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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 10.01.2006
Aktenzeichen: 2 Sa 418/05
Rechtsgebiete: BGB, AltersteilzeitG, TVG, TV Altersteilzeit für die Metallindustrie


Vorschriften:

BGB § 366
AltersteilzeitG § 5 Abs. 3
AltersteilzeitG § 8a
TVG § 4
TV Altersteilzeit für die Metallindustrie in Hamburg und Schleswig-Holstein
Eine Altersteilzeitvereinbarung im Blockmodell, bei der ein Betriebsübergang in der Insolvenz stattgefunden hat, ist dergestalt abzuwickeln, dass die Leistungen in der Freistellungsphase zunächst vom Betriebsübernehmer, anteilig der bei ihm verbrachten Arbeitsphase, zu erbringen sind und sodann die Insolvenzschuldnerin bzw. der Insolvenzverwalter einzustehen hat (entgegen BAG von 19.10.2004 - 9 AZR 647/03 - BB 2005,1339).
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 2 Sa 418/05

Verkündet am 10.01.2006

In dem Rechtsstreit

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 10.01.2006 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter .. und ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Schluss-Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 04.08.2005 - 5 Ca 217 d/04 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Insolvenzsicherung eines vom Kläger im Rahmen der Altersteilzeit erarbeiteten Wertguthabens.

Der Kläger ist am ....1944 geboren. Er war bei der H... in K. seit dem Jahr 1959 als technischer Angestellter beschäftigt. In diesem Betrieb findet mit Datum vom 15.7.1999 eine Betriebsvereinbarung über die Inanspruchnahme von Altersteilzeit (Nr. 01 08 99, Bl.13 ff. d.A.) sowie der Tarifvertrag über Altersteilzeit (Bl. 52 ff. d. A.) Anwendung. Danach ist eine Insolvenzsicherung für erarbeitete Wertguthaben zu gewähren. Das Beschäftigungsverhältnis bei der H... endete mit Ablauf des 31.3.2000 wegen eines Betriebsteilübergangs des Bereichs Kesselbau auf die O... GmbH. Ein vom Kläger wegen eines zur H... geltend gemachten Rückkehrrechts geführter Rechtsstreit (1 Ca 2322 c/02 ArbG Kiel bzw. 3 Sa 208/03 LAG SH) war erfolglos.

Der Kläger setzte ab dem 1.4.2000 sein Arbeitsverhältnis mit dieser fort. Mit Datum vom 30.1./9.2.2001 schloss er einen Vertrag über Altersteilzeit im Blockmodell ab. Nach diesem Vertrag dauerte die Arbeitsphase vom 1.2.2001 bis 31.1.2004 und die Freistellungsphase vom 1.2.2004 bis 31.1.2007. Das Einkommen des Klägers belief sich zuletzt auf 2.248,24 Euro (50% des monatlichen Bruttogehalts zzgl. Netto-Aufstockungszahlungen).

Die O... GmbH beantragte im Juni 2002 das Insolvenzverfahren. Dieses wurde am 1.9.2002 durch das ... eröffnet und die Eigenverwaltung zugelassen. Am 1.10.2002 fand ein Betriebsübergang auf die jetzige Beklagte statt. Diese kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich zum 31.12.2002, weil sie der Auffassung war, der Kläger habe seine Arbeitsleistung verweigert. In dem wegen der Kündigung geführten Rechtsstreit (5 Ca 2642 d/02 ArbG Kiel bzw. 4 Sa 270/03 LAG SH) wurde festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten beendet worden sei. Weiter wurde festgestellt, dass die Beklagte den zwischen dem Kläger und der Firma O... GmbH unter dem 30.01./09.02.2001 geschlossenen Arbeitsvertrag über Altersteilzeit nach Maßgabe des in Fotokopie beigefügten Altersteilzeitvertrages mit Wirkung vom 01.10.2002 unverändert übernommen hat und weiterführt.

Am 26.1.2004 hat der Kläger den vorstehenden Rechtsstreit eingeleitet, mit dem er zunächst Zahlung der Vergütung für die Zeit von Oktober 2002 bis 31.1.2004, d.h. dem Ende der Arbeitsphase, verlangt hat. Diese Klage hat er erweitert auf Zeiträume der Freistellungsphase. Das Arbeitsgericht hat der Beklagten mit Verfügung vom 15.11.2004 nahegelegt, die geltend gemachten Zahlungsansprüche anzuerkennen. Am 8.2.2005 schlossen die Parteien einen Teilvergleich (Bl. 106 d. A.), mit dem die Zahlungsansprüche aus Ziff. 1 des Schriftsatzes vom 22.1.2004 erledigt werden sollten. Gleichzeitig bestand Einigkeit darüber, dass Abrechnungen für die Zeit von Oktober 2002 bis Januar 2005 nicht zu beanstanden seien und dass der Kläger für diesen Zeitraum Zahlungen nicht mehr verlangen könne. Die Beklagte hat insgesamt für die Zeit bis einschließlich Mai 2005 die Vergütung für die Freistellungsphase der Altersteilzeit gezahlt und sodann die Zahlungen eingestellt. Für die Zahlung der Vergütung für die Zeit vom 1.6.2005 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 31.1.2007 hat der Kläger eine weitere Klage vor dem Arbeitsgericht Kiel erhoben (5 Ca 1685 c/05), die derzeit ausgesetzt ist.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe einen Anspruch gegen die Beklagte auf Wertsicherung der von ihm erarbeiteten gesamten Wertguthaben. Dieser Anspruch sei zum Zeitpunkt der Betriebsübernahme durch die Beklagte nicht fällig gewesen, schon gar nicht zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Firma O... GmbH. Die Fälligkeit trete jeweils sukzessive mit dem entsprechenden Monat ein, für den die Zahlung zu erfolgen habe. Deshalb verlange er Sicherung. Bei dem Anspruch handele es sich um Masseforderungen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, die vom Kläger im Rahmen des Altersteilzeitvertrages vom 30.01./09.02.2001 erarbeiteten Wertguthaben durch geeignete Maßnahmen - z.B. Abschluss einer Versicherung, Garantievereinbarung einer geeigneten Institution, Bürgschaft einer deutschen Großbank - binnen einer vom Gericht zu bestimmenden Frist insolvenzsicher abzusichern.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Verpflichtung, die von den Arbeitnehmern im Rahmen der Altersteilzeitarbeitsverhältnisse erwirtschafteten Wertguthaben gegen das Insolvenzrisiko abzusichern, habe den Arbeitgeber getroffen, mit dem das Arbeitsverhältnis begründet wurde. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis sei mit der O... GmbH begründet worden. Nach dem Betriebsübergang von der H... auf die O... GmbH habe die Verpflichtung zur Absicherung zunächst allenfalls die O... GmbH getroffen, sofern überhaupt die Verpflichtung aus der Betriebsvereinbarung Nr. 01 08 99 infolge des Betriebsübergangs auf sie übergegangen sei.

Eine Haftung für diese Verbindlichkeit könne sich allenfalls aus § 613 a Abs. 2 BGB ergeben, die in der Insolvenz jedoch nur eingeschränkt anwendbar sei. Der Erwerber hafte bei einem Betriebsübergang in der Insolvenz nicht für bereits entstandene Ansprüche der Arbeitnehmer. Da sie, die Beklagte, den Betrieb nach der Insolvenzeröffnung erworben habe, treffe sie die Haftung nicht. Die Ansprüche auf das Altersteilzeitentgelt entstünden nicht erst in der Freistellungsphase, sondern bereits mit Erbringung der Arbeitsleistung des Teilzeitarbeitnehmers während der Arbeitsphase. Lediglich die Fälligkeit des Zahlungsanspruches sei auf die Freistellungsphase verschoben.

Schließlich sei sie aber auch deshalb nicht zur Insolvenzsicherung verpflichtet, weil sie im Laufe der 1. Instanz für 16 Monate Zahlungen an den Kläger geleistet habe. Mehr als diese 16 Monate schulde sie nicht, da der Kläger nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens 16 Monate bei ihr gearbeitet habe und entsprechende Wertguthaben erworben habe.

Mit Urteil vom 4.8.2005 hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, das Wertguthaben des Klägers für 16 Monate in der Zeit vom 1.10.2005 bis 31.1.2007 insolvenzsicher abzusichern und die weitergehende Klage abgewiesen. Hiergegen hat die Beklagte rechtzeitig Berufung eingelegt und diese begründet. Der Kläger hat mit der Berufungserwiderung für den Fall, dass der Berufung stattgegeben werden sollte, Anschlussberufung eingelegt.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Weiter trägt sie vor, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht den Begriff des Wertguthabens mit den monatlichen Altersteilzeitvergütungen gleichgesetzt. Tatsächlich entsprächen sich beide nicht. Das Arbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass sie, die Beklagte, dem Kläger bereits Zahlungen geleistet habe, die der Höhe nach dem entsprechen, was von ihr maximal gegenüber dem Kläger geschuldet werde. Nach dem Verständnis des Arbeitsgerichts sei die Beklagte in den ersten 19 Monaten der Freistellungsphase nicht zur Leistung von Altersteilzeitvergütung verpflichtet gewesen und habe damit ihre Leistungen rechtsgrundlos erbracht. Zudem müsse sie danach wohl noch einmal im Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.1.2007 leisten. Richtig sei, dass nach der Entscheidung des BAG vom 19.10.2004, die erst im Laufe des Jahres 2005 im Volltext vorgelegen habe, die Ansprüche noch nicht fällig gewesen seien. Tatsächlich habe der Kläger aber für die Zeit ab dem 1.2.2004 Leistungen gefordert und auch erhalten. Nach Treu und Glauben sei sie, die Beklagte, daher so zu behandeln, als habe sie mit Rechtsgrund geleistet. Sie habe damit ihre Schuld erfüllen wollen. Die Anwendung der Fälligkeitsregelung dürfe nicht dazu benutzt werden, Ansprüche zu verdoppeln. Werde der Sachverhalt anders beurteilt, so sei damit zu rechnen, dass der Kläger gegenüber einem Rückforderungsanspruch den Einwand erhebe, er habe die Leistungen für die laufende Lebensführung verbraucht. Gegenüber einer Klage auf weitere Leistung könne der Kläger sich auf § 394 BGB berufen, so dass ihr die Aufrechnung verwehrt sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 4.8.2005 - 5 Ca 217 d/05 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens und trägt weiter vor, er sei zwar der Auffassung, dass seine bei der O... erarbeiteten Wertguthaben Masseforderungen seien. Gleichwohl müsse er das Urteil des BAG vom 19.10.2004 akzeptieren. Die Beklagte könne sich gegenüber dem Sicherungsverlangen jedenfalls nicht darauf berufen, dass sie bereits für den Zeitraum vom 1.2.2004 bis 31.5.2005 geleistet habe. Sein Begehren auf Insolvenzsicherung sei nicht identisch mit Zahlungs- oder gar Rückforderungsansprüchen der Beklagten. Eine Konnexität fehle insoweit. Ohnehin sei zweifelhaft, ob die Beklagte einen Rückforderungsanspruch habe, da sie ohne Vorbehalt geleistet habe. Die Anschlussberufung sei geboten, weil für den Fall, dass der Berufung stattgegeben werde, er vollständig unterlegen sei, weil hinsichtlich des Zeitraums vom 1.2.2004 bis 30.9.2005 bereits durch das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen worden sei.

Zur Anschlussberufung beantragt der Kläger,

das angefochtene Urteil im Umfange erfolgter Klagabweisung abzuändern und die Beklagte/Berufungsklägerin/Anschlussberufungsbeklagte zu verurteilen, über den bereits ausgeurteilten Zeitraum vom 01.10.2005 bis 31.01.2007 hinaus die vom Kläger im Rahmen der Altersteilzeit vom 30.01.109.02.2001 erarbeiteten weiteren Wertguthaben für den Zeitraum vom 01.02.2004 bis 30.09.2005 durch geeignete Maßnahmen - z. B. Abschluss einer Versicherung, Garantievereinbarung einer geeigneten Institution, Bürgschaft einer deutschen Grossbank - binnen eines Monats nach Rechtskraft der Entscheidung insolvenzsicher abzusichern.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen und Erklärungen zu Protokoll, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in vollem Umfang Erfolg. Hingegen ist die Anschlussberufung unbegründet.

1.

Der Kläger hat nicht Anspruch auf Insolvenzsicherung für den Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.1.2007. Denn ihm steht gegen die Beklagte für diesen Zeitraum nicht Zahlung zu. Daher kann er auch nicht Absicherung verlangen.

Ein Anspruch auf Insolvenzsicherung ergibt sich vorliegend weder aus dem Tarifvertrag noch aus § 8a AltersteilzeitG. Voraussetzung dafür ist nämlich, dass noch ein Wertguthaben vorhanden ist, das der Absicherung bedarf. Die Beklagte hat aber bereits sämtliche an den Kläger aus dem Arbeitsverhältnis zu erbringenden Zahlungen geleistet. Das Wertguthaben ist bereits ausgeglichen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte den Betrieb aus der Insolvenz erworben hat. Ihre Verpflichtung aus dem Altersteilzeitvertrag korrespondiert nur mit der Zeit, die der Kläger in ihrem Betrieb in der Arbeitsphase verbracht hat, nämlich vom 1.10.2003 bis 31.1.2004, d. h. 16 Monate. Die davor liegenden Zeiten der Tätigkeit bei der O... GmbH sind vor der Insolvenzeröffnung am 1.9.2002 erworben worden und berühren das Verhältnis zur Beklagten nicht.

Zwar ist der ursprünglich gegen die O... GmbH bestehende Anspruch auf Insolvenzsicherung gemäß § 11 des Altersteilzeitvertrages i. V. m. § 15 der Betriebsvereinbarung H... Nr. 01 08 99 sowie gemäß § 16 des TV für Altersteilzeit auf Grund der Regelung in § 613 Abs. 1 BGB auch für die Beklagte verbindlich. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Insolvenzsicherung ergibt sich daraus jedoch lediglich für die Wertguthaben, die nach der Insolvenzeröffnung erarbeitet worden sind.

Die bis zur Eröffnung erarbeiteten Wertguthaben des Klägers stellen Insolvenzforderungen dar, für die der Betriebserwerber, der nach der Insolvenzeröffnung den Betrieb übernimmt, nicht haftet (BAG Urteil vom 19.10.2004 - 9 AZR 645/03 - NZA 2005,527; BAG Urteil vom 19.10.2004 - 9 AZR 647/03 - BB 2005,1339). Die während der Freistellungsphase zu leistenden Zahlungen stellen Vergütung für die während der Arbeitsphase über die zeitlich hälftige Tätigkeit hinausgehend geleistete Arbeit, die in der Fälligkeit hinausgeschoben wird. Forderungen, die auf Zeiträume vor Eröffnung der Insolvenz fallen, stellen Insolvenzforderungen dar.

Die Kammer sieht sich jedoch nicht in der Lage, der Argumentation des BAG in dem Urteil vom 19.10.2004 (9 AZR 647/03, a.a.O.) insoweit zu folgen, als aus der "Spiegelbildlichkeit" der Leistungen folgt, dass auch die Erfüllung der erarbeiteten Ansprüche in der Insolvenz insoweit spiegelbildlich erfolgt, dass in der Freistellungsphase zunächst das insolvente Unternehmen, hier die O... GmbH, zur Leistung verpflichtet ist und dann erst der Betriebsübernehmer, der in der Insolvenz erworben hat, zu leisten hat. Dies lässt sich nicht aus § 366 BGB begründen. Zwar ist dort geregelt, in welcher Reihenfolge die Tilgung zu erfolgen hat. Vorliegend kann das aber nicht zu einem anderen Ergebnis führen, dass die Beklagte für den Zeitraum erfüllt hat, der auf sie entfällt.

Eine ausdrückliche Tilgungsbestimmung, § 366 Abs. 1 BGB, lässt sich hier zwar nicht feststellen. Die Erörterungen in der Berufungsverhandlung zu diesem Punkt haben deutlich gemacht, dass die Beklagte nach Beendigung des Kündigungsrechtsstreits zunächst die Annahmeverzugsvergütung für die auf sie entfallende Arbeitsphase geleistet und sodann die Zahlungen eingestellt hat. Während des vorliegenden Rechtsstreits hat sie dann auf Hinweis des Arbeitsgerichts Zahlungen für die Zeit bis 31.5.2005 nachgeleistet. Da bei der Zahlung auch auf die Bundesagentur für Arbeit gem. § 115 SGB X übergegangene Ansprüche zu berücksichtigen waren, lässt sich nicht exakt feststellen, für welchen Zeitraum welche Zahlung bestimmt sein sollte.

Der Tilgungsregelung in § 366 Abs. 2 BGB lässt sich nicht entnehmen, dass die Beklagte noch nicht zur Leistung verpflichtet war. Die Beklagte ist Schuldnerin aus dem Altersteilzeitvertrag für den der bei ihr verbrachten Arbeitsphase entsprechenden Zeitraum. Nach Auffassung der Kammer schließt sich dieser Zeitraum angesichts der sich aus der Insolvenzeröffnung ergebenden Besonderheiten unmittelbar an die Beendigung der Arbeitsphase an, d. h. er erstreckt sich vom 1.2.2004 bis 31.5.2005. Jedes andere Ergebnis führte zu nicht praktikablen Lösungen für die beiden Parteien: Der Kläger wäre gehalten, sich in der Freistellungsphase zunächst an den Insolvenzverwalter zu wenden und dort Leistung zu verlangen, wobei er darauf verwiesen würde, dass es sich um eine Insolvenzforderung handelt, deren Höhe sich evtl. noch nicht ermitteln lässt. In jedem Fall wird damit nicht der Zweck der Altersteilzeitvereinbarung, nämlich wirtschaftliche Absicherung des Arbeitnehmers für die Freistellungsphase, erreicht. Soweit der Arbeitnehmer deshalb gehalten ist, sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen, um zumindest von dort Leistungen zu erhalten, ist zu berücksichtigen, dass er nach wie vor in einem Arbeitsverhältnis steht. Konkret ist der Kläger nach § 8 der Altersteilzeitvereinbarung (Bl. 8 ff. d. A., 10) nicht berechtigt, einer anderen Tätigkeit nachzugehen. Wird er aber anderweitig tätig, so berührt das wiederum den Erstattungsanspruch des Arbeitgebers nach § 4 TVG. Denn dieser Anspruch ruht nach § 5 Abs. 3 AltersteilzeitG, wenn der Arbeitnehmer eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeiten ausübt, die die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet. Hat der Anspruch 150 Kalendertage geruht, erlischt er vollends. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber, der für spätere Zeiträume seine Verpflichtung aus dem Altersteilzeitvertrag erfüllen muss, ebenfalls keinen Anspruch auf Erstattung hat, auch wenn er sonst die Erstattungsvoraussetzungen erfüllt. Dadurch wird der Zweck des AltersteilzeitG in sein Gegenteil verkehrt.

Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Parteien in § 7 des Altersteilzeitvertrags vereinbart haben, dass der Anspruch des Arbeitnehmers auf die Altersteilzeitleistungen erlischt, wenn die Gesamtruhenszeit einen Zeitraum von 150 Tagen überschreitet. Wird der Kläger also in der Zeit, in der er unter Zugrundelegen der Entscheidung vom 19.10.2004 einen Insolvenzanspruch hat, zur Deckung seines Lebensunterhaltes anderweitig über die Geringfügigkeitsgrenze hinaus tätig, hat er auch nicht mehr Anspruch gegen die Beklagte auf Leistungen.

Eine den beiderseitigen Interessen entsprechende Lösung kann daher nur so aussehen, dass eine Altersteilzeitvereinbarung im Blockmodell, bei der ein Betriebsübergang in der Insolvenz stattgefunden hat, dergestalt abzuwickeln ist, dass die Leistungen in der Freistellungsphase zunächst vom Betriebsübernehmer, anteilig der bei ihm verbrachten Arbeitsphase, zu erbringen sind und sodann die Insolvenzschuldnerin bzw. der Insolvenzverwalter einzustehen hat.

Das angefochtene Urteil ist daher abzuändern und die Klage abzuweisen.

2.

Die vom Kläger vorsorglich eingelegte Anschlussberufung ist zurückzuweisen. Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte bereits für die geschuldeten Zeiträume ihre Leistungen aus dem Altersteilzeitvertrag erbracht, wie bereits oben ausgeführt. Eine Absicherung dieser Zeiträume ist nicht mehr erforderlich.

Aber auch dann, wenn die Leistung der Beklagten auf die Zeit vom 1.10.2005 bis 31.1.2007 zu verrechnen sein sollte, weil die Beklagte nur für diesen Zeitraum schuldete, hätte der Kläger nicht Anspruch auf Absicherung des Zeitraums 1.2.2004 bis 30.9.2005. Dieser Zeitraum beträfe dann nämlich nicht die Verpflichtung der Beklagten, so dass sie auch nicht eine Absicherung schuldete.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, da der Kläger vollständig mit seiner Klage unterlegen ist.

Die Revision ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache und der Abweichung vom Urteil des BAG vom 19.10.2004 (9 AZR 647/03) zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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