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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 04.06.2009
Aktenzeichen: 1 Ta 107 e/09
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 2
ZPO § 127 Abs. 2 S. 2
ZPO §§ 567 ff.
ArbGG § 78
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 1 Ta 107 e/09

04.06.2009

Im Beschwerdeverfahren

betr. Prozesskostenhilfe

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 04.06.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 30.04.2009 - 1 Ca 77/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Im Ausgangsverfahren wendet sich die Klägerin gegen eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch ihre Arbeitgeberin. Im Beschwerdeverfahren geht es um die Frage, ob der Klägerin für dieses Kündigungsschutzverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen ist.

Die Klägerin ist Mitglied einer zum Deutschen Gewerkschaftsbund gehörenden Gewerkschaft. Sie ist grundsätzlich berechtigt, den Rechtsschutz durch die DGB Rechtsschutz GmbH in Anspruch zu nehmen.

Am 09.01.2009 erhob die DGB Rechtsschutz GmbH vor dem Arbeitsgericht Lübeck namens und mit Vollmacht der Klägerin Klage gegen die ihr am 19.12.2008 zugegangene arbeitgeberseitige Kündigung. Im dritten Absatz der Klagebegründung ist ausgeführt, dass bei der Klägerin ein Grad der Behinderung von 40 festgestellt worden ist, sie jedoch einen "Neufeststellungsantrag" gestellt hat, über den noch nicht bestandskräftig entschieden worden ist. Tatsächlich hatte die Klägerin einen Änderungsantrag am 17.11.2008 beim Landesamt für Soziale Dienste Schleswig-Holstein (Außenstelle Lübeck) gestellt (vgl. Bl. 48 ff. d. A.). Einen weiteren Änderungsantrag hat die Klägerin mit Datum 15.01.2009 gestellt (vgl. Bl. 52 ff. d. A.).

Im Gütetermin am 10.02.2009 wurde der Klägerin aufgegeben, zu ihrem Neufeststellungsantrag auf Zuerkennung einer Schwerbehinderteneigenschaft mit einem GdB von 50 weiter vorzutragen, insbesondere wann der Antrag beim Landesamt für soziale Dienste gestellt ist und ggf. wie er beschieden worden ist.

Mit Schriftsatz vom 12.03.2009 zeigten die die Klägerin nunmehr vertretenden Rechtsanwälte an, dass sie die Vertretung übernommen haben. Der DGB Rechtsschutz legte noch am 19.03.2009 den Bescheid des Landesamtes für Soziale Dienste Schleswig-Holstein vom 09.03.2009 vor, ausweislich dessen zu Gunsten der Klägerin ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt wird. Mit Schriftsatz vom 25.03.2009 teilte die DGB Rechtsschutz GmbH mit, dass sie die Klägerin nicht mehr vertritt.

Mit am 02.04.2009 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin beantragt, ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt K. zu gewähren.

Diesen Antrag hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 30.04.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es zum einen darauf hingewiesen, dass die Klägerin einen satzungsgemäßen Anspruch auf Vertretung durch die DGB Rechtsschutz GmbH habe. Zum anderen habe die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Gegen den ihr am 07.05.2009 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat die Klägerin am 15.05.2009 Beschwerde eingelegt. Sie meint, die DGB Rechtsschutz GmbH hätte am Tag der Klageerhebung (08.01.2009) die Arbeitgeberin auf den beim Landesamt für Soziale Dienste gestellten Änderungsantrag hinweisen müssen. Ihr, der Klägerin, sei es nicht zuzumuten, sich von der DGB Rechtsschutz GmbH weiter vertreten zu lassen, die ein derartiges Versäumnis zu verschulden habe und möglicherweise im Wege des Regresses in Anspruch genommen werden müsse. Die Klage habe auch hinreichend Aussicht auf Erfolg, weil die in Rede stehende Frage höchstrichterlich nicht geklärt sei.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO i. V. m. § 78 ArbGG, §§ 567 ff. ZPO statthaft. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt und zudem begründet. Auch im Übrigen erweist sie sich als zulässig.

In der Sache hat die sofortige Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Rechtsanwalts zu Recht zurückgewiesen, weil es der Klägerin zumutbar war, vorhandenes Vermögen einzusetzen. Dazu ist sie gemäß § 115 Abs. 2 ZPO verpflichtet.

1. Dem Prozesskostenrecht liegt der Gedanke der Subsidiarität zugrunde. Erst wenn der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, tritt der Staat ein. Eine verwertbare und zumutbare andere Vertretungsmöglichkeit ist ein vermögenswertes Recht im Sinne von § 115 Abs. 2 ZPO. Daher kann grundsätzlich keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn eine Rechtsschutzversicherung des Antragstellers die Kosten übernimmt oder wenn die antragstellende Partei in zumutbarer Weise gewerkschaftlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen kann (vgl. Künzel/Koller, Prozesskostenhilfe, 2. Aufl. Rz. 290 - 292). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann nur dann gelten, wenn die Inanspruchnahme gewerkschaftlichen Rechtsschutzes dem Antragsteller unzumutbar ist (LAG Köln 26.06.1995 - 5 Ta 118/95 -; LAG Rheinland-Pfalz 18.08.2004 - 2 Ta 187/04 -; LAG Schleswig-Holstein 24.10.2003 - 2 Ta 215/03 -). Der Antragsteller ist verpflichtet, die Gründe die für die Unzumutbarkeit sprechen, substantiiert vorzutragen (LAG Schleswig-Holstein a. a. O.).

Auch mit ihrer Beschwerde ist es der Klägerin nicht gelungen, darzulegen, dass ihr die Vertretung durch die DGB Rechtsschutz GmbH unzumutbar ist. Aus der Akte ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, die für eine Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zu dem von der DGB Rechtsschutz GmbH gestellten Gewerkschaftsvertreter sprechen, ihm ist kein Fehlverhalten vorzuwerfen. Der für die DGB Rechtsschutz GmbH handelnde Rechtssekretär hat bereits in der Klagschrift auf den dort "Neufeststellungsantrag" genannten Änderungsantrag hingewiesen. Auch den Feststellungsbescheid vom 09.03.2009 hat er umgehend, nämlich mit Schriftsatz vom 17.03.2009 vorgelegt. Eine nachlässige, die Interessen der Klägerin verletzende Prozessführung durch den zuständigen Rechtssekretär kann deshalb nicht zu einer Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zu ihm geführt haben. Es mag sein, dass der Mitarbeiter der Gewerkschaft NGG bei Entgegennahme des Klageauftrags nicht die gebotene Sorgfalt hat walten lassen, indem er die Arbeitgeberin nicht auf den Änderungsantrag hingewiesen hat. Das ist aber für das Vertrauensverhältnis zu dem in diesem Verfahren für die Klägerin agierenden Rechtssekretär der DGB Rechtsschutz GmbH ohne Bedeutung. Fehler, die ein Mitarbeiter der Einzelgewerkschaft (möglicherweise) gemacht hat, vermögen keinen generellen Vertrauensverlust gegenüber allen gewerkschaftlichen Mitarbeitern zu begründen. Anhaltspunkte für ein schuldhaftes Verhalten der DGB Rechtsschutz GmbH im Zusammenhang mit der Klageerstellung und weiteren Prozessführung sind nicht erkennbar. Darauf hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen.

2. Ob die Prozesskostenhilfe auch deshalb zu versagen ist, weil die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, kann an dieser Stelle offen bleiben.

3. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien von §§ 78 S. 2, 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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