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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 23.02.2006
Aktenzeichen: 1 Ta 258/05
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 121 Abs. 2 |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss
Aktenzeichen: 1 Ta 258/05
In dem Beschwerdeverfahren
pp.
hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 23.02.2006 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 08.09.2005 aufgehoben.
Dem Arbeitsgericht wird aufgegeben über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und auf Beiordnung von Rechtsanwalt F... erneut zu entscheiden
Gründe:
I.
Die Klägerin hat am 23.04.2004 beim Arbeitsgericht Kiel Klage auf Zahlung des Lohnes erhoben und zugleich beantragt, ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt F... zu bewilligen. Am 17.05.2004 ist nach Antrag der Parteien das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.
Am 28.05.2004 hat die Klägerin eine von ihr unter dem Datum 23.04.2004 eingereichte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen eingereicht.
Durch Verfügung vom 29.06.2005 hat das Arbeitsgericht der Klägerin aufgegeben, eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aktualisiert nochmals einzureichen und ihr hierfür eine Frist von drei Wochen gesetzt. Diese Frist ist zweimal stillschweigend - letztmalig bis zum 25.08.2005 - verlängert worden. Durch Beschluss vom 08.09.2005 hat das Arbeitsgericht, nachdem diese Auflagen unerledigt geblieben sind, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.
Gegen diesen, ihrem Prozessbevollmächtigten am 12.09.2005 zugestellten Beschluss, richtet sich die am 12.10.2005 beim Arbeitsgericht eingegangene sofortige Beschwerde, mit der die Klägerin beantragt, ihr rückwirkend für die erste Instanz ab dem Zeitpunkt der Antragstellung Prozesskostenhilfe zu gewähren und ihr Rechtsanwalt F... beizuordnen. Die Klägerin bezieht sich insoweit auf die bereits eingereichte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Diese hätten sich nicht verändert. Auch die Zahlungsverpflichtungen bestünden fort, allerdings sei sie nach wie vor arbeitslos. Sie werde den Bescheid umgehend nachreichen.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 10.11.2005 darauf hingewiesen, dass selbst für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht in Betracht komme, da es sich um eine rechtlich einfache Sache handele.
Durch Beschluss vom 14.11.2005 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und dies damit begründet, dass die Klägerin die ihr gemachten Auflagen nicht erfüllt habe. Die Ausführungen in der Beschwerdeschrift rechtfertigen keine andere Sicht der Dinge. Die Erklärung vom 23.04.2004 sei nicht vollständig ausgefüllt gewesen. Zur aktuellen Einkommenssituation sei nur zur Vergütung in der Vergangenheit vorgetragen. Auf die Sperrzeit sei verwiesen worden. Das reiche aus Sicht des Gerichts zur Darlegung der aktuellen Verhältnisse nicht aus. Deswegen sei die Forderung berechtigt gewesen, im Jahre 2005 weitere Unterlagen einzufordern.
Im Übrigen komme auch eine Beiordnung nicht in Betracht, da es sich um eine einfache Sache handele.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 S. 3 ZPO). In der Sache ist sie auch gerechtfertigt.
Das Arbeitsgericht durfte den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt F... nicht mit der Begründung zurückweisen, die Klägerin habe die Auflage auf Vorlage einer neuen aktualisierten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht erfüllt.
1. Das Arbeitsgericht hat seine Begründung für die Zurückweisung des Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gewechselt und damit den Anspruch auf rechtliches Gehör der Klägerin nicht hinreichend beachtet.
In seiner Verfügung vom 29.06.2005 hat das Arbeitsgericht der Klägerin aufgegeben, eine aktualisierte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einzureichen. Diese Auflage war nicht sachgerecht, da für die Prüfung insbesondere der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Antragstellers der Zeitpunkt der sog. Entscheidungsreife (nicht der Antragstellung, wie die Beschwerdeführerin meint) maßgeblich ist. Diese liegt dann vor, wenn dem Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Vorbringen des Antragstellers gegeben worden ist. Entscheidungsreife lag demnach hier spätestens Ende Mai 2004 vor. Auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu diesem Zeitpunkt kam es demnach für die Entscheidung über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe an. Die Anforderung einer neuen aktualisierten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse konnte aus diesem Grunde im Juni 2005 vom Arbeitsgericht nicht gefordert werden. Das Arbeitsgericht hat denn auch in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 14.11.2005 u. a. darauf abgestellt, dass die Erklärung vom 23.04.2004 nicht vollständig ausgefüllt gewesen sei. Mit dieser Begründung hat das Arbeitsgericht jedoch die neue aktualisierte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse von der Klägerin nicht gefordert.
Das Arbeitsgericht hat aufgrund dessen der Klägerin zunächst Gelegenheit zu geben, ihre Angaben in der der Erklärung vom 23.04.2004 für den Zeitpunkt der Entscheidungsreife zu ergänzen. Auf dieser Grundlage hat das Arbeitsgericht sodann über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erneut zu entscheiden
2. Auch die weitergehende sofortige Beschwerde, die auf die Beiordnung von Rechtsanwalt F... gerichtet ist, ist gerechtfertigt.
Die Voraussetzungen für eine Beiordnung eines Anwalts liegen, sofern der Klägerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist, deswegen vor, weil die Gegenseite durch einen Anwalt vertreten war (§ 121 Abs. 3 ZPO). Die ständige Rechtsprechung der beiden für Beschwerden im Prozesskostenhilfeverfahren zuständigen Kammern des Landesarbeitsgerichts (zuletzt Beschluss vom 21.10.2005 - 1 Ta 190/05-, vom 04.04.2005 .- 1 Ta 132/05 - und Beschluss vom 27.06.2005 - 2 Ta 156/05-, jeweils mit Nachw.) wonach die Beiordnung eines Anwalts im Sinne von § 121 Abs. 2 ZPO nicht erforderlich ist, wenn der Antragsteller abgerechnete oder einfach zu berechnende Vergütungsansprüche geltend macht, ist nicht einschlägig. Die Gegenseite war nämlich im Zeitpunkt der Entscheidungsreife durch einen Anwalt vertreten und hat erklärt, sich durch ihren Anwalt gegen die Klage wehren zu wollen.
Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Ende der Entscheidung
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