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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 28.09.2006
Aktenzeichen: 1 Sa 213/06
Rechtsgebiete: ArbGG, DRK-Arbeitsdingungen


Vorschriften:

ArbGG § 72 a
DRK-Arbeitsdingungen § 65 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 1 Sa 213/06

Verkündet am 28.09.2006

In dem Rechtsstreit

hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 28.09.2006 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 13.04.2006 - öD 2 Ca 204 b/06 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Sonderzuwendung für das Jahr 2004.

Die am ....1970 geborene Klägerin ist auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 09. September 1993 bei dem beklagten Landesverband mit Wirkung ab dem 01. Oktober 1993 als vollzeitbeschäftigte Kinderkrankenschwester in dem Schul- und Therapiezentrum R. tätig. Auf das Arbeitsverhältnis sind die DRK-Arbeitsbedingungen in der jeweils gültigen Fassung, u. a. die Sonderregelungen für die Zahlung einer Zuwendung, anwendbar. Danach hat die Klägerin gemäß § 2 grundsätzlich einen Anspruch auf eine Sonderzuwendung in Höhe von 82,14 % der Urlaubsvergütung, die ihr im Monat September des betreffenden Jahres zugestanden hätte. Bezogen auf das Jahr 2004 betrüge die Höhe der Sonderzuwendung bei einer Urlaubsvergütung in Höhe von 2.508,21 EUR brutto für die Klägerin 2.060,24 EUR brutto. Der Anspruch war am 01.12.2004 fällig.

Durch inhaltsgleiches Formularschreiben vom 15. Oktober 2004 setzte der Beklagte durch den Bevollmächtigten C. alle Beschäftigten davon in Kenntnis, dass erhebliche Liquiditätsprobleme bestünden, die die Existenz des Verbandes gefährdeten und bat die Beschäftigten um Verzicht auf die Sonderzuwendung 2004; wegen des genauen Inhalts wird auf die Abl. Bl. 11/12 d.A. Bezug genommen.

Die Klägerin antwortete mit einem Formularschreiben der sie vertretenden Gewerkschaft vom 28. Oktober 2004, der Beklagten am gleichen Tage zugegangen, erwiderte die Klägerin u. a. wie folgt (Abl. Bl. 13 d.A.):

Die Anspruchsvoraussetzung auf Zahlung einer Zuwendung (Weihnachtsgeld) gemäß § 2 der Sonderregelungen erfülle ich. Die Zuwendung beträgt gemäß § 3 Protokollerklärung zu Absatz 1 82,14 % der Urlaubsvergütung, die mir im Monat September zugestanden hätte. Gemäß Absatz 7 des § 3 der Sonderregelungen für die Zahlung einer Zuwendung soll diese spätestens am 01. Dezember gezahlt werden. Üblicherweise wurde die Zuwendung bisher mit dem Entgelt für den Monat November überwiesen. Die Entgeltüberweisung für den Monat November "beinhaltete nicht die Zuwendung.

Vorsorglich mache ich hiermit die Zahlung der Zuwendung 2004 gemäß den Sonderregelungen für die Zahlung einer Zuwendung nach den DRK-Arbeitsbedingungen geltend und bitte um Überweisung des sich ergebenen Nettobetrages bis spätestens zum 01.12. 2004 auf mein Ihnen bekanntes Konto. Der Zuwendungsbetrag beträgt meines Erachtens mindestens ((handschriftlich hinzugefügt) ist Ihnen bekannt) Euro.

Für den Fall der verspäteten Zahlung der Zuwendung mache ich ausdrücklich Verzugszinsen gegebenenfalls einen Verzugsschaden geltend.

Eine Zahlung der Sonderzuwendung 2004 erfolgte seitens des Beklagten nicht. Nach dem 01.12.2004 hat die Klägerin die Sonderzuwendung 2004 erstmals durch Klageerhebung am 02.02.2006 geltend gemacht.

Die Parteien streiten darüber, ob der Anspruch wegen Nichteinhaltung der Ausschlussfrist gemäß 65 Abs. 2 der DRK-Arbeitsbedingungen verfallen ist. Danach müssen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden, anderenfalls verfallen sie.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass sie den Anspruch mit dem Schreiben vom 28.10.2004 rechtzeitig geltend gemacht habe und hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 2.060,24 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02. Dezember 2004 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat sich auf die Ausschlussfrist gemäß § 65 Abs. 2 DRK-Arbeitsdingungen berufen. Die Klägerin habe den Anspruch nicht nach dem 01. Dezember 2004 form- und fristgerecht geltend gemacht. Daher sei ihr Anspruch erloschen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und dies damit begründet, dass die Klägerin ihren Anspruch auf die Sonderzuwendung durch das Formularschreiben der Gewerkschaft fristwahrend geltend gemacht habe. Dem stehe nicht entgegen, dass die Klägerin ihren Anspruch vor Fälligkeit geltend gemacht habe. Der Anspruch sei auch hinreichend konkret bezeichnet worden.

Gegen dieses ihm am 24.04.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 24.05.2006 eingelegte Berufung des Beklagten, die der Beklagte nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26.07.2006 am 26.07.2006 durch Telekopie und am 27.07.2006 durch Originalschriftsatz begründet hat.

Der Beklagte ist unverändert der Auffassung, dass der Anspruch der Klägerin gemäß § 65 Abs. 2 DRK-Arbeitsbedingungen verfallen ist. Das Schreiben der Klägerin vom 28.10.2004 reiche nicht als Geltendmachungsschreiben aus. Die Frist sei nicht gewahrt, da die Klägerin den Anspruch vor Fälligkeit geltend gemacht habe. § 65 Abs. 2 lege eindeutig fest, dass die Geltendmachung erst nach Fälligkeit erfolgen könne. Überdies habe die Klägerin unterlassen, ihren Anspruch zu beziffern.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen. Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts mit Rechtsausführungen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig; sie ist der Beschwer nach statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache ist sie jedoch nicht gerechtfertigt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.

Gemäß § 62 Abs. 2 DRK-Arbeitsbedingungen müssen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden, anderenfalls verfallen sie. Die Klägerin hat diese Frist gewahrt. Daraus ergibt sich, dass ihr Anspruch nicht verfallen ist.

Das Berufungsgericht folgte dem Arbeitsgericht darin, dass das von der Klägerin an die Beklagte gerichtete Formularschreiben vom 28.10.2004 die Ausschlussfrist gewahrt hat. Aus dem Schreiben ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass die Klägerin nicht lediglich auf das Schreiben des Beklagten vom 15.10.2004 reagieren, sondern ihren Anspruch auch in geltend machen wollte (1.). Unschädlich ist, dass die Geltendmachung vor Fälligkeit des Anspruchs erfolgt ist (2.). Die Geltendmachung ist auch hinreichend spezifiziert (3.).

1. Dass die Klägerin mit ihrem Formularschreiben vom 28.10.2004 nicht nur auf das Schreiben des Beklagten vom 15.10.2004 geantwortet hat, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Formularschreibens, in dem es u. a. heißt "Vorsorglich mache ich hiermit die Zahlung der Zuwendung 2004... geltend und bitte um Überweisung des sich ergebenen Nettobetrages bis spätestens zum 01.12.2004 auf mein Ihnen bekanntes Konto".

2. Das Berufungsgericht folgt dem Arbeitsgericht auch darin, dass die Ausschlussfrist durch das Schreiben gewahrt worden ist, obwohl die Klägerin den Anspruch vor Fälligkeit geltend gemacht hatte. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Geltendmachung eines Anspruchs im Rahmen der Ausschlussfrist jedenfalls dann möglich, wenn ein Anspruch bereits entstanden, jedoch noch nicht fällig ist (Urteil vom 10.07.2003 - 6 AZR 283/02 -, EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 168; Urteil vom 11.12.2003 - 6 AZR 539/02; Urteil vom 26.09.2001 - 5 AZR 699/00 -, AP Nr. 160 zu § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 144). Dem hat sich auch das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein angeschlossen (Urteil vom 04.04.2006 - 2 Sa 548/05 -). Dem ist jedenfalls dann zu folgen, wenn - wie hier - der Arbeitgeber vorher angekündigt hat, die noch nicht fällige Zahlung nicht leisten zu wollen. Der entgegenstehenden Auslegung des § 65 Abs. 2 DRK-Arbeitsbedingungen durch die Beklagte folgt das Berufungsgericht nicht. Die Formulierung "müssen" bezieht sich auf das Erfordernis der schriftlichen Geltendmachung, nicht jedoch auf den Zeitpunkt der Geltendmachung.

3. Schließlich hat das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt, dass durch das Formularschreiben der Anspruch auch hinreichend spezifiziert worden ist. Das ergibt sich insbesondere daraus, dass die Klägerin die Art (Zuwendung "Weihnachtsgeld") und die Höhe ihrer Forderung ("83,14 % der Urlaubsvergütung, die mir im Monat September zugestanden hätte") spezifiziert dargelegt hat. Damit war es dem Beklagten ohne weiteres möglich, Art und Höhe der Forderung zu erkennen.

Aus den dargelegten Gründen mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revisionsvoraussetzungen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 - 3 ArbGG) lagen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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