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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 12.12.2006
Aktenzeichen: 1 Ta 205/06
Rechtsgebiete: SGB VII, RVO
Vorschriften:
SGB VII § 52 | |
SGB VII § 56 | |
SGB VII § 104 | |
RVO § 636 Abs. 1 Satz 1 |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss
Aktenzeichen: 1 Ta 205/06
Im Beschwerdeverfahren
hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 12.12.2006 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 16.08.2006 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine am 03.07.2006 erhobene Klage auf Zahlung eines Schmerzensgelds gegen den Arbeitgeber gestellt. Sie beruft sich darauf, dass sie aufgrund fehlerhaften Arbeitsmaterials einen Arbeitsunfall am Arbeitsplatz erlitten habe. Sie sei gezwungen gewesen, den Fußboden mit einem völlig instabilen Wischmob zu reinigen. Die Instabilität habe die Ursache darin gehabt, dass der an dem Wischmob "befestigte" Holzstiel nicht gepasst habe und daher keine ausreichende Verbindung habe hergestellt werden können. Als sie, die Antragstellerin, am 12.12.2005 ihrer Reinigungstätigkeit nachgekommen sei, habe sich der Stiel - wie schon wiederholt geschehen - aus der Halterung gelöst. Sie habe das Gleichgewicht verloren und sei auf dem feuchten Boden ins Rutschen gekommen und gegen einen Metalltisch geprallt. Dabei habe sie erhebliche Verletzungen an der Brust sowie an der rechten Schulter erlitten.
Das Arbeitsgericht Kiel hat durch Beschluss vom 16.08.2006 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und dies damit begründet, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Bei Vorliegen eines Arbeitsunfalls sei die Haftung des Unternehmers wegen eines Personenschadens einschließlich der Ansprüche auf Schmerzensgeld ausgeschlossen.
Gegen diesen ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 22.08.2006 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 11.09.2006 Beschwerde eingelegt, in der sie sich darauf beruft, dass die Beklagte fahrlässig gehandelt habe. Sie beruft sich auf das Schreiben der Berufsgenossenschaft, wonach ihr Verletztenrente nach §§ 56, 52 SGB VII nicht zu zahlen sei.
Das Arbeitsgericht Kiel hat durch Verfügung vom 09.11.2006 der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 ZPO). In der Sache ist sie jedoch nicht gerechtfertigt.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die beabsichtigte Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet (§ 114 ZPO). Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schmerzensgeld.
1. Gem. § 104 SGB VII sind Unternehmer den Versicherten, die für ihr Unternehmen tätig sind, zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie einen Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 - 4 versicherten Weg (Wegeunfall) herbei geführt haben. Dass die Beklagte vorsätzlich gehandelt hat oder es sich um einen Wegeunfall handelt, hat die Antragstellerin nicht dargelegt und ist auch nicht festzustellen.
2. Das Arbeitsgericht ist an diese Rechtslage gebunden und kann nicht mit allgemeinen Gerechtigkeitserwägungen gesetzeswidrig entscheiden.
a) Das Haftungssystem im Arbeitsverhältnis ist vom Gesetzgeber so ausgestaltet, dass einerseits der Unternehmer für Arbeitsunfälle nicht persönlich haftet, er andererseits aber durch seine Beiträge für entsprechenden Versicherungsschutz bei der zuständigen Berufsgenossenschaft sorgt. Der Arbeitnehmer hat damit als Versicherter einen Anspruch gegen die Berufsgenossenschaft, nicht jedoch einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Unternehmer, soweit nicht die genannten Ausnahmefälle vorliegen. Der Haftungsausschluss bezieht sich auch auf Schmerzensgeldansprüche des Arbeitnehmers. Im Rahmen eines Arbeitsunfalls kann aufgrund der gesetzlichen Regelungen grundsätzlich Schmerzensgeld nicht verlangt werden, als Ausgleich steht dem Arbeitnehmer und Versicherten Anspruch auf Verletztengeld oder Verletztenrente zu, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. An diesem gesetzlichen Haftungssystem können die Arbeitsgerichte nichts ändern.
b) Die Regelung in § 104 SGB VII ist auch verfassungsgemäß. Das hat das Bundesverfassungsgericht in seinen Beschlüssen vom 07.11.1972 (- 1 BvL 4/71 -, NJW 1973, 502) und vom 08.02.1995 (- 1 BvR 753/94 -, NJW 11607) zu der gleich lautenden Vorschrift des § 636 Abs. 1 Satz 1 RVO entschieden. Hieran sind auch die Arbeitsgerichte gebunden.
Aus diesen Gründen kann der Antragstellerin Prozesskostenhilfe für ihre Klage auf Schmerzensgeld nicht bewilligt werden.
Die Beschwerdeführerin trägt, da die Beschwerde erfolglos ist, die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, ohne dass es eines Kostenausspruchs bedarf (hierzu Zöller/Philippi, § 127 ZPO Rz. 39). Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kam nicht in Betracht.
Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Ende der Entscheidung
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