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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 23.01.2009
Aktenzeichen: 1 Ta 7 b/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 121 Abs. 3
ZPO § 121 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 1 Ta 7 b/09

In dem Beschwerdeverfahren

betreffend Rechtsanwaltsbeiordnung - Umfang

in dem Rechtstreit

hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 23. Januar 2009 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 10.01.2009 - 4 Ca 2896/08 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert:

Dem Kläger wird Rechtsanwalt G. aus N. als Prozessbevollmächtigter beigeordnet. Mehrkosten, die ihren Grund darin haben, dass der beigeordnete Rechtsanwalt seine Kanzlei nicht im Bezirk des Prozessgerichts hat, sind nur bis zur Höhe der Vergütung eines Verkehrsanwalts erstattungsfähig.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die eingeschränkte Rechtsanwaltsbeiordnung.

Der Kläger wohnt in B., Mecklenburg-Vorpommern. Die Beklagte hat ihren Sitz in Bad O. . Sie hat das Arbeitsverhältnis am 26.10.2008 fristlos gekündigt. Der Kläger hat den in seiner Wohnortnähe ortsansässigen, nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalt G. aus N. beauftragt. Mit der von diesem am 31. Oktober 2008 erhobenen Klage hat der Kläger sich gegen die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gewandt und gleichzeitig beantragt, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt G. aus N. zu bewilligen. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 22.12.2008 mit Wirkung ab Klagerhebung Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt G. zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk Lübeck niedergelassenen Rechtsanwalts beigeordnet. Gegen diesen am 23.12.2008 zur Post gegebenen Beschluss hat der Kläger am 8. Januar 2009 Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

II.

Die sofortige Beschwerde hat nur teilweise Erfolg. Der Kläger kann nicht verlangen, dass die Beiordnung des ihn vertretenden Rechtsanwalts ohne jegliche Einschränkungen erfolgt.

Gemäß § 121 Abs. 3 ZPO kann ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Anwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden (§ 124 Abs. 4 ZPO). Diese beiden Vorschriften sind bei der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu beachten. Bei der Entscheidung über die Beiordnung eines nicht am Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts ist stets zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen (LAG Hessen vom 01.09.2004 - 2 Ta 5/04 - LAG-Report 2005, 288; LAG Thüringen vom 31.01.2005 - 1 Ta 137/03 - LAG-Report 2005, 2329; LAG Rheinland-Pfalz vom 11.11.2005 - 2 Ta 259/95 - NZA-RR 2006, 213). Nur dann, wenn dies verneint wird, darf die Beiordnung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" mit der Folge erfolgen, dass Reisekosten nicht erstattet werden (LAG Hessen vom 01.09.2004 a. a. O.; BGH vom 23.06.2004 - XII ZB 61/04, NJW 2004, 2749).

Wegen der Entfernung des Wohnorts des Klägers vom Gerichtssitz sowie der Beauftragung eines nicht am Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts war daher vorliegend die zusätzliche Beiordnung eines Verkehrsanwalts gemäß § 121 Abs. 4 ZPO zu prüfen. Bei der Prüfung der "besonderen Umstände" im Sinne des § 121 Abs. 4 ZPO ist zu berücksichtigen, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen eine weitgehende Angleichung der Situation der mittellosen und der nicht bedürftigen Partei bei der Verwirklichung des Rechtschutzes geboten ist. Die Hinzuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Verkehrsanwalts ist in der Regel zweckdienlich und jedenfalls dann erforderlich, wenn die Kosten des Verkehrsanwalts die Reiskosten des nicht am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts nicht wesentlich übersteigen (BGH a. a. O.).

Die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Verkehrsanwalts in Anlehnung des oben genannten Maßstabes ist zu bejahen. Der Kläger hat sich gegen eine fristlose Kündigung gewehrt. Für derartige Sachverhalte ist lückenlose anwaltliche Vertretung sachdienlich. Auch Reisekosten könnten erspart werden (vergl. Kalthoener/Büttner, Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rzn. 570 ff., 577, 582 m. w. N.).

Der Kläger hatte aber beantragt, seinen Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten, nicht als Verkehrsanwalt beizuordnen. Da die Erforderlichkeit eines Verkehrsanwalts nach § 121 Abs. 4 ZPO hier bejaht werden kann, besteht vorliegend nur die Möglichkeit, dass der vom Kläger gewählte Rechtsanwalt mit der Maßgabe beigeordnet wird, dass die Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass er seine Kanzlei nicht im Bezirk des Prozessgerichts hat, nur bis zu Höhe der Vergütung eines Verkehrsanwalts erstattungsfähig sind (vergl. LAG Schleswig-Holstein vom 13.08.2008 - 2 Ta 101/08 -; LAG Schleswig-Holstein vom 26.08.2003 - 1 Ta 84/01 - NZA-RR 2004, 212; LAG Schleswig-Holstein vom 21.06.2006 - 2 TA 120/06 - NZA-RR 2007, 32; OLG Karlsruhe vom 21.07.2005 - 17 W 30/05 = NJW 2005, 2718).

Der angefochtene Beschluss ist dementsprechend abzuändern.

Die weitergehende Beschwerde ist zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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