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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 12.02.2007
Aktenzeichen: 1 Ta 241/06
Rechtsgebiete: ZPO, BRAGO, RVG
Vorschriften:
ZPO § 121 Abs. 3 | |
BRAGO § 126 Abs. 1 S. 2 | |
RVG § 46 |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss
Aktenzeichen: 1 Ta 241/06
Im Beschwerdeverfahren
hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 12.02.2007 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Flensburg vom 31.08.2006 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Das Arbeitsgericht Flensburg hat durch Beschluss vom 31.08.2006 dem Kläger, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. N..., für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Dr. N... als Prozessbevollmächtigten beigeordnet. Zugleich hat es angeordnet, dass Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass der Prozessbevollmächtigte nicht am Gerichtsort residiert, in Höhe der Kosten einer fiktiven Informationsreise der Partei zum Gerichtsort erstattet werden.
Der Beschwerdeführer hat durch Schriftsatz vom 08.09.2006 um Überprüfung des PKH-Bewilligungsbeschlusses bzw. um Konkretisierung gebeten, dass Prozesskostenhilfe auch für den Abschluss des Vergleiches bewilligt worden ist.
Am 20.09.2006 hat der Beschwerdeführer erneut um Überprüfung des PKH-Bewilligungsbeschlusses gebeten und sich gegen die Beschränkung auf die fiktiven Reisekosten der Partei gewandt.
Auf Anfrage des Gerichts vom 28.09.2006 hat der Beschwerdeführer am 19.10.2006 deutlich gemacht, dass sein Schriftsatz als sofortige Beschwerde verstanden werden solle.
Das Arbeitsgericht Flensburg hat durch Beschluss vom 19.10.2006 der Beschwerde nicht abgeholfen und sich insoweit auf die Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts bezogen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Das Beschwerdegericht geht zugunsten des Beschwerdeführers davon aus, dass aufgrund der nachträglichen Klarstellung seine Einwendungen als sofortige Beschwerde zu behandeln sind und damit fristgerecht beim Arbeitsgericht eingegangen sind.
Die Beschwerde ist in der Sache unbegründet.
1. Die Beschwerdekammer hat in ihrem Grundsatzbeschluss vom 21.08.2003 - 1 Ta 84/01 - zu der Frage der Beiordnung eines nicht am Gerichtssitz ansässigen Anwalts ausgeführt:
a) Gem. § 121 Abs. 3 ZPO dürfen durch die Beiordnung eines nicht beim Prozessgericht zugelassenen Anwalts keine Mehrkosten entstehen. Diese Regelung passt nicht für Prozesse vor den Arbeitsgerichten, weil es bei den Arbeitsgerichten keine Zulassung gibt. Bislang hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein jedoch in entsprechender Anwendung von § 121 Abs. 3 ZPO die Beiordnung auswärtiger Anwälte entsprechend eingeschränkt (z.B. Beschl. vom 06.07.1999 - 2 Ta 73/99 -; Beschl. vom 28.01.1997 - 6 Ta 1/97 -). Hieran ist jedoch nur noch eingeschränkt festzuhalten. Aufgrund der Änderung der Zulassungsregelung für Anwälte seit dem 01.10.2000 für die bei einem Amts- oder Landgericht zugelassenen Anwälte aufgrund des Gesetzes zur Änderung des RABerufsRNeuOG kann nach Auffassung des Beschwerdegerichts § 121 Abs. 3 ZPO im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht mehr entsprechend angewendet werden. Da jeder bei einem Amtsgericht oder Landgericht zugelassene Anwalt nunmehr vor jedem Landgericht postulationsfähig ist, ist § 121 Abs. 3 ZPO auch für diese Gerichte nicht mehr einschlägig. Eine entsprechende Anwendung für die Arbeitsgerichtsbarkeit scheidet daher aus.
b) Dennoch ist der Grundgedanke der Vorschrift, unnötige Reisekosten zu vermeiden, zu beachten. Denn auch eine vermögende Partei würde verständigerweise die Mehrkosten eines auswärtigen Anwalts vermeiden. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass bei Beauftragung eines Anwalts am Gerichtssitz zumindest eine Informationsreise des Antragstellers an den Gerichtssitz erforderlich ist. Dem ist bei der Beiordnung dadurch Rechnung zu tragen, dass die Mehrkosten der Beiordnung auf diese entstehenden fiktiven Kosten zu beschränken sind (vgl. hierzu Zöller/Philippi, § 121 Rz. 12). Das bedeutet, dass der beigeordnete Anwalt bei seiner Kostenrechnung diese hypothetischen Reisekosten der Partei (Kosten des verkehrsgünstigsten und billigsten Verkehrsmittels) darlegen und in seinen Kostenfestsetzungsantrag aufnehmen muss. Ein weitergehender Anspruch auf Kostenerstattung des nicht ortsansässigen Anwalts besteht nicht.
...
3. Hieran ist festzuhalten. Aus der Beschwerdebegründung ergeben sich keine Gesichtspunkte, die eine hiervon abweichende Entscheidung rechtfertigen.
a) Nichts daraus herzuleiten ist, dass die entsprechende Einschränkung in § 126 Abs. 1 S. 2 BRAGO nicht in § 46 RVG übernommen worden ist. Eine Änderung der Rechtslage war damit nicht beabsichtigt. Nach der Gesetzesbegründung ist deswegen hierauf verzichtet worden, "weil diese Vorschrift wegen § 121 Abs. 3 ZPO entbehrlich erscheint".
b) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann auch ohne eine entsprechende Anwendung des § 121 Abs. 3 ZPO sehr wohl dessen Grundgedanke herangezogen werden. Es wäre nämlich nicht einzusehen, warum im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Erstattung der Mehrkosten zu erfolgen hat, während dies in anderen Verfahren nicht der Fall sein soll. Einer besonderen Rechtsgrundlage bedarf es insoweit nach Auffassung des Beschwerdegerichts nicht.
c) Auch der Hinweise des Beschwerdeführers auf die Überlegungen der Beschwerdekammer hinsichtlich einer vermögenden Partei verfangen nicht. Das Beschwerdegericht hat nicht infrage gestellt, dass eine vermögende Partei auch in erster Linie ein Interesse daran haben kann, einen Anwalt ihres Vertrauens an ihrem Wohnort zu beauftragen. Wenn sie dies tut, weiß sie, dass sie damit auf eigene Kosten handelt. Hingegen handelt es sich bei der Prozesskostenhilfe um einen Akt der Sozialhilfe, bei dem der Grundsatz der Erforderlichkeit zu beachten ist. Will der Antragsteller trotz der Einschränkungen bei der Beiordnung einen Anwalt seines Vertrauens am Wohnort beauftragen, so kann er dies tun, jedoch dann auf eigene Kosten und nicht auf Kosten der Allgemeinheit.
2. An dieser Auffassung ist festzuhalten (Beschluss vom 25.07.2005 - 1 Ta 67/05 -). Die Beschwerdebegründung enthält keine Gesichtspunkte, die eine andere rechtliche Bewertung rechtfertigen.
Der Beschwerdeführer trägt, da die Beschwerde erfolglos ist, die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, ohne dass es eines Kostenausspruchs bedarf (hierzu Zöller/Philippi, § 127 ZPO Rz. 39). Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zugelassen worden, weil die Frage lediglich Bedeutung für den Bereich des Landesarbeitsgerichts hat.
Ende der Entscheidung
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