat dies wie folgt begründet:

In Höhe von 32.500,-- EUR sei der ursprüngliche Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen der Unterschlagung des Beklagten durch den Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht erledigt. Die insoweit geleistete Teilzahlung in Höhe von EUR 12.000,-- habe die Klägerin bereits beim Klageantrag berücksichtigt. Von der Erledigung durch den Vergleich seien noch EUR 20.500,-- aus der hiesigen Klageforderung zu 1) erfasst. Der Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht sei nicht über den gesamten Schadensersatzanspruch der Klägerin in Höhe von EUR 65.000,-- getroffen wurde. Hierfür spreche, dass der Vergleich lediglich in Nr. 2 (letzter Satz) eine Generalquittung für Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber enthält, nicht aber für den umgekehrten Fall. Allerdings habe die Regelung in Nr. 4 (Rechtsstreit erledigt) die Bedeutung, dass der Schadensersatzanspruch, insoweit er mit der Widerklage geltend gemacht worden war (also in Höhe von EUR 32.500,--), durch den Vergleich erledigt worden sei. Auch wenn man der Ansicht der Klägerin folge, dass durch die Lügen und den Prozessbetrug des Beklagten im Vorprozess ein gesonderter neuer Anspruch und nicht etwa nur eine zweite Anspruchsgrundlage begründet worden sein solle (ähnlich wie vom BGH lange zur Verdoppelung der Verjährungsfristen für Regressansprüche gegen Rechtsanwälte vertreten), sei der Vergleich in Ziff. 4 dahin auszulegen, dass wirtschaftlich im Rahmen des Streitgegenstandes die Angelegenheit zwischen den Parteien habe bereinigt werden sollen. Der Beklagte habe im Vergleich im Vorprozess auch auf andere Positionen, insbesondere etwa Lohnfortzahlung, verzichtet. Diese Verzichte und die Bereitschaft zur Teilzahlung im Rahmen eines Vergleiches seien sinnlos, wenn er sich damit nicht die Freiheit von einem anderen Teil der Forderungen habe erkaufen können. Die Lügen und der Prozessbetrug des Beklagten im Vorprozess können auch nicht gegen ihn verwendet werden, da diese Lügen eine Täuschung der Klägerin nicht erreichen konnte, die eben von einer Unterschlagung des Beklagten ausging, ohne dies beweisen zu können. Aus diesem Grund habe auch die Klägerin nicht gemäß § 123 BGB den Vergleich angefochten. Sie könne sich auch nicht auf übergeordnete Rechtsgesichtspunkte etwa gemäß § 826 BGB berufen.

Gegen das ihr am 19.12.2007 zugestellte Endurteil vom 04.12.2007 richtet sich die am 15.01.2008 bzw. 16.01.2008 eingegangene Berufung der Klägerin, die sie am 13.02.2008 bzw. 14.02.2008 begründet hat.

Die Klägerin fordert im Berufungsrechtzug weitere 20.500,00 EUR (65.000,00 EUR abzügl. gezahlter 12.000,00 EUR aus dem Vergleich und abzügl. durch TeilVersäumnisurteil ausgeurteilter 32.500,00 EUR).

Die Klägerin meint, dass entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts der vor dem Landesarbeitsgericht abgeschlossene Vergleich den offenen Teil von 20.500,00 EUR nicht erledigt habe.

Das Arbeitsgericht habe übersehen, dass es nicht auf die Auslegung des Vergleichs ankomme, da Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ein anderer sei als im Vorprozess. Streitgegenstand des Vorprozesses sei der Lebenssachverhalt der Unterschlagung durch den Beklagten gewesen. Der Streitgegenstand dieses Rechtsstreits umfasse den Lebenssachverhalt Lüge im Vorprozess und den daraus entstehenden Schaden. Nur aufgrund dieser Lüge sei der Schaden endgültig entstanden. Würde der Beklagte im Vorprozess nicht gelogen haben, würde sie, die Klägerin, nicht in Beweisnot geraten. Dann sei der Widerklage im vollen Umfang stattzugeben gewesen.

Die Klägerin wendet sich gegen die Auffassung des Arbeitsgerichts, der Vergleich sei dahin auszulegen, dass wirtschaftlich im Rahmen des Streitgegenstandes die Angelegenheit zwischen den Parteien habe bereinigt werden sollen. Ziehe man nicht nur den Wortlaut der Erklärung in Ziff. 4 heran, sondern auch deren Begleitumstände, d. h. des jetzigen Beklagten im Prozess, ihre, der Klägerin, Überzeugung, der Beklagte habe das Geld unterschlagen, die auf der Lüge basierende Beweisnot und der Hinweis des Landesarbeitsgerichts, die Sache erneut an die Staatsanwaltschaft übergeben zu wollen, sei der Auslegung des Arbeitsgerichts nicht zu folgen. Es sei nicht ihr Ziel gewesen, mittels des Vergleichs die Angelegenheit endgültig zu bereinigen. Vielmehr sei es ihr angesichts der Lügen des Beklagten im Vorprozess und der daraus entstehenden Beweisnot lediglich darum gegangen, zu diesem Zeitpunkt wenigstens einen geringfügigen Schaden zu kompensieren. Der Wille, die Angelegenheit zu bereinigen, habe dagegen nicht bestanden. Dementsprechend sei Ziff. 4 des Vergleichs im Zusammenhang mit der Ziff. 2 des Vergleiches zu sehen. Darin sei lediglich geregelt, dass der damalige Kläger und jetzige Beklagte keine Ansprüche mehr gegen sie als damalige Beklagte und jetzige Klägerin habe. Daraus ergebe sich, dass sie, die jetzige Klägerin, sich die Weiterverfolgung der Ansprüche vorbehalten habe. Der Beklagte habe auch nichts anderes annehmen können, da ihm bewusst gewesen sei, dass er das Geld zu Unrecht genommen habe. Dem Arbeitsgericht könne auch nicht darin gefolgt werden, dass der Verzicht des Beklagten auf die Lohnfortzahlungen und dessen Bereitschaft zur Teilzahlung für ihn sinnlos gewesen sei, wenn er sich nicht die Freiheit von einem anderen Teil der Forderung habe erkaufen wollen. Es sei festzuhalten, dass das Landesarbeitsgericht in der damaligen letzten mündlichen Verhandlung sich ohne weitere staatsanwaltschaftliche Ermittlungen nicht in der Lage gesehen habe, ein Urteil zu fällen. Der Beklagte habe also demgemäß vor der Situation gestanden, dass er ohne den Abschluss des vom Landesarbeitsgericht angeregten Vergleichs erneuten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ausgesetzt worden wäre. Im Laufe des damaligen Berufungsverfahrens seien auch neue Belastungsumstände herausgearbeitet worden. Ziel des Beklagten sei es gewesen, sich mit dem Abschluss des Vergleiches erneuten, für ihn gefährlichen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu entziehen. Der Vergleich sei ohne materiell rechtliche Erledigung für den Beklagten sinnvoll gewesen. Sie, die Klägerin, habe primär das Ziel verfolgt, das vom Beklagten unterschlagene Geld wieder zu erlangen.

Unrichtig sei schließlich die Auffassung des Arbeitsgerichts, die Klägerin könne sich nicht auf übergeordnete Gesichtspunkte wie z. B. § 826 BGB berufen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Lübeck vom 04.12.2007 (Aktenzeichen 6 Ca 2348/07) den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin über die erstinstanzlich ausgeurteilten Beträge hinaus weitere 20.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.07.2003 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts. Durch den vor dem Landesarbeitsgericht abgeschlossenen Vergleich sei der mit der Klage geltend gemachte Anspruch in Höhe von 20.500,00 EUR miterfasst. Ausweislich der seinerzeitigen Prozesssituation habe festgestanden, dass die Beweislast für die Unterschlagung durch ihn, den Beklagten, bei der Klägerin gelegen habe. Dieser Beweislast habe die Klägerin nicht gerecht werden können. Vor diesem Hintergrund habe die Klägerin damals davon ausgehen müssen, prozessual auch in der Berufung zu unterliegen. Der Vergleich enthalte keinen Vorbehalt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig; sie ist dem Wert der Beschwer nach statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache ist sie jedoch nicht gerechtfertigt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin stehen aufgrund des in dem Vorprozess beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (2 Ca 2611/03 ArbG Lübeck/4 Sa 356/04 LAG Schleswig-Holstein) abgeschlossenen Prozessvergleichs keine weiteren Ansprüche gegen den Beklagten zu.

1. Der vor dem Landesarbeitsgericht am 20.01.2005 abgeschlossene Prozessvergleich ist rechtswirksam. Weder ist der zugrunde liegende materiell rechtliche Vergleich angefochten worden noch hat die Beklagte die Unwirksamkeit des Vergleichs durch Fortsetzung des alten Rechtsstreits geltend gemacht.

2. Durch den in dem Vorprozess abgeschlossenen Prozessvergleich ist die von der damaligen Beklagten und jetzigen Klägerin widerklageweise geltend gemachte Teilforderung in voller Höhe, d.h. in Höhe von 32.500,00 EUR, erledigt worden. Die Klägerin hat insoweit keine Forderungen mehr gegen den Beklagten. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.

Entgegen der Auffassung der Klägerin wird der mit dieser Klage geltend gemachte Teilbetrag insbesondere von dem Ausgleich in Ziff. 4 des Vergleiches, erfasst. Es handelte sich insoweit nicht, wie die Klägerin meint, um verschiedene Streitgegenstände. Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, ist diese Forderung auch durch den Prozessvergleich erledigt. Der Beklagte handelt auch nicht dadurch rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), dass er sich auf die Erledigungswirkungen des abgeschlossenen Prozessvergleiches beruft.

a) Die Klägerin meint, dass ein anderer Streitgegenstand vorliege, weil Grundlage ihrer Forderung das Verhalten des Beklagten im Vorprozess - nämlich das Bestreiten einer strafbaren Handlung wider besseres Wissen und die dadurch für sie entstandene Beweisnot - war. Würde der damalige Kläger und jetzige Beklagte sein Geständnis bereits vor oder bei Abschluss des Vergleiches und nicht erst danach abgegeben haben, würde sie den Prozessvergleich nicht abgeschlossen haben. Hierin liege ihr Schaden. Dem folgt das Berufungsgericht nicht. Die Klägerin trägt damit zum einen lediglich mögliche Anfechtungsgründe gem. § 123 BGB vor, hat aber die Anfechtung des Vergleiches nicht erklärt. Zum anderen ist der Streitgenstand auch nicht verändert. Der Streitgegenstand wird vom Kläger bestimmt: Er begehrt den Ausspruch einer für sich in Anspruch genommenen Rechtslage, die er aus einem angegebenen Lebensvorgang ableitet (vgl. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; Zöller/Vollkommer, Einl. zur ZPO, Rz. 63). Es liegt auch dann ein Streitgegenstand vor, wenn sich aus einem Lebensvorgang Ansprüche aus mehreren Anspruchsgrundlagen ergeben (sog. Anspruchskonkurrenz; hierzu Zöller/Vollkommer, a.a.O., Rz. 70). So liegt hier Fall. Die Klägerin hat im Vorprozess Ersatz des Schadens wegen des Verlustes des Geldes entweder wegen grober Fahrlässigkeit oder wegen einer strafbaren Handlung des Beklagten gefordert. Sie hat lediglich die strafbare Handlung nicht beweisen können.

b) Die Klage ist auch dann unbegründet, wenn man zu Gunsten der Klägerin unterstellte, vorliegend handele es sich um einen neuen Lebenssachverhalt, nämlich den Schaden, der ihr aufgrund des Prozessverhaltens des Beklagten und den dadurch von ihr erklärten Verzicht in Höhe der jetzigen Klageforderung entstanden sei. Denkbare Anspruchsgrundlagen wären hier §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB und § 826 BGB. Ein arglistig herbeigeführter Prozessvergleich kann diese Voraussetzungen erfüllen. Der Anspruch scheitert aber daran, dass die Klägerin bei Abschluss des Prozessvergleiches nicht arglos und damit das Verhalten des Beklagten auch nicht für den eingetretenen Schaden kausal war. Sie ist bei Abschluss des Vergleiches selbst auch von einer möglichen strafbaren Handlung des Beklagten ausgegangen und hat den Vergleich abgeschlossen, weil sie die strafbare Handlung zu dem Zeitpunkt nicht beweisen konnte und ein ggf. langwieriges Ermittlungsverfahren nicht abwarten wollte. Angesichts dieser Umstände ist die Klägerin im Interesse, wenigstens einen Teil des Geldes zurückzuerhalten, das Risiko, dass sich später herausstellt, dass der Kläger sich das Geld durch strafbare Handlung zugeeignet hat, eingegangen.

c) Durch den im Vorprozess abgeschlossenen Prozessvergleich ist auch die Klageforderung erloschen. Gemäß Ziff. 4 des Prozessvergleiches haben die Parteien mit Abschluss des Vergleiches den Rechtsstreit erledigt. Gegenstand dieses Rechtsstreits war u.a. die Widerklageforderung der Klägerin in Höhe von 32.500 EUR. Diese Forderung ist in voller Höhe von dem Vergleich erfasst. Mit der vergleichsweisen Erledigung eines Rechtsstreits wollen die Parteien, sofern nicht andere Anhaltspunkte vorliegen, den Streitgegenstand des Rechtsstreits vollständig erledigen. Anhaltspunkte dafür, dass von den Parteien etwas anders gewollt war, sind nicht erkennbar. Der Klägerin hätte es freigestanden, einen entsprechenden Vorbehalt in dem Vergleich durchzusetzen. Das Berufungsgericht nimmt im Übrigen hinsichtlich der Auslegung des Prozessvergleichs auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug und macht sich diese zu eigen. Neue erhebliche Gesichtspunkte hat die Berufung nicht vorgetragen.

d) Aus den zu c) dargelegten Gründen handelt der Beklagte auch nicht dadurch rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), dass er sich auf die Erledigungswirkungen des abgeschlossenen Prozessvergleiches beruft.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück