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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 06.12.2005
Aktenzeichen: 2 Sa 432/05
Rechtsgebiete: SGB VI


Vorschriften:

SGB VI § 5 Abs. 1 Nr. 2
SGB VI § 230 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 2 Sa 432/05

Verkündet am 06.12.2005

In dem Rechtsstreit

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 06.12.2005 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 24.08.2005 - 4 Ca 1118 c/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Schadenersatz zu leisten.

Die Klägerin ist am ...1946 geboren. Bei der ...BANK, der Vorgängerin der Beklagten, wurde sie mit Wirkung vom 01.04.1979 als Angestellte eingestellt. Ihre Vergütung betrug zuletzt 3.181 EUR brutto monatlich. Derzeit befindet sich die Klägerin im Vorruhestand.

Die ...BANK schloss im Jahr 1984 eine Dienstvereinbarung über eine Versorgungszusage ab, der zufolge den Angestellten eine Zusatzversorgung im Rahmen einer Gesamtversorgung gewährt wird. Die Dienstvereinbarung Nr. 1 über die Alters- und Hinterbliebenenversorgung vom 07.07.1997 (Bl. 9 d. A.) sieht einen Gesamtversorgungsanspruch in der Höhe vor, die sich aus der entsprechenden Anwendung der für Beamte des ...BANK geltenden Grundsätze errechnet. Sie setzt sich zusammen aus der Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung, einer Rente aus der Gruppenversicherung bei der P. und einem Versorgungszuschuss der ...BANK, abhängig von der Höhe der beiden anderen Leistungen. Mit dem Rentenreformgesetz von 1992 wurde die Möglichkeit der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bei einer beamtenähnlichen Versorgung eingeführt. Der Gesamtpersonalrat regte am 10.11.1994 an, die Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht aufzugreifen. Der Vorstand der ...BANK beschloss am 10.08.1996 für folgende Arbeitnehmer die Befreiung von der Sozialversicherungspflicht zu beantragen:

- Männer und Frauen mit einem Alter von mindestens 50 Jahren und einem Monat

- Männer mit 25 Versicherungsjahren und Frauen mit 10 Pflichtversicherungsjahren

- soweit ein freiwilliger Mindestbeitrag zur Rentenversicherung gezahlt wird.

Folge dieser Befreiung war, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber den Beitrag zur Rentenversicherung sparten, bei der Klägerin etwa je 300 EUR monatlich.

Am 09.09.2002 beschlossen die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, die G. zu fusionieren, wobei diese in Form einer AG privatisiert werden sollten. Es wurde in der Folge die H. AG geschaffen. Die ...BANK G. wurde mit Gesetz vom 07.07.2003 (GVOBl. SH 2003, 206 ff.) ausgegliedert. Mit der Neustrukturierung entfiel die Möglichkeit der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung. Seit dem 01.06.2003 wurden der Klägerin und den anderen befreiten Mitarbeitern wieder die Rentenversicherungsbeiträge abgezogen. Die wegen dieser Handhabung angerufene Einigungsstelle beschloss am 15.02.2005, dass sie unzuständig sei. Dieser Beschluss ist gerichtlich angefochten worden.

Mit ihrer am 03.05.2005 erhobenen Klage hat die Klägerin Erstattung einbehaltener Rentenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 01.06.2003 bis März 2005 in Höhe von von 7.853,02 EUR verlangt und außerdem Feststellung begehrt, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, den Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung einzubehalten. Das Arbeitsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 24.08.2005 die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die rechtzeitig eingelegte und begründete Berufung, mit der die Klägerin ihr Ziel weiterverfolgt.

Die Klägerin trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor, ihr sei ein Schaden in Höhe des Arbeitnehmeranteils zur Rentenversicherung entstanden. Die Beklagte habe das Entstehen dieses Schadens zu vertreten. Er stelle sich nicht als Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos dar. Der Vorstand der ...BANK habe seinerzeit den Arbeitnehmern die Möglichkeit eingeräumt, die Befreiung von der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung zu beantragen. Hierzu sei er nicht verpflichtet gewesen. Dadurch, dass diese Möglichkeit wahrgenommen worden sei, sei ein Anspruch entstanden, den Befreiungsantrag zu stellen. Der Anspruch beruhe auf einer Gesamtzusage. Die Erfüllung dieses Anspruches sei inzwischen unmöglich geworden, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nicht mehr bestehen. Dass dies unmöglich geworden sei, habe die Beklagte zu vertreten. Die Beklagte könne sich aber nicht darauf berufen, dass die Privatisierung auf einer Entscheidung des Landesgesetzgebers beruhe. Die Wahl der Rechtsform Aktiengesellschaft sei aufgrund des Beschlusses des Vorstandes und der Eigentümer der ...BANK erfolgt. Die Beklagte hafte als Nachfolgerin der ...BANK für den Anspruch der Klägerin auf Schadenersatz.

Für den Fall, dass der Klage nicht stattgegeben werde, sei jedenfalls die Revision zuzulassen. Der Fall habe grundsätzliche Bedeutung. Ein Parallelfall sei unter dem Aktenzeichen 4 Sa 426/05 anhängig.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 24.08.2005 - ö.D. 4 Ca 1118 c/05 - abzuändern und

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 7.853,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, von der monatlichen Bruttovergütung der Klägerin den Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung einzubehalten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt weiter vor, die Klägerin könne nicht verlangen, dauerhaft so gestellt zu werden, als wäre sie von der Rentenversicherungspflicht auch dann befreit, wenn die Befreiungsvoraussetzungen der §§ 5 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 230 Abs. 2 SGB VI nicht mehr vorlägen. Die Klägerin verkenne, dass ihr Anspruch auf die seinerzeitige Antragstellung, also die Schaffung der formalen Befreiungsvoraussetzungen, beschränkt sei. Dieser Anspruch sei durch Erfüllung erloschen. Weitergehende Erklärungen seien weder von der seinerzeitigen ...BANK noch der heutigen Beklagten abgegeben worden. Die Klägerin könne sich auf den Vorstandsbeschluss der ...BANK nicht berufen. Die Anlage K 2, die die Klägerin zitiere (Bl. 16 d. A.), stelle eine interne Unterlage dar, die nicht betriebsöffentlich gemacht worden sei und schon deshalb keine Rechtswirkungen entfalten könne. Insbesondere ergebe sich hieraus nicht eine Gesamtzusage, wie die Klägerin meine. Maßgeblich seien alleine die von der Klägerin überreichten Anlagen K3 bis K 5 (Bl. 17 - 22 d. A.). Da der Anspruch der Klägerin auf Antragstellung durch Erfüllung erloschen sei, könne sie sich nicht darauf berufen, dass Unmöglichkeit eingetreten sei.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen und Erklärungen zu Protokoll, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat nicht Erfolg. Zutreffend hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin einen Anspruch auf Schadenersatz hat. Es ist nicht einmal ersichtlich, dass ihr tatsächlich ein Schaden entstanden ist. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die angefochtene Entscheidung verwiesen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich aus dem Schriftverkehr im Zusammenhang mit der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nicht, dass die Beklagte dauerhaft dafür einstehen wollte, dass die Klägerin nicht mehr die Arbeitnehmeranteile zur Rentenversicherung leisten müsse. Sie hat lediglich, wie sich aus dem Musteranschreiben (Bl. 19 - 21 d. A.) ergibt, auf die Möglichkeit der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht hingewiesen und die Mitarbeiter über die hierbei zu beachtenden Formalitäten unterrichtet. Eine Abmachung ist lediglich insoweit zustande gekommen, als die Klägerin sich in ihrem Antrag verpflichtet hat, den jeweils geltenden freiwilligen Mindestbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung weiter zu zahlen und die Beklagte bzw. die ...BANK ermächtigt hat, diesen Mindestbeitrag von der Vergütung einzubehalten und abzuführen. Dass die Beklagte sich darüber hinaus verpflichten wollte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ergibt sich nicht, dass die Beklagte der Klägerin zusagen wollte, ihr eine bestimmte Mindestnettovergütung zu gewähren.

Die Klägerin kann auch nicht daraus einen Schadenersatzanspruch herleiten, dass die Privatisierung auf einem Beschluss der Eigner und des Vorstandes beruhen. Die Ausgliederung und die Festlegung der Rechtsform der Beklagten ergeben sich aus dem Gesetz zur Neustrukturierung der ...BANK G., zur Verselbstständigung der I. und zur Verwaltung der Landesliegenschaften vom 07.05.2003. Dort ist auch in § 1 des Gesetzes über die Ausgliederung der ...BANK festgelegt, dass eine Übertragung auf eine Aktiengesellschaft erfolgt. Zwar trifft es zu, dass die Entscheidung letztlich auf das Land S. als Eigentümer zurückzuführen ist. Zu beachten ist allerdings, dass das Gesetz durch den Landtag beschlossen worden ist. Hinzu kommt, dass die Klägerin nicht Anspruch darauf hat, dass die Beklagte eine bestimmte Rechtsform hat mit der Folge, dass ggf. die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auf Dauer erfolgt.

Die Berufung der Klägerin ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Es sind zwar einige Arbeitnehmer, nach Darstellung der Klägerin etwa 40, in entsprechender Weise wie die Klägerin betroffen. Dies alleine begründet jedoch nicht eine grundsätzliche Bedeutung. Auch eine Abweichung von einer obergerichtlichen anderen Entscheidung ist nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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