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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 27.04.2006
Aktenzeichen: 1 Sa 539/05
Rechtsgebiete: JazTV, BGB, BetrVG, EFZG
Vorschriften:
JazTV § 4 | |
JazTV § 5 | |
JazTV § 5 Abs. 2 | |
BGB § 615 | |
BGB § 615 Satz 1 | |
BetrVG § 77 Abs. 3 | |
BetrVG § 87 Abs. 1 | |
EFZG § 2 |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil
Aktenzeichen: 1 Sa 539/05
Verkündet am 27.04.2006
In dem Rechtsstreit
hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 27.04.2006 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 02.11.05 - 3 Ca 1151 a/05 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten eine Gutschrift auf seinem Arbeitszeitkonto.
Der Kläger ist bei der Beklagten in Schichtarbeit beschäftigt; auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge der DB AG Anwendung u. a. der Tarifvertrag zur Regelung einer Jahresarbeitszeit für die Arbeitnehmer der DB AG (JazTV). § 4 JazTV regelt das für jeden Arbeitnehmer ein Arbeitszeitkonto geführt wird, in dem die jeweils zu erbringende Jahresarbeitzeit sowie die geleistete bzw. anzurechnende Arbeitzeit fortlaufen saldiert werden. In § 5 JazTV sind unter der Überschrift "Freistellung von der Arbeitspflicht" unter anderem Regelungen enthalten, wie Wochenfeiertage im Arbeitszeitkonto verrechnet werden. Wegen des Inhalts der tarifrechtlichen Bestimmungen wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Der Kläger fordert Arbeitszeitgutschriften für den 1. Mai 2004 im Umfang von 5 Stunden und 45 Minuten sowie für den 30. Mai 2004 von 5 und 30 Minuten.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem Arbeitszeitkonto des Klägers 13 Stunden und 15 Minuten gutzuschreiben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und dies damit begründet, dass der Kläger keinen Anspruch von Arbeitszeitgutschriften aus §§ 4, 5 JazTV habe. Der Pfingstsonntag, 30. Mai 2004, sei schon kein auf einen Werktag fallender gesetzlicher Feiertag und damit kein Wochenfeiertag. Auch für Sonnabend, den 1. Mai 2004, könne der Kläger keine Gutschrift beanspruchen. Er könne für den Maifeiertag des Jahres 2004 nur dann eine Arbeitszeitgutschrift beanspruchen, wenn dieser Wochentag auf einen der Tage von Montag bis Freitag gefallen wäre. Im Jahre 2004 sei der Wochenfeiertag auf einen Sonnabend gefallen.
Gegen dieses, ihm am 09.11.2005 zugestellte, Urteil hat der Kläger am 06.12.2005 Berufung eingelegt und die Berufung nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 10.02.2006 am 02.02.2006 begründet.
Der Kläger räumt ein, dass ihm nach § 5 Abs. 2 JazTV kein Anspruch auf Gutschrift auf seinem Arbeitszeitkonto für die fraglichen Tage zustehe. Er beruft sich nunmehr erstmals im Berufungsrechtszug auf eine Betriebsvereinbarung vom 21. Juli 2003, durch die die Schichtarbeit bei der Beklagten geregelt ist; wegen des Inhalts dieser Betriebsvereinbarung wird auf Bl. 31 bis 35 d. A. Bezug genommen.
Der Kläger trägt hierzu vor: Nach der Betriebsvereinbarung werde in § 4 ein Schichtplan erstellt. Dieser beinhalte die regelmäßige Arbeitszeit und im dreiwöchigem Schnitt die tarifliche Arbeitszeit von 38 Stunden pro Woche. Aus den Kopien seiner Personalverwendungsnachweise (Bl. 36 bis 40 d. A.) ergebe sich, dass er, der Kläger, am Sonntag, dem 04.01.2004 einen Arbeitsbeginn um 22.00 Uhr gehabt habe. Er habe demnach mit der Nachtschicht begonnen. Er sei in die Schicht A einzuordnen gewesen. In der Woche 2 des dreiwöchigen Rhythmus habe die Schicht A Sonntags mit der Nachtschicht begonnen, danach habe er die 3. Woche der Schicht A mit der Spätschicht begonnen, bevor der 3-Wochen-Rhythmuss mit der Frühschicht in der Woche 1 abschließe, bevor sich die Nachtschicht wieder daran anschließe. Dieser Schichtplan habe bindende Wirkung. An den streitbefangenen Tagen, am 1. und 30. Mai 2004 würde er, der Kläger, Frühschicht (1. Mai) mit einer Arbeitsverpflichtung von 5 Stunden und 45 Minuten und am Sonntag (30. Mai) eine Arbeitsverpflichtung in der Nachtschicht von 7 Stunden und 30 Minuten gehabt haben. Beide Schichten habe er nicht gearbeitet. Aufgrund der Arbeitsanweisung der Beklagten hätten diese Schichten nicht stattgefunden. Die von ihm nicht geleisteten Stunden seien von seinem Arbeitszeitkonto in Abzug gebracht worden. Er müsse die ausgefallenen Zeiten nacharbeiten, um seine jährliche Arbeitsverpflichtung zu erfüllen. Außerdem sei die Anweisung der Beklagten, an den beiden Tagen auf die Arbeitsleistung zu verzichten, rechtswidrig, da der Betriebsrat hieran nicht beteiligt worden sei.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 02.11.2005 (Az. 3 Ca 1151 a/05) wird abgeändert,
2. die Berufungsbeklagte wird verurteilt, dem Arbeitszeitkonto des Berufungsklägers 13 Stunden und 15 Minuten gutzuschreiben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass sich ein Anspruch auf Arbeitszeitgutschrift auch nicht aus der Betriebsvereinbarung ergebe. Aus ihr ergebe sich keine Regelung zur Vornahme von Arbeitszeitgutschriften. Im Übrigen werde in § 4 Abs. 1 Satz 1 der Betriebsvereinbarung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass alle gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten seien. Hierzu gehöre insbesondere das Arbeitszeitgesetz, daraus ergebe sich, dass der Kläger an gesetzlichen Feiertagen nicht habe beschäftigt werden können, da keine Sondergenehmigung vorgelegen habe.
Auch die bloße Existenz eines Schichtplans könne ein Anspruch auf eine Arbeitszeitgutschrift für Feiertage an Samstagen bzw. Sonntagen nicht begründen. Anspruchsgrundlage sei allein die tarifliche Regelung. Auch aus § 615 Satz 1 BGB ergebe sich kein Anspruch. Unstreitig habe der Kläger für den 1. Mai 2004 und 30. Mai 2004 Entgelt erhalten. Ein darüber hinausgehender Anspruch einer Gutschrift ergebe sich daraus nicht.
Unabhängig hiervon liege auch kein Annahmeverzug vor. Der Kläger habe nämlich an diesem Tag seine Arbeitsleistung nicht angeboten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig; sie ist aufgrund der Zulassung der Berufung statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; in der Sache ist sie nicht gerechtfertigt.
1. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit zutreffender Begründung zu Recht abgewiesen. Das räumt auch der Kläger in seiner Berufungsbegründung ein.
2. Auch das neue Vorbringen des Klägers im Berufungsrechtszug ist nicht geeignet, einen Anspruch auf Zeitausgleich für die Tage 1. und 30. Mai 2004 zu begründen.
a) Das neue Vorbringen des Klägers ist nicht als verspätet zurückzuweisen, da seine Zulassung nicht zu einer Verzögerung des Berufungsverfahrens geführt hat (§ 67 Abs. 2 ArbGG).
b) Auch nach diesem Vorbringen hat der Kläger jedoch keinen Anspruch. Der Kläger geht selbst davon aus, dass sich ein Anspruch aus der Betriebsvereinbarung vom 21. Juli 2003 selbst nicht ergibt. In der Betriebsvereinbarung ist die Frage von Gutschriften für ausgefallene Sonn- und Feiertage nicht geregelt.
c) Auch eine sonstige Anspruchsgrundlage ist nicht erkennbar.
aa) Ein Anspruch ergibt sich nicht aus einer etwaigen Verletzung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Änderung des vereinbarten Dienstplanes. Zum einen greift der Tarifvorrang bei der Regelung der Dauer der Arbeitszeit gemäß §§ 77 Abs. 3, 87 Abs. 1, Einleitungssatz BetrVG ein. Da die §§ 4, 5 JazTV den Ausgleich für Wochenfeiertrage regeln, ist der Betriebsrat insoweit zur Regelung nicht zuständig. Außerdem begründet eine Verletzung von Mitbestimmungsrechten keine Ansprüche, die vor der mitbestimmungspflichtigen Maßnahme nicht bestanden (Bundesarbeitsgericht, AP Nr. 31 zu § 3 TVG). Schließlich hat die Beklagte auch keine von dem Schichtplan abweichende Regelung getroffen, sondern lediglich das gesetzliche Feiertagsarbeitsverbot beachtet (§ 10 Abs. 1 ArbZG).
bb) Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 615 BGB. Eine direkte Anwendung scheidet aus, weil der Kläger keine Vergütungsansprüche geltend macht. Aber auch eine entsprechende Anwendung ist nicht möglich. Der Arbeitgeber kommt bei Ausfall der Arbeit wegen des Sonn- und Feiertagsverbots nicht in Annahmeverzug. Ansonsten hätte es nicht der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung über die Entgeltfortzahlung bei Ausfall der Arbeit an gesetzlichen Feiertagen in § 2 EFZG bedurft.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Die Auslegung des Tarifvertrages war zwischen den Parteien nicht mehr streitig. Außerdem enthält § 8 Abs. 3 des seit dem 01.04.2005 geltenden Arbeitszeittarifvertrages für die Arbeitnehmer von Schienenverkehrs- und Schieneninfrastrukturunter-nehmen des Agv MoVe (AZ TV - S) eine eindeutige Regelung, wonach nur gesetzliche Wochenfeiertage, die auf die Tage Montag bis Freitag fallen, bei der Arbeitszeit auszugleichen sind.
Ende der Entscheidung
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