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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 28.09.2004
Aktenzeichen: 2 Sa 234/04
Rechtsgebiete: BGB, StGB


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 2
StGB § 263
StGB § 266
StGB § 266a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 2 Sa 234/04

Verkündet am 28.09.2004

In dem Rechtsstreit

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 28.09.2004 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts Willikonsky als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter Bruns und Holub als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 06.04.2004 - 6 Ca 4015/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger macht Schadenersatzansprüche gegen den Beklagten als Geschäftsführer seiner ehemaligen Arbeitgeberin geltend.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz sowie des Inhalts der angefochtenen Entscheidung wird auf das klagabweisende Urteil des Arbeitsgerichts vom 06.04.2004 verwiesen, gegen das der Kläger rechtzeitig Berufung eingelegt und begründet hat.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt weiter vor, die Entscheidung des Arbeitsgerichtes sei unzutreffend, da das Gericht davon ausgegangen sei, dass er, der Kläger für seine Behauptungen darlegungs- und beweispflichtig sei. Dabei sei unberücksichtigt geblieben, dass der Beklagte vor Gründung der L. T. GmbH, deren Geschäftsführer er war, die U. KG geführt habe. Diese sei ebenfalls im Bereich des Trockenbaus tätig gewesen und habe die Arbeitnehmer bei den Sozialkassen des Baugewerbes, insbesondere der Urlaubskasse, angemeldet gehabt. Dem Beklagten sei daher der Verfahrenstarifvertrag bekannt gewesen. Wenn der Beklagte sich auf eine Auskunft der IHK berufe, dass seine Tätigkeit in der GmbH nicht mehr dem Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe unterfalle, dann sei er dafür beweispflichtig. Nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag sei er verpflichtet gewesen, seine Arbeitnehmer bei der Sozialkasse des Baugewerbes in W. anzumelden und die Beiträge abzuführen. Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass ihm dies nicht bekannt gewesen sei, da er auch Wintergeld beantragt habe. Soweit das Arbeitgericht davon ausgehe, dass weder § 263 StGB noch § 266 oder § 266a StGB verletzt seien, treffe dies nicht zu. Denn der Beklagte habe als Geschäftsführer über Anwartschaftsrechte des Klägers verfügt. Der Kläger habe die finanzielle Abdeckung für seine Urlaubsgewährung monatlich erwirtschaftet. Das hierfür erforderliche Geld habe dem Beklagten nicht mehr zugestanden. Hinzu komme, dass der Beklagte ihn, den Kläger, auch über die angebliche Einleitung des Urlaubskassenverfahrens getäuscht habe. Er habe ihm wiederholt erklärt, das Verfahren sei eingeleitet. Der Beklagte habe ferner gegen die Vorschriften des Verfahrenstarifvertrages als Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB verstoßen. Auch insoweit habe der Beklagte eine Anmelde- und Beratungspflicht gehabt, die er nicht berücksichtigt habe. Diese Verpflichtungen bestünden gerade im Hinblick auf die Arbeitnehmer. Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass mit den Arbeitnehmern vereinbart worden sei, dass die tarifvertraglichen Rechte nicht mehr gewährt würden. Das entbinde den Beklagten nicht von seinen Sorgfaltspflichten. Es treffe zwar zu, dass der Beklagte bei Gründung erklärt habe, der Urlaub werde nicht mehr über die Urlaubskasse gewährt. Spätestens ab Januar 2001 habe er aber zugesichert, das Urlaubskassenverfahren einzuhalten.

Der Kläger beantragt,

das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Lübeck - 6 Ca 4015/03 - vom 15.01.2004 unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Lübeck vom 06.04.2004 aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt weiter vor, er habe zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Handlungen oder Unterlassungen vorgenommen, um dem Kläger und den anderen ehemaligen Mitarbeitern der Firma irgendwelche Schäden zuzufügen. Die Gründung der T. GmbH habe auf der ihm erteilten Information beruht, dass künftig das Trockenbaugewerbe nicht mehr dem Bauhandwerk zugeordnet werde, es handele sich um eine industrielle Tätigkeit, die dem Zuständigkeitsbereich der IHK unterfalle, damit entfalle auch die Tarifbindung und Beitragspflicht zum Abrechnungsverfahren der ZVK. Mit der Gründung habe er eine klare Trennung zu seiner vorangegangenen Tätigkeit im Rahmen der KG erreichen wollen. Diese Maßnahme habe im Wesentlichen auf der Empfehlung seines Steuerberaters beruht. Allen Mitarbeitern sei erklärt worden, dass nunmehr die Bindung an die Tarifverträge des Baugewerbes entfallen sei. Dies werde auch aus dem Arbeitsvertrag deutlich. Entgegen der Darstellung des Klägers sei es nicht zutreffend, dass das Trockenbaugewerbe dem Verfahren bei der ZVK unterliege. Er, der Beklagte, habe lediglich deshalb später beschlossen, die GmbH wieder an dem Abrechnungsverfahren teilnehmen zu lassen, weil ihn die Urlaubskasse die GmbH im Herbst 2001 aufgefordert hatte, Lohnsummen zu melden. Er habe dann für die GmbH die Lohnmeldungen abgegeben und mitgeteilt, er werde die GmbH ab dem Jahr 2002 an dem Abrechnungsverfahren teilnehmen lassen. Zu Zahlungen sei es aber bis zur Insolvenz des Unternehmens nicht mehr gekommen, weil Meinungsverschiedenheiten über die Höhe der Beiträge bestanden hätten. Zudem habe die ZVK Beiträge auch für die vergangenen Jahre verlangt, ohne die direkt gezahlten Urlaubsvergütungen anrechnen zu wollen.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätzen mit Anlagen und Erklärungen zu Protokoll, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat nicht Erfolg. Der Kläger hat nicht Anspruch gegen den Beklagten im Wege der Durchgriffshaftung auf Leistung von Schadenersatz für die unterlassene Beitragsabführung an die ZVK des Baugewerbes. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts verwiesen.

Ergänzend wird ausgeführt:

1.

Entgegen der Auffassung des Klägers kommt ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB nicht in Betracht. Der Kläger ist zwar der Meinung, der Beklagte habe ihn getäuscht. Ob dies der Fall war, kann jedoch dahin gestellt bleiben, da das strittige Vorbringen zur Untermauerung dieser Auffassung nicht hinreichend nach Zeit oder zumindest Gelegenheit substantiiert worden ist. Die Angabe des Klägers, er habe "zu Beginn des Jahres 2001" oder "mehrfach" nach der Anmeldung bei der ZVK gefragt, reicht nicht aus. Der Kläger hätte zumindest die Situationen, in der die Gespräche stattgefunden haben sollen, beschreiben müssen. Denn auch dem Beklagten muss Gelegenheit gegeben werden, sich hierzu detailliert einzulassen. Eine Anhörung der von dem Kläger hierzu benannten Zeugen hätte zur Durchführung eines Ausforschungsbeweises geführt.

2.

Entgegen der Auffassung des Klägers kommt auch nicht ein Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB in Betracht. Das Arbeitsgericht hat hier zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beiträge nicht aus dem Vermögen des Arbeitnehmers genommen, sondern vom Arbeitgeber gezahlt werden. Zwar erwirbt der Arbeitnehmer mit seiner Arbeitsleistung einen Anspruch. Dieser ist jedoch nicht konkretisiert, dass bestimmte Teile des Vermögens des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer zustehen, der Arbeitgeber also treuhänderisch darüber verfügt.

3.

Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB scheidet ebenfalls aus. Bei den Beiträgen zur ZVK handelt es sich nicht um Sozialversicherungsbeiträge oder solche der Arbeitsförderung (§ 266a Abs. 1 StGB). Auch handelt es sich nicht um Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat (§ 266a Abs. 3 StGB).

4.

Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den Vorschriften des Verfahrenstarifvertrages (VTV) stützen. Die von ihm in Bezug genommene Kommentarstelle (FK-Preis Rn. 777 zu § 611 BGB) geht bei der Verletzung der Anmelde- und Beratungspflicht nicht von einer Verletzung eines Schutzgesetzes aus. Das Schutzgesetz wird lediglich im vorhergehenden Absatz erwähnt, nämlich bei den sozialversicherungsrechtlichen Anmelde- und Beitragsvorschriften. Dass der Kommentar Entsprechendes bei der Anmeldung bei Zusatzversorgungskassen sehen wollte, ergibt sich nicht.

Auch die in der vom Kläger herangezogenen Kommentarstelle zitierten Entscheidungen können die Auffassung des Klägers nicht begründen. Es handelt sich sämtlich um Entscheidungen, die zu Fällen ergangen sind, in denen eine zusätzliche Altersversorgung - über eine Zusatzversorgungskasse - beschafft werden sollte (LAG Rheinland-Pfalz vom 12.10.1990 6 Sa 663/90 - LAGE § 611 BGB Fürsorgepflicht Nr. 22; LAG Rheinland-Pfalz vom 16.11.1990 - 6 Sa 696/90 - LAGE § 611 BGB Fürsorgepflicht Nr. 21; LAG Hamm vom 02.12.2986 - 6 Sa 376/86 - LAGE § 611 BGB Fürsorgepflicht Nr. 13; LAG Hamm vom 13.07.1999 - 6 Sa 2407/98 - zitiert nach Juris). Alle sind dabei nicht von der Verletzung eines Schutzgesetzes ausgegangen, ebenso wie das in 2 dieser Fälle mit der Revision angerufene BAG (Urteil vom 10.03.1992 - 3 AZR 81/91 - EzA BGB § 611 Nr. 58 Fürsorgepflicht = BB 1992, Abs. 60 = NZA 1993, 263; Urteil vom 13.12.1988 - 3 AZR 252/87 - EzA BGB § 611 Nr. 53 Fürsorgepflicht). Der Argumentation des Klägers kann daher nicht beigetreten werden, zumal sich aus dem Verfahrenstarifvertrag selbst nicht ergibt, dass dieser Tarifvertrag speziell den Schutz der Arbeitnehmer bezweckt.

Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Gesichtspunkte für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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