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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 22.06.2007
Aktenzeichen: 1 Ta 68/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 121 Abs. 2 |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss
Aktenzeichen: 1 Ta 68/07
Im Beschwerdeverfahren
betreff Prozesskostenhilfe
hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 22.06.2007 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts ...
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 12.12.2006 aufgehoben.
Dem Arbeitsgericht wird aufgegeben, über den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. K... erneut zu entscheiden.
Gründe:
I.
Die Klägerin hat am 06.11.2006 Klage auf Zahlung von Vergütung und auf Abrechnung der Bruttovergütung erhoben. Sie hat zugleich beantragt, ihr hierfür Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt K... zu bewilligen. Sie hat ihrem Antrag eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen beigefügt; wegen deren Inhalt auf Bl. 5 - 16 des PKH - Beiheftes Bezug genommen wird.
Der Rechtsstreit ist im Gütetermin am 29.11.2006 durch Abschluss eines Vergleiches beendet worden. Das Arbeitsgericht hat zugleich die Klägerin durch Beschluss aufgefordert, innerhalb von vier Wochen einen Beleg über ihre Verdienste aus selbständiger Tätigkeit zur Gerichtsakte zu reichen. Die Klägerin hat hierauf am 11.12.2006 eine Bescheinigung ihres Steuerberaters über "Betriebseinnahmen" über 873,00 EUR für den Zeitraum 09.09. - 30.11.2006 eingereicht.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 12.12.2006 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und dies wie folgt begründet:
Die Klägerin habe nicht nachvollziehbar erläutert, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreite. Ihre Angaben dürften auch unvollständig sein. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Klägerin bei durchschnittlichen Betriebseinnahmen von ca. 315,00 EUR die in ihrer Erklärung angegebene Abgaben leisten könne. Außerdem habe die Klägerin die Leistungen der Familienkasse von insgesamt 462,00 EUR nicht angegeben.
Gegen diesen ihrem Prozessbevollmächtigten am 15.12.2006 zugestellten Beschluss richtet sich die am 15.01.2007 beim Arbeitsgericht eingegangene sofortige Beschwerde, die sie wie folgt begründet:
Richtig sei, dass sie in der Erklärung selbst die Leistungen der Familienkasse nicht angegeben habe. Diese Leistungen ergäben sich jedoch aus der Anlage 6 des Prozesskostenhilfeantrags. Im Übrigen gehöre Kindergeld nicht zum einzusetzenden Einkommen, soweit das Kindergeld - so wie hier - für den notwendigen Lebensbedarf eines minderjährigen Kindes benötigt werde. Soweit die monatlichen Betriebseinnahmen von etwa 315,00 EUR und den Leistungen der Familienkasse in Höhe von 462,00 EUR Ausgaben für Krankenkassenbeiträge, Einkommensteuervorauszahlungen und Ratenzahlungen gegenüberstünden, trete selbstverständlich ihr Ehegatte für diese Leistung ein. Zur Glaubhaftmachung bezieht sich die Klägerin insoweit auf die dem Prozesskostenhilfeantrag beigefügten Anlagen.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 02.02.2007 nicht abgeholfen und sich auf seinen angefochtenen Beschluss bezogen. Zum einen sei der Klägerin vorzuhalten, nicht bereits mit ihrer Antragstellung eine nachvollziehbare Erklärung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt zu haben. Die Unterstützungszahlungen ihres Ehemannes habe sie angeben müssen und nicht als eigene Belastung geltend machen dürfen. Aus diesem Grunde sei die Angabe der Klägerin nach wie vor undurchsichtig und unrichtig (gewesen).
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO). Sie ist auch in der Sache gerechtfertigt.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Ergebnis zu Unrecht zurückgewiesen.
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Arbeitsgerichts, dass die Klägerin keine ordnungsgemäße Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Beschwerdegerichts rechtfertigen auch unrichtige Angaben in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 117 Abs. 2 ZPO) die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, sofern nicht ausreichende Entschuldigungsgründe vorgetragen und ggfs. glaubhaft gemacht werden (hierzu Beschl. vom 03.01.2005 - 1 Ra 2121/04 - und vom 22.01.2003 - 1 Ta 11/03 -). Die Beschwerdeführerin hat in der Erklärung das Kindergeld in Höhe von 462,00 EUR nicht und Ausgaben ihres Ehemannes als eigene Belastungen angegeben. Schon das rechtfertigt an sich die Zurückweisung des Antrags.
2. Der Beschluss war dennoch aufzuheben, weil er als Überraschungsentscheidung das rechtliche Gehör der Klägerin beeinträchtigt. Das ergibt sich daraus, dass das Arbeitsgericht in Kenntnis des Inhalts des Erklärungsvordrucks durch seine Auflage vom 29.11.2006 lediglich eine Glaubhaftmachung über die Höhe der Verdienste aus selbständiger Tätigkeit durch Vorlage von Belegen verlangt hat. Die Klägerin hat diese Auflage erfüllt und musste nicht damit rechnen, dass ihr die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aus anderen Gründen verweigert wird. Erteilt das Gericht dem Antragsteller eine konkrete Auflage, kann das Arbeitsgericht nicht ohne weitere Auflage den Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe aus anderen Gründen verweigern. Aufgrund der konkret erteilten Auflage muss die Partei hiermit nicht rechnen. Er ist, wenn weitere bislang nicht gerügte Mängel vorliegen oder festgestellt werden, vor einer Entscheidung auch hierzu rechtliches Gehör zu gewähren (LAG Schleswig-Holstein, Beschl. vom 19.08.2004 - 1 Ta 43/04 -; vom 10.06.2004 - 1 Ta 271/04 -).
3. Dem Arbeitsgericht war aus den dargelegten Gründen aufzugeben, über die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe und über die Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. K... erneut zu entscheiden und der Beschwerdeführerin dabei rechtliches Gehör zu gewähren, soweit Unklarheiten bezüglich ihrer Einkommensverhältnisse und Belastungen bestehen. Bei der Entscheidung über die Beiordnung wird es Im Hinblick auf § 121 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen haben, dass mit der Klage einfache Lohnansprüche geltend gemacht werden.
Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Ende der Entscheidung
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